Chronische Myeloische Leukämie (CML)

Eine im Juli 2006 erschienene Studie in der medizinischen Fachzeitschrift "Nature Medicine" berichtete von 10 CML-Patienten, bei denen das Medikament Glivec (Imatinib) zu Herzversagen führte. Anschließende Veröffentlichungen in der Publikumspresse führen nun zur starker Verunsicherung bei Patienten und Angehörigen, obwohl die Daten nicht aussagekräftig genug waren. CML-Forscher weltweit widmeten sich daraufhin intensiv der Untersuchung dieser Nebenwirkungen. Ein Bericht vom MD Anderson im Fachmagazin bestätigt nun, dass Herzversagen nur sehr selten auftritt.

Bereits am 19. Oktober 2006 hat Novartis gemeinsam mit der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA ein Schreiben an Ärzte verschickt, das im Nachgang an den Nature Medicine Artikel die bisher bekannten klinischen Daten der IRIS-Studie erneut zusammenfasste. Die wichtigsten Aussagen in diesem Schreiben waren:

"Während Nebenwirkungen am Herzen selten auftreten, wurde von schwerwiegenden Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen gelegentlich berichtet. Wir glauben daher, dass alle Patienten mit bekannten Herzerkrankungen oder einem Risiko für Herzinfarkt sorgfältig beobachtet werden sollten, und jeder Patient mit Symptomen, auf die Herzversagen folgen kann, sollten untersucht und behandelt werden. (...) Die meisten Patienten, bei denen über Herzversagen berichtet wurde, hatten Zweiterkrankungen oder Risikofaktoren, darunter fortgeschrittenes Alter und Vorerkrankungen am Herzen. In einer Internationalen Studie mit 1106 Patienten (der IRIS-Studie) wurde schwerwiegende Herzinsuffizienz oder Herzrhytmusstörungen bei 0,7% der Gleevec-Patienten beobachtet, verglichen mit 0,9% der Patienten unter Interferon-AraC-Kombination."

Eine kürzlich erschienene Studie der Doktoren Ehab Atallah, Jean-Bernard Durand, Hagop M Kantarjian und Jorge Cortes vom MD Anderson Krebszentrum in Houston, Texas, untersuchte nochmals alle in der Studie berichteten schwerwiegenden Nebenwirkungen. Unter dem Titel "Herzversagen ist ein seltenes Ereignis bei Patienten unter Imatinib-Therapie" geben sie folgende Ergebnisse wieder: 

"Unter den 1276 in die Studie aufgenommenen Patienten zeigten 22 (1,8%) Symptome, die als systolische Herzerkrankung angesehen werden könnten. Das Durchschnittsalter war 70 Jahre (von 49 bis 83 Jahre), die durchschnittliche Therapiedauer mit Imatinib 162 Tage. Zum Zeitpunkt des Berichts der Symptome wurden acht Fälle (0,6%) als möglicherweise oder wahrscheinlich durch Imatinib bedingt angesehen. 18 Patienten hatten eine Vorbelastung mit Herzerkrankungen gezeigt: Herzinsuffizienz (CHF, 6 Patienten, 27%), Zuckerkrankheit (Diabetes Mellitus, 6 Patienten, 27%), Bluthochdruck (10 Patienten, 45%), Koronare Gefäßerkrankung (CAD, 8 Patienten, 36%), Herzrhythmusstörungen (3 Patienten, 14%) und Herzmuskelerkrankung (Kardiomyopathie, 1 Patient, 5%). 11 der 22 Patienten fuhren mit der Imatinib-Therapie unter Dosisanpassung und Behandlung der Herzerkrankung ohne weitere Komplikationen fort.

Imatinib-Therapie als kausaler Faktor von Herzerkrankungen ist selten und wird hauptsächlich bei älteren Patienten mit Vorerkrankungen des Herzens beobachtet. Patienten mit kardialen Vorerkrankungen sollten sorgfältig beobachtet und bei Auftreten von Herzversagen aggressiv mit üblicher Medikation wie beispielsweise Diuretika behandelt werden."

Quellen:

Diskussion im Forum:


Weitere Informationen:
Imatinib ist eine hocheffektive und dauerhafte Therapie für CML in früher chronischer Phase. In der akzelerierten Phase und Blastenkrise der Krankheit sowie bei Ph+ALL gibt es jedoch aufgrund von Mutationen hohe Resistenz- und Rückfallraten. Verschiedene Tyrosinkinase-Hemmer der zweiten Generation wurden oder werden entwickelt, um auch Imatinib-resistente CML behandeln zu können. Ein im Mai 2007 im Fachmagazin "Nature Reviews" erschienener Artikel von Prof. Hochhaus und Spezialisten des Dana-Farber-Instituts (USA) setzt sich intensiv mit den Resistenzmechanismen gegen Imatinib bei CML-Therapie und den neuen Medikamenten zu deren Überwindung auseinander. 


(Übersetzung und Zusammenfassung des Artikels in Auszügen durch Jan. Ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit)

Einige Patienten entwickeln eine Resistenz gegen das Medikament Imatinib. Einer der zentralen Mechanismen für die Resistenzbildung sind Punktmutationen des BCR-ABL-Enzyms, die die Bindung von Imatinib an BCR-ABL verhindern. Weiterhin gibt es auch BCR-ABL-unabhängige Mechanismen der Resistenzbildung. Die neuen Wirkstoffe der zweiten Generation zielen dabei einerseits auf die Integrität und Stabilität des BCR-ABL-Proteins selbst, als auch auf die Signalwege abseits von BCR-ABL, die ebenfalls für die Zellteilung erforderlich sind. Neue Medikamentenentwicklungsmethoden haben das gezielte Design von neuen Wirkstoffen vereinfacht, die speziell zum Zwecke der Überwindung von Imatinib-Resistenzen entworfen wurden. Erste Ergebnisse einiger dieser Wirkstoffe in klinischen Studien der Phasen I und II zeigen beeindruckende therapeutische Aktivität.

Entstehung von Resistenzen


Zur Entstehung von Resistenzen gibt es verschiedene Hypothesen. 

Vorbestehende Resistenzen: Imatinib-resistente Zellen könnten in einer niedrig bis nicht erkennbaren Menge (weniger als 1% der Tumorlast) schon vor Beginn der Imatinib-Therapie vorliegen. Erst durch den selektiven Druck von Imatinib können sich diese dann gegen die Imatinib-empfindlichen Zellen durchsetzen. 

Schlafende Stammzellen: Obwohl Imatinib sehr wirksam die Produktion leukämischer Blutzellen hemmt und hohe zytogenetische Ansprechraten erzeugt, kann es leukämische Stammzellen nicht komplett beseitigen. Kleine Populationen "schlafender" Stammzellen (quiescent stem cells) werden nicht von Imatinib erreicht und liegen auch noch bei Patienten in vollständiger Remission vor. Die Unempfindlichkeit dieser schlafenden Stammzellen gegen BCR-ABL-Hemmung durch Imatinib wird mit der Beobachtung in Zusammenhang gebracht, dass bei einigen Patienten in vollständiger Remission nach Absetzen des Medikaments ein Rückfall eintrat.

Durch BCR-ABL ausgelöste DNA-Schäden: Kürzlich vorgestellte Studien legen die Möglichkeit nahe, dass BCR-ABL direkt den Umfang von Schäden in der Erbsubstanz (der DNA) in leukämischen Zellen sowie wichtige Signalwege für die DNA-Reparatur beeinflußt. Diese Beobachtung führt zur Hypothese, dass die leukämischen Stammzellen immer mehr DNA-Schäden anhäufen, die sich in einigen Fällen als Imatinib-Resistenz und Krankheitsprogression auswirken können. Für die DNA-Schäden ist BCR-ABL-Kinaseaktivität erforderlich - daraus folgt, dass je effektiver ein Tyrosinkinase-Hemmer die Aktivität der Stammzellen hemmt und je schneller die Anzahl leukämischer Stammzellen reduziert wird, desto geringer sollte die Resistenz- und Progressionsgefahr ausfallen.

Neue Tyrosinkinase-Hemmer bei CML


Erkenntnisse über die Resistenzmechanismen haben die Entwicklung alternativer Therapien zur Überwindung der Resistenzen beschleunigt. Die folgenden Wirkstoffe befinden sich momentan in der Erprobung in klinischen Studien:

WirkstoffHerstellerTargetsVerabreichungEntwicklungs- Stadium
Nilotinib (AMN107, Tasigna) Novartis ABL, PDGFR, KIT, EPHB4 Oral Phase II Studie
Dasatinib (BMS-354825, Sprycel) Bristol-Myers Squibb ABL, PDFGT, KIT, FGR, FYN, HCK, LCK, LYN, SRC, YES, EPHB4 Oral Zugelassen
Bosutinib (SKI-606) Wyeth ABL, FGR, LYN, SRC Oral Phase II
INNO-406 (NS-187) Innovive ABL, LYN, PDFGR, KIT Oral Phase I
AZD0530 AstraZeneca Src-Family Kinasen Oral Phase II bei soliden Tumoren
MK-0457 (VX-680) Merck Aurora Kinasen, FLT3, JAK2, ABL (inkl. T315I) Intravenös Phase II
PHA-739358 Nerviano Aurora A, B, C Oral Phase II

Die neuen Inhibitoren werden in die Kategorien "selektive ABL-Hemmer", "Hemmer von ABL und SRC", "Aurora-Kinase-Hemmer" und "nicht-ATP-bezogene Hemmer von BCR-ABL" unterteilt.

Nilotinib: Nilotinib (Tasigna, AMN107) ähnelt der chemischen Struktur von Imatinib, ist aber gegenüber BCR-ABL etwa 30fach stärker und wirkt bei 32 der 33 bekannten Mutationen (nicht bei T315I), die Imatinib-Resistenz verursachen. Phase-II-Studien haben eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit gezeigt. Es wirkt gezielter (selektiver) als Imatinib, da es neben BCR-ABL hauptsächlich nur die Kinasen KIT und PDGFR hemmt. Die bei Imatinib sehr häufigen Flüssigkeitseinlagerungen (Ödeme) treten bei Nilotinib nur relativ selten auf.

Dasatinib: Die Familie der SRC-Kinasen steuert verschiedene Signalwege, die eine Rolle in Zellwachstum, Zelldifferenzierung und Zellüberleben spielen und die oft an Tumorwachstum, Metastasierung und Gefäßbildung beteiligt sind. Zur SRC-Familie zählen SRC, FYN, YES, HCK, LYN, FGR und BLK. Es wurde gezeigt, dass BCR-ABL auch SRC-Kinasen aktiviert. Eine Aktivierung der SRC-Kinasen könnte BCR-ABL-unabhängige Imatinib-Resistenz auslösen. Eine gleichzeitige Hemmung von BCR-ABL und SRC könnte daher Imatinib-Resistenzen überwinden. Dasatinib (BMS-354825, Sprycel) hemmt neben BCR-ABL auch die SRC-Familie (FGR, FYN, HCK, LCR, LYN und YES) sowie KIT und PDGFR. Es ist wirksam gegen alle Imatinib-Resistenzen außer T315I. Dies legt nahe, dass die Hemmung des SRC-Signalwegs nicht ausreicht, um die Vermehrung der Zellen mit T315I-Zellen zu stoppen. Nebenwirkungen von Dasatinib sind häufig Flüssigkeitseinlagerungen, auch in Form von Pleuraergüssen, pulmonary Ödemen und pericardial effusions. 

Bosutinib: Bosutinib (SKI-606) wurde als Hemmer von SRC-Kinasen entwickelt, hemmt aber auch BCR-ABL. Anders als Dasatinib hemmt es aber nicht KIT und PDGFR. In Laborstudien hat es Aktivität gegen alle bekannten Imatinib-Resistenzen außer T315I gezeigt. In einer klinischen Studie gab es erste Beobachtungen von Wirksamkeit bei gut verträglichen Dosen.

INNO-406: INNO-406 (NS-187) hemmt neben BCR-ABL auch LYN, PDGFR und KIT, und ist chemisch von ähnlicher Struktur wie Imatinib und Nilotinib. Es hemmt mehrere Mutationen außer T315I, und da es nur LYN, nicht aber die ganze SRC-Familie hemmt, könnte es naheliegen, dass es weniger Nebenwirkungen als die breiteren SRC-Hemmer haben könnte. Klinische Daten hierzu wurden aber noch nicht berichtet.

MK-0457: Aurora-Kinasen spielen eine Rolle im Zellteilungsprozess. MK-0457 (VX-680) ist ein Hemmer aller drei Aurora-Kinasen sowie von FLT3, ABL und JAK2. MK-0457 scheint Imatinib-resistente Zellen T315I-Mutation zu hemmen und wird intravenös verabreicht. Eine Phase-II-Studie überprüft die Wirksamkeit bei CML- und Ph+ALL-Patienten mit dieser Mutation sowie bei Resistenzen gegen die BCR-ABL-Hemmer der zweiten Generation.

PHA-739358: Der oral einzunehmende Wirkstoff PHA-739358 hemmt die drei Aurora-Kinasen A, B und C. Nach einer erfolgreichen Phase-I-Studie wird der Wirkstoff momentan in Phase II bei CML-Patienten mit Rückfall nach Imatinib-Therapie geprüft.

Die Zukunft der CML-Therapie


Trotzdem bleibt die Resistenzbildung weiterhin eine Herausforderung. Auch wenn Fortschritte bzgl der Entwicklung eines BCR-ABL-Hemmers gemacht werden, der das volle Spektrum von Imatinib-resistenten Mutanten (inkl T315I) abdeckt, existiert das Potential neuer resistenten Punktmutationen. Diese Voraussage begründet die weitere Entwicklung von noch potenteren BCR-ABL-Hemmern sowie die dauerhafte Anwendung von mehr als einem BCR-ABL-Hemmer in Kombination. Es legt auch die Anwendung von spezifischen Signalübertragungshemmern in Kombination mit BCR-ABL-Hemmern nahe, um eine hochwirksame Therapie mit geringem Resistenzpotential zu erreichen.


Quelle: Second generation inhibitors of BCRABL for the treatment of imatinib resistant chronic myeloid leukaemia: Ellen Weisberg, Paul W. Manley, Sandra W. Cowan-Jacob, Andreas Hochhaus, James D. Griffin. Nature Reviews Cancer, Ausgabe 7 von Mai 2007, Seite 345ff. Übersetzung und Zusammenfassung durch Jan in Auszügen. Ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.


Weiterführende Informationen:
Im Frühjahr 2005 begannen weltweit unter dem Namen "START" mehrere Studien mit dem neuen Wirkstoff Dasatinib (BMS-354825, Sprycel) bei CML in allen Phasen sowie Ph+ALL bei Vorliegen von Imatinib-Resistenz und -Unverträglichkeit. Auf hämatologischen Konferenzen wie ASH wurden die Ergebnisse der Studien vorgestellt, die eine hohe Wirksamkeit unter Überwindung der meisten bekannten Resistenzen, aber auch eine Reihe von Nebenwirkungen aufzeigten. Die Studien waren ursprünglich für eine Dauer von zwei Jahren nach Aufnahme des letzten Patienten geplant und wären demnach im Sommer 2007 regulär beendet worden. Da aufgrund des Nebenwirkungsprofils die strukturierte Sammlung von Langzeitdaten sehr wichtig ist, plädierten weltweit Ärzte und Patientenorganisationen, darunter Leukämie-Online und die DLH, weltweit für eine Weiterführung der START-Studien. Anscheinend mit Erfolg.

In einem offenen Brief wandten sich 16 Patientengruppen aus Nordamerika, Europa, Südamerika, Asien und dem Mittleren Osten im Mai an den Hersteller Bristol-Myers Squibb und baten dringend darum, die START-Studien mit Dasatinib fortzuführen. Sie gaben an, dass die Beendigung der Betreuung der heute in den START-Studien befindlichen Patienten kritisch für die Sammlung von klinischen Langzeitdaten zu Nebenwirkungen, Toxizität, Verträglichkeit und Dosierung seien.

Sammlung von Langzeitdaten wichtig für Erkenntnisse über Sicherheitsprofil und Wirksamkeit


In den START-Studien werden mehrere hundert Patienten seit mehr als zwei Jahren beobachtet und erlauben daher Schlüsse über die mittel- bis langfristige Wirksamkeit und das Nebenwirkungsprofil. Diese Sammlung von klinischen Daten ist nur möglich, wenn dieselbe Patientengruppe über einen Zeitraum von mehreren Jahren beobachtet wird. 

Die Bedeutung solcher Daten wurde offensichtlich, als das "Nature"-Fachmagazin im Oktober 2006 berichtete, dass 10 Patienten unter Imatinib unter Herzproblemen litten. Die nachfolgenden Presseberichte erzeugten weltweit Verunsicherung und Besorgnis bei CML-Patienten, dass ihre Krebstherapie das Herz schädigen könnte. Wegen der Langzeitbeobachtung von Imatinib im Rahmen der IRIS-Studie war es retrospektiv möglich, die über fünf Jahre gesammelten klinischen Daten der 1106 Teilnehmer der Studie zu untersuchen. Diese Daten zeigten, dass nur 0.7% der IRIS-Teilnehmer durch Imatinib vermutlich ausgelöste Symptome von Herzerkrankungen zeigten. Ohne diese Langzeitdaten wäre es schwierig gewesen, die Schlussfolgerungen des Artikels in "Nature" zu widerlegen. Bedenken bezüglich anderer klinisch signifikanter Nebenwirkungen wie Hypophosphatamie oder Hypokalzämie konnten auch aufgrund der Verfügbarkeit dieser Informationen relativiert werden. 

Auch weiterhin sind noch viele Erkenntnisse über die Langzeitwirkungen der neuen Therapien erforderlich, unter anderem auch das mögliche Auftreten von Zweiterkrankungen. Die kontinuierliche Sammlung von Daten im Rahmen von Studien macht Krebstherapien insgesamt sicherer und wirksamer.

Einstellung der START-Studien könnte für manche Studienteilnehmer kritisch sein


Die Beendigung der START-Studien hätte zudem für Patienten in manchen Ländern ein Problem darstellen können. Auch die Teilnehmer der Studie wären dann darauf angewiesen, das Medikament von der Krankenkasse erstattet zu bekommen. Während dies in Deutschland nach der Zulassung durch die Zulassungsbehörden anscheinend kein Problem ist, weigern sich in z.B. England verschiedene lokale Behörden bezüglich der Kostenerstattung von Dasatinib. Die begründete Befürchtung der Patientengruppen war daher, dass manche Teilnehmer der START-Studien, die nach Studienende auf die Kassenerstattung angewiesen wären, unter enormen finanziellen Druck geraten würden, und unter Umständen Schwierigkeiten mit der Fortführung ihrer bisher lebensrettenden Therapie bekämen.

Ende der START-Studien war bereits angekündigt, wurde aber revidiert


Das Ende der START-Studien im Sommer 2007 war bereits im April von Bristol-Myers Squibb an die durchführenden Kliniken kommuniziert worden. Interventionen der Ärzte und von 16 CML-Patientenorganisationen haben aber wohl dazu geführt, dass die Entscheidung der Beendigung von START revidiert wurde. 

In einem Antwortschreiben vom 30. Mai 2007 an die Patientengruppen schreibt die Leitung der Sprycel-Entwicklung von Bristol-Myers Squibb, dass für Patienten, die heute an den START-Studien teilnehmen, nun ein "Erweiterungsprotokoll" etabliert werde, das weiterhin die Sammlung von Langzeitdaten zu Dasatinib sowie den unterbrechungsfreien Zugang zum Medikament über den Zweijahreszeitraum hinaus sicherstellen wird. Die Studienzentren seien darüber nun informiert worden. 

Das neue Erweiterungsprotokoll betreffe folgende Studien:
  • START-A (CA180-005) accelerated phase CML after imatinib failure
  • START-B (CA180-006) myeloid blast crisis CML after imatinib failure
  • START-C (CA180-013) chronic phase CML after imatinib failure
  • START-L (CA180-015) lymphoid blast crisis CML and Ph+ ALL after imatinib failure
  • START-R (CA180-017) randomized of Sprycel vs escalated dose of imatinib in chronic phase CML patients and Ph+ ALL

Die Verlängerung der START-Studien durch das angekündigte Protokoll wurde von den involvierten Patientenorganisationen weltweit mit großer Erleichterung aufgenommen, da die strukturierten Sammlung und Veröffentlichung von Langzeitdaten der neuen CML-Therapien für die Therapiewahl und Therapiesicherheit für Patienten unter Umständen lebenswichtig sein kann. Sie macht neue Krebstherapien sicherer und wirksamer.

Zudem hat die Initiative dazu geführt, dass weltweit CML-Patientengruppen enger zusammengerückt sind und ihren Informationsaustausch weiter intensivieren. Es waren folgende Organisationen beteiligt:
  • Leukämie-Online e.V., Deutschland
  • DLH Deutsche Leukämie- und Lymphomhilfe, Deutschland
  • CML Support UK, Grossbritannien
  • Leukaemia CARE, Tony Gavin, Grossbritannien
  • Israeli CML patients support and info organization, Israel
  • CML ZERO CLUB, Zavie Miller, Kanada
  • ASAPHE Asociación de Ayuda a Pacientes Hemato-Oncológicos, Venezuela
  • Diagnoza CML, Tschechische Republik
  • CML Society, Kanada
  • SFK Stiftung zur Förderung der Knochenmarktransplantation, Schweiz
  • HULL Hrvatska udruga leukemija i limfomi, Kroatien
  • CML és GIST Betegek Egyesülete, Ungarn
  • Asian CML Support Group, Singapur
  • Stichting Contactgroep Leukemie, Niederlande
  • Stowarzyszenie PBS, Polen
  • Associação Portuguesa contra a Leucemia, Portugal


Weiterführende Informationen und Resultate der START-Studien:
Bisher ist Imatinib (Glivec) der Goldstandard für die Behandlung von CML in chronischer Phase nach Diagnosestellung. Eine in Kürze startende klinische Studie der Phase III soll nun die Wirksamkeit und Sicherheit der Imatinib-Standarddosis mit Nilotinib (Tasigna) in zwei verschiedenen Dosierungen als Erstlinientherapie, d.h. ohne Vorbehandlung der CML und ohne Vorliegen einer Imatinib-Resistenz, vergleichen.

In der neuen Phase-III-Studie, die in mehreren Zentren weltweit durchgeführt werden soll, wird die Wirksamkeit in den drei Therapiearmen bei Ph-positiver CML in chronischer Phase verglichen. Die Studie ist randomisiert, d.h. die Patienten werden per Zufallsverfahren auf die drei Studienarme verteilt. Ziel der Studie ist, den Grad des zytogenetischen und molekularen Ansprechens nach 12 Monaten Therapie zu bewerten.

An der Studie sollen 771 Patienten teilnehmen. Teilnehmen dürfen erwachsene Patienten, die ihre Diagnose nicht mehr als 6 Monate vor Studieneintritt erhielten, mit Ausnahme von Hydroxyurea (Litalir) oder maximal 2 Wochen Imatinib nicht vorbehandelt wurden und die keine Herzvorerkrankungen haben.

Quelle: ClinicalTrials.gov, Studien-ID NCT00471497

Weiterführende Informationen:
Dasatinib hat sich als sicher und wirksam bei einer Dosierung von 2x70mg täglich bei CML-Patienten in chronischer Phase mit Imatinib-Resistenz oder -Unverträglichkeit herausgestellt. Gleichwohl wurden in Phase-I-Studien gute zytogenetische Antworten bei täglichen Gesamtdosen von 100mg und 140mg bei zweimal täglicher und täglicher Einnahme verzeichnet. Längerfristige Phase-I-Followup-Daten haben auch gezeigt, dass Pleuraergüsse bei bei einmal täglicher Einnahme seltener waren. Die Ergebnisse einer auf EHA 2007 vorgestellten Phase-III-Studie CA180034 ergaben, dass einmal 100mg/Tag die unter Nutzen-Risiko-Aspekten bevorzugte Dosierung für CML-Patienten in chronischer Phase ist.

Die randomisierte Phase-III-Studie CA180-034 mit CML-Patienten in chronischer Phase mit vorliegender Imatinib-Resistenz oder Unverträglichkeit verglich folgende Therapiearme:
  • 100mg täglich,
  • 50mg zweimal täglich,
  • 140mg täglich,
  • 70mg zweimal täglich.
Dosiseskalation auf 180mg/Tag oder 2x90mg/Tag sowie Dosisreduktion auf 80mg/Tag oder 2x40mg/Tag wurden bei unangemessenem Ansprechen oder Nebenwirkungen erlaubt.

662 Patienten dieser Studie nahmen im Zeitraum von Juli 2005 bis März 2006 für durchschnittlich 8 Monate teil. Die hämatologischen und zytogenetischen Ansprechraten, die Beständigkeit der Remissionen und das progressionsfreies Überleben waren über alle Therapiearme ähnlich. Die Nebenwirkungen wie Pleuraergüsse und Thrombozytopenien waren bei der 100mg/Tag-Gruppe jedoch niedriger als beim 2x70mg-Arm, es gab weniger Therapieunterbrechungen und Dosisreduktionen.

Quelle: EHA2007-Abstract zu "DASATINIB DOSE AND SCHEDULE OPTIMIZATION IN CHRONIC-PHASE CML RESISTANT OR INTOLERANT TO IMATINIB: RESULTS FROM A RANDOMIZED PHASE-III TRIAL (CA180034)". Hochhaus, Kim, Rousselot, Kantarjian, Charbonnier, Heim, Khoroshko, Bleickardt, Francis, Shah

Übersetzung/Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.