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Chronische Myeloische Leukämie (CML)

Bristol-Myers Squibb präsentierte Ergebnisse von vier einarmigen, offenen Phase II Studien mit Dasatinib, einem oral zu verabreichenden in der Untersuchungsphase befindlichen Wirkstoff. In diesen Studien wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Dasatinib bei Patienten in allen Phasen der chronischen myelotische Leukämie (CML) (chronische, beschleunigte und Blastenphase) sowie Patienten mit Philadelphia Chromosom-positiver akuter lymphoblastischer Leukämie (Ph+ ALL) die auf gängige Therapien, u.a. Imatinib, nicht mehr ansprachen bzw. diese nicht vertrugen. Die Ergebnisse wurden auf dem 11. EHA-Kongress (European Hematology Association) präsentiert. 

Insgesamt nahmen an den vier Studien (START-C, START-A, START-B und START-L) 789 Patienten teil. Die Patienten erhielten zweimal täglich 70 mg Dasatinib und die Wirksamkeit wurde aufgrund der hämatologischen und zytogenetischen Reaktionen bewertet und die Verträglichkeit wurde laufend kontrolliert. Diese Studien legen nahe, dass Dasatinib in der Lage ist, hämatologische und zytogenetische Reaktionen bei vielen Patienten mit Imatinib-resistenter bzw. intoleranter CML und Ph+ ALL zu erzeugen. Hämatologische Reaktionen werden genutzt, um festzustellen, wie wirkungsvoll die Therapie die Blutwerte wieder auf normale Werte bringt. Die zytogenetische Reaktion wird anhand der Zahl der Ph+leukämischen Zellen gemssen, die noch im Knochenmark präsent sind. 


START-C - Chronische Phase

In die START-C-Studie (Abstract 0467) wurden 387 Patienten mit Imatinib-resistenter bzw. intoleranter CML in der chronisch Phase aufgenommen und behandelt. Das Primärziel, nämlich eine wesentliche zytogenetische Reaktion wurde bei 51 % (197/387) der Patienten erreicht. Eine vollständige hämatologische Reaktion wurde bei 90 % (348/387) der Patienten erzielt. Thrombozytopenie und Neutropenie 3. und 4. Grades wurden bei 47 % bzw. 47 % der Patienten festgestellt. Zu den wichtigen nicht-hämatologischen unerwünschten Ereignissen (die bei 10 oder mehr Prozent der Patienten auftraten) zählten erhöhte Leberenzymwerte (54 %), Diarrhoen (32 %), Kopfschmerzen (30 %), Ausschläge (22 %), oberflächliche Ödeme (20%) und Pleuraergüsse (17 %). 


START-A - Akzelerierte Phase

In die START-A-Studie (Abstract 0159) wurden 192 Patienten Patienten mit Imatinib-resistenter bzw. intoleranter CML in der beschleunigten Phase aufgenommen, von den 174 behandelt wurden. Das Primärziel, nämlich eine wesentliche hämatologische Reaktion wurde bei 59% (102/174) der Patienten erreicht. Eine wesentliche zytogenetische Reaktion wurde bei 34% (60/174) der Patienten erzielt. Thrombozytopenie und Neutropenie 3. und 4. Grades wurden bei 82% bzw. 73% der Patienten festgestellt. Zu den wichtigen nicht-hämatologischen unerwünschten Ereignissen zählten Diarrhoen (61 %), Ausschläge (27 %), Pleuraergüsse (25 %), oberflächliche Ödeme (20 %) und Magen-Darm-Blutungen (12 %). 


START-B - Myeloblastenkrise

In die START-B-Studie (Abstract 0150) wurden 109 Patienten mit Imatinib-resistenter bzw. intoleranter CML in der Myeloblastenkrise aufgenommen und behandelt. Das Primärziel, nämlich eine wesentliche hämatologische Reaktion wurde bei 49% (53/109) der Patienten erreicht. Eine wesentliche zytogenetische Reaktion wurde bei 44% (48/109) der Patienten erzielt. Thrombozytopenie und Neutropenie 3. und 4. Grades wurden bei 64% bzw. 64% der Patienten festgestellt. Zu den wichtigen nicht-hämatologischen unerwünschten Ereignissen zählten Diarrhoen (37%), Pleuraergüsse (30 %), Erbrechen (20 %), Übelkeit (18 %), oberflächliche Ödeme (17 %), Ausschläge (11 %) und Asthenien (11 %). 


START-L - Blastenkrise bzw. Ph+ ALL

An der START-L-Studie (Abstract 0653) nahmen 101 Patienten teil, von denen 94 Patienten mit CML in der Blastenkrise (48) bzw. Ph+ ALL (46) Imatinib-resistente bzw. intolerante behandelt wurden. Das Primärziel, nämlich eine wesentliche hämatologische Reaktion wurde bei 33 % (16/48) der Patienten in der Blastenkrise und 39 % (18/46) der Patienten mit Ph+ ALL erreicht. Das Primärziel, nämlich eine wesentliche zytogenetische Reaktion wurde bei 44% (21/48) der Patienten in der Blastenkrise und 46% (21/46) der Patienten mit Ph+ ALL erreicht. Thrombozytopenie 3. und 4. Grades wurden bei 88% der Patienten in der Blastenkrise und 78 % der Ph+ ALL Patienten festgestellt. Neutropenie 3. und 4. Grades wurden bei 81% der Patienten in der Blastenkrise und 74% der Ph+ ALL Patienten festgestellt. Zu den wichtigen nicht-hämatologischen unerwünschten Ereignissen zählten Diarrhoen (30 %), Übelkeit (22 %), Erbrechen (17 %), Pleuraergüsse (16 %), Kopfschmerzen (15 %), Ausschläge (15 %), oberflächliche Ödeme (13 %) und Magen-Darm-Blutungen (2 %). 


Informationen zu Dasatinib

Der Zulassungsantrag für Dasatinib in der Europäischen Union wurde im Januar 2006 eingereicht und bekam eine positive Begutachtung für den Orphan-Drug-Status zur Ph+ALL- und CML-Behandlung, hat jedoch noch keine endgültige Zulassung bekommen. Dasatinib erhielt den Orphan-Drug-Status für CML und Ph+ALL von der US-amerikanischen FDA im November 2005. der Orphan-Drug-Status wurde in mehreren anderen Ländern beantragt. 


Informationen zu CML und Ph+ALL

CML ist ein Blut- und Knochenmarkskrebs, der üblicherweise bei Erwachsenen im mittleren Alter oder darüber und nur selten bei Kindern auftritt. Das weltweite Auftreten von CML ist relativ gleichförmig und stellt ca. 15 % aller Leukämien dar. Die Resistenz wächst mit der Behandlungsdauer und dem Schwergrad der Erkrankung. 

Ph+ALL ist ein schnell fortschreitender Blut- und Knochenmarkskrebs, der normalerweise bei Erwachsenen auftritt. Patienten mit fortgeschrittenem Ph+ALL entwickeln im Allgemeinen schneller einen Resistenz als CML-Patienten, u.a. auch diejenigen, die sich in der Blastenphase befinden (im Durchschnitt jeweils 2 Monate gegenüber 10 Monate). 


Quelle: prnewswire.co.uk vom 18.06.2006


Weiterführende Informationen:
Das Unternehmen Bristol-Myers Squibb Company gab bekannt, dass Sprycel (Wirkstoff Dasatinib, früherer Laborname BMS-354825) in den USA für die Behandlung von CML und Philadelphia-positiver ALL bei Vorliegen einer Resistenz gegen Imatinib zugelassen ist. Das Medikament wird dort binnen Tagen verfügbar sein und soll bei einer täglichen Dosis von 140mg etwa US-$ 3900/Monat kosten.

Dasatinib hemmt die Tyrosinkinasen BCR-ABL, SRC-Gruppe (SRC, LCK, YES, FYN), c-KIT, EPHA2 und PDGFR-B. Durch die Hemmung dieser Kinasen kann die Vermehrung von Leukämiezellen im Knochenmark mit CML und Ph+ALL gestoppt und die Normalisierung des Blutbilds erreicht werden. "Sprycel stellt eine neue Behandlungsoption für Patienten mit CML oder Ph+ALL dar, die bei einer vorherigen Glivec-Therapie Resistenzen oder Unverträglichkeiten gezeigt haben", so Dr. Brian J. Druker vom Howard Hughes Medical Institute und Vorsitzender von Leukemia Research, Oregon Health & Science University Cancer Institute, Portland, USA.

Die FDA überprüfte zur Zulassung die Wirksamkeit (445 Patienten) und Sicherheit (911 Patienten) auf Basis von vier multizentrischen Phase-II-Studien mit Resistenz oder Unverträglichkeit von Imatinib. Die Studie wurden in 33 Ländern durchgeführt. 

Sicherheitsinformationen des Herstellers

Die häufigsten Nebenwirkungen beinhalten Firber (9%), Pleuralergüsse (8%), Neutropenie (7%), Blutungen des Verdauungstrakts (6%), Lungenentzündung (6%), Thrombozytopenie (5%), Kurzatmigkeit (4%), Anämie (3%), Durchfall (2%), und Herzversagen (3%). Transaminasen und Bilirubin waren bei allen Patienten mit dem Grad 3/4 erhöht. Grad 3/4 Kalziummangel wurde bei allen Patienten beobachtet, konnte aber oft mit oralen Kalziumpräparaten kompensiert werden.

Hämatologische Nebenwirkungen beinhalten Thrombozytopenie, Neutropenie und Anämie, wobei diese häufiger bei fortgeschrittenen Phasen der Krankheit auftreten. Ein Blutbild sollte in den ersten 2 Monaten der Therapie wöchentlich und danach mindestens monatlich durchgeführt werden. Den hämatologischen Nebenwirkungen konnte mit Therapieunterbrechung, Dosisreduktion oder Therapieabbruch begegnet werden. Wachstumsfaktoren konnten bei Patienten mit dauerhafter Myelosuppression eingesetzt werden.

Blutungen: Dasatinib verursachte im Labor Fehlfunktionen der Gerinnung und im menschlichen Körper Thrombozytopenie. Schwere Blutungen des zentralen Nervensystems und Todesfälle traten bei 1% der Patienten auf. Schwere Blutungen des Verdauungstrakts traten bei 7% der Patienten auf und erforderten Therapieunterbrechungen und Transfusionen. Andere Fälle schwerer Blutungen traten bei 4% der Patienten auf. Die meisten Blutungen traten im Zusammenhang mit schwerwiegender Thrombozytopenie auf.

Flüssigkeitseinlagerungen waren bei 9% der Patienten schwerwiegend und traten in der Umgebung der Lungen (5%, Pleuraerguss) und des Herzens (1%) auf. Ödeme im Bauchfell und allgemeine Flüssigkeitseinlagerungen traten bei jeweils 1% der Patienten auf. Bei Patienten, bei denen Pleuraergüsse vermutet werden (Kurzatmigkeit, trockener Husten) wird eine radiologische Untersuchung der Brust empfohlen. Schwere Pleuraergüsse könnte Sauerstofftherapie oder Pleurapunktion erfordern. Flüssigkeitseinlagerungen können mit unterstützenden Massnahmen wie Diuretika oder kurzzeitig Steroiden begegnet werden.

Herzrhythmusstörungen: Labordaten besagen, dass Dasatinib das QT-Intervall verlängern kann. Neun Patienten wieden eine QTc-Verlängerung auf. Dasatinib sollte daher bei Patienten mit vermindertem Kalium- oder Magnesiumgehalt des Blutes (Hypokaliämie, Hypomagnesiämie) oder angeborenen Herzrhythmusstörungen mit Vorsicht angewandt werden.

Wechselwirkungen: Dasatinib ist ein CYP3A4-Substrat. Andere Medikamente, die durch CYP3A4-Hemmung oder -Induktion die Plasmakonzentration von Dasatinib-Konzentration erhöhen oder verringern könnten, sollten nur unter äußerster Vorsicht und enger ärztlicher Beobachtung angewendet werden. Auch Johanniskraut kann die Plasmakonzentration des Medikaments unvorhersehbar erhöhen.

Schwangerschaften: Der Einsatz von Dasatinib wird bei Schwangerschaft und der Empfängnis nicht empfohlen, da es den Fötus schädigen kann. Eine wirksame Verhütung bei Mann und Frau wird empfohlen. Auch während der Stillzeit sollte Dasatinib nicht angewendet werden.

Quellen: u.a. BMS-Pressemitteilung vom 28.06.2006, Übersetzung durch Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit

Weiterführende Informationen:
Imatinib wird über das Zytochrom P450 3A im Körper abgebaut und primär über die Galle ausgeschieden. Obwohl die Bioverfügbarkeit normalerweise bei mehr als 97% liegt, ist bisher unbekannt, wo genau im Verdauungstrakt die Aufnahme des Wirkstoffs erfolgt. Ein Forschungsbericht aus Pittsburgh zeigt, dass bei früheren Operationen am Verdauungstrakt die Aufnahme von Imatinib genau betrachtet werden muss, um eine angemessene Dosis bzw. den erforderlichen Wirkspiegel zu erreichen.

Im Magazin "Pharmacotherapy" wurde nun ein Bericht einer Patientin vorgestellt, die vor ihrer CML-Erkrankung aufgrund einer Thrombose sowie einer bestrahlungsbedingten Kolik den größten Teil ihres Darms verloren hatte. Bei dieser Patientin wurden gemäß einer Untersuchung nur 20% der verschriebenen 400mg-Dosis ins Blut aufgenommen, während das über den künstlichen Darmausgang ausgeschiedene Darminhalt 338mg des Wirkstoffs enthielt. Die Beobachtung legt nahe, dass bei Unregelmäßigkeiten in der Anatomie des Verdauungstrakts der Wirkspiegel von Imatinib genau betrachtet und ggf die Dosis nach oben angepaßt werden muß, um therapeutische Wirkspiegel zu erreichen.

Quelle: Pharmacotherapy. 2006 Jul;26(7):903-7: "Disposition of Imatinib and Its Metabolite CGP74588 in a Patient with Chronic Myelogenous Leukemia and Short-Bowel Syndrome", Beumer et al, University of Pittsburgh Cancer Institute, Pittsburgh, PA, USA. (Übersetzung/Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr)
In den USA hat die Behandlung erster Patienten mit Ph-positiver CML und ALL mit Imatinib-Resistenz mit dem Wirkstoff INNO-406 begonnen. Die an mehreren Zentren durchgeführte Phase-I-Dosiseskalationsstudie soll rund 100 Patienten am MD Anderson Krebszentrum (Houston, Texas, USA) und der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt/Main aufnehmen.

INNO-406 wird oral eingenommen und hemmt sowohl BCR-ABL als auch die Lyn-Kinase. Gemäß einer im Fachmagazin Blood vom 1. Dezember 2005 vorgestellten Untersuchung ist INNO-406 im Labor gegenüber BCR-ABL-positiven Zellen 25-55mal wirksamer als Imatinib. INNO-406 hat Aktivität gegen 12 von 13 Imatinib-resistente Zellinien mit Punktmutationen im Bcr-Abl-Protein gezeigt. Aktuelle Forschungen untersuchen die Aktivität bei anderen bekannten Punktmutationen.

Zusätzlich zu BCR-ABL hemmt Inno-406 die Lyn-Kinase. Die Verstärkung der Lyn-Kinase-Aktivität ist als Grund für Imatinib-Resistenz bekannt. Lyn-Kinase-Aktivit#ät wurde auch bei verschiedenen soliden Tumoren wie beispielsweise Prostatakrebs beobachtet.

"Es gibt einen dringenden Bedarf neuer Behandlungsoptionen für CML. INNO-406 zeigt exzellentes Potential wegen seiner potenten Hemmung von Bcr-Abl und seiner Spezifität zu Lyn, die zu einem einzigarzigen Wirksamkeits- und Verträglichkeitsprofil beitragen könnte", so Dr. Hagop M. Kantarjian, Vorsitzender der Leukämieabteilung des M.D. Anderson Krebszentrums und leitender Forscher der Studie mit INNO-406 in dieser Klinik.

Quelle: Businesswire-Meldung "INNOVIVE Pharmaceuticals Enrolls First Patients in Phase I Study of INNO-406 in CML" vom 19.07.2006, Übersetzung durch Jan, ohne Gewähr

Weiterführende Informationen: ClinicalTrials.gov: Profil der INNO-406-Studie
Eine kürzlich erschienene Studie in der medizinischen Fachzeitschrift "Nature Medicine" berichtete von 10 CML-Patienten, bei denen das Medikament Glivec zu Herzversagen führte. Anschließende Veröffentlichungen in der Publikumspresse führen nun zur starker Verunsicherung bei Patienten und Angehörigen. Presse-Hype im Sommerloch oder tatsächlich besorgniserregende neue Erkenntnis? Zurück zu den bekannten Fakten.

Die Daten und deren Neuigkeitswert

Die kürzlich in "Nature Medicine" publizierten Daten sind im klinischen Umfeld vielmehr keineswegs neu, sondern sehr selten in schwere Form auftretende Nebenwirkungen am Herzen sind Ärzten bei allen Tyrosinkinaseinhibitoren, die c-ABL hemmen, bekannt. Dazu zählen Imatinib/Glivec, Dasatinib/Sprycel und Nilotinib/Tasigna.

Bei Glivec ist auch seit Jahren in der Fachinformation für Ärzte ein Hinweis enthalten, dass bei Patienten mit kardialen Funktionsstörungen Vorsicht angezeigt sei, und dass Herzinsuffizienz zu den "gelegentlichen" Nebenwirkungen des Medikaments gehöre. Diese Aussage basiert u.a. auf den Langzeit-Daten der IRIS-Studie, in der tausende von Glivec-Patienten über mittlerweile fünf Jahre beobachtet wurden, und bei denen keine im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöhte Sterblichkeit durch Herzerkrankungen festgestellt werden konnte. Nach Angaben von Experten traten Herzinsuffizienzen in der IRIS-Studie in leichter Form "gelegentlich" (bei 0,1%-1% der Patienten) und schwere Herzinsuffizienzen "selten" (bei weniger als 0,1% der Patienten) auf.

Die nun vielzitierte Studie in "Nature Medicine" wurde als Folgeaktivität eines Berichts durchgeführt, der im September 2005 im "Journal of Cardiac Failure" veröffentlicht wurde. Bereits damals wurde von 10 CML-Patienten berichtet, die unter Imatinib-Therapie eine kongestive Herzinsuffizienz erlitten. Die Patienten wurden nach Auftreten des Herzversagens mit Herzmedikamenten wie ACE-Inhibitoren und Cardivelol behandelt, wodurch sich die Beschwerden signifikant besserten. Drei Patienten konnten danach die Imatinib-Therapie ohne Probleme wieder aufnehmen, zwei verstarben an Sepsis, einer an Herzinfarkt. Die Autoren empfahlen als Folge eine Untersuchung der Wirkung von Tyrosinkinasen-Hemmern auf mögliches Herzversagen.

Im im Juli 2006 in "Nature Medicine" erschienenen Artikel "Kardiotoxizität des Krebsmedikaments Imatinib" wurden die Mechanismen nun genauer beschrieben. Darin berichten die Autoren um Thomas Force, der auch unter den Autoren des obigen Artikels von 2005 ist, von 10 Patienten, die nach der Einnahme von Imatinib eine schwere kongestive Herzinsuffizienz entwickelten. Ausserdem wird von in der Folge durchgeführten Laborstudien an Mäusen berichteten, die unter Imatinib bei einer Dosierung von 200mg/kg/Tag entsprechende kardiale Nebenwirkungen erlitten. Ob die 10 Patienten der ersten und zweiten Studie identisch sind, konnte noch nicht geklärt werden. Die Tabellen verraten jedoch, dass das Durchschnittsalter der 10 Patienten zu Therapiebeginn 64 Jahre war (plus/minus 11 Jahre), zwei der Patienten hatten bereits einen Bypass, ein weiterer eine Herz-Vorerkrankung, und sieben litten unter Bluthochdruck. Somit existierte in der Gruppe vor Imatinib-Therapiebeginn bereits ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen.

Die Autoren schließen jedoch, dass Untersuchungen im Reagenzglas, bei Mäusen und in den beobachteten Einzelfällen durch die Abl-Hemmung eine potentielle Kardiotoxizität des Medikaments ergeben haben, die zu schwerer Herzinsuffizienz führen kann. Sie empfehlen daher eine tiefergehende Untersuchung des Problems, um den Umfang des Problems zu quantifizieren. Sie empfehlen auch, dass Imatinib-Patienten bei Symptomen von Herzinsuffizenz genau beobachtet werden sollten, und dass klinische Studien mit zukünftigen Abl-Inhibitoren entsprechende Untersuchungen einschließen sollten.

Interpretation der Daten aus Patientensicht

Im Rahmen verschiedener klinischer Studien sowie in Langzeitstudien nach Marktzulassung wurden auch systematisch Nebenwirkungen erfasst. Im Rahmen dieser Studien sind mittlerweile mehr als 200.000 Lebensjahre Glivec-Therapie erfasst, aus denen hervorging, dass die Fälle von Herzversagen bei Imatinib-Patienten äußerst selten sind. 

Experten sprechen sich gerade vor diesem Hintergrund dafür aus, dass Patienten auch nach Zulassung eines Medikaments möglichst immer in klinischen Langzeitstudien und/oder entsprechend erfahrenen Zentren behandelt werden. Demnach verfüge ein Arzt mit 2-3 CML-Patienten im Falle von sehr seltenen Nebenwirkungen wie beispielsweise Herzproblemen oder Hypophosphatamie in der Regel nicht über die entsprechende Erfahrung. Dies zeigt sich beispielsweise auch darin, dass in den aktuellen Tasigna- und Dasatinib-Studien regelmäßige EKGs durchgeführt werden, um entsprechende Daten strukturiert zu sammeln.

In Hinsicht auf die kardialen Nebenwirkungen sollte in der Diskussion nun rational abgewogen werden, welche potentielle Toxizität Imatinib verursacht, und diese mit den Nebenwirkungen der Alternativen vergleichen, beispielsweise der Depressionsrate und Toxizität unter Interferon, sowie der Sterblichkeit und des Zweiterkrankungsrisikos der Transplantation. Denn keine wirksame CML-Therapie inklusive Imatinib ist ohne Nebenwirkungen. Die Tatsache, dass über alle Risikogruppen fünf Jahre nach Therapiebeginn nur 4,6% der CML-Patienten unter Imatinib-Therapie an den Folgen der CML verstarben - vor Glivec waren es rund die Hälfte - zeigt klar, dass der Überlebensvorteil, den Leukämiepatienten durch das Medikament haben, ungleich höher ist als die potentielle Gefahr von Nebenwirkungen. Auch nach Dr. Michael Deininger, einem der führenden CML-Experten und Onkologe an der Oregon Health & Science Universität in Portland, überwiege der Nutzen auch mit den neuen Erkenntnissen deutlich die Risiken des Medikaments.

Die Pressereaktion

Aus Pressesicht darf die Angelegenheit als Armutszeugnis für eine um Seriosität bemühte Medienbranche gewertet werden. So titelt die "Berliner Zeitung", dass Glivec das Herz angreife - als Faktum. "Die Zeit" zweifelt unter der Überschrift "Entzaubertes Glivec", dass Wunder nunmal ihren Preis hätten, und zur Diskussion stellt, wie hoch dieser sein dürfe, wenn es um Leben und Tod geht. Die englische "Times" stellt es gar so dar, als ob die Autoren des "Nature Medicine"-Artikels "die Sicherheit des Vorläufers einer neuen Ära von Krebsmedikamenten" bereits insgesamt in Frage stellten, und die "Metro" titelt "Herzrisiko der Krebswunderpille".

Ist eine solche Berichterstattung in der Publikumspresse angesichts der tatsächlichen Daten und der dadurch entstehenden Verunsicherung gerechtfertigt? Nachdem die Presse nun jahrelang über das als (ebenfalls fälschlicherweise) völlig nebenwirkungslos bezeichnete Wundermedikament berichtet hat, sind solche Schlagzeilen vermutlich erneut auflagenwirksam - ob die klinischen Daten nun wirklich für die große Mehrheit der Patienten kritisch sind oder nicht. 

Den Schaden haben die Patienten und deren Selbsthilfeorganisationen, die sich nun weltweit täglich den begründeten Fragen besorgter Patienten ausgesetzt sehen. Denn am Ende erhöhen - ohne mehr medizinische Evidenz - sensationsgetriebenen Artikel in der Publikumspresse nur die Verunsicherung bei den rund 100.000 Glivec-Patienten weltweit, ohne dabei wirklich zu helfen. Und wenn aufgrunddessen ein Patient aus Angst vor dem potentiellen Herzschaden seine "Wunderpille" ohne ärztliche Rücksprache absetzt oder herabdosiert, wird es tatsächlich lebensgefährlich. 

Die Zukunft

Natürlich sind die neuen Daten ernst zu nehmen, und die Langzeittherapie mit gezielten Inhibitoren wie Glivec werden noch manche Nebenwirkungen zutage fördern - ob diese jedoch schwerwiegen oder harmlos sind, und ob sie eine signifikante Anzahl Patienten betreffen, werden zukünftige Studienerfahrungen ergeben. Die CML-Forschungsgemeinschaft widmet sich bereits intensiv der Untersuchung der Nebenwirkungen. Bei Tasigna- und Dasatinib-Studien wurden seit Beginn vor einem Jahr umfangreiche EKG-Untersuchungen angeordnet, um strukturiert Daten zu sammeln, und in den Glivec-Langzeitstudien wird auf diese Beobachtungen nun sicherlich noch intensiver geachtet. Die medizinische Fachpresse wird mit Sicherheit berichten, sobald neue gesicherte Erkenntnisse verfügbar sind.

Verwendete Quellen:
  • Impact of Angiotensin Converting Enzyme Inhibitors and Carvedilol on Recovery
    of Cardiac Function in Imatinib Associated Cardiomyopathy: Journal of Cardiac Failure, Vol. 11 No. 6, 2005
  • Cardiotoxicity of the cancer therapeutic agent imatinib mesylate, Nature Medicine, online publiziert am 23.07.2006
  • Leukaemia Drug link to heart failure: The Times vom 24.07.2006
  • 'Heart Risk' of cancer wonderpill: Metro vom 24.07.2006
  • Entzaubertes Glivec: Die Zeit vom 24.07.2006
  • Glivec könne Herzversagen fördern: FAZ vom 24.07.2006, in Referenz auf einen Artikel im Wall Street Journal
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Die Behandlung der Philadelphia-Chromosom-positiven (Ph+) chronisch-myeloischen Leukämie (CML) hat sich in den letzten Jahren durch die Einführung des Tyrosinkinaseinhibitors Imatinib entscheidend verändert. Im Rahmen der IRIS-Studie (International Randomized Interferon versus STI571) wird jetzt immerhin über 5-Jahresdaten zum Einsatz dieser zielgerichteten Therapie verfügt. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden 1.106 neu diagnostizierte Patienten mit Ph+-CML in chronischer Phase in 177 Zentren in 16 Ländern einbezogen. 

Randomisiert in zwei Gruppen bekamen die Patienten entweder Imatinib in der Standarddosierung von 400 mg/Tag oder Interferon (IFN) 5 MIU M2 pro Tag mit Ara-C 20 mg/M2/Tag an 10 Tagen pro Monat. Während vor der Verfügbarkeit der molekularen Therapie höchstens die Hälfte aller Patienten die ersten 5 Jahre nach Diagnosestellung überlebte, lässt sich ihre Anzahl nun auf 89% steigern. "Da aber im Beobachtungszeitraum nur 4,6% an einer krankheitsassoziierten Ursache starben, beträgt das eigentliche 5-Jahre-Überleben sogar 95,4%" führte Professor Brian Druker, Los Angeles, bei der Vorstellung dieser Daten aus.

Ein vollständiges hämatologisches Ansprechen - als Voraussetzung für ein langes Überleben - wurde bei 98% der Patienten festgestellt, ein relevantes zytogenetisches Ansprechen bei 92%, ein vollständiges zytogenetisches Ansprechen bei 87%. Von Bedeutung ist darüber hinaus, dass 93% der Patienten nicht in eine aggressivere Phase der Erkrankung wie eine Blastenkrise wechselten. Die Therapie ist nach wie vor gut verträglich und die Dosis musste während dieser langen Zeit durchschnittlich nur auf 382 Milligramm Imatinib reduziert werden. Insgesamt sei die Hoffnung auf Grund der vorliegenden Daten groß, dass ein sehr hoher Prozentsatz an Patienten auch noch ein weiter verlängertes Überleben zeigen wird, so Druker. Treten Resistenzen auf, so gibt es weiterhin Hoffnung für die CML-Patienten, denn mittlerweile wurden gleich mehrere Präparate entwickelt, die bei Imatinib-Resistenz eingesetzt werden können.

Quelle: Ribosepharm News vom 24.07.06

Weiterführende Artikel: ASCO: Fünfjahresdaten von Imatinib veröffentlicht, Leukämie-Online vom 09.06.2006
Das neue Programm zum erweiterten Zugang zu Nilotinib (Expanding Nilotinib Access in Clinical Trials, ENACT) für Imatinib-resistente CML ist mittlerweile in mehreren klinischen Zentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz verfügbar.

Zum 25. Juli 2006 nahmen bereits folgende Kliniken in Deutschland Patienten auf:
  • Klinikum der Johann-Wolfgang-Goethe Universität
    Theodor-Stern-Kai 7 
    60590 Frankfurt

  • Universitätsklinik Tübingen
    Otfried-Müller-Strasse 10, 
    Innere Medizin II, Hämatologie, Onkologie
    72076 Tübingen

  • Universitätsklinikum Carl Gustav Carus- TU Dresden
    Fetscherstrasse 74 
    Dresden

  • Universitätsklinikum Leipzig
    Johannisallee 32A
    Medizinische Klinik und Poliklinik II, 
    Abteilung Hämatologie und Onkologie
    Leipzig

  • Universitätsklinikum Mannheim
    Wiesbadener Strasse 7-11, 
    III. Medizinische Klinik
    68305 Mannheim

  • Laut ClinicalTrials.gov folgen in Kürze noch Zentren in Hamburg, München, Mainz, Magdeburg, Hannover, Bremerhaven, Kiel, Oldenburg, Berlin und Freiburg.

In der Schweiz ist ENACT bereits in folgenden Zentren geöffnet:
  • Kantonsspital Basel 
    Petersgraben 4 
    4031 Basel 4031

  • Laut ClinicalTrials.gov folgen in Kürze noch Zentren in Lausanne und Bern

In Österreich ist ENACT bereits in folgenden Zentren verfügbar:

  • Klinikum Kreuzschwestern Wels
    Grieskirchner Straße 42
    4. Interne Abteilung, Onkologie, Hämatologie und Immunologie
    4600 Wels

  • Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz
    Seilerstätte 4 
    4010 Linz 4010

  • Univ. Klinik f. Innere Medicin
    Anichstrasse 35 
    6020 Innsbruck

  • Universitaetsklinikum Wien
    Währinger Gürtel 18-20
    1090 Wien

  • Universitätsklinikum Graz 
    Auenbruggerplatz 15 
    8036 Graz

Weiterführende Links:
In Tablettenform einzunehmende Medikamente zur Desensibilisierung können dabei unterstützen, das Auftreten von wiederkehrenden Hautausschlägen zu verhindern, die bei manchen CML-Patienten einen Abbruch der Glivec-Therapie erforderlich machen würden. Dies wurde in der August-Ausgabe der "Annals of Allergy, Asthma & Immunology" berichtet.

"Bisher besteht bisher kein universelles Vorgehen, um Patienten mit Nebenwirkungen von Imatinib an der Haut zu behandeln", so die Autoren. Dr. Robert P. Nelson, Jr. und Kollegen der Indiana University School of Medicine, Indianapolis, USA, verabreichten eine orale Desensibilisierungstherapie an 10 Leukämiepatienten, die vorher auf Imatinib (Glivec) wiederkehrend mit Hautausschlägen reagierten.

Das vierstündige oral einzunehmende Desensibilisierungsprogramm begann unter Beobachtung der Patienten mit einer 10mg-Dosis, und setzte sich in neun Stufen mit Tabletten von 2mg bis 100mg fort, so der Bericht. Alle Patienten vertrugen die Desensibilisierung, und 8 Patienten konnten ihre tägliche Imatinib-Therapie ohne Rückkehr der Ausschläge oder anderer Nebenwirkungen fortsetzen. Von den zwei anderen Patienten entwickelte einer fünf Stunden nach der Desensibilisierungsprozedur einen diffusen Ausschlag, und einer zeigte einige Tage nach der Desensibilisierung wiederkehrende Hautausschläge.

"Eine größere Zahl Patienten sollte mit dieser Behandlung beobachtet werden, um die Effektivität oraler Desensibilisierung zu bestätigen, sowie um den Mechanismus von der Entwicklung von Ausschlägen bei Patienten mit wiederkehrenden oder widerspenstigen Ausschlägen zu beleuchten", so die Forscher.

"Orale Desensibilisierung scheint eine Option für Patienten mit wiederkehrenden Hautreaktionen auf Imatinib zu sein, und könnte es Ärzten erlauben, Imatinib bei Leukämiepatienten sicher einzusetzen, die auf diese lebensverlängernde Medikation Nebenwirkungen an der Haut entwickeln", so die Schlussfolgerung der Forscher.

Quellen:
Imatinib überwindet bekanntermaßen die Blut-Hirn-Schranke nicht. Sollte also der seltene Fall eintreten, dass sich CML-Zellen ins Rückenmark oder das Hirn ausbreiten, ist Imatinib nicht wirksam und eine Chemotherapie muss über das Rückenmark angewendet werden. Ein Forschungsbericht aus Japan gibt nun ersten Aufschluss, dass der in Studien befindliche Wirkstoff INNO-406 (zuvor NS-187) in kleinen Mengen die Blut-Hirn-Schranke überwindet und auf diesem Weg CML-Rückfälle im Zentralen Nervensystem (CNS) überwinden kann.

INNO-406, ein neuer Inhibitor, der sowohl BCR-ABL- als auch Lyn-Tyrosinkinasen hemmt, soll im Körper etwa 10 Mal stärker als Imatinib wirken. Im Gegensatz zu Imatinib, das aufgrund des Vorhandenseins von P-Glycoproteinen in der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann, soll INNO-406 dies in geringem Maße möglich sein. Die Studie ergab, dass die Konzentration von INNO-406 im zentralen Nervensystem etwa 10% der Plasmakonzentration betrug. Diese sei aber ausreichend, das Wachstum von Ph-positiven Zellen zu hemmen, auch wenn diese eine Mutation von BCR-ABL aufwiesen. Auch konnte Cyclosporin, ein P-Glycoprotein-Hemmer, die Aktivität von INNO-406 bei Ph-positiver CML im zentralen Nervensystem verstärken. 

Quelle: INNO-406, a novel BCR-ABL/Lyn dual tyrosine kinase inhibitor, suppresses the growth of Ph+ leukemia cells in the central nervous system and cyclosporine A augments its in vivo activity. Shinya Kimura et al, Kyoto University Hospital. Übersetzung und Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr.

Weiterführende Informationen: Studie mit INNO-406 zur Behandlung von Glivec-Resistenz gestartet, Leukämie-Online 23.07.2006
Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML), die nicht auf Imatinib ansprechen oder es nicht vertragen, hilft offenbar der Tyrosinkinase-Hemmer Dasatinib. Das bestätigen die Ergebnisse einer Phase-II-Studie mit fast 400 Patienten.

"Dasatinib ist wirksam sowohl bei CML-Patienten, die Mutationen im BCR-ABL-Gen haben und deshalb nicht auf Imatinib ansprechen, als auch Patienten, die eine davon unabhängige Resistenz haben", hat Professor Andreas Hochhaus aus Mannheim beim Krebskongreß ASCO in Atlanta in den USA berichtet. 

BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22 - bei CML als Philadelphia-Chromosom bezeichnet - und bei den meisten CML-Patienten Ursache der Erkrankung. An der Studie nahmen 387 Patienten in der chronischen Phase der Leukämie teil. Sie erhielten zweimal pro Tag 70 mg Dasatinib. Alle drei Monate wurde das Knochenmark zytologisch und zytogenetisch untersucht.

Die mediane Beobachtungszeit während der Dasatinib-Therapie betrug 7,8 Monate. 90 Prozent der Patienten sprachen komplett hämatologisch an: Die Leukozytenzahl normalisierte sich. Jeder zweite Patient sprach zytogenetisch an, das bedeutet, das Philadelphia-Chromosom war in Knochenmark-Zellen nicht mehr nachweisbar.

Insgesamt 160 Patienten hatten Mutationen im BCR-ABL-Gen, 20 Prozent bei Imatinib-intoleranten und 52 Prozent bei Imatinib-resistenten Patienten.

Das hämatologische Ansprechen war offenbar unabhängig von Mutationen in dem Gen. Es war in den beiden Gruppen mit 88 und 91 Prozent etwa gleich hoch.

Quelle: Ärztezeitung vom 15.09.2006
Sollten sich in fortgeschrittenen Phasen der CML Resistenzen gegen Glivec bilden, stehen zum Beispiel mit Dasatinib (Sprycel), Nilotinib (Tasigna, AMN107) und SKI-606 verschiedene noch nicht zugelassene Medikamente zur Verfügung. Was aber, wenn sich auch gegen eines der neuen Medikamente eine Resistenz bildet? Ein Team des MD Anderson Krebszentrums hat nun eine Gruppe von 23 Patienten untersucht, die nach Glivec auch gegen Nilotinib resistent wurden, und von denen etwas mehr als die Hälfte daraufhin auf Dasatinib ansprach.

Zu Beginn der Studie waren von den 23 Patienten, die bereits zuvor gegen Glivec und dann Nilotinib resistent wurden, neun in akzelerierter Phase und zehn in Blastenkrise. 39% der Patienten hatten zusätzlich zuvor eine Interferon-Therapie und 9% eine Stammzelltransplantation erfahren. Das Durchschnittsaler war 58 Jahre. Die Glivec-Vortherapie hatte eine durchschnittliche Dauer von 21 Monaten und die Nilotinib-Therapie 8 Monate. Drei der Patienten hatten 400mg Nilotinib täglich erhalten, der Rest höhere Dosen. Der durchschnittliche PCR-Wert zu Studienbeginn war 72%, und drei Viertel der Patienten hatten ABL-Mutationen wie T315I, Y253F/H, F359V, E255V/K and G250E. Im Durchschnitt wurde Nilotinib 1,3 Monate vor Beginn mit Dasatinib abgesetzt.

13 der 23 Patienten (57%) sprachen auf Dasatinib an. Bei 10 kam es zu einer Normalisierung der Blutwerte, und 7 erreichten ein zytogenetisches Ansprechen (2 vollständig, 4 teilweise, 1 geringfügig). Die Patienten mit T315I-Mutationen sprachen erwartungsgemäß nicht auf das Medikament an. 58% der Patienten mußten die Dasatinib-Dosis wegen Nebwirkungen reduzieren. 

Die Ergebnisse legen nahe, dass Dasatinib im Falle von Glivec- und Nilotinib-Versagen wirksam sein kann. Allerdings ist die Beobachtungszeit zu kurz, um daraus Schlüsse zu ziehen. Weitere Beobachtungen bei höheren Patientenzahlen sind erforderlich, um auch die Dauerhaftigkeit des Ansprechens beurteilen zu können.

Quelle:

Dasatinib (BMS-354825) is active in Philadelphia chromosome-positive chronic myelogenous leukemia after imatinib and nilotinib (AMN107) therapy failure

Alfonso Quintas-Cardama, Hagop Kantarjian, Dan Jones, Claude Nicaise, Susan O'Brien, Francis Giles, Moshe Talpaz, and Jorge Cortes

Dept of Leukemia, University of Texas, MD Anderson Cancer Center, Houston, TX
Dept of Hematopathology, University of Texas, MD Anderson Cancer Center, Houston, TX
Bristol-Myers Squibb, Wallingford, CT
University of Texas MD Anderson Cancer Center, Houston, TX
University of Michigan, Ann Arbor, MI

Übersetzung und Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit
Das wissenschaftliche Kommittee (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) der Europäischen Arzneimittelbehörde EMEA hat am 21.09.2006 eine Zulassungsempfehlung für Sprycel (Wirkstoff Dasatinib) ausgesprochen. Wenn die EU-Kommission diese Empfehlung annimmt, ist in nächster Zeit mit einer Zulassung in Europa für CML bei Glivec-Resistenz oder Glivec-Unverträglichkeit zu rechnen.

Die Zulassung wurde für Filmtabletten in den Dosierungen 20mg, 50mg und 70mg zur Behandlung von Philadelphia-positiver CML und ALL bei Erwachsenen mit Resistenz oder Unverträglichkeit von Glivec empfohlen. Sprycel hatte am 23.12.2005 den Status als "Orphan-Medikament" erhalten. Das von Brystol-Myers Squibb hergestellte Medikament hemmt die Aktivität der BCR-ABL-Tyrosinkinase, die Kinasen der SRC-Familie, sowie weitere onkogene Kinasen wie c-KIT, Ephrin-Rezeptor-Kinasen (EPH) oder den PDGF-Rezeptor. Patienten mit den genannten Resistenzen und Unverträglichkeiten auf Glivec hatten danach hämatologisch und zytogenetisch auf Dasatinib angesprochen. Die häufigsten nicht-hämatologischen Nebenwirkungen waren Magen-Darm-Beschwerden (Durchfall, Übelkeit, Erbrechen), Flüssigkeitseinlagerungen (periphere Ödeme, Lungenödem), Kopfschmerzen und Müdigkeit.

Das CHMP stellte unter Beachtung von Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der Daten fest, dass ein positive Nutzen-Risiko-Abschätzung für Sprycel existiere und daher die Marktzulassung empfehle. Die für die Marktzulassung verantwortliche EU-Kommission ist an die Empfehlungen des CHMP nicht gebunden, folgt dieser aber in der Regel binnen 67 Tagen nach Abgabe der Empfehlung.

Quelle: CHMP-Mitteilung der Europ. Zulassungsbehörde EMEA vom 21.09.2006 (englisch, PDF). 

Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
Imatinibmesylat (Handelsname Glivec) hemmt Tyrosinkinasen und wird als Standardtherapie bei CML sowie bei gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) eingesetzt. Die Autoren einer Studie mit 63 Patienten berichten über eine unerwünschte Wirkung des Medikaments, die bislang in der Gebrauchsinformation nicht erwähnt wird, nämlich eine Hypophosphatämie als Ausdruck einer Störung im Knochenstoffwechsel. 

Von 63 retrospektiv und 14 prospektiv evaluierten Patienten wiesen zeitweise 51 Prozent erniedrigte Serumphosphatwerte auf. Erhöhte Parathormonspiegel und ein erniedrigtes Serumkalzium sprechen für eine durch Imatinib induzierte Knochenbildungs- und resorptionsstörung, wahrscheinlich infolge einer Hemmung des PDGF-Rezeptors. Sollten sich die Ergebnisse der Autoren in weiteren Studien bestätigen, so empfehlen sie, bei Patienten unter einer Imatinibtherapie die Serumphosphat- und Vitamin-D-Spiegel zu kontrollieren, um durch eine Phosphatsubstitution einer Osteoporose beziehungsweise Osteomalazie vorzubeugen.

Quellen: Weiterführende Informationen:
Charakteristisch für die Chronische Myeloische Leukämie (CML) und weitere Krebsformen des blutbildenden Systems ist, dass sich in den Zellen abnormale Fusionsproteine anhäufen, die aus zwei Teilen mit unterschiedlicher Funktion bestehen. Eine dieser Funktionen ist bereits bekannt: Es handelt sich um Tyrosinkinasen, zentrale Schalter, die andere Proteine aktivieren oder stilllegen können. Inwiefern der zweite Teil des chimären Proteins die Krebsentstehung fördert, will nun Professor Alwin Krämer, Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Hämatologie/Onkologie im Deutschen Krebsforschungszentrum, herausfinden. Die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung e. V., die sich für die Bekämpfung von Leukämie und anderen Bluterkrankungen einsetzt, fördert dieses Projekt mit 153.700 Euro.

Ursache für die Entstehung von Fusionsproteinen sind Chromosomenveränderungen, so genannte Translokationen, bei denen es zum Austausch von größeren Erbgutabschnitten zwischen zwei verschiedenen (nicht homologen) Chromosomen kommt. Durch die Neukombination der genetischen Bauanleitung entsteht ein Produkt mit einer neuen Funktion. Am bekanntesten ist das mit der CML assoziierte Philadelphia-Chromosom, das durch eine Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22 entsteht. Mittlerweile kennt man eine ganze Reihe ähnlicher Translokationen, die zur Entartung von Knochenmarkzellen führen. Auffällig ist, dass es sich bei den Fusionspartnern der Tyrosinkinasen häufig um zentrosomale Proteine handelt. Das Zentrosom ist ein "Organ" der Zelle, das während der Zellteilung für den Aufbau des Spindelapparates und damit für die korrekte Verteilung der Chromosomen auf die Tochterzellen und die genetische Stabilität von Zellen verantwortlich ist.
Neueren Erkenntnissen zufolge dienen die Zentrosomen dabei quasi als "Hauptquartier" für die Führungsriege der Zelle, also die Proteine, die maßgeblich die Teilung und das Wachstum regulieren. Bekommen diese Kontrollinstanzen fälschlicherweise von den Tyrosinkinasen den "Marschbefehl", kann dies fatale Folgen haben: Die Zellen beginnen sich unkontrolliert zu teilen. Krämer und sein wissenschaftliches Team haben verschiedene gentechnisch veränderte Zelllinien entwickelt, mit denen sich überprüfen lässt, ob die Tyrosinkinasen am Zentrosom vor Ort sein müssen, um ihr Start- bzw. Stoppsignal weiterzugeben. Möglicherweise reicht es auch, wenn Tyrosinkinasen "aus der Ferne" ihre Anweisungen geben und auf diese Weise die Krebsentstehung fördern. Ziel des geplanten Projekts ist es außerdem, herauszufinden, wie sich Hemmstoffe der Tyrosinkinasen wie das Medikament Imatinib auf den Entartungsprozess auswirken.
Die Studie läuft über einen Zeitraum von drei Jahren. Mit ersten Ergebnissen ist etwa 2008 zu rechnen.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat die Aufgabe, die Mechanismen der Krebsentstehung systematisch zu untersuchen und Krebsrisikofaktoren zu erfassen. Die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung sollen zu neuen Ansätzen in Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen führen. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V.

Quelle: idw-Mitteilung vom 13.10.2006
Die EU hat das Medikament Sprycel (Wirkstoff Dasatinib) zur Behandlung von Patienten mit Ph-positiver CML und ALL, die unter Imatinib-Therapie eine Resistenz oder Unverträglichkeit entwickelt haben, zugelassen. Damit ist das Medikament laut dem Hersteller Bristol-Myers Squibb nun bereits in Österreich, Deutschland, Frankreich, Finnland, Schweden und Grossbritannien auf Rezept verfügbar. Andere Länder werden folgen, sobald in diesen die Preisverhandlungen und die Kostenübernahme der Krankenkassen abgeschlossen sind.

Die Zulassung der Europäischen Medikamentenzulassungsbehörde EMEA basiert auf Daten von fünf Phase-II-Studien bei CML und Ph+ALL Patienten, die Resistenz oder Intoleranz unter Imatinib-Therapie gezeigt hatten. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante hämatologische und zytogenetische Effizienz sowie dauerhaftes Ansprechen auf. Auch die Nebenwirkungen waren vorhersehbar und behandelbar, darunter Magen-Darm-Beschwerden (Durchfall, Übelkeit, Erbrechen), Flüssigkeitseinlagerungen (periphere Ödeme, Lungenödem), Kopfschmerzen und Müdigkeit. Neutropenien wurden auch in allen Studien beobachtet, insbesondere bei Patienten in fortgeschrittenen Phasen der Erkrankung.

Analysten rechnen mit einem guten Markterfolg des Medikaments, das einen Umsatz von 500 Millionen US-Dollar pro Jahr erreichen könnte, insbesondere, wenn es gelänge, die zugelassenen Indikationen des Medikaments auf die Erstlinientherapie bei CML und Ph+ALL, oder andere Krebserkrankungen zu erweitern. Bristol-Myers Squibb gab an, das Medikament auch bei Brustkrebs, Prostatakrebs und Magen-Darm-Krebserkrankungen zu testen.

Quelle: CMLSupport.org.uk

Weiterführende Informationen:

SKI-606 ist ein oral einzunehmenender Src/Abl Tyrosinkinaseinhibitor, der sich im Reagenzglas 200mal aktiver als Imatinib zeigt. Anders als Dasatinib oder Imatinib zeigt er jedoch keine c-kit- or PDGFR-Hemmung, wodurch ein anderes Nebenwirkungsprofil zu erwarten ist. Im ersten Teil der kombinierten Phase I/II-Studie, die im Dezember auf der Hämatologentagung ASH in den USA vorgestellt wird, nahmen 18 Patienten teil, die eine Resistenz gegen Imatinib entwickelt hatten. Das Medikament wurde gut vertragen und zeigt klinische Aktivität bei Imatinib-Resistenz, eine Phase-II-Studie ist auf Basis der guten Phase-I-Daten nun gestartet.

Einer der 18 Patienten zeigte während der Studie eine Progression, während 17 noch heute in Behandlung sind. Nebenwirkungen waren Durchfall (87%), Übelkeit (33%), Erbrechen (20%), Unterleibsschmerzen (13%), Hautausschlag (13%), Kraftlosigkeit (13%), and erhöhte Leberwerte (7%). 5 Patienten mußten die Dosis wegen Nebenwirkungen verringern. Keine Thoraxergüsse oder Lungenödeme wurden beobachtet. 

Von den 7 Patienten, die an der Studie wegen hämatologischem Rezidiv eintraten, erreichten alle binnen einem Monat die Normalisierung der Blutwerte, drei eine komplette zytogenetische Remission in 12 Wochen. Die Patienten hatten zuvor imatinib-resistente Bcr-Abl Mutationen M351T; F359V; T315I; F359(V,F), L248(L,V)(H,R); H396(H,P) und M351(T,M).

Weil unter 600mg ein sehr schwerwiegender Hautausschlag und zweimal starke Nebenwirkungen an Magen/Darm und Haut auftraten, wurde 500mg als Dosis für die Phase II der Studie festgelegt. Patienten in allen Phasen von CML und Ph+ALL werden nun in diese neue Phase aufgenommen.

Quelle:

ASH-Abstract #168, zusätzlich in Blood, Volume 108, issue 11, November 16, 2006 erschienen. ASH-Abstracts nach kostenloser Registrierung einsehbar (englisch)

[168] A Phase 1/2 Study of SKI-606, a Dual Inhibitor of Src and Abl Kinases, in Adult Patients with Philadelphia Chromosome Positive (Ph+) Chronic Myelogenous Leukemia (CML) or Acute Lymphocytic Leukemia (ALL) Relapsed, Refractory or Intolerant of Imatinib

Jorge Cortes, Hagop M. Kantarjian, Michele Baccarani, Tim H. Brummendorf, Delong Liu, Gert Ossenkoppele, Angela D.G. Volkert, Becker Hewes, Laurence Moore, Charles Zacharchuk, Carlo Gambacorti MD Anderson Cancer Center, The University of Texas, Houston, TX, USA; Instituto di Ematologia e Oncologia Medica Seragnoli , Universita degli Studi di Bologna, Bologna, Italy; Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitaetsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany; New York Medical College, Valhalla, NY, USA; Department of Hematology, VU University Medical Center, Amsterdam, Netherlands; CR D, Wyeth Research, Cambridge, MA, USA; San Gerardo Hospital, University of Milano Bicocca, Monza, Italy

Übersetzung/Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit

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