Chronische Myeloische Leukämie (CML)

Der Grad der Reduktion von BCR-ABL bei Patienten unter Imatinib ist ein wichtiger Prognosefaktor. Eine auf ASH vorgestellte australische Studie untersuchte die PCR-Werte von Imatinib-Patienten über einen Zeitraum von bis zu 6 Jahren, um herauszufinden, ob das molekulare Ansprechen langfristig noch weiter zunimmt. Über diesen Zeitraum erreichten 41% der Patienten unter 400mg eine komplette molekulare Remission (mind. 4,5log-Reduktion), wobei der Anteil der Patienten mit gutem molekularen Ansprechen auch nach Jahren noch deutlich anstieg. Die Forscher schließen, dass eine hohe Stabilität einmal erreichter molekularer Remissionen existiert und der Anteil leukämischer Zellen über die Therapiedauer immer weiter abnimmt.

Aus der IRIS-Studie ging hervor, dass Patienten, die in Imatinib-Erstlinientherapie mindestens eine weitgehende molekulare Remission erreichten (major molecular response (MMR), 3-Log-Reduktion oder BCR-ABL/ABL 0,12%), eine hohe Wahrscheinlichkeit von Progressionsfreiheit haben. Auch wenn 40% der Patienten innerhalb 12 Monaten eine MMR erreichten, konnte bei nur wenigen mit sensitivsten Methoden kein BCR-ABL mehr nachgewiesen werden.

Die Forscher dieser australischen Studie untersuchen 155 Patienten mit CML in chronischer Phase alle 3 bis 6 Monate mit einer quantitativen PCR über einen Zeitraum von bis zu 6 Jahren, um herauszufinden, ob die PCR-Werte auch über längere Zeit noch absanken, und die Stabilität und Bedeutung von nicht nachweisbarem BCR-ABL herauszufinden.

Eine komplette molekulare Antwort (CMR) wurde dabei als nicht nachweisbares BCR-ABL oder mindestens eine Reduktion um 4,5Log nach mindestens zwei aufeinanderfolgenden Untersuchungen definiert. Die Autoren merken dabei an, dass CMR keine Auslöschung von leukemischen Zellen, sondern eine Reduktion von BCR-ABL unter die technische Erkennungsgrenze bedeute.

CMR trat bei 34 der 155 Patienten auf, dabei 3 mit sehr niedrigen PCR-Werten und 31 mit negativer PCR.

Von den Patienten, die an der Imatinib-Zulassungsstudie IRIS mit Imatinib als Erstlinientherapie teilgenommen hatten, erreichten nach knapp 6 Jahren 41% eine CMR. In derselben Gruppe hatten nur 7% nach 3 Jahren, 24% nach 4 Jahren, 34% nach 5 Jahren eine CMR erreicht. Dies bedeutet, dass der Anteil der Patienten, die gute molekulare Remissionen erreichen, auch nach über drei Jahren noch deutlich ansteigt.

75 Patienten erreichten eine weitgehende molekulare Antwort (major molecular response, MMR). Sechs der 75 (8%) erlitten einen Verlust der MMR, definiert durch einen mehr als zweifachen Anstieg von BCR-ABL in zwei aufeinanderfolgenden Untersuchungen. Der durchschnittliche Anstieg war bei diesen 18-fach. Bei 4 der 6 Patienten, die diesen Anstieg zeigten, konnten BCR-ABL-Mutationen nachgewiesen werden, und bei einem eine Verdopplung des Philadelphia-Chromosoms. Der Verlust der MMR trat bei diesen Patienten innerhalb von 18 Monaten nach Erreichen der MMR ein.

Insgesamt gab es keinen Unterschied des Erreichens von CML und MMR zwischen den Gruppen mit unterschiedlicher Dosierung von Imatinib. (Erstlinientherapie mit 400mg: 7% CMR, 66% MMR; Zweitlinientherapie mit 400mg: 8% CMR, 71% MMR; Erstlinientherapie mit 600mg: 18% CMR, 70% MMR). Es konnte demnach nicht gezeigt werden, dass höhere Dosen des Medikaments langfristig einen Vorteil des molekularen Ansprechens bringen.

Quelle:


ASH-Abstract #430. ASH-Abstracts nach kostenloser Registrierung einsehbar (englisch)

[430] Increasing Frequency and Marked Stability of Complete Molecular Response Is Observed in Imatinib-Treated CML Patients with Long-Term Follow Up. Session Type: Oral Session

Susan Branford, John Francis Seymour, Andrew Grigg, Chris Arthur, Kevin Lynch, Timothy Hughes Institute of Medical and Veterinary Science, Adelaide; Australasian Leukaemia Lymphoma Group; Novartis Australia

Übersetzung/Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr
Eine stetig sinkende Rate von Nebenwirkungen, ein seltenes Auftreten von schwerwiegenden Nebenwirkungen, und keine unerwarteten Langzeit-Nebenwirkungen - so die Beobachtung der IRIS-Studie nach 5 Jahren Behandlungsdauer von CML-Patienten in Glivec-Erstlinientherapie

Die IRIS-Studie verglich eine Kombination von Interferon und Ara-C mit der Erstlinientherapie von Imatinib (Glivec). Von den 553 Patienten im Imatinib-Studienarm mußten nur 2,4% der Patienten die Therapie wegen medikamentenbedingten Nebenwirkungen abbrechen. Die durchschnittliche tägliche Dosis waren 390mg, woraus geschlossen werden kann, dass keine bedeutendere Dosisreduktion zur Vermeidung von Nebenwirkungen erforderlich war.

Die Nebenwirkungen nahmen über die Therapiedauer in aller Regel deutlich ab. Im folgenden eine Liste der Nebenwirkungen. Die Prozentzahl gibt jeweils den Anteil der Patienten nach Therapiebeginn, nach 2 Jahren Therapie und nach vier Jahren Therapie an, bei denen sich diese Nebenwirkungen zeigten:
  • Flüssigkeitseinlagerungen fielen von 61% bei Therapiebeginn auf 20% nach zwei Jahren und 6% nach vier Jahren
  • Übelkeit fiel von 49% über 15% auf 3%,
  • Erbrechen von 22% über 9% auf 4%,
  • Muskelkrämpfe von 49% über 22% auf 7%,
  • Knochenschmerzen von 47% über 20% auf 6%,
  • Durchfall von 45% über 23% auf 5%,
  • Hautausschläge von 40% über 13% auf 2%,
  • Fatigue/Erschöpfung von 39% über 11% auf 3%,
  • Kopfschmerzen von 37% über 12% auf 3,4%
  • Bauchschmerzen von 37% über 15% auf 3,4%
  • Gelenkschmerzen von 31% über 9% auf 2%
  • Infektionen von 21% über 11% auf 3%
  • Blutungen von 29% über 14% auf 5%
  • Muskelschmerzen von 24% über 5% auf 1,5%
  • Atemwegsbeschwerden von 21% über 11% auf 2,7%
  • Husten von 20% über 8% auf 3,4%

Die hämatologischen Nebenwirkungen stellten sich wie folgt dar:
  • Neutropenien (niedrige Leukozytenwerte) fielen von 17% bei Therapiebeginn auf 4% nach 2 Jahren und 1% nach 4 Jahren
  • Thrombozytopenien von 9% über 1,5% auf 0,2%
  • Anämie von 4,4% über 2% auf 0,5%
  • Erhöhte SGOT/SGPT von 5% über 0,4% auf 0%
  • Erhöhtes Bilirubin von 1,1% auf 0,2%

Herzinsuffizienz zeigte sich bei 3% der Patienten, allerdings in schwerer Form nur bei 1%, und weniger als 1% entwickelte Pleuraergüsse. Die Forscher berichten, dass die Patienten im IFN/Ara-C-Arm einen ähnlichen Anteil dieser Herz- und Lungennebenwirkungen zeigten, obwohl die Dauer in diesem Therapiearm meist nur 12 Monate (Imatinib: 4 Jahre) war.

Quelle:


ASH-Abstract #2136. ASH-Abstracts nach kostenloser Registrierung einsehbar (englisch)

[2136] Declining Rates of Adverse Events (AEs), Rare Occurrence of Serious AEs (SAEs), and No Unexpected Long-Term Side Effects at 5 Years in Patients with Newly Diagnosed Chronic Myeloid Leukemia (CML) in Chronic Phase (CP) Initially Treated with Imatinib (IM) in the International Randomized Study of Interferon vs STI571 (IRIS). Session Type: Poster Session, Board #314-II

Hagop M. Kantarjian, Richard A. Larson, Francois Guilhot, Stephen G. O'Brien, Brian J. Druker, on Behalf of IRIS Study Group Dept of Leukemia, MD Anderson Cancer Ctr, Houston, TX, USA; Univ of Chicago, Chicago; CHU La Miletrie, Poitiers; Univ of Newcastle, Newcastle; OHSU, Portland; IRIS Study Group

Übersetzung/Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr
Mit Imatinib (Glivec) führt bei einem großen Teil von CML-Patienten in chronischer Phase zu guten, andauernden Remissionen. Das Absetzen des Medikaments führt aber selbst bei guter Remission meist relativ kurzfristig zu wieder ansteigenden PCR-Werten. Dieses Phänomen wird mit der reduzierten Aktivität von Imatinib auf einige Ph-positive Vorläuferzellen in Verbindung gebracht. Interferon-Alpha wird hingegen die Eigenschaft zugesprochen, diese Vorläuferzellen zu bekämpfen, und die wenigen Patienten, die unter Interferon-Alpha ein komplettes zytogenetisches Ansprechen erreichten, konnten das Medikament absetzen, ohne einen Rezidiv zu erleiden. Eine israelische Gruppe untersucht nun in einer Studie, ob Interferon das molekulare Ansprechen noch weiter verbessern kann und anschließend vielleicht als Mono-Erhaltungstherapie ausreichend wäre.

Frühere Berichte zeigen, dass die 14% CML-Patienten, die nach Diagnosestellung unter Interferon-Monotherapie eine vollständige zytogenetische Remission erreichten, das Medikament absetzen konnten, ohne einen Rückfall der Krankheit zu erleiden. Zudem konnte gezeigt werden, dass Interferon-Therapie eine signifikant höhere Ansprechrate erzeugt, wenn es nicht direkt nach Diagnosestellung, sondern im Stadium geringer Resterkrankung (z.B. in kompletter zytogenetischer Remission nach Hochdosis-Chemotherapie) angewandt wurde. Interferon-Alpha wird die Eigenschaft zugesprochen, ph-positive Stammzellen zu bekämpfen, während Imatinib dies nicht erreicht.

Die israelische Studiengruppe hat daher nun eine klinische Studie mit dem Ziel angestoßen, die unter Imatinib-Therapie bei minimaler Resterkrankung übrig gebliebenen Ph-positiven Stammzellen durch die zusätzliche Gabe von Interferon-Alpha zu unterdrücken. Dies könnte den gut auf Imatinib und Interferon ansprechenden Patienten später das Absetzen von Imatinib ermöglichen.

Die Studienteilnehmer müssen zur Aufnahme in die Studie mindestens ein Jahr eine komplette zytogenetische Remission nach Zytogenetik und FISH aufweisen. In der randomisierten Studie werden der Studiengruppe über eine Dauer von 12 Monaten 180mcg/Woche pegyliertes Alpha-2-Interferon (Peg-IFN, Pegasys) zusätzlich zur Imatinib-Standarddosis gegeben. Imatinib wird 9 Monate nach Beginn mit Peg-IFN abgesetzt, soweit dann weiterhin eine komplette zytogenetische Antwort nachgewiesen werden konnte. Ständige Kontrollen überprüfen dann die Beibehaltung der Remission. Die Kontrollgruppe der randomisierten Studie erhält dieselbe Kombination, setzt aber Glivec nicht ab.

Die Forscher berichten nun von frühen Beobachtungen bei ersten Teilnehmern dieser Studie. Bisher haben sieben Patienten in dem Studienarm vier Monate Peg-IFN-Therapie abgeschlossen. Ein Patient brach die Peg-IFN-Therapie nach zwei Wochen wegen Nebenwirkungen ab. Die anderen 6 Patienten (Alter 24-59) waren zuvor im Durchschnitt bereits 49 Monate unter Imatinib-Therapie. Fünf der sechs Patienten wurden davor schon mit fehlgeschlagener IFN-Monotherapie behandelt. 

Vier Patienten, die mit einer positiven PCR (0.2%, 0.9%, 0.07% and 0.1%) gestartet waren, erreichten unter der Kombination eine negative PCR, einer reduzierte seine PCR von 0,8% auf 0,01%, und der sechste Patient behielt seine schon der Kombination dokumentierte negative PCR bei. Bei zwei Patienten der Studie war eine Dosisreduktion von Peg-IFN auf 90mcg/Woche erforderlich. 

Die Forscher schließen, dass die Zugabe von Peg-IFN bei CML-Patienten mit einer Imatinib-erzeugten Komplettremission das molekulare Ansprechen verbessern und gar zu einer kompletten molekularen Remission führen kann. Sie halten die Beobachtung für einen ermutigenden Meilenstein im Versuch, Interferon-Alpha als Basis für die Erwägung eines Absetzens von Imatinib bei gut darauf ansprchenden Patienten zu verwenden.

Quelle:


ASH-Abstract #4788. ASH-Abstracts nach kostenloser Registrierung einsehbar (englisch)

[4788] Towards Stopping Imatinib Therapy under the Umbrella of Interferone: Alpha-Interferone Improves Molecular Response in CML Patients with Imatinib Induced Complete Cytogenetic Remission: An Early Observation from a Study of Pegylated Interferone in the Set up of Minimal Residual Disease. Session Type: Publication Only

Izhar Hardan, Ninette Amariglio, Luba Trakhtenbrot, Avichai Shimoni, Maya Koren-Michowitz, Gideon Rechavi, Arnon Nagler Hematology and Cancer Research Center, Sheba Medical Center, Tel-Hashomer, Israel

Übersetzung/Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr
Eine französische Forschergruppe hat die kürzlich in Diskussion befindliche Nebenwirkung Phosphatmangel (Hypophosphatämie) bei 34 Patienten untersucht. Am Klinikum in Nizza wurden zwischen September 2001 und Februar 2005 mit Glivec 38 Patienten behandelt. 34 dieser Patienten (18 Männer, 16 Frauen) wurden in der Nachsorge weiterbetreut und dabei auch auf den Knochen-Metabolismus untersucht. 15 Patienten zeigten einen niedrigen Blutserumspiegel von Phosphat. Hypophosphatämie trat im Durchschnitt nach 15 Monaten (Bereich 1-47 Monate) auf. Zwischen den Patientengruppen mit und ohne Hypophosphatämie gab es keine statistisch signifikanten Unterschiede beim Alter, der Behandlungsdauer oder der Glivec-Dosierung. Auch konnte kein Zusammenhang zwischen Phosphatlevel und der Blutkonzentration von Glivec festgestellt werden.

Die Forscher untersuchten dann die Phosphataufnahme auf Basis der Exkremente, da Glivec bekanntermaßen Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt bewirkt. Die Analyse ergab einen Zusammenhang zwischen Hypophosphatämie und Durchfall. Dies legt nahe, dass Hypophosphatämie durch Störungen des Verdauungstrakts ausgelöst werden könnte. Die Gabe von Phosphor-Nahrungsergänzungsmitteln über eine Dauer von 3 Monaten an 3 Patienten mit Hypophosphatämie erreichte keine Normalisierung des Phosphorniveaus, verschlechterte aber bei allen Patienten die Magen-Darm-Beschwerden. Die Autoren empfehlen daher keine Gabe von Phosphor-Nahrungsergänzungsmitteln.

Interessanterweise beobachteten die Forscher unabhängig vom Vorhandensein von Hypophosphatämie Zusammenhänge, die Auswirkungen auf den Knochenbau unter Glivec-Therapie haben könnten. Dies könnte auch im Zusammenhang mit dem Phosphat-Metabolismus stehen. Sie empfehlen in dieser Richtung weitere Forschungstätigkeit.

Quelle:


ASH-Abstract #4765. ASH-Abstracts nach kostenloser Registrierung einsehbar (englisch)

[4765] Hypophosphatemia Observed in Chronic Myeloid Leukemia Patients Treated with Imatinib Mesylate (Gleevec ) Is Related to Digestive Side-Effects. Session Type: Publication Only

Laurence Legros, Veronique Breuil, Patricia Ferrari, Jean Testa, Jill-Patrice Cassuto (Intr. by Francois Guilhot) Department of Hematology, Hopital Archet 1, Nice, France; Department of Rhumatology, Hopital Archet 1, Nice, France; Department of Hormonology, Hopital Saint Roch, Nice, France; Department of Medical Information, Hopital de Cimiez, Nice, France 

Übersetzung/Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr

Weiterführende Informationen:
Fünf Jahre nach dem Beginn einer Therapie mit dem Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib (Handelsname Glivec) leben noch 89% der Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie (CML) und nur 5% sind am Malignom gestorben, wie eine Publikation im New England Journal of Medicine (NEJM 2006; 355: 2408-2417) zeigt. Dort bezeichnen Experten das Mittel als eines der wichtigsten Fortschritte in der Krebstherapie der letzten Jahre. Es gibt jedoch Hinweise auf bisher übersehene Langzeitkomplikationen der vermutlich lebenslangen Therapie.

Bei den Patienten, über die Brian Druker von der Universität Portland und Mitarbeiter berichten (NEJM 2006; 355: 2408-2417), handelt es sich um die Teilnehmer der International Randomized Study of Interferon and STI571 oder IRIS-Studie, die seinerzeit zur Zulassung des Medikamentes führte. Die Studie hatte Imatinib mit der damaligen Standardtherapie aus Interferon alpha plus Cytarabin verglichen. Als bei einer Analyse nach 19 Monaten ein klarer Vorteil von Imatinib erkennbar war, wurde allen Patienten eine Imatinib-Therapie angeboten.

Die jetzige Auswertung nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 60 Monaten zeigt, dass die Anfangserfolge langfristig Bestand haben. Die kumulativen Raten einer vollständigen zytogenetischen Remission (fehlender Nachweis des Philadelphia-Chromosoms) betrugen nach 12 Monaten 69 Prozent und nach 60 Monaten sogar 87 Prozent. Nur 7 Prozent der Patienten entwickelten bisher eine Blasenkrise und nur 5 Prozent starben an der CML. Am besten waren die Ergebnisse, wenn auch das für die Erkrankung verantwortliche Fusionsgen BCR-ABL weitgehend verschwunden war.

Etwas ungünstiger waren die Ergebnisse in einer Hoch-Risiko-Kategorie, zu der Patienten mit (zu Therapiebeginn) Splenomegalie oder einem hohen Anteil unreifer Leukozyten im Blutbild zählten. Doch selbst hier wurde noch zu 70 Prozent eine komplette zytogenetische Remission erzielt, und in diesem Fall waren die Chancen der Patienten unabhängig vom Risikoprofil gleich gut, wie Druker betont. Die Therapieergebnisse seien sechs- bis siebenmal besser als unter der früheren Standardtherapie. Inzwischen befinden sich mit Dasatinib und Nilotinib zwei weitere Kinase-Inhibitoren in der Entwicklung, sodass es für Patienten mit Rezidiven weitere Reservemittel geben dürfte.

Dennoch ist nach derzeitigem Kenntnisstand mit Imatinib oder den anderen Kinase-Inhibitoren keine Heilung möglich. Nach Auskunft Drukers muss beim Absetzen der Medikamente mit einem Rezidiv gerechnet werden. 

Den Patienten steht vermutlich eine lebenslange Therapie bevor, weshalb ein Bericht von Risto Kerkelä und Mitarbeitern vom Jefferson Medical College in Philadelphia jüngst für Aufsehen sorgte. In Nature Medicine (2006; 12: 908-916) beschrieben sie zehn Patienten, bei denen es unter der Therapie mit Imatinib zu einer Herzinsuffizienz gekommen war. Die Forscher konnten diese Komplikation im Tierexperiment reproduzieren und auch eine plausible pathogenetische Erklärung geben. Danach begünstigt Imatinib im endoplasmatischen Retikulum der Zellen eine „Stressreaktion“, die eine Akkumulation von ungefalteten Proteinen und schließlich den Zelluntergang zur Folge hat.

Klaus Strebhardt von der Universität Frankfurt und Axel Ullricht vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried fordern deshalb, dass dieser möglichen Komplikation in weiteren Studien größere Beachtung geschenkt wird (NEJM 2006; 355: 2481-2482). Weitere Komplikationen könnten sich aus einem sekundären Hyperparathyreoidismus ergeben, auf den Andrew Grey und Mitarbeiter der Universität Auckland in Neuseeland hinweisen (NEJM 2006; 355: 2494-2495). Er führt zu einem Phosphatmangel, der langfristig ungünstige Einflüsse auf die Knochendichte haben könnte. Ob dies für die Patienten relevant ist, müssen weitere Studien zeigen.

Quelle: Ärzteblatt vom 07.12.2006

Weiterführende Informationen: