Chronische Myeloische Leukämie (CML)

Dasatinib, ein gezielter Hemmer der CML-typischen Tyrosinkinasen BCR-ABL und SRC, hat in frühen Studien an Imatinib-resistenten Patienten gute zytogenetische Ansprechraten gezeigt. Die 8-Monats-Daten der Phase-2-Studie, an der 186 Patienten verteilt über 75 Kliniken teilnahmen, zeigen erneut bemerkenswerte Ergebnisse, da bei mehr als die Hälfte ein gutes zytogenetisches Ansprechen eintrat. Nur 2% dieser Patienten, die auf das Medikament ansprachen, erlebten ein Fortschreiten der Krankheit, so ein am 15. März erscheinender Artikel einer Forschergruppe um Andreas Hochhaus, Hagop Kantarjian, Michele Baccarani, Brian Druker, Tim Hughes, Neil Shah und anderen im Fachmagazin Blood.

Die Patienten waren im Durchschnitt 58 Jahre alt und waren durchschnittlich seit 64 Monaten an CML in chronischer Phase erkrankt. Viele Patienten hatten bereits intensive Vortherapien erhalten - vor der fehlgeschlagenen Imatinib-Therapie (drei Viertel mit Dosen über 600mg/Tag) erhielten vorher bereits rund zwei Drittel Interferon-Alpha, 42% Chemotherapien, und 9% Stammzelltransplantationen.

Das Medikament zeigte sich wirksam auch bei stark gegen Imatinib resistenten Mutationen wie M244V, G250E, Q252H, Y253H, E255K/V, F317L, F359V und H396R, nicht jedoch bei T315I.

Die Patienten erhielten durchschnittlich rund 100mg/Tag Dasatinib. Nichthämatologische Nebenwirkungen waren mild bis moderat und nur recht selten schwerwiegend. 4% zeigten stark erhöhte Leberwerte. Calciummangel wurde bei einigen Patienten beobachtet, verschwand aber spontan während der Therapie wieder. 3% zeigten schwere Pleuraergüsse. 

Insgesamt schließen die Autoren, dass die Daten zeigten, dass Dasatinib gut verträglich ist, Imatinib-Resistenzen und Imatinib-Unverträglichkeit sehr effektiv und dauerhaft überwinden kann, und bei einigen Patienten molekulare Remissionen auslöst. Dasatinib werde momentan auch bei Patienten ohne Vorbehandlung in einer randomisierten Vergleichsstudie von Imatinib und Dasatinib erprobt. Auf der Basis der heutigen klinischen Erfahrung habe Dasatinib das Potential, eine starke Auswirkung auf das aktuelle Behandlungsschema bei Patienten mit Resistenz und Unverträglichkeit auf Vortherapien zu haben.

Quelle: Blood 2007;109:2303-2309: "Dasatinib induces notable hematologic and cytogenetic responses in chronic-phase chronic myeloid leukemia after failure of imatinib therapy" - Übersetzung in Auszügen durch Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.

Weiterführende Informationen:

Imatinib war ein großer Erfolg für viele Patienten mit CML. Kürzlich haben die Zulassungsbehörden einen zweiten gezielten Wirkstoff Dasatinib für die Patienten zugelassen, die auf Imatinib nicht ansprechen. CML ist damit die erste Krebsart, bei der zwei gezielte Therapien zur Verfügung stehen, die effektiv genug wirken, dass sie jeweils alleine verwendet werden könnten. Experten wie Dr. Brian Druker denken daher darüber nach, wie die Medikamente am Besten eingesetzt würden: Alleine, in Abfolge, oder in Kombination.

CML könnte daher ein zukünftiges Modell für andere Krebsarten darstellen, für die auch gezielte Therapien entwickelt werden. Manche Experten sagen, dass das Modell bereits existierte. "Die Realität ist dass wir ein solches Paradigma bereits mit HIV haben, und wir erfinden es nur für Krebs neu", so Dr. Brian Druker, Professor an der Oregon Health and Science Unversity in Portland, der Imatinib entwickelte. "Das sind gute Neuigkeiten. Wenn man die Überlebensraten bei HIV ansieht, sind sie mit einer Drei-Medikamente-Therapie sehr bemerkenswert. Ich sehe nicht, warum es bei Krebs nicht genauso sein sollte oder könnte, wenn man die Targets und die Resistenzmechanismen versteht." Der Schlüssel sei, die Resistenzmechanismen des ersten Medikaments zu identifizieren und dann die zweite Generation Medikamente zu entwickeln, die diese Resistenz blockieren. "Dann denkt man über Kombinationen und sequentielle Therapien nach."

Imatinib, Dasatinib und Nilotinib hemmen die Aktivität des BCR-ABL-Fusionsgens, und jeder der Wirkstoffe hat eine unterschiedliche molekulare Struktur, bindet anders an das Bcr-Abl-Protein, und hemmt noch andere Tyrosinkinasen. Diese Unterschiede führen zu verschiedenen Mustern von Aktivität und Resistenz.

Die Dasatinib-Daten belegen, dass der neue Wirkstoff, ähnlich wie Imatinib, in der Monotherapie hocheffektiv ist. Darüber hinaus ist die Tatsache, dass Dasatinib komplette zytogenetische Antworten bei Patienten hervorrufen kann, die zuvor unter Imatinib einen Krankheitsfortschritt hatten, laut Experten bemerkenswert, und legt nahe, dass der neu zugelassene Inhibitor besser sein könnte. Ein Beweis dessen wird aber schwierig bei vorher unbehandelten Patienten, da es schon Langzeitdaten zu Imatinib gibt.

Die Frage, welchen Wirkstoff man nun als Erstlinientherapie einsetzen sollte, bewegt momentan viele Forscher. Nur Imatinib ist bisher für diese Patientengruppe zugelassen, aber sowohl Druker als auch Dr. Charles Sawyers, Vorsitzender der Onkologie am Sloan-Kettering Krebszentrum in New York, glauben, dass es Gründe gäbe, dass Dasatinib der bessere Wirkstoff sei. Es binden 300mal stärker an das Bcr-Abl-Protein, und es bindet an dessen aktive und inaktive Form, während Imatinib nur an die inaktive Form bindet. Die aktive Form des Proteins betreffende Mutationen könnten also zu Imatinib-Resistenz führen. Zusätzlich blockiert Dasatinib die Src-Kinase-Aktivität, die laut Dr. Shaoguang Li vom Jackson Laboratory in Maine durch das Bcr-Abl-Protein aktiviert wird und eine Bedeutung bei der CML-Progression haben könnte. Außerdem, so Druker, scheint Dasatinib komplette zytogenetische Remissionen schneller als Imatinib auszulösen, was das Wachstum von resistenten Klonen minimieren könnte.

Der einzige sichere Weg, dies herauszufinden, wäre ein direkter Vergleich. Eine kleine Pilotstudie mit 240 Patienten startet im Jahr 2007. Sie wird aber Ansprechraten und Verträglichkeit betrachten und nicht Überlebensraten, und wird laut Druker daher keine definitive Antwort geben. Eine Studie zum Gesamtüberleben müßte wegen der niedrigen Rückfallrate unter Imatinib mindestens 5 Jahre laufen, so Sawyers, und eine solche Studie sei sehr teuer. "Es ist nicht zu rechtfertigen, diese Frage zu beantworten, auch wenn sie interessant ist."

Eine dringende Frage ist daher, ob eine sequentielle Therapie der richtige Ansatz ist, oder Kombinationstherapie von Beginn an. Forscher haben rund 40 Mutationen des Bcr-Abl-Proteins identifiziert, die Imatinib-Resistenz erzeugen. Alle außer einer (T315I) sind empfindlich auf Dasatinib. Im Gegensatz dazu sind nur 5-10 Mutationen für Dasatinib-Resistenz bekannt, von denen die Hälfte auf Imatinib ansprechen. 

In einer kleinen Phase-I-Therapieoptimierungsstudie wurde die Verträglichkeit der Kombination getestet, und ein Einzelfallbericht belegt, dass diese trotz der Hemmung trotz mehrerer Targets außer Bcr-Abl verträglich ist. Patienten scheinen jedoch zurückhaltend bei der Teilnahme an der Studie zu sein. Unter anderem scheint der Bericht über Herzprobleme im Zusammenhang mit den beiden Wirkstoffen die Patienten verunsichert zu haben, auch wenn weder Sawyers noch Druker Beweise größerer Probleme gesehen haben. Außerdem können Patienten teilnehmen, die ein Teilansprechen, aber keine optimale Antwort, auf Imatinib gezeigt hatten und die im höheren Risiko eines Rückfalls stehen. "Es gibt keinen zwingenden Grund für eine Teilnahme dieser Patienten, weil es ihnen recht gut geht, nur eben nicht großartig. Es gibt keinen Notfall." Diese Zurückhaltung scheint in der Ära gezielter Therapien ein Stolperstein für Forscher zu sein, Kombinationstherapien zu entwickeln, die ähnlich gut wie Monotherapien funktionieren.

Es gibt auch technische Probleme. Imatinib und Dasatinib in Abfolge anzuwenden scheint die Entwicklung der T315I-Mutation zu fördern. Speziell bei Patienten mit Ph+ALL und CML in fortgeschrittener Phase sprechen auf die neuen Wirkstoffe nur für kurze Zeit an. "Beide üben einen enormen Selektionsdruck für den T315I-Phänotyp aus", so Dr. Francis Giles von MD Anderson Krebszentrum in Houston, Texas. Keine Kombination von Dasatinib, Nilotinib und Dasatinib könne die Entwicklung dieser Mutation hemmen - man bemötigte also neue Wirkstoffe speziell dafür.

Ein Kandidat ist MK-0457 (früher VX-680), der schon in Phase-I-Studien erprobt wird. Der Wirkstoff wurde eigentlich für andere Zwecke entwickelt, bis Dr. Sawyers herausfand, dass der Wirkstoff T315I hemmen könnte. In einer Phase-I-Studie zeigten alle 11 CML-Patienten mit T315I eine Reaktion auf den Wirkstoff. MK-0457 scheint gut verträglich zu sein, auch wenn es mehr wie eine traditionelle Chemotherapie ist. Es wird in einer 5 Tage dauernden Infusion verabreicht und scheint dosisabhängige Knochenmarkdepression und Haarausfall zu verursachen.

"Während es einen nicht so perfekten Anschein wie Imatinib und Dasatinib hat, macht es doch ganz klar, dass es Wirkstoffe gibt, die T315I hemmen können", so Sawyers. "Ich weiss von mindestens 10 in verschiedenen Entwicklungsstadien." Merck plant den Beginn einer Phase-II-Studie als Monotherapie bei Vorliegen von T315I. Laut Giles sind auch Kombinationsstudien mit MK-0457 sowohl mit Dasatinib als auch Nilotinib in 2007 geplant.

Die biologischen Argumente einer Kombination sind stark, aber sind die Therapien bezahlbar? Der Großhandelspreis für eine Monatsration von Dasatinib/Sprycel ist $3900 pro Monat, die Standarddosis von Glivec kostet $2600 pro Monat. Weder Druker noch Sawyers sind bereit, $78000 pro Jahr für eine Therapie einer chronischen Erkrankung auszugeben. "Man könnte argumentieren, dass das Risiko eines Rückfalls die Ausgaben für eine Kombination rechtfertigt", so Sawyers. "Andererseits könnte es sein, dass die Kombination eine solch tiefe Remission erzeugen kann, dass man keine andauernde Therapie benötigt". Wenn eine Wirkstoffkombination gegen die Leukämiestammzellen effektiv wäre, könnte sie dem Patient erlauben, für eine begrenzte Zeit zu therapieren, im Gegensatz zur momentan dauerhaft erforderlichen Imatinib-Therapie, was zu Spareffekten führen könne.

Druker setzt weniger auf verändernde Biologie denn auf Wettbewerbseffekte. "Novartis und Bristol-Myers werden beginnen, in den Wettbewerb zu treten. Gerade sind Imatinib und Dasatinib relativ ähnlich bepreist, aber wenn ein drittes Medikament auf den Markt kommt, werden alle diese Unternehmen sehen, wo ihr Platz ist und wie auch Ärzte den Kostenfaktor einbeziehen werden". Auch wenn dies optimistisch erscheine, gebe es Beispiele bei anderen Erkrankungen. Auch werden die Forscher besser darin, Patientengruppen für bestimmte Wirkstoffe zu selektieren, wodurch die Studien kleiner und günstiger würden. "Ich mache mir keine so großen Sorgen über Medikamentenpreise", so Druker. "Wir sind gerade in einer Äre, wo die Preise haarsträubend sind, aber ich glaube, dies ist ein vorübergehendes Problem."

Ähnliches ist bei HIV-Medikamenten passiert. Dort sind Preise mit der Einführung von hochaktiven anti-retroviralen Therapien, mit der Veränderunbg von akuter zu chronischer Therapie, und der Verfügbarkeit verschiedener Medikamente, gesunken. Sie sind noch nicht günstig, aber die Gesellschaft ist wohl im Konsens, dass sie bezahlbar sind.

Die Kostenfrage wird jedoch nur relevant, wenn die Kombinationstherapie sich als der richtige Weg herausstellt, und diese Frage kann nur durch die kommenden klinischen Studien beantwortet werden.

Quelle: With Targeted Drugs, Chronic Myelogenous Leukemia Therapy May Follow HIV’s Model. JNCI Vol. 99, Issue 3, 7. Februar 2007

Übersetzung durch Jan, ohne Gewähr auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Diesmal war es richtig viel Arbeit!
Der Erfolg der Imatinib-Therapie bei CML hat auch neue Herausforderungen mit sich gebracht, darunter die Optimierung der Krankheitsüberwachung, die Resistenzentwicklung und der Einsatz neuer, stärkerer Medikamente. Daher gibt es auch einen Bedarf, neue Behandlungsstandards für die CML zu entwickeln. Um die aktuellen Behandlungsstrategien von Hämatologen und Onkologen zu untersuchen, wurde eine Internet-Befragung bei 956 Ärzten mit 26 Multiple-Choice-Fragen durchgeführt. Die Befragungsergebnisse legten nahe, dass die aktuelle Praxis in einigen Bereichen der CML-Therapie nicht mit den aktuellen Therapieempfehlungen übereinstimmt.

Zwischen November 2005 und Januar 2006 wurden 956 Ärzte, davon 727 aus den USA und 229 aus Europa, befragt. 60% der amerikanischen Kollegen waren niedergelassene Ärzte, während die Europäer meist Wissenschaftler (44%) oder Klinikärzte (40%) waren. Die Antworten der Ärzte waren größtenteils entsprechend der aktuellen Therapieleitlinien, auch wenn Unterschiede identifiziert wurden. Irritationen existierten bei den Befragten zum optimalen Timing von Therapieentscheidungen, da ein merklicher Anteil der Ärzte sich auf einen einzelnen Untersuchungszeitpunkt konzentrierte, während die aktuelle Empfehlung ein regelmäßiges Monitoring der Patienten beinhaltet. Einige der Befragten waren nicht über molekulare Messmethoden informiert, wußten nicht über den erforderlichen Zeitpunkt von BCR-ABL-Mutationsanalysen sowie deren Einfluß auf Therapieentscheidungen Bescheid, und kannten nicht den potentiellen Vorteil neuer Tyrosinkinase-Inhibitoren.

Die Autoren schließen, dass die Befragungsergebnisse nahelegen, dass die Praktiken in einigen Bereichen der CML-Therapie nicht mit den aktuellen Empfehlungen übereinstimmen. Die identifizierten Bereiche sollten in zukünftigen Weiterbildungsmassnahmen für die CML-Gemeinschaft besonders berücksichtigt werden.

Quelle: Cancer. 2007 vom 26. Februar 2007: "Diagnosis and management of chronic myeloid leukemia: a survey of American and European practice patterns.", Kantarjian HM, Cortes J, Guilhot F, Hochhaus A, Baccarani M, Lokey L. Übersetzung durch Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit.

Weiterführende Artikel: Expertenpanel veröffentlicht CML-Therapieleitfaden, Leukämie-Online 20.05.2006
Erstmals können Mediziner einen Krebstumor allein mit einer Tablette behandeln: "In einer fünfjährigen Studie konnten wir erstmals nachweisen, dass das Medikament Imatinib die chronisch myeloische Leukämie (CML) der Betroffenen außer Gefecht setzte.", erklärt Professor Dr. Dietger Niederwieser von der Universität Leipzig. "Die Leukämie ist zwar nicht weg, sie ist aber neutralisiert", so Niederwieser. Eine große Zahl der über fünf Jahre beobachteten Patienten wurde in der von Niederweiser geleiteten Abteilung für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Leipzig behandelt. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich im renommierten "New England Journal of Medicine" veröffentlicht.

CML-Patienten weisen das so genannte Philadelphia-Chromosom auf, ein verkürztes Chromosom 22, das durch Austausch von Teilen der Chromosomen 9 und 22 entsteht. Dabei wird die Tyrosinkinase ABL mit einem Fragment des BCR-Gens verschmolzen. Die mutierten Zellen produzieren BCR-ABL, eine Tyrosinkinase, die im Vergleich zum ABL viel aktiver ist. Ergebnis ist die unkontrollierte Vermehrung von weißen, aber auch von roten Blutkörperchen und Blutplättchen, was bei der Entstehung der CML von Belang ist. Mit Imatinib ist es nun möglich, die gestörte Tyrosinkinase zu hemmen. Ergebnis: Das Blutbild der Patienten normalisiert sich. "Damit ist erstmals eine molekulare Therapie in der Medizin zur Anwendung gekommen", so Niederwieser.

Im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden, namentlich der Chemotherapie, aber auch der Behandlung mit Interferon Alpha, hat die Gabe von Imatinib den Vorteil, dass die Patienten über keine oder höchstens ganz geringe Nebenwirkungen klagen. Zudem ist ihre Zahl sehr klein: "Nach vier Jahren berichtete nur ein Prozent der Patienten überhaupt von Nebenwirkungen", so Niederwieser. Die Studie zeigte, dass bösartige Erkrankungen wie CML mit Imatinib zwar nicht geheilt werden können, aber ohne die mit schweren Nebenwirkungen verbundene Chemotherapie in ein chronisches Stadium umgewandelt werden.

Einzige Alternative für die CML-Patienten, die sogar Heilung verspricht, wäre eine Stammzelltransplantation. Allerdings, so gibt Niederwieser zu bedenken, ist diese mit einem höheren Risiko verbunden. Die Erfolgsquote von Imatinib ist durchaus ansehnlich: Nach einem Jahr wurde bei 69 Prozent der Patienten eine vollständige zytogenetische Remission beobachtet, nach fünf Jahren sogar bei 87 Prozent. Bei Patienten, die zuvor nicht mit anderen Mitteln wie etwa Interferon Alpha behandelt worden waren, sondern die Imatinib als Initialtherapie verabreicht bekamen, lag die Überlebensrate bei 89 Prozent.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Dietger Niederwieser
Telefon: 0341 97-13050
E-Mail: 

Quelle: Innovations Report 23.03.2007
Sprechen Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML) nicht mehr auf den Tyrosinkinase- Hemmer Imatinib an, gelingt 9 von 10 Patienten mit Dasatinib noch ein komplettes hämatologisches Ansprechen. Das ist möglich, wenn die Therapie früh - in der chronischen Phase der Erkrankung - beginnt.

In der chronischen Phase der CML - meist mit exzessiver Vermehrung der Leukozyten - ist die Leukämie gut zu beeinflussen, weniger dagegen später, etwa in der akzelerierten Phase. Kommt es zur Resistenz gegen das Standard-CML-Therapeutikum Imatinib, lässt sich bei den meisten Patienten in dieser Krankheitsphase das Blutbild mit dem Tyrosinkinase-Hemmer Dasatinib (Sprycel) wieder normalisieren: Die Rate der kompletten hämatologischen Remission liegt dann bei über 90 Prozent, wie Professor Andreas Hochhaus bei einer Veranstaltung in Frankfurt am Main berichtet hat. Eine sekundäre Resistenz tritt bei etwa 13 Prozent der CML-Patienten auf.

Bei fast jedem zweiten Patienten mit Imatinib-Resistenz gelingt sogar eine komplette zytogenetische Remission. Das bedeutet: Das Philadelphia-Chromosom ist nicht mehr nachweisbar. Dieses Chromosom enthält den Bauplan für das Eiweißmolekül Bcr-Abl. Diese Tyrosinkinase treibt die zügellose Vermehrung der Zellen an. Fast 90 Prozent der CML-Patienten haben das Philadelphia-Chromosom - sie sind Ph-positiv.

Der Erfolg der Dasatinib-Therapie spiegelt sich auch im progressionsfreien Überleben wider: Die Rate liegt zehn Monate nach Beginn der Therapie bei 88 Prozent aller behandelten CML-Patienten. Das Ergebnis hat die START-Studie ergeben, die aus fünf Teilstudien besteht und an der fast 800 Patienten teilgenommen haben.

Ein Grund, warum sich mit Dasatinib eine Imatinib-Resistenz überwinden lässt, liegt darin, dass es nicht über das P-Glykoprotein in der Membran und die MDR-Pumpe (multidrug resistance) so massiv aus der Zelle wie der Enzymhemmer Imatinib geschleust wird. Wie der Wissenschaftler Dr. Francis Y. Lee aus Princeton in New Jersey bei der Veranstaltung von Bristol-Myers Squibb berichtete, tragen Imatinib-resistente Zellklone massenhaft solche MDR-Pumpen in ihren Zellmembranen.

Trotz der Erfolge mit Tyrosinkinase-Hemmern wie Imatinib und Dasatinib stützen sich Hämatologen bei CML-Patienten - wenn es um den Versuch der Heilung geht - weiterhin auf die konventionelle Chemotherapie: zum Beispiel mit Hydroxyharnstoff und Interferon-alpha, als Rückgrat der Behandlung. Gesichert ist die Möglichkeit der Heilung bisher nur nach einer Stammzelltransplantation.

Quelle: Ärztezeitung vom 30.04.2007