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Chronische Myeloische Leukämie (CML)

Bei einem kleineren Teil der CML-Patienten, insbesondere bei suboptimalem Ansprechen oder in fortgeschrittenen Krankheitsphasen, kann es zur Bildung von Resistenzen gegen Imatinib kommen. Die meisten dieser Resistenzen können mit Dasatinib und Nilotinib überwunden werden. Als problematisch hat sich jedoch die sogenannte T315I-Mutation herausgestellt, bei der alle drei Medikamente unwirksam sind. Ein neuartiger, als PHA-739358 bezeichneter Wirkstoff zielt auf BCR-ABL und die Aurora-Kinases A-C ab. In Laborstudien scheint er gegen viele Imatinib-Resistenzen inklusive T315I wirksam zu sein, so eine Studie eines Forscherteams vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Pharmakologische Synergien zwischen IM und PHA-739358 wurde bei Imatinib-resistenten Zellinien beobachtet. Weiterhin wurden starke zellteilungshemmende Effekte bei CD34-positiven Zellen nachgewiesen, die zum Teil auch die T315I-Mutation aufwiesen. PHA-739358 könnte daher eine vielversprechende Therapiemöglichkeit bei Vorhandensein von T315I werden. Klinische Studien mit dem Wirkstoff haben kürzlich begonnen.

Quelle: Simultaneous targeting of Aurora kinases and Bcr-Abl kinase by the small molecule inhibitor PHA-739358 is effective against Imatinib-resistant BCR-ABL mutations including T315I. "Blood" vom 11 Februar 2008 (Online-Vorabveröffentlichung). Übersetzung/Zusammenfassung von Jan.

Weiterführende Informationen: Deutsche Studie zur Überwindung der T315I-Mutation bei CML startet, Leukämie-Online 27.11.2007
Sprechen Patienten mit CML nicht mehr auf eine Standardtherapie mit dem Tyrosinkinase-Hemmer Imatinib an, kann eine Umstellung auf Dasatinib weiterhelfen. Das ist effektiver als eine Erhöhung der Imatinib-Dosis. Der Nutzen der Umstellung auf Dasatinib geht aus den Daten der START-R-Studie hervor, die Professor Andreas Hochhaus beim Krebskongress in Berlin vorgestellt hat. An der Studie haben Patienten mit Imatinib-resistenter CML teilgenommen. Sie erhielten täglich 140 mg Dasatinib oder wurden mit Imatinib in einer auf 800 mg erhöhten Dosis weiterbehandelt.

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 15 Monaten waren in der Dasatinib-Gruppe 93 Prozent und in der Gruppe mit hoch dosiertem Imatinib 82 Prozent der Patienten in kompletter hämatologischer Remission, hatten also eine Normalisierung der Leukozyten, wie es bei einer Veranstaltung von Bristol-Myers Squibb hieß. Mit Dasatinib wurde eine höhere Rate an zytogenetischen Remissionen (MCyR) erreicht (52 versus 33 Prozent).

Vor allem die Rate an kompletten Remissionen (CCyR) in der Dasatinib-Gruppe war mit 40 Prozent deutlich höher als in der Imatinib-Gruppe (16 Prozent). Bei kompletter zytogenetischer Remission ist das an der CML-Entstehung beteiligte Philadelphia-Chromosom nicht mehr nachweisbar.

Quelle: Ärzte Zeitung vom 10.03.2008
SGX393 ist ein oral einzunehmender Wirkstoff mit hemmender Wirkung des für CML typischen BCR-ABL-Onkogens. Im Labor hat SGX393 Aktivität gegen ein breites Spektrum von mutierten Formen von BCR-ABL gezeigt, die gegen Imatinib resistent sind. Dabei wurde auch eine Hemmung der T315I-Mutation nachgewiesen, die auch resistent gegen die zwei zugelassenen Zweitlinienmedikamente Tasigna/Nilotinib und Dasatinib/Sprycel sind.

Erste Phase-I-Studien sollen in der ersten Jahreshälfte 2008 starten und sich auf die Patienten konzentrieren, die die klinisch herausfordernste Mutation T315I aufweisen. Bei positiven Ergebnissen sollen Studien mit weiteren Gruppen von resistenten oder refraktären CML-Patienten folgen.

Quelle:
SGX-Pharma-Mitteilung von Februar 2008. Übersetzung in Teilen durch Jan.

Weiterführende Informationen:
Novartis entwickelt mit SGX Leukämie-Medikamente gegen Glivec-Resistenz, Leukämie-Online 30.03.2006
Die bis heute gesammelte klinische Erfahrung lässt vermuten, dass die “klassischen” Tyrosinkinase-Hemmer wie Imatinib, Dasatinib oder Nilotinib nicht zu einer Heilung der CML führen können. Verschiedene Substanzen wie z.B. GNF-2, DCC-2036, ONO12380, PR1-Vakzine, Ribozyme, Antisense-Oligonukleotide, Peptid-Nukleinsäuren, CMLVAX100, HSP70PC, WT1, GVAX, LBH589, 17AAG, MTOR-Inhibitoren, BMS213662, Sorafenib, PD98059, NSC23766, KU0058684, KU0058948 befinden sich daher im Moment in verschiedenen Phasen der Erprobung bei CML. Viele davon sind zum Teil noch weit entfernt davon, in der klinischen Praxis erprobt zu werden, zeigen jedoch, wie intensiv die Forschung an der Überwindung der CML arbeitet.

CML ist eine durch das Fusionsprotein BCR-ABL angetriebene Krankheit. Die mittlerweile zur Standard-Therapie gewordene Behandlung mit dem Tyrosinkinasehemmer (TKI) Imatinib war ein echter Durchbruch in der Krebsbehandlung. Trotz oft herausragender Ergebnisse in der Behandlung treten bei einem Teil der Patienten Probleme wie mangelhaftes Ansprechen auf die Therapie oder durch Mutationen verursachte Resistenz des BCR-ABL-Proteins gegen Imatinib und seine Nachfolger auf. Ein weiterer Nachteil dieser Therapie ist, dass mit diesen Medikamenten zwar eine in vielen Fällen zuverlässige Unterdrückung der CML möglich, aber keine Heilung erreichbar ist. 

Die bisher als Tyrosinkinasehemmer zugelassenen Medikamente wirken alle durch Blockierung der Andockstelle des ATP im BCR-ABL. Bei bestimmten Mutationen (z.B. T315I, hier wirkt keiner der bisher zugelassenen TKI) des BCR-ABL ist diese Blockade nicht mehr möglich, weil das Medikament nicht mehr in die Andockstelle hineinpasst.

Ein erstes Beispiel ist die Substanz GNF-2, die im Gegensatz zu den bisher üblichen TKI nicht mit ATP um den Bindungsplatz konkurriert, sondern BCR-ABL durch Bindung an einer anderen Stelle in seiner inaktiven Konformation stabilisiert. Deshalb wird die Wirksamkeit von GNF-2 nicht von Mutationen in der Kinasedomäne beeinträchtigt. Mutationen an anderer Stelle können aber auch Resistenzen gegen dieses Medikament verursachen.

Auch DCC-2036, ein bisher nur in vorklinischen Studien erprobter Wirkstoff, greift nicht an der Kinasedomäne an, sondern hemmt den Konformationswechsel der BCR-ABL-Kinase. DCC-2036 ist auch gegen T315I-mutiertes BCR-ABL aktiv, aber gegen Mutationen an anderer Stelle des Moleküls empfindlich. Die bisher untersuchten Eigenschaften legen klinische Tests dieses Wirkstoffes nahe.

ONO12380 wirkt durch die Blockierung der Substratbindung von BCR-ABL1 anstelle der Blockade der ATP-Bindung. Deshalb ist die Verbindung unempfindlich gegen Mutationen der ABL-Tyrosinkinasedomäne. Im Tierversuch war diese Substanz auch gegen T315I-mutiertes BCR-ABL aktiv.

Ein weiterer Ansatz ist, die Expression des BCR-ABL zu verhindern. Das kann durch Antisense-RNA, RNA-Interferenz mit siRNA, Ribozyme, Antisense-Oligonukleotide oder Peptid-Nukleinsäuren geschehen. Abgesehen von zum Teil grundlegenden technischen Problemen ist allen diesen Ansätzen gemeinsam, dass sie noch nicht klinisch erprobt wurden.

Als vielversprechende Ansätze werden Immunstrategien gegen CML betrachtet. Bei einigen mit Interferon α behandelten Patienten wurde auch nach Abbruch der Therapie eine dauerhafte hämatologische und zytogenetische Remission festgestellt. Nach Stammzelltransplantationen können rückfällige Patienten effektiv durch die Gabe von Spenderlymphozyten behandelt werden.

Mit Impfstoffen konnten bereits Immunreaktionen gegen Tumorantigene ausgelöst werden. Ein derartiges Antigen ist PRO3, dass bei CML in akzelerierter oder Blastenphase überexprimiert wird. Von PRO3 abgeleitet ist der Impfstoff PR1, der in einer Phase1-Studie positive Wirkung gezeigt hat. Weitere Studien befassen sich mit der Möglichkeit, mit PR1 minimale Resterkrankungen auszulöschen. Weitere Impfstoffe wie CMLVAX100, HSP70PC, WT1 und GVAX zeigen zum Teil vielversprechende Ergebnisse. 

Da auch hier bei Impfstoffen, die sich nur gegen ein einzelnes Epitop richten, Resistenzrisiken bestehen, wird auch über die gleichzeitige Gabe mehrerer Impfstoffe nachgedacht.

Ein weiteres Ziel neuer Therapien sind der BCR-ABL-Kinase-nachgelagerte Signalwege. 17-AAG (KOS953), ein Ansamycin-Anibiotikum, kann in Verbindung mit dem Histon-Deacetylase-Hemmer LBH589 auch bei Vorliegen der T315I oder E225K – Mutationen eine proteosomale Zersetzung der BCR-ABL-Kinase auslösen, dabei werden auch c-RAF und AKT heruntergeregelt. Wegen der möglichen Nebenwirkungen von KOS953 werden wegen seiner in einer Phase1-Studie guten Ergebnisse und der 3-5fachen Wirksamkeit grosse Hoffnungen auf KOS1022 (ein Geldanamycin-Derivat) gesetzt.

Rapamycin, ein Immunsuppressivum, blockiert mTOR im BCR-ABL nachgelagerten Signalweg PI3K/AKT/mTOR, dabei wird mTOR gebunden und dadurch der hemmende Effekt von Imatinib auf BCR-ABL-transformierte Zellen verstärkt. MTOR-Inhibitoren wie RAD001 oder CCI779 befinden sich derzeit in klinischen Tests.

Die Kombination von Farnesyltransferaseinhibitoren (FKI) wie Tipifarnib oder Lornafarnib mit Imatinib zeigte in Phase1-Studien gute Wirkungen auch bei Patienten mit resistenter CML incl. T315I-mutierten BCR-ABL. Weitere ähnliche Wirkstoffe sind Sorafenib (in einer Phase2-Studie) und BMS213662, das in Verbindung mit Dasatinib auch schlafende Zellen zerstören kann.

Der MEK/MAPK-Signalweg lässt sich mit PD98059 oder Kombinationen aus PD184352 bzw. U0126 mit Imatinib unterbrechen und dadurch Apoptose in Imatinib-resistenten BCR-ABL-positiven Zellen auslösen. 

RAC-GTPasen, die in Zellen von CML-Patienten hyperaktiviert vorliegen, ließen sich im Tierversuch mit NSC23766 erfolgreich hemmen.

Die Kombination aus dem Histon-Deacetylase-Inhibitor Panbiostat mit dem TKI Nilotinib zeigte Synergien in der Wirkung gegen BCR-ABL-positive Zellen. Panbiostat ist Gegenstand laufender klinischer Studien. Auch andere HDAC-Inhibitoren wie Depsipepsid (FK228) zeigten apototische Wirkung gegen BCR-ABL-positive Zellen. 

Die Serin/Threoninkinase PP2A wirkt als Tumorsuppressor. Das durch BCR-ABL hochgeregelte Phosphoprotein SET wiederum hemmt PP2A, weshalb die Herunterregelung von SET durch “Silencing” mit siRNA zu einer reduzierten Expression von BCR-ABL führt. Die Aktivierung von PP2A mit Forskoli oder FTY720, das sich in Phase1 und Phase2-Studien als oral verfügbarer sicherer Immunsuppressor gezeigt hat, ist eine weitere im Tierversuch erprobte mögliche Therapie gegen Leukäme, wirksam auch bei Imatinib und Dasatinib-resistenten Zellen (T315I-positiv).

Versuche mit Leptomycin B führten zu Auslösung des Zelltodes bei BCR-ABL-positiven Zellen. Wegen seiner erheblichen Toxizität müssen neue analog wirkende Substanzen entwickelt und in Verbindung mit Bosu-, Nilo- und Dasatinib getestet werden.

CML-Zellen fehlt ein Teil der zelleigenen Reparaturmechanismen, weshalb sie anfällig für genetische Läsionen sind. Hemmung der DNA-Reparaturenzyme PARP1 und PARP2 mit Inhibitoren wie KU0058684 und KU0058948 könnte deshalb eine nützliche Strategie gegen CML darstellen.

Die bis heute gesammelte klinische Erfahrung lässt vermuten, dass die “klassischen” TKI wie Imatinib, Dasatinib oder Nilotinib nicht zu einer Heilung der CML führen können. Die hier vorgestellten Therapieoptionen sind zum Teil noch weit entfernt davon, in die Praxis umgesetzt zu werden. Die bisher vorliegenden Ergebnisse rechtfertigen deren weitere Untersuchung und mögliche klinische Studien.

Quelle: "Experimental non-ATP-competitive therapies for chronic myelogenous leukemia". A Quintas-Cardama, Department of Leukemia, The University of Texas MD Anderson Cancer Center, Houston, TX, USA. Leukemia (2008), 1–9. 

Übersetzung in Auszügen von Niko, ohne Garantie auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
Dasatinib (Sprycel) hat sich als wirksam bei Patienten mit CML in chronischer Phase bei Vorliegen von Glivec-Unverträglichkeit oder -Resistenz erwiesen. Um die längerfristigen Wirkungen und Nebenwirkungen zu beobachten, wurden von mehreren Experten nun die 15-Monats-Daten der START-C-Studie an 387 Patienten vorgestellt.

Dasatinib wurde zweimal täglich in einer jeweiligen Dosis von 70mg verabreicht. Nach einer medianen Beobachtungsdauer von 15 Monaten zeigten 91% der Patienten eine komplette hämatologische Remission. Ein weitgehendes zytogenetisches Ansprechen wurde bei 59% der Patienten erreicht - 52% in der Gruppe der Imatinib-resistenten Patienten und 80% im Falle von Imatinib-Unverträglichkeit. Komplette zytogenetische Antworten erreichten 49% (40% bei Resistenz, 75 bei Unverträglichkeit. Das progressionsfreie Überleben lag bei 90%, und Gesamtüberleben bei 96%, nach 15 Monaten. Schwerwiegende Thrombozytopenien und Neutropenien wurde bei 48%/49% der Patienten beobachtet. Nicht-hämatologische Nebenwirkungen schlossen Diarrhö (37%), Kopfschmerzen (32%), Fatigue (31%), Atemnot (30%) and Pleuraergüsse (27%) ein. Von den Pleuraergüssen waren 6% von Schweregrad 3 und keine von Schweregrad 4. Durch Dasatinib ausgelöste periphere Ödeme traten bei 18% der Patienten auf, allerdings nur in leichter Form (Grad 1/2). 22 Patienten (6%) erfuhren irgendeine Form von Herzinsuffizienz, davon 14 (4%) in schwerer Form (Grad 3/4). Herzrhythmusstörungen traten bei 16 Patienten (4%) auf, davon bei fünf in schwerer Form.

Die bedeutendsten Nebenwirkungen konnten durch protokollgemäße Dosisreduktionen, Therapieunterbrechungen und weitere Medikation wirksam entgegnet werden. Die Gabe von Wachstumsfaktoren wurde erlaubt bei Patienten, die schwere Zytopenien (Grad 3/4) entwickelten; in einer Studie mit 38 Patienten mit Zytopenien konnte eine kontinuierlichere Gabe von Dasatinib erreicht werden. Pleuraergüsse konnten mit Therapieuntrbrechung, Reduktion, Diuretika oder Steroiden überwunden werden. 

Insgesamt mußten 13% der Patienten die Therapie wegen Nebenwirkungen abbrechen - dies sind mehr als in früheren Berichten der START-C-Studie (9% beim letzten Bericht). Die Mehrheit der Patienten dieser Studie mit Imatinib-Unverträglichkeit (mind. nichthämatologische Toxizität Grad 3 oder hämatologische Toxizität Grad 4 über mindestens 7 Tage) vertrug Dasatinib gut. Es gab keine signifikanten Kreuzunverträglichkeiten, allerdings erlebten die Patienten, die Imatinib wegen hämatologischer Nebenwirkungen absetzen mußten, oft auch regelmäßig ähnliche Nebenwirkungen unter Dasatinib.

Zum Zeitpunkt des Studieneintritts wiesen 40% der Patienten eine Mutation auf, die zu Resistenzen geführt hatte. Bei diesen 139 Patienten wurden 43 verschiedene Imatinib-resistente Mutationen entdeckt. Mutationen mit einer moderaten bis hohen Resistenz gegen Imatinib wurde bein 22% (77) Patienten nachgewiesen. Wie erwartet hatte Dasatinib keine Wirkungen bei allen drei Patienten mit der T315I-Mutation.

Quelle: "Dasatinib induces durable cytogenetic responses in patients with chronic myelogenous leukemia in chronic phase with resistance or intolerance to imatinib" A Hochhaus, M Baccarani, M Deininger und andere, in: Fachmagazin "Leukemia", Vorabveröffentlichung am 10 April 2008; doi:10.1038/leu.2008.84. Übersetzung von Jan, ohne Gewähr auf Vollständigkeit und Richtigkeit.

Weiterführende Informationen:
2-Jahres-Verlaufskontrolldaten von Dasatinib CML in chronischer Phase (START-C), Leukämie-Online 07.12.2007
Die Induktion einer Myeloblastin-Expression (MBN) durch Interferon-Alpha (IFN), nicht aber durch Imatinib (Glivec), könnte zur spezifischen Fähigkeit von IFN, bei CML eine MBN-spezifischen Immunantwort von T-Zellen auszulösen, führen. Ein im Fachmagazin "Leukemia" von Ärzten um Dr. Carella (Genf, Italien) veröffentlichter Artikel berichtet von fünf CML-Patienten, die IFN in niedriger Dosis erhielten, nachdem sie unter Imatinib eine komplette molekulare Remission erreicht hatten. Alle Patienten hatten Imatinib wegen Unverträglichkeit abgebrochen und konnten mit Interferon alleine erfolgreich behandelt werden. 

Patientin 1 ist eine 66-jährige CML-Patientin, die ihre Diagnose 1992 erhielt. Sie erhielt Chemotherapie und eine SZT. Im Februar 2002 begann sie mit Imatinib und erreichte eine komplette zytogenetische Remission, sowie in 2005 eine komplette molekulare Remission gemäß RT-qPCR. Leider zeigte die Patientin dauerhafte Unverträglichkeit (Bauchschmerzen, Diarrhö, Flüssigkeitseinlagerung, Muskelkrämpfe), deren Symptome sich nicht behandeln ließen. Im Oktober 2006 entschied sich die Patientin in kompletter zytogenetischer Remission zum Abbruch von Imatinib und Weiterführen von IFN mit 3 Millionen Einheiten zweimal pro Woche. Nach 16 Monaten (Februar 2008) ist die Patientin in guter Verfassung und hat weiterhin eine komplette molekulare Remission.

Patientin 2 ist eine 34 Jahre alt mit CML-Diagnose im Jahr 1993, die nach Hydroxyurea, Idarubicin, Cytarabin, Etoposide und SZT behandelt wurde. Im Januar 2005 behann sie mit Imatinib, im Juni 2006 erreichte sie komplette molekulare Remission, die sie beibehielt, aber unter schweren Nebenwirkungen litt. Im Juni 2007 stoppte sie Imatinib und erhielt 3 Mio Einheiten IFN zweimal pro Woche auf. Acht Monate danach war die Patientin weiterhin in kompletter molekularer Remission.

Patient 3 ist 40 Jahre und erhielt seine CML-Diagnose im Mai 2002. Er begann direkt mit Imatinib, erreichte nach 3 Monaten eine komplette zytogenetische und nach 18 Monaten komplette molekulare Remission, litt jedoch unter stärkeren Flüssigkeitseinlagerungen und Krämpfen. Im Mai 2007 setzte er Imatinib ab und begann ebenfalls mit IFN (3 Mio Einheiten, zweimal pro Woche). Nach neun Monaten weiterhin komplette molekulare Remission.

Patientin 4 ist eine 67jährige CML-Patientin mit Diagnose April 2001, die direkt mit Imatinib startete. Sie erreichte komplette zytogenetische Remission nach 4 Monaten und komplette molekulare Remission nach 32 Monaten. Im Juni 2007 verschlechterte sich die Verträglichkeit von Imatinib. Imatinib wurde abgesetzt und ebenfalls 3 Mio Einheiten IFN zweimal die Woche gegeben. Nach sechs Monaten lag weiterhin komplette molekulare Antwort vor. Die Patientin zeige eine Grad-2-Unverträglichkeit zu IFN (Muskelschmerzen und Fieber am Tag der IFN-Injektion).

Patientin 5 ist eine 44jährige Frau, die im September 2005 Imatinib begann und die im Dezember eine komplette zytogenetische und im im Mai 2006 eine komplette molekulare Remission erreichte. Aufgrund Verschlechterung der Verträglichkeit (Diarrhö, Flüssigkeitsanlagerungen) unter andauernder kompletter molekularer Remission setzte Sie Imatinib im Dezember 2007 ab und machte mit IFN (3 Millionen Einheiten zweimal wöchentlich) weiter. Drei Monate später lag weiterhin eine komplette molekulare Remission vor.

Bisherige Erkenntnisse legen nahe, dass BCR-ABL-Kinasehemmer wie Imatinib, Nilotinib und Dasatinib nicht heilen können; vielmehr könnte das Risiko BCR-ABL-unabhängiger leukämischer Zellklone mit dem "biologischen Alter" der Krankheit zunehmen. Interferon-Alpha (IFN) scheint Remissionen bei CML durch das Auslösen einer MBN-spezifischen T-Zell-Immunantwort zu erreichen. Kürzliche Forschungsergebnisse legen nahe, dass das Auslösen einer MBN-Expression und damit CML-spezifischer Immunzellen ein Teil dieses Wirkmechanismus sein könnte. Indirekte Nachweise der Rolle der MBN-Expression im Auslösen der T-Zell-Antwort werden durch die Tatsache gegeben, dass in einer kleinen Studie bei allen IFN-behandelten Patienten, aber nur bei 2 von 11 Imatinib-behandelten Patienten CML-spezifische, zytotoxische T-Lymphozyten nachgewiesen werden konnten.

Dies legt auch nahe, dass die Art der Remissionen unter IFN und Imatinib nicht äquivalent sein könnten, und dann daher eine aufeinanderfolgende Kombinationstherapie von Imatinib und IFN, basierend auf den verschiedenen Wirkmechanismen, effektiver sein könnte als die aktuelle Monotherapie

Diese ersten vorläufigen Daten scheinen die Wirksamkeit von Interferon-Alpha zu bestätigen, nachdem Imatinib in kompletter molekularer Remission abgesetzt wurde.

Quelle: "Interferon-Alpha is able to maintain complete molecular remission induced by imatinib after
its discontinuation", Fachmagazin "Leukemia" vom 3. April 2008; doi:10.1038/leu.2008.94.

Übersetzung von Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.

Weiterführende Informationen:
Ein Konsortium unter Leitung von Prof.Dr.Joachim Hauber und PD Dr.Tim H.Brümmendorf forscht zu Entwicklungen neuartiger Inhibitoren gegen CML und HIV finanziert aus dem Wettbewerb "Innovative Therapieverfahren auf molekularer und zellulärer Basis" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. 

Strategien gegen Therapieresistenzen bei CML und HIV


Resistenzen gegen Medikamente sind ein zentrales Problem bei vielen Therapien. So entwickeln Patienten mit Chronisch Myeloischen Leukämien (CML) in fortgeschrittenen Phasen der Erkrankung oft Resistenzen gegen den Wirkstoff Imatinib. Auch bei der hochaktiven antiretroviralen AIDS-Therapie (HAART) treten häufig Multiresistenzen gegen Medikamente auf - der Krankheitsverlauf verschlechtert sich in der Folge dramatisch. Deshalb ist es von größter medizinischer Bedeutung, neue Therapiestrategien zu entwickeln. Das BMBF unterstützt diese Suche nach neuen Therapien und fördert die enge Kooperation zwischen akademischen, klinischen und industriellen Partnern.

Ein Konsortium aus Forschern und Klinikern des Heinrich-Pette-Instituts und der Universitäten Hamburg und Lübeck erhält zirka 2 Millionen Euro aus dem neuen Wettbewerb "Innovative Therapieverfahren auf molekularer und zellulärer Basis" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).Im April 2008 beginnt das Forschungsprojekt, in dem neuartige Inhibitoren gegen Chronisch Myeloische Leukämien (CML) und gegen HIV-Infektionen entwickelt werden sollen. Prof. Dr. Joachim Hauber vom Heinrich-Pette-Institut und PD Dr. Tim H. Brümmendorf vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) koordinieren das interdisziplinäre Konsortium. "Wir sind stolz auf diesen Erfolg. Er spiegelt die Kompetenz in der Metropolregion Hamburg wider. Hier haben wir eigenständig ein Mikronetzwerk gebildet, das Grundlagenforschung und klinische Forschung bündelt", sagt Joachim Hauber.

Das Projekt "Combating Drug Resistance" baut auf bereits veröffentlichte erfolgreiche Studien der Forschergruppen auf. Darin wurden Zielstrukturen in infizierten oder entarteten Zellen beschrieben, die für neuartige Therapien geeignet erscheinen. Es sind die beiden zellulären Enzyme DHS (Deoxyhypusin-Synthase) und DOHH (Deoxyhypusin-Hydroxylase). Beide Enzyme aktivieren außerdem das zelluläre Protein eIF-5A, die dritte entdeckte Zielstruktur. Joachim Hauber: "Wir zeigten, dass bestimmte niedermolekulare Hemmstoffe die DHS beeinflussen und dadurch sogar mehrfach-resistente HI-Viren aus AIDS-Patienten gehemmt werden." Hamburger Kollegen aus dem Universitätsklinikum Eppendorf entdeckten, dass eIF-5A eine neuartige Erfolg versprechende Zielstruktur bei der Behandlung bestimmter Leukämien ist.

Joachim Hauber: "In den nächsten drei Jahren wollen wir die Inhibitoren weiterentwickeln. Ihre Wirkung soll weiter optimiert werden und ihre Nebenwirkungen auf Zellen und Organe so weit wie möglich reduziert werden."

Projektpartner


Joachim Hauber und seine HPI-Kollegen untersuchen, wie die neuen Inhibitoren auf die zellulären Ziele eIF-5A, DOHH und DHS wirken und wie effektiv die HIV-Vermehrung blockiert wird.
Tim H. Brümmendorf und Stefan Balabanov testet am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) die Funktion und das therapeutische Potenzial von eIF-5A bei Leukämiepatienten.
Jan van Lunzen führt am UKE Inhibitorstudien bei klinischen HIV-Isolaten durch.
Die Synthese neuer potentieller Inhibitoren erfolgt am Institut für Organische Chemie der Universität Hamburg durch Chris Meier.
Rolf Hilgenfeld vom Institut für Biochemie der Universität Lübeck untersucht die Struktur von DOHH- und DHS-Inhibitorkomplexen
Matthias Rarey und Andrea Zaliani vom Zentrum für Bioinformatik der Universität Hamburg werden die erhobenen Daten zum Design neuer Inhibitoren nutzen

Quelle: Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie und Immunologie an der Universität Hamburg (HPI) vom 21.04.2008
Neue Studiendaten einer Erstlinienstudie deuten an, dass eine höhere Dosis von Imatinib (Handelsname Glivec) bei CML als Erstlinientherapie zwar ein gutes frühes Ansprechen erzeugt, aber nach einem Jahr Therapie keinen Vorteil im Ansprechen bringt.

Die Ergebnisse der Phase-III-Optimierungsstudie TOPS werden am 13.06.2008 bei der Konferenz der Europäischen Gesellschaft für Hämatologie (EHA) in Kopenhagen präsentiert. Die Studie untersuchte den Wert einer Startdosis von 800mg täglich im Vergleich zu 400mg bei 476 Patienten aus 19 Ländern im Ersteinsatz direkt nach Diagnosestellung. Alle Patienten waren Philadelphia-Chromosom-positiv.

Unter 800mg erreichten mehr Patienten eine gutes molekulares Ansprechen (MMR) als unter 400mg (46.4% gegenüber 40.1%), aber die Differenz war statistisch nicht signifikant. 

Das Ansprechen war schneller in der 800mg-Gruppe, da früher ein komplettes zytogenetisches Ansprechen (Eliminierung der Philadelphia-Chromosom-positiven Zellen im Knochenmark) erreicht wurde. Die Ansprechrate war nach 6 Monaten 56.7% gegenüber 44.6%, ein statistisch signifkanter Unterschied. Nach 12 Monaten war die Differenz jedoch statistisch nicht mehr signifikant(69.9% gegenüber 65.6%).

Bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit wurden die Daten der IRIS-Studie auch in dieser Studie erneut bestätigt.

Die TOPS-Studie zeigte auch, dass die Patienten, die im ersten Monat niedrigere Blutspiegel des Medikaments hatten, ein weniger gutes Ansprechen nach einem Jahr zeigten - eine Beobachtung, die auch in anderen Studien gemacht wurde. Die verfügbaren Daten lassen vermuten, dass die Erreichung/Beibehaltung eines adäquaten Blutspiegels das klinische Ansprechen verbessern sollte.

Quelle: APM-News vom 13.06.2008. Übersetzung von Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
Mit der zweiten Generation der ABL-Inhibitoren Dasatinib und Nilotinib werden relativ viele Patienten, die gegen Imatinib resistent wurden, erfolgreich behandelt. Bestimmte mutierte Formen wie die T315I-Mutation sind jedoch gegen alle zugelassenen Medikamente resistent. Die Forschung macht jedoch auch hier Fortschritte: XL228 ist ein neuer Proteinkinasehemmer mit potenter Wirksamkeit gegen unmutierte und T315I-Isoformen mit zusätzlicher Aktivität gegen IGF1R- und SRC-Kinasen. Nun wurden die ersten Daten einer klinischen Phase-I-Studie bei Patienten mit Resistenz oder Unverträglichkeit bei CML oder Ph+-ALL vorgestellt.

Die Behandlung der Philadelphia-Chromosom-positiven Leukämien (CML und Ph+-ALL) ist durch die Entwicklung von Inhibitoren des BCR-ABL-Onkoproteins, einer Medikamentenklasse angeführt von Imatinib, revolutioniert worden. Obwohl üblicherweise langanhaltende Remissionen mit diesem Mittel erreicht werden, treten Rückfälle aufgrund verschiedener Mechanismen einschliesslich Punktmutationen des BCR-ABL-Gens und daraus entstehenden Resistenzen auf.

Mit der zweiten Generation der ABL-Inhibitoren Dasatinib und Nilotinib wurden relativ viele Patienten, die gegen Imatinib resistent geworden waren, erfolgreich behandelt; es gibt aber bestimmte mutierte Formen, die gegen alle zugelassenen Inhibitoren resistent sind, insbesondere die "Torhüter"-Mutation T315I. In Patienten, die einen Rückfall nach anfänglichem Ansprechen auf Dasatinib erleiden, wird verbreitet ein die T315I-Mutation tragender Klon gefunden. Patienten, die diese Mutation tragen, zeigen sehr schlechtes Ansprechen auf die zugelassenen ABL-Kinasehemmer und haben eine schlechte Prognose. XL228 ist ein Proteinkinasehemmer mit potenter Wirksamkeit gegen unmutierte und T315I-Isoformen (unmutierte ABL, Ki=5nM; T315I, Ki=1.4 nM) mit zusätzlicher Aktivität gegen IGF1R und SRC. XL228 blockiert den Signalweg abwärts vom T315I in Zellinien und moduliert pCrkL-Spiegel in Maus-K562-Heterotransplantaten konsistent mit hemmender Aktivität gegen BCR-ABL in Vivo. Basierend auf diesen Daten wurde eine klinische Phase I-Studie für Patienten mit CML oder Ph+ALL, die gegen die Standardtherapie resistent sind oder diese nicht vertragen, initiiert.

Das primäre Ziel der Studie ist, die Sicherheit, Verträglichkeit und maximal verträgliche Dosis von XL228 in Patienten mit CML in chronischer, akzelerierter oder Blastenphase oder Ph+-ALL zu bestimmen. Die sekundären- und Forschungsziele schliessen die Evaluation der Pharmakokinetik von XL228, die pharmakodynamische Korrelation der medikamentösen Behandlung, die Sicherheit und Verträglichkeit der Langzeitbehandlung und die vorläufige Evaluation der Wirksamkeit ein.

Erste Resultate


Es hat sich gezeigt, dass XL228, in Dosen von 0.45, 0.9 oder 1.8 mg/kg, ohne dosislimitierende Toxizität oder medikamentenverursachte nachteilige Effekte gut vertragen wird. Vorläufige, nicht überprüfte Sicherheitsdaten schliessen die folgenden Grad-1-Nebenwirkungen ein: Wärme und Schmerzen an der Infusionsstelle, Übelkeit, und periphere Neuropathie (1 Patient). Zu diesem Zeitpunkt haben die Patienten das Medikament 6 Monate erhalten. Die pharmakokinetische Analyse der ersten Gruppe hat eine ungefähre dosisproportionale Verweilzeit gezeigt, mit einer mittleren Halbwertszeit von 15-38h. Das mittlere Volumen der Verteilung schwankt zwischen 14.2 und 15.4 L/kg und weist darauf hin, dass XL228 sich weit in die Gewebe hineinverteilt. Wöchentliche Dosierung ergibt eine geringe bis moderate Akkumulierung. Es gibt vorläufige Anzeichen einer pharmakodynamischen Aktivität basierend auf vorübergehenden Verschiebungen der phospho-CrkL, die aus Proben peripheren Bluts bestimmt wurden.

Obwohl mehrere Patienten als stabil eingestuft wurden, sind keine signifikanten Abnahmen in der BCR-ABL-qPCR oder Leukozyten bis zum Zeitpunkt der Abgabe dieses Abstacts gemessen worden. Die Dosiseskalation wird fortgesetzt.

XL228 ist ein vielversprechendes Mittel zur Behandlung von medikamentenresistenter CML und Ph+-ALL einschliesslich Patienten mit T315I-Mutation. Die Klinische Prüfung von XL228 geht weiter.

Quelle: INTERIM RESULTS FROM A PHASE I CLINICAL TRIAL OF THE BCR-ABL INHIBITOR XL228 IN DRUG-RESISTANT PH LEUKEMIAS, Shah, Neil et al. EHA-Abstract Nr. 120. Übersetzung durch Niko.

Weiterführende Informationen:

Oma cetaxine Mepesuccinat (OMA, halbsynthetisches Homoharringtonin, HHT) ist durch einen von der Tyrosinkinase-Hemmung unabhängigen Mechanismus gegen Philadelphia-Chromosom-positiver CML klinisch aktiv. Patienten, bei denen mehrere Tyrosinkinase-Hemmer (TKI) versagt haben, könnten von solchen Therapien gegen CML profitieren. Auf der EHA-Konferenz wurden zwei Studien zum Einsatz von OMA bei Imatinib-Resistenz vorgestellt - eine bei Vorliegen von T315I, eine bei Resistenz und Nichtvorliegen dieser Mutation. In beiden Studien konnte Ansprechen beobachtet werden.

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Imatinib (Handelsname Glivec) bewirkt substantielles Ansprechen bei Patienten mit CML. Der Abbruch der Therapie führt jedoch zu einer schnellen Progression der Krankheit. Deshalb muss Imatinib lebenslang eingenommen werden. Interferon-Alpha (IFN) kann im Falle minimaler Resterkrankung unreife PH+-Vorläufer durch Erregung einer antileukämischen Immunreaktion durch CML-spezifische T-Zellklone bekämpfen. Deshalb führt das Absetzen der IFN-Therapie im Gegensatz zu Imatinib in Patienten in Remission oft nicht zu einer Progression der Krankheit. Eine israelische Studie untersucht eine Therapieform, bei bei nach durch Imatinib induzierter kompletter zytogenetischer Remission erst Interferon hinzugegeben, dann Glivec abgesetzt, und dann Interferon abgesetzt wird.

Imatinib (Handelsname Glivec) kann zytogenetisches und molekulares Ansprechen in substantiellem Ausmass bei neu diagnostizierten und vorbehandelten Patienten mit CML bewirken.
Der Abbruch der Therapie führt zu einer schnellen Progression der Krankheit, in den meisten Fällen wegen der reduzierten Aktivität von Imatinib auf unreife Philadelphia-Chromosom-positive Vorläuferzellen (Ph+Vorläuferzellen). Deshalb muss Imatinib lebenslang eingenommen werden, wobei die Dauer der Wirksamkeit von Tyrosinkinase-Hemmer und die Nebenwirkungen einer Langzeiteinwirkung dieser Medikamente noch unbekannt sind. Interferon-Alpha (IFN) kann unreife PH+-Vorläufer kontrollieren, haupsächlich im Falle minimaler Resterkrankung, durch Erregung einer autologen antileukämischen Aktivität durch CML-spezifische T-Zellklone. Deshalb führt das Absetzen der IFN-Therapie im Gegensatz zu Imatinib in Patienten, die eine Remission erreicht haben, oft nicht zu einer Progression der Krankheit. Eine israelische Studie untersucht die Wirksamkeit der weiteren Eliminierung restlicher Ph+-Vorläuferzellen in Patienten mit durch Imatinib induzierter kompletter zytogenetischer Remission (CCyR) durch, um dadurch das Absetzen antileukämischer Therapie zu erleichtern (oder die weitere Therapie unnötig zu machen).

Methode


Die Eignung für die Studie setzt mindestens ein Jahr dokumentierte komplette zytogenetische Remission unter Imatinib-Therapie sowie das Fehlen bekannter IFN-Unverträglichkeit voraus. PEG-IFN2a (Pegasys) wurde zusätzlich zur Imatinib-Therapie vom Studienbeginn an 12 Monate lang gegeben. Die Imatinib-Therpie wurde 9 Monate nach Beginn der IFN-Gabe abgesetzt. So blieben Patienten 12 Monate nach Studienbeginn ohne antileukämische Therapie.

Zwölf Patienten (9 männlich, 3 weiblich, mittleres Alter 47 Jahre, von 32-61) wurden in die Studie aufgenommen. Die mittlere CML-Erkrankungsdauer bei Studienbeginn betrug 61 Monate (24-108). Sechs Patienten wurden schon vorher mit IFN behandelt, ein Patient hatte eine vorgängige autologe und einer eine allogene Knochenmarkstransplantation. Drei Patienten hatten eine CML in akzelerierter Phase. Der Hasford-Score war bei Diagnose bei sieben Patienten tief, mittel und hoch bei 3 bzw. 2 Patienten. Die mittlere Dauer der Imatinib-Therapie betrug 54 Monate (21-72). Bei Studienbeginn hatten sieben Patienten eine gutes molekulares Ansprechen (major molecular response, MMR) in den Knochenmarkszellen, einschliesslich eines Patienten mit nicht mehr detektierbaren BCR-ABL-Transskripten (vollständige molekulare remission, CMR).

Ergebnisse


Ein Patient brach die Behandlung mit IFN nach 4 Wochen wegen Nebenwirkungen ab. 11 Patienten wurden mit 90-180mg PEG-IFN2a pro Woche entsprechend der Blutbilder während 52 Wochen behandelt. Die Imatinib-Therapie wurde 39 Wochen nach Beginn der IFN-Therapie beendet.

9 von 11 Patienten verbesserten während der IFN-Therapie ihr molekulares Ansprechen (entweder auf MMR oder CMR, einer blieb bei CMR und einer in MMR). Am Tag des IM-Therapieendes hatten 7 von 11 Patienten eine vollständige molekulare Remission (CMR).

Nach im Mittel 9 Monaten nach dem Absetzen von Imatinib (3-16 Monate) erlitten 2 Patienten einen Rückfall (8 bzw. 9 Monate nach Ende der Imatinib-Therapie), konnten aber mit Imatinib-Therapie ihr Ansprechen wieder herstellen. 9 der 11 Patienten blieben in kompletter zytoggenetischer Remission ohne Therapie.

4 Patienten sind mehr als 15 Monate nach dem Absetzen von Imatinib und mehr als 12 Monate ohne jede Therapie. Diese Patienten befinden sich in dauerhafter zytogenetischer Remission (zwei mit CMR, zwei mit MMR).

Schlussfolgerung


Ein zusätzliches Jahr mit einer IFN-Konsolidierungstherapie mit IFN kann das Absetzen von Imatinib (und jeglicher antileukämischer Therapie) für CML-Patienten in zytogenetischer Remission erleichtern. Eine längere Überwachungsdauer und grössere Erfahrung sind nötig, um die die Dauerhaftigkeit der Remission ohne Therapie sowie den Anteil der Patienten, die von dieser Strategie profitieren können, zu bestimmen.

Quelle:


COMBINED THERAPY WITH IMATINIB FOR INDUCTION AND INTERFERON AS CONSOLIDATION INDUCES A SUSTAINED CYTOGENETIC REMISSION THAT FACILITATES DISCONTINUATION OF ANTI LEUKEMIC THERAPY IN CHRONIC MYELOGENOUS LEUKEMIA, I Hardan et al., EHA-Abstract Nr. 0132. Übersetzung und Zusammenfassung durch Niko.

Weiterführende Informationen:

Jeder Tumorpatient reagiert ein wenig anders auf standardisierte Chemotherapien. Mathematische Modelle könnten nun zumindest für Leukämiekranke zu einer individuell abgestimmten und damit wirksameren Behandlung führen. Die Grundlage dafür entwickelten Wissenschaftler von der University of Maryland. 

Wie sie in der Fachzeitschrift "PLoS Computational Biology" berichteten, analysierten sie bei Blutkrebspatienten die natürliche Reaktion des Immunsystems während der Therapie mit dem Wirkstoff Imatinib. Aus diesen Daten können sie mit mathematischen Simulationen im Computer genau die Zeitpunkte bestimmen, zu denen die Arznei mit großer Wahrscheinlichkeit die beste Wirkung bei vertretbaren Nebenwirkungen für jeden einzelnen Patienten zeigt. Bevor diese Methode reif für den Einsatz am Patienten ist, stehen jedoch noch Versuche am Tiermodell und klinische Studien aus. 

Quelle: FTD vom 23.06.2008
Die Behandlungsstrategie der CML hat sich seit Einführung von Imatinib im Jahre 1999 grundlegend gewandelt. Ein in "ONKOLOGIE heute Heft 03/2008" im Mai erschienener, deutschsprachiger Artikel von Prof. Andreas Hochhaus faßt den Stand der Therapie und Verlaufskontrolle der CML zusammen, inklusive Imatinib-Therapie, Molekulares Monitoring, Resistenzmechanismen, Medikamente der zweiten und dritten Generation.

Der Artikel behandelt folgende Themen:
Quelle: Optimierung der Therapie und Verlaufskontrolle der chronischen myeloischen Leukämie (CML), Prof Andreas Hochhaus, ONKOLOGIE heute Heft 3/Mai 2008. Volltext-Download mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Die 6. internationale Konferenz "Neue Horizonte in der Krebsbehandlung für Patientenorganisationen mit CML oder GIST" fand in diesem Jahr in Baveno am Lago Maggiore (Italien) vom 27. bis 29. Juni 2008 statt. Die von Novartis organisierte Konferenz "New Horizons in treating cancer" bringt nunmehr seit 6 Jahren aus aller Welt Patientenvertreter von Selbsthilfegruppen für CML und GIST zusammen, um diese in der Selbsthilfearbeit weiterzubilden sowie den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Patientenorganisation zu fördern. 

Erstmals wurde die Konferenz im Jahr 2003 in Diessenhofen bei Zürich mit ca. 20 Patientenvertretern veranstaltet. In diesem Jahr waren es schon mehr als 100 Patientenvertreter von 35 Patientengruppen von allen Kontinenten. Diese trafen sich für drei Tage, um gemeinsam in Vorträgen und Workshops medizinische Neuigkeiten zu erfahren und zu diskutieren. Desweiteren wurden Themen rund um die Selbsthilfe und Organisation von Patientengruppen behandelt und auch ausreichend Zeit zum persönlichen kennenlernen war gegeben. Für die nicht englischsprechenden Teilnehmer wurden Simultanübersetzungen der Vorträge und Diskussionen in Japanisch, Spanisch, Griechisch und Russisch angeboten.

Als Referenten für die medizinischen Vorträge zur CML waren u.a. Dr. Eduardo Olavarria (Hammersmith Hospital, London UK), Dr. Francisco Cervantes (Universitätsklinik Barcelona, Spanien), Prof. Alain Astier (Henri Mondor University Hospital, Creteil Frankreich), Dr. Dina Ben Yehuda (Direktorin der hämatologischen Abteilung am Hadassah Klinikum, Jerusalem, Israel) und Carolyn Blasdel (OHSU-Oregon Health & Science University in Portland, Oregon USA) anwesend, die insbesondere den Bereich der CML-Therapie erläuterten. Hochinteressante Vorträge für den GIST-Bereich wurden von Priv.-Doz. Dr. Peter Reichardt (Helios Klinikum Bad Saarow, Sarkomzentrum Berlin-Brandenburg), Dr. Jonathan Fletcher (Harvard Medical School, Boston USA) und Markus Wartenberg (Das Lebenshaus e.V.) gehalten. Weiterhin wurde die Entwicklung der im letzten Jahr vorgestellten Webplattform "CML Advocates Network" vorgestellt und die "CML-Erklärung von Baveno" von den anwesenden Patientenvertretern gemeinsam erstellt und unterzeichnet.

Dr. Peter Reichardt referierte über die Herausforderung in der Entwicklung von Krebsmedikamenten, insbesondere über die Medikamentsuche am Beispiel Imatinib, welche als klassisches Beispiel einer geplanten Entwicklung im Gegensatz zum bisher angewandten traditionellen Screening dient. In der Vergangenheit wurden mögliche Wirkstoffe geprüft, gegen welche Krankheit sie nützlich sein könnten. Bei der Ph+ CML ist man den umgekehrten Weg gegangen, es wurde speziell ein Wirkstoff gesucht, der die Tyrosinkinase (Signalweg), die zum bösartigen bcr-abl-Protein führt, unterbindet. Weiterhin wurde der Verlauf und die Fragestellungen der der einzelnen Phasen der Medikamentenentwicklung in Studien von Phase 1 (Dosis-Wirkungs-Studie), die Phase 2 (Open-Label-Studie) bis hin zur Phase 3 (randomisierte Studie) ausführlich erläutert.

Dr. Francisco Cervantes gab einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der CML-Therapie mit den Tyrosinkinasehemmern Imatinib, Dasatinib und Nilotinib. Sie erklärte dabei die biologischen Grundlagen der CML, die Mechanismen der Entwicklung der Krebszellen, die Funktionsweise der neuartigen Tyrosinkinasehemmer, die Entwicklung von Resistenzen sowie der Überwindung durch Dosiserhöhung oder Medikamente der zweiten Generation. Außerdem gab er einen Überblick über bisherige Studienergebnisse sowie Nebenwirkungsprofile aller drei Therapien.

Dr. Eduardo Olavarria (Hammersmith Hospital, London) stellte ein Update der bereits im letzten Jahr vorgestellten innovativen Methode einer Kombination von dosisreduzierter Stammzelltransplantation mit nachfolgender Imatinib-Erhaltungstherapie und verzögerter Spenderlymphozytengabe (DLIs) vor. Seine Studie zeigt deutliche Verbesserung bei der Behandlung gegenüber der üblichen Stammzelltransplantation, da die dosisreduzierte Stammzellentransplantation geringere Nebenwirkungen durch Toxizität aufweist, die verzögerte Spenderlymphozytengabe die Graft-versus-Host-Disease-Risiken minimiert, und die Imatinib-Gabe das Rezidivrisiko nach der Transplantation verringert. Insgesamt wurde in der Pilotstudie eine geringe transplantationsbedingte Mortalität und eine hohe Rate erfolgreicher, rückfallsfreier Heilungen beobachtet. Dabei wurde nach der Transplantation 12 Monate lang Imatinib verabreicht, und dann erst Spenderlymphozyten angewendet. Fast alle Patienten erreichten eine Reduktion um 3-log-Stufen.

Carolyn Blasdel (Krebskrankenschwester bei Dr. Druker an der Oregon State University) stellte eine umfangreiche Übersicht vor, wie Nebenwirkungen durch die bei der CML eingesetzten Medikamente entgegnet werden kann. Es wurden viele praktische Tipps und Tricks vermittelt, um die Nebenwirkungen bzw. auch das Versagen bei Glivec (Imatinib), Sprycel (Dasatinib) und Tasigna (Nilotinib) zu mildern und die Patienten vor Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu sensibilisieren. Bekannt sind z.B. der Verzicht auf Grapefruitsäfte, Johanniskraut und bestimmte Antibiotika. Viele dieser Hilfestellungen dürften den Lesern von Leukaemie-Online schon aus dem Forum bekannt sein. Zusammenfassend lässt sich sagen , das alle drei Tyrosinkinaseinhibitoren im Vergleich zur traditionellen Chemotherapie bzw. zu Interferon gut verträglich sind. Die meisten Nebenwirkungen lassen im Laufe der Zeit deutlich nach bzw. lassen sich durch geeignetes Nebenwirkungsmanagement deutlich mildern. Besonders wichtig bei allen bereits genannten Inhibitoren ist die Therapietreue ("Compliance"), da einige Patienten sich subjektiv "gut fühlen" und deshalb nach der Anfangsphase Ihre Medikamente nicht mehr regelmäßig einnehmen -- eine große Gefahr für die Resistenzbildung und mögliches Therapieversagen.

Im Anschluß standen Dr. Dina Ben Yehuda (Abteilung Hämatologie des Hadassah Hebrew University Medical Center) , Carolyn Blasdel (OHSU), Eduardo Olavarria und Roger Waltzman (Novartis) im Rahmen einer "Frage den Experten"-Sitzung für 1,5 Stunden für Fragen der Patientenvertreter zur Verfügung. Die Sitzung wurde sehr intensiv genutzt, und da einige der Referenten über mehrere Tage anwesend waren, gab es auch in den Kaffeepausen sowie nach dem Essen bis spät in die Nacht Gelegenheit, Fragen an die Experten zu stellen.

Prof. Alain Astier hielt eine sehr interessante Präsentation über die Pharmakologie von Tyrosinkinaseinhibitoren. Gezielte molekulare Therapien (z.B. Tyrokinaseinhibitoren) sind ein wesentlicher Fortschritt in der modernen Krebsbehandlung geworden. Sie wirken im Gegensatz zur klassischen Krebsbehandlung, die auf Hemmung der Zellproliferation auf DNA-Ebene abzielt, auf Hemmung der intrazellulären Signalwege (Tyrosinkinasen) und wirken daher spezifischer, so dass die Wirkung auf normale Zellen nicht toxisch bzw. nur moderat toxisch ist. Die Wirkungsweise von Tyrosinkinaseinhibitoren ist stark abhängig von individuellen Merkmalen der einzelnen Patienten. Das können Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, Essen, Alkohol, aber auch Erblichkeit oder andere Einflüsse sein. Als Beispiel wurde die Nahrungsaufnahme am Beispiel Nilotinib erläutert. So ist bei Nilotinib zum Beispiel erforderlich, das man 2 Stunden vor und mind. 1 Stunde nach der Einnahme keine Nahrung zu sich nimmt. Im Rahmen der der Präsentation wurde als Fazit präsentiert: Bei den Tyrosinkinaseinhibitoren handelt es sich um leistungsfähige Behandlungsmöglichkeiten für CML, GIST und andere Malignome, deren beste Wirksamkeit nur erreicht wird, wenn man die medikamentös bedingten Nebenwirkungen, die Toxizität, die Einflussnahme von Wechselwirkungen und die unzureichende Einhaltung der Medikamenteneinnahme kontrolliert. Bei der Erreichung dieses Ziel spielt die Erziehung jedes einzelnen Patienten eine wichtige Rolle, unterstützt sollten diese von Ärzten, Apothekern, Krankenschwestern und Patientenvertretern werden.

Jan Geissler (Vorsitzender von Leukaemie-Online und Vize-Präsident von ECPC) gab ein Update zur Webplattform "CML Advocates Network", welche im letzten Jahr auf der Konferenz in Bad Nauheim vorgestellt wurde. Die "New Horizons"-Konferenzen haben starke und wichtige Verbindungen zwischen den teilnehmenden Patientengruppen geschaffen. Allerdings sei "nach der Konferenz oft vor der Konferenz", da danach der Austausch nur sporadisch erfolgte. Das "CML Advocates Network" soll die Patientengruppen dauerhaft vernetzen und den gegenseitigen Austausch und Unterstützung organisieren. Due Plattform wird von Patientengruppen betrieben und finanziert und ist daher unabhängig. Zur Zeit sind 30 Interessensgruppen mit 41 Vertretern über die Webplattform miteinander vernetzt. Ein erster Erfolg des Netzwerks war eine Kampagne zur Weiterführung der Dasatinib-START-Studien, um Langzeitdaten zu ermitteln. Weiterhin wurde ein spanischsprechendes Forum eröffnet werden und durch offene Briefe an die Gesundheitsminister von Polen und Bulgarien der Zugang zu CML-Therapien verbessert.

Weiterhin fanden parallel diverse Workshops zur Weiterbildung der Patientenvertreter in effektiver Selbsthilfearbeit statt:
  • "Ihre Botschaft durch effektives Schreiben rüberbringen" (Kathrin Schuster, Lebenshaus e.V.)
  • "Markenaufbau für Patientengruppen" (Dr. Herbert Thum)
  • "E‐Advocacy - wie das Internet die Arbeit von Patientengruppen verändert" (Jan Geißler, Leukämie-Online)
  • "Kommunikation von Arzt und Patient" - (Doris Schmitt, Mamazone e.V.)
  • "Effektive Besprechungsarbeit" (Markus Wartenberg, Lebenshaus e.V., Giora Sharf, Israel CML Patient Organisation)

Die CML-Erklärung von Baveno


Die versammelten CML-Vertreter haben im Rahmen der Konferenz eine "CML-Erklärung von Baveno" verfaßt und unterzeichnet, um weltweit auf Verbesserungspotential der CML-Therapie aufmerksam zu machen und die ausnahmslose Anwendung internationaler Therapiestandards zu fordern. Die Vertreter der weltweiten Gemeinschaft der CML-Patientengruppen fordern in der Deklaration gemeinsam alle für die Behandlung und Pflege von CML-Patienten Verantwortlichen zu Folgendem auf:

  1. Die Zusammenarbeit Aller mit dem ultimativen Ziel: Das Finden einer nicht invasiven Heilung für CML
  2. Die Behandlung muß gemäß international anerkannter Therapieleitlinien im Einklang mit international anerkannter Evidenz erfolgen, die durch das ELN (European Leukemia Net) und das NCCN (National Compehensive Cancer Network) festgelegt werden.
  3. Es muß sichergestellt werden, dass alle Patienten eine schnell und akkurate Diagnosestellung erhalten.
  4. Es muß sichergestellt werden, dass alle Patienten die gleiche optimale Betreuung und Behandlung bekommen, unabhängig von Rasse, Geschlecht, Alter, Nationalität, Glauben, wirtschaftlichen Verhältnissen oder Wohnort.
  5. Patienten sollen mit den Informationen und Mitteln versorgt werden, die sie benötigen, um von CML-Experten behandelt werden zu können.
  6. Es soll sichergestellt sein, dass alle Patienten ihre Therapie und Versorgung durch spezialisierte Zentren, vorzugsweise durch multidiziplinäre Teams, erhalten. Diese Zentren und Ärzte sollten an Studien teilnehmen, die durch internationale CML-Netzwerke organisiert werden, um sicherzustellen, dass Patienten immer die beste verfügbare Therapie erhalten.
  7. Der Zugang zu international standardisierter zytogenetischer und molekularer Diagnostik, Mutationsanalyse sowie Pathologie durch Experten soll gewährleistet sein, damit Ärzte und Patienten eine gut informierte Therapientscheidungen fällen können. Bei suboptimalen Ansprechen oder starken Nebenwirkungen sollen pharmakokinetische Untersuchungen des Blutplasmaspiegels durchgeführt werden.
  8. Patienten müssen zu jeder Zeit Einblick in Ihre Krankenakte bzw. zu Ihren Laborergebnissen nehmen können, unabhängig von nationalen Beschränkungen.
  9. Die Patienten sollen in die Lage versetzt werden, zytogenetische Befunde, FISH und PCR-Untersuchungen zu verstehen, um Ängste zu minimieren, die durch Verspätungen bzw. Verständnisprobleme der Testergebnisse entstehen könnten.
  10. Es muß Patienten auf Wunsch problemlos möglich sein, eine Zweitmeinung einzuholen.
  11. Patientenvertreter sollen an Entscheidungsprozessen zur Forschung sowie zum Zugang zu Therapien teilnehmen.
  12. Es muß sichergestellt sein, das Patienten Zugang zu den Informationen aller relevanten klinischen Studien erhalten. Die Teilnahme an Studien muß auch über Ländergrenzen hinweg unterstützt werden.
  13. Alle Patienten sollen psychologische und soziale Unterstützung erhalten, wenn sie diese benötigen.
  14. Patienten sollen Zugang zu einer angemessenen Finanzierung der Therapien erhalten, damit keine Behandlung aufgrund ökonomischer Zwänge unterbleibt. Dies beinhaltet die angemessene Kostenerstattung zugelassener Therapien, sowie Therapiezugangsprogramme bis zu dem Zeitpunkt, an dem die volle Kostenerstattung durch das Gesundheitssystem erfolgt.

Persönliches Kennenlernen


Einer der wichtigsten Punkte dieser Konferenz sollte aber das gegenseitige Kennenlernen der Teilnehmer sein. Dies wurde schon in der Begrüßung durch den Gastgeber Harout Semerjian (Novartis) ausdrücklich gewünscht, in dem er forderte, das am Ende der drei Tage jeder mindestens fünf neue Teilnehmer kennengelernt haben sollte. Durch ausreichend Zeit in den Pausen, beim Mittag- und Abendessen und in der Zeit zwischen den Tagesordnungspunkten konnte wohl jeder der Teilnehmer diesen Wunsch erfüllen. Weiterhin wurden natürlich auch viele bestehende Bekanntschaften intensiviert.

Bericht verfaßt von Marc und Jan.

Weiterführende Informationen

Imatinib hat die Therapie der CML grundlegend verändert und ist heute unumstrittener Standard für die Initialbehandlung. Das neueste Update der Studie weist eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 88% auf. Die jährliche Rezidivrate ist im sechsten Jahr auf 0,4% gesunken, mit 0% Übergang in die Akzelerations- oder Blastenphase. Ein Problem der Imatinibtherapie sind frühe Rezidive im ersten und zweiten Jahr. Die Identifikation der Risikopatienten durch Nutzung biologischer Parameter bei Diagnosestellungstellung und verlaufsabhängiger Daten auf hämatologischem, zytogenetischem und molekularem Niveau ist eines der Hauptziele der modernen CML-Therapie. Der Einsatz neuer Tyrosinkinaseinhibitoren ist bei Imatinibresistenz oder -unverträglichkeit indiziert. 

Zur Verfügung stehen Dasatinib (Sprycel, BMS), Nilotinib (Tasigna, Novartis), Bosutinib (SKI-606, Wyeth) und INNO-406 (Innovive). Dasatinib ist für die CML nach Imatinib-Versagen und die Ph-positive ALL zugelassen, Nilotinib für die CML in chronischer und akzelerierter Phase nach Imatinib- Versagen. Bosutinib wird derzeit in einer Phase-II-Studie in mehreren deutschen Zentren untersucht, die Rekrutierung zur Phase-I-Studie mit INNO-406 wurde kürzlich beendet. 

Das Wirkungsspektrum der beschriebenen oralen Tyrosinkinase-Inhibitoren ist heterogen. Während Nilotinib eine höhere BCR-ABL-Spezifität als Imatinib aufweist und zusätzlich die PDGF-Rezeptoren alpha und beta sowie c-kit hemmt, beeinflussen Dasatinib und Bosutinib hingegen zusätzlich SRC-Kinasen, INNO-406 die Lyn-Kinase. Bosutinib hemmt hingegen nicht die PDGF-Rezeptoren und c-kit, welches mit einer geringeren Inzidenz von Flüssigkeitsretentionen verbunden ist. 

Die Wirksamkeit der genannten Medikamente auf mit Imatinib-Resistenz verbundene BCR-ABL-Mutationen ist unterschiedlich stark und wird in der mittleren Hemmkonzentration IC50 in vitro ausgedrückt. Grundsätzlich besteht eine komplette Resistenz der BCR-ABL-Mutation T315I. Für Imatinib-intolerante Patienten besteht in der Regel keine Kreuz-Intoleranz bezüglich nichthämatologischer Nebenwirkungen. 

Der Einsatz der neuen Inhibitoren erfolgt auf der Basis hämatologischer, zytogenetischer und molekularer Parameter, die unter Federführung des European LeukemiaNet erarbeitet und publiziert wurden. Ein sorgfältiges und regelmäßiges Monitoring aller CML-Patienten ermöglicht die rechtzeitige Therapieoptimierung. Die Vielfalt der therapeutischen Möglichkeiten der CML-Patienten erbringt eine Individualisierung der Behandlung. Zahlreiche offene Fragen sollten Anlass zur Therapie aller CML-Patienten in klinischen Studien sein. Die deutlich verbesserte Lebenserwartung der CML-Patienten ist verbunden mit einer rasch steigenden Prävalenz bei konstanter Inzidenz. Eine Therapie der Patienten in niedergelassenen Praxen ist möglich, jedoch wird initial zur Planung der Therapiestrategie sowie bei auftretenden Problemen die Vorstellung in einem hämatologischen Zentrum empfohlen. 

Zur Erstlinientherapie der CML steht die CML-IV-Studie nach wie vor zur Verfügung, ein Überblick über die Therapiemöglichkeiten bei suboptimalem Ansprechen oder bei Imatinib-Versagen findet sich hier.

Quelle: Artikel von Prof. Andreas Hochhaus, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, aus dem Rundbrief des Kompetenznetz Leukämie, Nr. 12 von Juni 2008 (pdf)
Vitamin C schützt als Antioxidans gesunde Zellen vor einer Schädigung durch freie Radikale. Es schützt aber auch Krebszellen, die durch eine Chemotherapie abgetötet werden sollen, berichten amerikanische Forscher.

In Experimenten mit Zellkulturen und Mäusen schwächte eine Vorbehandlung mit Vitamin C die Wirkung sämtlicher getesteter Krebsmittel. Ursache dafür war aber nicht die Inaktivierung freier Radikale. Vielmehr schützte das Vitamin die Mitochondrien, die "Kraftwerke der Zelle", die von den Krebsmitteln angegriffen werden. Krebspatienten sollten daher ihren Vitamin C-Bedarf durch Nahrungsmittel decken und auf hoch dosierte Vitaminpräparate verzichten, empfehlen die Wissenschaftler im Fachblatt "Cancer Research".

"Vitamin C scheint die Mitochondrien vor starken Schäden zu schützen und so die Zellen vor dem Absterben zu bewahren. Alle Krebsmittel wirken - direkt oder indirekt -, indem sie die Mitochondrien schädigen, womit sie den programmierten Zelltod auslösen", sagt Mark Heaney vom Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York. Er und seine Kollegen testeten zunächst die Krebsmedikamente Doxorubicin, Cisplatin, Vincristin, Methotrexat und Imatinib auf ihre Wirkung auf Kulturen von Leukämie- und Lymphomzellen. Ein Teil der Zellkulturen wurde mit Dihydro-Ascorbinsäure (DHA), der Transportform von Vitamin C, vorbehandelt.

Die Vorbehandlung hatte zur Folge, dass 30 bis 70 Prozent weniger Zellen abstarben. Auch in Mäuse verpflanzte Tumore wuchsen nach einer Chemotherapie schneller, wenn sie mit DHA vorbehandelt worden waren. Die Forscher stellten fest, dass sich das Vitamin im Krebsgewebe sogar stärker ansammelte als in gesundem Gewebe. Die Wirkung des Vitamins beruhte nicht, wie zunächst vermutet, auf der Eliminierung freier Radikale, die durch manche Krebsmittel verstärkt entstehen, sondern auf dem Schutz der Mitochondrienhülle. Inwieweit diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, so die Forscher, müssten weitere Untersuchungen zeigen.

Quelle: Wissenschaft aktuell vom 01.10.2008

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