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Chronische Lymphatische Leukämie (CLL)

Bei Patienten mit chronisch-lymphatischer Leukämie vom B-Zell-Typ (B-CLL) unterscheidet sich der Krankheitsverlauf oft erheblich. Für den behandelnden Arzt ist die Verlaufsprognose ein wichtiges Kriterium für die Therapieentscheidung. Typische genetische Veränderungen in den Tumorzellen geben Hinweise auf die Prognose. Ist bei Patienten mit einer chronisch lymphatischen B-Zell-Leukämie (B-CLL) eine Chemotherapie ausreichend oder ist eine Stammzelltransplantation nötig? Bei der richtigen Entscheidung kann ein neuer Biochip helfen, der Chromosomendefekte analysiert.

Das Forscherteam um Dr. Carsten Schwänen und Prof. Peter Lichter beschreibt in der kürzlich erschienenen Ausgabe der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA" (PNAS), wie sich typische Fehler im Erbgut von Leukämiezellen mit Hilfe des Chip-Werkzeugs identifizieren lassen. Leukämien - wie auch andere bösartige Tumoren - weisen häufig typische Veränderungen des Genoms auf. Chromosomenbruchstücke gehen verloren oder werden vervielfältigt. Mehrere typische Gendefekte der B-CLL-Krebszellen sind bereits bekannt. Die Gruppe von Prof. Hartmut Döhner, Universität Ulm, hatte bereits gezeigt, dass Verluste von Erbsubstanz in den Chromosomen 11 und 17 mit einer schlechten Prognose einhergehen. Auf der Basis dieser Kenntnisse entwickelten Carsten Schwänen und Kollegen einen Chip, der den Vergleich des Erbguts, der DNS, von Leukämiezellen mit dem von gesunden Zellen in großem Maßstab ermöglicht. Bei diesem Matrix-CGH genannten Verfahren lassen sich in einem einzigen Testdurchgang gleichzeitig mehrere tausend verschiedenen DNS-Verluste oder -Zugewinne im Genom einer Tumorzelle identifizieren. Das besondere daran: Das Testsystem ist sehr empfindlich für die typischen Chromosomenveränderungen und weist diese mit großer Zuverlässigkeit nach. Zugleich lässt sich die Analyse rasch und ohne großen Aufwand durchführen - ideale Voraussetzungen für den klinischen Einsatz.

Die Aussagekraft des neu entwickelten Chips überprüften die Wissenschaftler mit Hilfe einer verwandten, aber aufwändigeren Methode, der Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung (FISH), mit der sich Chromosomenveränderungen in der intakten Zelle nachweisen lassen. Die Ergebnisse sprechen für sich: Die Erbgutverluste bzw. -zugewinne stimmten zu 100 Prozent bei beiden Analysemethoden überein. Und noch einen Erfolg konnten die Genomforscher verbuchen: Sie entdeckten zwei weitere Erbgutveränderungen, die typisch für eine B-CLL zu sein scheinen: eine Vervielfältigung des Krebsgens MYCN und eine Verdreifachung des Chromosoms 19. Letztere ist offenbar mit einem günstigeren Krankheitsverlauf verbunden.

Die große Zuverlässigkeit bei der Charakterisierung von Leukämiezellen und die unkomplizierte Handhabung machen den Chip zu einer aussichtsreichen Entscheidungshilfe für die Therapieplanung. Den praktischen Eignungstest muss der Chip noch bestehen: Er soll in klinischen Studien zum Einsatz kommen, in denen überprüft wird, ob ein Patient bei einer B-CLL mit einer bestimmten Chromosomenveränderung mit einer milderen Chemotherapie auskommt oder ob alternativ eine Stammzelltransplantation in Erwägung zu ziehen ist, die zwar höhere Heilungschancen, aber auch bedeutend höhere Risiken birgt.

Quellen:
Ein folgende Bericht von Andrew Schorr des Health Talk Education Networks gibt neue Erkenntnisse eines Treffens von Mitgliedern des Chronic Lymphocytic Leukemia Research Consortium, der wichtigsten U.S.-amerikanischen CLL-Forschungsgruppe, wieder. Das Treffen fand im April 2004 in Bethesda, Maryland statt.

Moderator des Gesprächs:
Andrew Schorr (CLL-Patient)

Gäste:
Dr. Dennis Carson, Dr. Michael Grever, Dr. John Gribben, Dr. Neil Kay, Dr. Michael Keating, Dr. Tom Kipps und Dr. Kanti Ray

Dieser Text wurde bei Health Talk´s CLL Education Network (www.healthtalk.com) am 28.05.2004 im Internet in englischer Sprache veröffentlicht. Für Informationen und Quelle der Übersetzung siehe Ende des Texts. Schräggestellte Texte sind Anmerkungen des Übersetzers.


Nur eine oder verschiedene Krankheiten: Was der FISH-Test aufzeigen kann

Andrew:
Die Wissenschaftler, die sich mit der Chronisch Lymphatischen Leukämie auseinandersetzen, sind sich heute sicher, dass es sich dabei nicht um eine, sondern um mehrere verschiedene Krankheiten handelt. Sie sind davon überzeugt, dass ihr wachsendes Verständnis zu verbesserten Behandlungsstrategien und so auch für viele Patienten zu einem längeren, beschwerdefreieren Leben führen wird.

Dies ist ein Bericht von Andrew Schorr von Health Talk Education Network über ein Treffen von Mitgliedern des Chronic Lymphocytic Leukemia Research Consortium, der wichtigsten U.S.-amerikanischen CLL-Forschungsgruppe. Das Treffen fand im April 2004 in Bethesda, Maryland statt.

Einige Themen des Kongresses:

  • Neu entwickelte Chromosomen-Tests (FISH-Tests) von Blutproben zeigen auf, dass die CLL-Zellen nicht bei allen CLL-Patienten die gleichen chromosonalen Strukturen aufweisen. Es ist zu vermuten, dass einige der Unterschiede auf eine schlechtere Prognose hindeuten und dass damit bei diesen Patienten eine Therapie zu einem früheren Zeitpunkt von Vorteil ist.
  • Die Erfolge der RFC-Therapie (Rituximab/Fludarabin/Cyclophosphamid) haben vermutlich den Verlauf der Erkrankung bei einigen Patienten verändert. Es besteht die Frage, ob (allogene Mini-)Transplantationen als primäre Strategie für jüngere Patienten von Vorteil sind.
  • Grüner Tee hat scheinbar eine größere Wirksamkeit in der Behandlung von CLL-Patienten. Weiter Studien sind erforderlich, um diese Wirksamkeit zu überprüfen.
  • Eine künftig noch bessere Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern, die sich mit der CLL auseinandersetzen verspricht noch schnellere Erfolge bei der Behandlung dieser Erkrankung.



Details des Kongresses:

Im April 2004 haben sich mehr als 120 Ärzte, Forscher und Statistiker in einem Hotel in der Nähe von Washington D.C. getroffen, um zukünftige Strategien zur Bekämpfung der CLL zu entwickeln. Ein Beobachter konnte Dinge vernehmen, die klangen, als ob Offiziere Satellitenfotos von feindlichen Truppenbewegungen auswerten würden und Einsatzpläne für ihre Soldaten entwickelten. Die Bekämpfung der Krankheit scheint in der Tat mit moderner Kriegsführung vergleichbar geworden zu sein.

Neue, hoch entwickelte Bluttests zeigen Variationen auf. Anscheinend handelt es sich um sechs verschiedene Erkrankungen. Sind verschiedene Gene mutiert? Sind bestimmte Chromosomen zerstört? Und beinhalten die CLL-Zellen eines bestimmten Patienten mehr oder weniger eines Proteines, das ZAP-70 (Zeta-chain-associated protein kinase) genannt wird?

Dr. John Gribben:
Eine Zeitlang dachten wir, es würde sich lediglich um zwei verschiedene Erkrankungen handeln, die sich durch ihren Genmutationsstatus unterschieden. Wenn man den unterschiedlichen Anteil an ZAP-70 dazuzählt und weiterhin die zytogenetischen Veränderungen, die sich durch FISH (fluorescence in situ hybridization test) nachweisen lassen, kommt man auf mindestens weitere sechs verschieden Krankheiten.

Andrew:
Dr. Gribben ist Professor an der Harvard Medical School und am Dana Farber Cancer Institute in Boston. Er empfindet die Anwendung des FISH-Tests und anderer neuer Diagnosemöglichkeiten in seiner Arbeit ähnlich wie das Abschälen einer Zwiebel, bei der man immer mehr Schichten findet, je tiefer man geht. Eine spannende Arbeit, die aber Unmengen von Fragen aufwirft, hinter denen sich noch mehr Antworten verbergen.

Dr. Gribben:
Warum hat diese Krankheit so unterschiedliche Erscheinungsformen? Was bedeutet das? Welche dieser Faktoren ändern sich im Verlauf der Erkrankung und welche bleiben stabil? Ändert sich etwas an der Erscheinungsform der Krankheit, wenn sich einer dieser Faktoren verändert? Das sind Fragen, die wir momentan noch nicht beantworten können, da sie sich aus brandneuen Erkenntnissen heraus erst stellen.

Natürlich ist es für Patienten sehr frustrierend, wenn es zu bestimmten Dingen noch keine wissenschaftlichen Studien gibt, die zur Grundlage wären. In letzter Zeit haben die Experten aber einfach herausgefunden, dass bestimmte Aspekte der Erkrankung wesentlich komplexer sind als bisher angenommen.

Andrew:
Lassen sie uns einen Moment zurückblicken. Während einerseits Forscher mit den Mitteln der Molekularbiologie hoffen, Möglichkeiten einer Heilung zu finden, werden andererseits jetzt schon immer wirkungsvollere Therapien entwickelt. Dazu Dr. Michael Keating vom M.D. Anderson Cancer Center in Houston.

Dr. Keating:
Schon momentan gelten einige Patienten als geheilt und hierbei ist nicht mehr der Wunsch der Vater des Gedankens. Bei den meisten anderen Krebserkrankungen gehen wir heute davon aus, dass ein hoher Grad an kompletten Remissionen bei einer Therapie darauf hindeutet, dass ein Teil dieser Patienten definitiv auch geheilt ist. Es gibt CLL-Patienten, die mit Fludarabin als Monotherapie behandelt worden sind, und die seit 14, 16 Jahren keinen Rückfall hatten. Trotzdem sind bei diesen Patienten noch Spuren der Erkrankung zu finden. Nach unseren gegenwärtigen Behandlungsformen wie RFC oder RF (Rituximab/Fludarabin) sind bei vielen der behandelten Patienten seit vier Jahren keine Spuren der Krankheit mehr festzustellen. Ich gehe also davon aus, dass es darunter Patienten gibt, die niemals mehr einen Rückfall haben werden und die sich somit einer normalen Lebenserwartung erfreuen können.

Andrew:
Ein Ergebnis so erfolgreicher Chemo/Antikörper-Therapien ist sicher, dass die Anwendung autologer Transplantationen bei CLL-Patienten an Bedeutung verliert. Bei dieser Behandlungsart werden eigene Zellen gesammelt, im Labor gereinigt und dann dem Patienten zurückgegeben. Jetzt sieht sogar Dr. Gribben, der einst Wegbereiter für Transplantationen bei CLL-Patienten war, diese Behandlungen als zweitrangig gegenüber Kombinationstherapien an. Allogene Transplantationen allerdings, bei denen die Zellen von einem Fremdspender kommen, dürften dann hilfreich sein, wenn bei einem Patienten die anderen Therapien keine Wirkung mehr zeigen. (Wie anfangs erwähnt, steht zumindest im deutschsprachigen Raum diese Behandlungsform derzeit stark in der Diskussion, auch als Primärtherapie für Patienten mit einer schlechten Prognose)


Fortschritt, aber keine Wunderheilungen - bis jetzt

Andrew:
Dr. Keating hat das Wort "Heilung" benutzt. Nicht jeder ist momentan schon bereit, dieses Wort im Zusammenhang mit CLL zu verwenden. Trotzdem sieht Dr. Kanti Rai vom Long Island Jewish Medical Center in New York, einer der berühmtesten Forscher auf dem Gebiet der CLL Fortschritte in den Behandlungsmethoden.

Dr. Rai:
Ohne übertreiben zu wollen, bin ich der Meinung, das wir inzwischen ziemlich weit gekommen sind. Leider sind wir aber noch nicht weit genug, um den Patienten mitteilen zu können, dass wir eine so großartige Entdeckung gemacht hätten, dass die Möglichkeit eine Heilung kurz bevorstehe. Bis vor ungefähr zehn Jahren wurden unsere Behandlungsstrategien im Wesentlichen so entwickelt, dass wir uns an die Erfahrungen anlehnten, die in der Behandlungen von anderen Erkrankungen gemacht worden waren. Wir dachten, dass sich die dort verwendeten Medikamente bei der Behandlung der CLL als genauso wirksam herausstellen würden. Wir probieren diese Mittel aus und manche wirkten, andere wirkten nicht. Die, die nicht wirkten, ließen wir fallen. Diejenigen, die Wirkung zeigten, probierten wir in verschiedenen Dosen und in verschiedenen Kombinationen aus. Aber es funktionierte alles nach dem Prinzip "Versuch und Irrtum", durchgeführt von engagierten und erfahrenen Ärzten.

Heute stellt sich die Situation vollständig anders da. Wir können die Möglichkeiten der Molekularbiologie und andere Techniken verwenden, um Abnormalitäten von CLL-Zellen eines Patienten herauszufinden und dadurch zielgerichtet therapieren. Beispielsweise zerstört der Antikörper Campath CD-52-positive Lymphozyten. CD-52 haben aber alle Lymphozyten. Leider kann das Mittel also nicht zwischen normalen und leukämischen Lymphozyten unterscheiden. Ähnlich zielt Rituximab auf CD-20 und CD-20 haben alle B-Zellen. Der Vorteil ist also für Patienten mit B-CLL, dass von diesem Mittel im Gegensatz von Campath die T-Zellen nicht angegriffen werden. Nachteil ist, dass Rituximab nicht zwischen kranken und gesunden B-Zellen, die beide CD-20 auf ihrer Oberfläche haben, unterscheiden kann. Jetzt werden neue Medikamente gesucht, die noch zielgerichteter wirken, aber ich kann leider nicht behaupten, dass wir schon eines entwickelt hätten.

Andrew:
Was kann also der CLL-Patient zur Zeit tun? Keine klaren Konzepte, kein Bestandteil der CLL-Zellen wurde als eindeutiges Ziel für Antikörper identifiziert, um die Krankheit endgültig zu beseitigen, keine Wunderpille wie Glivec für CML (eine andere Form von chronischer Leukämie). Die CLL ist eine sehr komplexe Erkrankung.

Auf alle Fälle sollte man als Patient sicherstellen, dass direkt oder indirekt ein CLL-Spezialist (in der Regel von einer Universitätsklinik) hinzugezogen wird. Das gilt vom Zeitpunkt der Diagnosestellung an bis zum Erstellen eines Therapieplanes. Dr. Keating legt klar, warum.

Dr. Keating:
Eines der Dinge, die derzeit an Bedeutung gewinnen, ist es, die kleinste Anzahl an notwendigen Tests für die Diagnose zu finden, die aber möglichst eindeutige Informationen liefern. Wenn früher der Arzt zum Patienten sagte, dass er zwar an Leukämie erkrankt sei, aber an einer der harmloseren, konnte er dadurch meist nicht die Ängste des Patienten beseitigen. In einigen meiner besten Diagnosegespräche mit Patienten versuchte ich mich als Psychologe und sagte: "Zu 90% bin ich mir sicher, dass sich Ihr Zustand nicht verschlechtern wird, und wenn doch, dann stehen folgende großartigen Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung." Und dann sagte ich ihnen, dass in den letzten 15 bis 20 Jahren sich die durchschnittliche Lebenserwartung von CLL-Patienten verdoppelt hätte und dass keine Anzeichen darauf hindeuten würden, dass sich dieser Fortschritt verlangsamen würde.

Es ist also für Patienten wichtig, fundierte Informationen von einem Arzt zu bekommen, der viel mit CLL zu tun hat. Ein normaler Onkologe bei uns sieht pro Jahr vielleicht 5 bis zehn Fälle von CLL. Diese Ärzte wissen eine Menge über Krebsarten, die relativ häufig sind wie Lungen- und Brustkrebs, aber nur sehr wenige Ärzte sind ständig über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Änderungen auf dem Gebiet der CLL informiert. Und die erste medizinische Beratung nach der Diagnostellung sollte die informativste sein, damit man in der Lage ist, weitere Strategien bezogen auf die Krankheit zu planen.

Andrew:
Ob man nun als Patient vor einem CLL-Spezialisten oder vor einem niedergelassenen Onkologen sitzt, gibt es eine Untersuchungsmethode, die dazu dient, die individuelle CLL zu typisieren, und auf die man den Arzt aufmerksam machen sollte? Diese Typisierung kann schließlich dazu dienen, spezielle Angriffspunkte auf den CLL-Zellen zu indentifizieren. Die Antwort ist ja. Die Methode nennt sich FISH und Dr. Neil Kay verwendet sie routinemäßig an der Mayo Clinic in Minnesota.

Dr. Kay:
Es handelt sich um eine Blutuntersuchung und sie kann anhand jeder Blutprobe vorgenommen werden. Wir machen diesen Test bei den meisten Patienten hauptsächlich aus Gründen der Prognosestellung. Verschiedene damit feststellbare Chromosomendefekte lassen auf eine bessere oder schlechtere Prognose schließen. Patienten, die daran interessiert sind, liefert diese Untersuchung eine grundlegende Einschätzung ihrer eigenen Situation.

Andrew:
CLL-Spezialisten begründen auch einen früheren Therapiebeginn mit durch den FISH-Test nachgewiesenen risikobehafteten Chromosomenveränderungen. Anstelle von einer abwartenden Strategie (watch and wait) würden solche Patienten auf Grund der Ergebnisse des FISH-Tests bereits zu einem früheren Zeitpunkt behandelt werden und enger kontrolliert werden. Andere wiederum müßten vielleicht zu keinem Zeitpunkt therapiert werden.

Es ist wichtig zu wissen, dass nicht jedes FISH-Testverfahren gleich ist. Um wirklich bedeutsame Aussagen zur Planung einer CLL-Behandlung zu erhalten, ist es von Interesse, an welchem Labor die Probe untersucht wird.


ZAP-70, Grüner Tee, Klinische Studien

Andrew:
E gibt mehr Fragen als Antworten zur CLL - keine eindeutigen Aussagen zu diesem speziellen Patiententyp oder zu jenem. Beispielsweise wird seit vielen Monaten über die Bedeutung von ZAP-70 geforscht. Dr. Tom Kipps von der UC San Diego und Vorsitzender des CLL Research Consortium ist ein weiterer führender Wissenschaftler.

Dr. Kipps:
ZAP-70 ist ein Protein, das zuerst in T-Zellen gefunden worden ist. Es ist ein Stoff, der eine wichtige Rolle bei der Kommunikation der T-Zellen mit ihrer Umgebung spielt. T-Zellen haben einen Rezeptor und dessen Signale suchen ein Antigen oder etwas anderes, mit dem sie kommunizieren können. ZAP-70 befindet sich innerhalb der Zelle und ermöglicht es dem Rezeptor, mit den anderen Proteinen in der Zelle in Verbindung zu stehen. Es ist vergleichbar mit einer Telefonleitung - es liefert die Verbindung zwischen dem Rezeptor und dem Zellkern der T-Zelle. Dadurch werden Zellteilungen und anderes verursacht.

Es wurden Versuche gemacht, das Protein, das auf den Leukämiezellen sitzt, zu bewerten, das mit ZAP-70 kommuniziert, um herauszufinden, ob das ein bedeutungsvoller Anhaltspunkt sei. Gegebenfalls müßte der Patient nach Diagnosestellung etwas enger beobachtet werden, als eine anderer Patient, bei dem weniger von diesem Protein feststellbar ist.

Andrew:
Egal, als wie hoch sich die Bedeutung von ZAP-70 letztendlich herausstellt, CLL-Patienten und Forscher haben einen Vorteil. CLL-Zellen befinden sich im Blut und sind demzufolge, ganz im Gegensatz zu den Zellen vieler solider Tumore leicht zu entnehmen und zu untersuchen. Das ist einer der Gründe, aus denen der Forscher Dr. Dennis Carson, Leiter der UC San Diego so positiv in die Zukunft blickt.

Dr. Carson:
Unsere Experimente zielen darauf, die grundlegende chemische Besonderheit der CLL-Zellen zu finden, die es ihnen ermöglichen, sich im Blut anzuhäufen und anschließend diesbezüglich eine oder mehrere Therapien zu entwickeln, so dass es uns ermöglicht wird, die kranken Zellen zu zerstören und die normalen Zellen zu schonen.

Da wir leichten Zugang zu diesen Zellen haben, und da wir so ausgezeichnete Mittel haben, um die DNA, RNA, Proteine und andere Stoffe innerhalb der Zellen zu untersuchen, hoffe ich, dass wir in Zukunft dieses Problem darstellen können.

Durch die Forschung der vergangenen fünf Jahre sind wir den fundamentalen Grundlagen der CLL sehr nahe gekommen. Inzwischen sind die kritischen Gebiete bekannt. Wir müssen noch einige Details herausarbeiten, aber wir sind sehr nahe daran, größere Zusammenhänge zu verstehen.

Andrew:
Also lassen wir einen FISH-Test machen und gehen zu einem CLL-Spezialisten, um uns beraten zu lassen. Was können wir sonst noch tun? Was hat es mit Grünem Tee auf sich? Nach einmal Dr. Kay von der Mayo Clinic.

Dr. Kay:
Unsere Beobachtungen zeigten, dass in unseren Tests Epigallocatechin, der Hauptbestandteil von Grünem Tee, in den richtigen Dosen verabreicht, 80% der CLL-Zellen tötete. Bei acht von zehn CLL-Patienten, die uns Blutproben schickten, stellten wir fest, dass wir ihre Zellen im Labor in der Petrischale, also außerhalb ihres Körpers abtöten konnten. Warum das so ist, dazu forschen wir gerade. Wir glauben, dass es wahrscheinlich mit dem anti-angiogenischen Effekt zusammenhängt. Wir wollen und werden zu diesem Thema zukünftig klinische Tests durchführen.

Andrew:
Dr. Kay plant also eine klinische Studie, die CLL-Patienten die Frage beantworten kann, ob das Trinken von Grünem Tee und wenn ja, in welcher Dosierung, ihren Krebs besiegen kann - und dies in einer Art und Weise zu tun, die sicher ist. Bis jetzt kann er leider darüber noch keine Aussage machen.

In einem Punkt stimmen alle Mitglieder des Konsortiums überein: Wenn neue Methoden entwickelt werden, um CLL-Zellen zu zerstören, sollten sich CLL-Patienten ernsthaft dafür entscheiden, an klinischen Studien teilzunehmen, in denen die Wirksamkeit dieser neuen Therapien geprüft wird. Auch Dr. Rai plädiert dafür.

Dr. Rai:
Ich empfehle den Patienten, die nach besseren Therapien Ausschau halten, dringend, an Studien teilzunehmen, in denen diese neuen Therapien überprüft werden. Sie wurden bei einer kleinen Anzahl von Patienten bereits getestet und ihre Verträglichkeit wurde in Tierversuchen geprüft, aber niemand weiß mit absoluter Sicherheit, ob sie tatsächlich so sicher und effektiv sind, wie wir es hoffen. Und bevor Patienten bereit sind, die Therapie auszuprobieren, glaube ich nicht, dass jemand diese Fragen beantworten kann. Wenn niemand bereit ist, es auszuprobieren, wird es keinen Fortschritt geben. Darüber sollten sich CLL-Patienten bewußt sein und, vorausgesetzt, sie vertrauen ihren Ärzten, sowohl bei der Erstbehandlung als auch bei weiteren Behandlungen bereit sein, an Studien teilzunehmen.

Andrew:
Die Männer und Frauen, die ihre Arbeitskraft der Behandlung der CLL gewidmet haben, haben zwei Tage lang in Bethesda neue Wege aufgezeigt und darüber debattiert. Daraus wird wirklicher Fortschritt entstehen - und gerade der Fortschritt in der Zusammenarbeit begeistert ältere Forscher wie Dr. Michael Grever aus Ohio.

Dr. Grever:
Eines der Dinge, die mir Mut machen, ist, dass inzwischen so viele Forscher intensiv auf diesem Gebiet tätig sind und das andere ist, dass sie so gut zusammenarbeiten. Es herrscht eher ein Geist des Miteinander als Konkurrenz. Als ich meine Arbeit auf dem Gebiet der Behandlung von Leukämien 1978-79 begann, fand sehr wenig auf dem Gebiet der Erforschung der CLL statt und zur Zeit gibt es eine regelrechte Explosion von neuem Interesse an dieser Krankheit. Ich bin begeistert von dem Maß an Aktivitäten , den interessanten neuen Konzepten, der Kooperation von Patienten durch ihre Teilnahme an Studien und von der Entwicklung neuartiger Medikamente, die auf den Markt gebracht werden können. Ich möchte keine falschen Hoffnungen wecken, aber ich denke, bei weiterhin so guter Zusammenarbeit der Forscher sieht die Zukunft für die Patienten wesentlich besser aus als noch vor 20 oder 30 Jahren.

Andrew:
Vielleicht wird ja einer der Teilnehmer letztendlich eine Möglichkeit der Heilung finden, aber momentan können sie glücklicherweise eine andere Art von Sieg beanspruchen: Man hat Wege gefunden, die Krankheit bis zu diesem Zeitpunkt aufzuhalten. Dazu Dr. John Gribben.

Dr. Gribben:
Was wir alle hoffen ist, dass PCR-negativ (Polymerase Chain Reaction - äußerst genaue Untersuchung zum Auffinden von CLL-Zellen, die nach einer Therapie durchgeführt werden kann) und Beseitigen von Anzeichen der Krankheit letztendlich die auch Beseitigung der Erkrankung bedeutet. Aber wir stellen auch etwas anderes fest: wenn wir aggressive, schnell fortschreitende Formen der Erkrankung in eher chronische und gut zu kontrollierende Formen verändern können, die die Lebensqualität der Patienten wenig beeinflussen, mag das nicht unser langfristiges Ziel sein, aber es würde sicherlich eine sehr positiven Ergebnis für viele unserer Patienten darstellen. Das würde einen großen Schritt nach vorne bedeuten und einen, den sicherlich jeder begrüßen würde.

Andrew:
Wenn sie mehr über das Chronic Leukemia Research Consortium wissen möchten, besuchen Sie die Website ( www.cllresearch.org ) oder setzten Sie sich mit der UC San Diego Cancer Center (Tel.: (USA)858-822-5635) in Verbindung.
Mein Name ist Andrew Schorr von Health Talk´s CLL Education Network (www.healthtalk.com). Wir wünschen Ihnen beste Gesundheit!


Originaltext unter: Healthtalk.com

Übersetzung:
Martin Bergmann (CLL-Patient)
Hinweis: Anmerkungen und Ergänzungen des Übersetzers sind kursiv dargestellt. Für die sachliche Richtigkeit kann ich leider nicht garantieren, da ich medizinischer Laie bin.
Chaya Venkat, Gründerin und Betreiberin der US-amerikanischen CLL-Webseite clltopics.org, hat unter dem Titel "Was Sie und Ihr Onkologe über CLL wissen müssen" einen für CLL-Patienten sehr relevanten Artikel auf ihrer Website veröffentlicht. Darin behandelt und kommentiert sie einen von Forschern der renommierten Mayo Klinik in Rochester (USA) verfassten Forschungsbericht, der deren Empfehlungen einer optimalen Vorgehensweise bei der Behandlung von CLL beschreibt. Die wichtigsten Punkte des Artikels werden hier zusammengefaßt.

Optimale Vorgehensweise bei der Behandlung von CLL

Die Autoren des Mayo-Artikels identifizieren verschiedene wichtige Therapieregeln für die Diagnose und Behandlung der CLL, die an der Mayo-Klinik gebräuchlich sind. Die wichtigsten Punkte des Forschungsberichts lauten:

  1. Bestätige die CLL-Diagnose. Stelle sicher, dass durch Untersuchung und Beurteilung eines erfahrenen Pathologen eng verwandte Erkrankungen wie Haarzellen- oder Mantelzellenleukämie durch eine detaillierte Histologie, einen FISH-Test (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung zur Erkennung von Chromosomenabweichungen, u.a. zur Feststellung der Agressivität der Krankheit und damit zur Festlegung der notwendigen Therapie) durch Untersuchung und Beurteilung eines erfahrenen Pathologen sowie Beurteilung der Morphologie ausgeschlossen werden können.

  2. Eventuell Klinikaufenthalt, inkl. Stadieneinteilung, und Auswertung der Symptome.

  3. Blutbild: Blutwerte, CLL FISH Panel, CD38 durch Flusszytometrie, Beta2Mikroglobulin. Regelmäßige Überwachung des Blutbildes, um die Zeit zur Verdopplung der Lymphozyten zu bestimmen.

  4. Knochenmarkbiopsie ist optional, wird aber vor Beginn der Therapie empfohlen.

  5. Risikoangepaßte Therapie, insbesondere für Hochrisikopatienten, bestimmt durch moderne prognostische Marker. Dabei sollten infektbedingte Gründe für Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Nachtschweiß sowie schnellem Anstieg von ALC vor Beginn einer Chemotherapie ausgeschlossen werden. Außerdem sollten autoimmunbedingte Zytopenien (hämolytische Anämie, ITP, Aplasie der roten Blutkörperchen) vor einer Chemotherapie ausgeschlossen werden, da Autoimmuneffekte auf weniger toxische Behandlungsansätze reagieren könnten. (Prognosefaktoren sind z.B. Chromosomabweichungen (positiv=13, negativ=11, IgVH mutiert (günstig) oder nicht mutiert (aggressiv), ZAP 70 in Zusammenwirken mit CD38. Thymikinase wird in USA nicht angwendet)

  6. Da CLL Patienten ein hohes Risiko einer autoimmunbedingten hämolytischen Anämie (AIHA) haben, und dieses Risiko bei einer Fludara-Therapie steigt, ist der Coombs-Test zum Nachweis von Autoimmun-Antikörpern vor einer Fludara-Therapie erforderlich. Bei positivem Coombs-Test ist die Fludara Therapie zu vermeiden.

  7. Vor der Fludara-Therapie ist eine vorbeugende Medikation gegen Infekte, wie z.B. Lungenentzündung und Herpes opportun. Neutropenie sowie generell eine Infektionsempfindlichkeit nach der Therapie ist recht groß. Häufig erfolgt schmerzhaftes Auftreten der Gürtelrose.

  8. Junge Patienten mit Hochrisiko-CLL sollten die Möglichkeit einer Knochenmarktransplantation prüfen, um diese Option zu untersuchen.

  9. Ab dem Zeitpunkt der Diagnose jährliche Grippeimpfung, und alle 5 Jahre eine Impfung gegen Lungenentzündung.

  10. Cytomegalie-Virus-Infektionen (CMV) sind eine potentielle Ursache für Fieber bei CLL-Patienten. Blutuntersuchungen können die CMV-Infektionen identifizieren. Oral einzunehmende Medikamente können diese Infektion sehr wirksam bekämpfen.

  11. Behandlung von Hypogammaglobulinämie (zu niedriges Gammaglobulinniveau) mit Immunglobulininfusion. Alle 4-6 Wochen 0,3 Gramm pro Kilo Körpergewicht.(In Deutschland u.a. Oktagam, allerdings kleinere Mengen).

  12. CLL-Patienten neigen zur Entwicklung von agressivem Hautkrebs. Sonnenschutz ist dringend angeraten, regelmäßige Hautuntersuchungen sind wichtig.

  13. Neben Hautkrebs besteht für CLL-Patienten ein dreifaches Risiko, andere Krebsarten zu entwickeln. Vorsorgeuntersuchungen (Mammographie, Koloskopie/Darmuntersuchung, Prostata-spezifische Antigen-Untersuchung) sind daher bei CLL-Patienten wichtiger als bei anderen Personen.

  14. Bei 5%-8% der CLL-Patienten verwandelt sich die CLL in eine aggressivere Form (B-Zell-Lymphom), z.B. die Richter-Transformation. Die Richter-Transformation erfordert zügig angewandte aggressive Therapie. Der Arzt sollte die Symptome der Richter-Transformation (schnell ansteigendes LTD, große Lymphknoten, schnelle Zunahme der B-Symptome, erhöhter LDH-Wert, usw.) kennen und diesbezüglich wachsam sein.

Quellen:

Hinweis des Übersetzers: Die Mailingliste von clltopics.org ist für CLL-Patienten, die Englisch beherrschen sehr empfehlenswert. Anmelden kann man sich über Topics Alert Subscription Page" auf clltopics.org.
Für den monoklonalen Antikörper Rituximab zeichnet sich ein erweiterter Einsatz beim Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) ab, so die Ergebnisse von drei größeren Studien, die auf der Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Klinische Onkologie (ASCO) kürzlich vorgestellt wurden. Zwei dieser Studien wurden in Deutschland durchgeführt, so ein Artikel im Deutschen Ärzteblatt.


(Auszug aus dem Artikel im Deutschen Ärzteblatt vom 7.6.2004)

Rituximab bindet hochspezifisch an das CD20-Antigen, das von vielen Tumorzellen des Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) gebildet wird. Der Antikörper ist seit 1998 in Deutschland zur Behandlung des NHL zugelassen. In der Regel kommt es jedoch erst nach Versagen anderer Chemotherapien zum Einsatz. Standard ist hier in vielen Fällen seit 25 Jahren das CHOP-Protokoll, die Kombination aus Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison. Der Hersteller strebt aber eine Ausweitung der Indikation an, was ihm nach und nach auch gelingt. Die jetzt auf der ASCO-Tagung vorgestellten Studienergebnisse dürften dies erleichtern.

Die erste Studie betrifft Patienten mit einer einer NHL-Variante, dem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom. Standard war auch hier das CHOP-Protokoll. Eine Variante, in der Cyclophosphamid durch Etoposid ersetzt wurde, war Gegenstand einer größeren Multicenter-Studie an 18 Zentren unter Leitung von Michael Pfreundschuh von der Universität Homburg/Saar.

Die Patienten erhielten entweder sechs Zyklen der CHOP-ähnlichen Chemotherapie oder eine Kombination aus diesem CHOP-Regime mit Rituximab. Bei initialer Massenerkrankung oder extranodalem Befall erhielten die Patienten in beiden Gruppen zusätzlich eine Radiotherapie. Ursprünglich sollten 824 Patienten in die Studie aufgenommen werden. Doch bereits die erste Zwischenauswertung ergab, dass Rituximab den primären Endpunkt “Zeit bis zum Therapieversagen (TTF)” verlängert. Die Studie wurde daraufhin abgebrochen.

Nach 15 Monaten waren unter der Kombinationsbehandlung 84 Prozent der Patienten in Vollremission gegenüber nur 62,5 Prozent unter alleiniger CHOP. Auch die Gesamtrate der Vollremissionen war mit 84,7 versus 66 Prozent höher. Das Gesamtüberleben konnte von 92 auf 98,5 Prozent gesteigert werden. Sollten sich die Ergebnisse auch während einer längeren Nachbeobachtungszeit stabilisieren, könnte diese Variante des NHL schon bald zu den “besiegten Krebserkrankungen” gezählt werden, wird Prof. Pfreundschuh in der Presseerklärung zitiert.

Die zweite Studie betrifft das Mantelzell-Lymphom (MCL), einer seltenen, aber äußerst schwierig therapierbaren Variante des NHL. Hier zeigt eine Studie der Deutschen Low Grade Lymphom Studiengruppe (GLSG) um Wolfgang Hiddemann von der Universität München, dass der Zusatz von Rituximab die Therapieergebnisse deutlich verbessert.

Im Rahmen der Studie wurden 122 Patienten mit neu diagnostiziertem MCL (Stadium III oder IV) entweder mit CHOP oder mit CHOP plus Rituximab behandelt. Rituximab erhöhte nicht nur die Rate der Vollremissionen von sieben auf 34 Prozent. Auch die Zeit bis zum Therapieversagen wurde von 14 auf 22 Monate verlängert. Martin Dreyling von der Universität München bezeichnete in New Orleans die kombinierte Immunchemotherapie als möglichen neuen Goldstandard in der Behandlung des MCL. Diese Einschätzung erfolgte auch vor dem Hintergrund der tolerierbaren Nebenwirkungen. Zwar verschlechterte der Zusatz von Rituximab die Verträglichkeit. Doch die Rate von lebensgefährlichen schweren Infektionen war in beiden Gruppen mit einem Prozent gering.

Auch die dritte auf der Tagung vorgestellte Studie zum NHL bestätigte die gute Wirkung von Rituximab. Die Eastern Cooperative Oncology Group, eine amerikanische Studiengruppe, hatte Rituximab bei Patienten mit fortgeschrittenem indolenten NHL (Stadium III oder IV des folliculären oder kleinen lymphozytischem NHL) eingesetzt. Diese Tumoren zeichnen sich durch eine hohe Rezidivneigung nach dem Erfolg der initialen Chemotherapie aus. Untersucht wurde, ob eine Erhaltungstherapie mit Rituximab die Rate der Rückfälle verhindern kann.

Dies scheint der Fall zu sein. Zwei Jahre nach dem Ende der Erstbehandlung waren noch 74 Prozent der Patienten im Rituximab-Ast gegenüber 42 Prozent in der Kontrollgruppe in Remission. Nach vier Jahren waren es 58 Prozent statt 34 Prozent. Auch diese Studie wurde aufgrund der guten Ergebnisse inzwischen abgebrochen. Die Autoren um Howard Hochster von der New York Universität hoffen, dass Rituximab langfristig das Gesamtüberleben der Patienten verbessert. Dies konnte beim indolenten NHL bisher für keine Chemotherapie gezeigt werden.

Quellen:
Deutsches Ärzteblatt vom 07.06.2004
ASCO-Presseinformationen vom 05.06.2004
Die Monotherapie mit Fludara, der über lange Jahre gebräuchlichen Standard-Chemotherapie für CLL, ist heute nicht mehr die Behandlung erster Wahl. Die Kombination mit Rituxan erhöht vielmehr die Lebenserwartung, so das Ergebnis von aussagekräftigen Studien. Leider sind diese Ergebnisse noch nicht allerorts bekannt. Chaya Venkat, gut informierte Patientin und Betreiberin der Webseite clltopics.org, fasst in einem Artikel von Mai 2004 den Stand der Dinge in den USA zusammen.

Übersetzung aus dem Englischen. Hinweise zur Quelle und Übersetzung befinden sich am Ende des Artikels.


Das Ende einer Ära

Diejenigen unter uns, die die neuesten Möglichkeiten in der CLL-Therapien aufmerksam verfolgen, könnten annehme, dass inzwischen jeder von Rituxan und Campath gehört hat – Begriffe, die zum alltäglichen Sprachgebrauch in unserer Patientengemeinschaft gehören sollten.. Doch dem ist nicht so. Es sollte nicht überraschen, dass die große Mehrheit von CLL-Patienten sowohl in unserem Land (USA) als auch anderswo als erstes mit Fludara als Monotherapie konfrontiert werden. Die Standardchemotherapie mit Fludara wird noch heute als die "sichere Standardtherapie" von den meisten niedergelassenen Onkologen und Hausärzten (Englisch: community practioners) angewendet. Ich vermute, dass es hierbei einen Zusammenhang mit den Kosten der Therapie gibt. Fludara ist wesentlich billiger als monoklonale Antikörper wie Rituxan oder Campath, besonders seitdem Fludara aus dem Patentschutz (in den USA) herausgefallen ist. Kaum zu glauben, aber ich habe in verschiedenen europäischen Artikeln festgestellt, dass eine noch ältere Generation eines Medikamentes namens Chlorambucil (Leukeran) als Erstmedikation empfohlen wird. Fludara und Chlorambucil können in bestimmten Fällen sicher in der Behandlung eine Rolle spielen. Aber als unreflektierte Erstmedikation für alle CLL-Patienten? (Diese Einstellung gilt mit Sicherheit nicht mehr für Deutschland). Ich kann das nur schwer akzeptieren.


Die Fludara-Monotherapie wird nicht länger als erste Wahl für CLL betrachtet

Wenn wir die Politik und die Medikamentenkosten außer acht lassen und uns nur auf die Möglichkeiten, die CLL im Zaum zu halten beziehungsweise das Lebensalter zu verlängern, beschränken, geht eine Ära zu Ende. Die letzte Ausgabe von "Blood" (eine amerikanische Fachzeitschrift für Onkologen und Hämatologen) enthält zwei bedeutungsvolle Artikel über Fludara mit sehr entscheidenden Informationen für CLL-Patienten. (Diese Übersetzung behandelt nur den unten enthaltenen Artikel in Englisch)

Tun Sie anderen Patienten einen Gefallen und machen Sie sich eine Kopie dieses Artikels für Ihren niedergelassenen Onkologen. Sie würden überrascht sein, welche Auswirkungen Sie damit auf die Behandlung des nächsten Patienten haben, der diesen Arzt besucht. Als Patientengemeinschaft müssen wir helfen, dass dieser Paradigmenwechsel stattfindet und sich die Meinung so Onkologe für Onkologe ändert.


Vergleich der Kombination Rituxan und Fludara (RF) zur Monotherapie mit Fludara (F)
(in Deutschland wird meistens Fludara mir Cyclophosphamid kombiniert)

Der wichtige Artikel vergleicht die Ergebnisse von zwei getrennten Studien der CALGB Gruppe (Cancer and Leukemia Group B, zwei Studiengruppen in USA). Die Aufzählung der Verfasser liest sich wie ein „who is who“ von CLL-Experten.

CALGB 9710 war eine Phase-II-Studie mit Patienten, die 1997 bis 1999 aufgenommen und nach dem Zufallsprinzip auf die Studienarme verteilt (randomisiert) wurden. Rituxan wurde entweder parallel (51 Patienten) oder sequentiell (53 Patienten) gegeben. Anfangsberichte ließen vermuten, dass die Parallelbehandlung bessere Ergebnisse zeigt als die sequentielle. Neuere Ergebnisse zeigen jedoch, dass sowohl die Überlebenswahrscheinlichkeit bei unveränderten Verlauf, als auch die Lebenserwartung für beide Verfahren gleich zu bewerten sind. Deshalb wurden für die Auswertung alle 104 Patienten für diesen Bericht zusammengefasst. Wir haben einen Bericht über diese Studie in Einzelheiten in einem früheren Artikel veröffentlicht: RF Therapy clinical Trial (nur in Englisch)

CALGB 9011 war eine ältere Studie, die von 1990 bis 1995 Patienten aufnahm. Sie teilte Patienten zufällig zu einer Therapie mit Fludara oder Chlorambucil zu, entweder jeweils in Monotherapie oder in Kombination. Die alleinige Anwendung mit Fludara an 178 Patienten wird in diesem Artikel zum Vergleich herangezogen.

Die Eignungskriterien beider Studien waren praktisch gleich, wie aus den Merkmalen der Patienten in unterstehender Tabelle hervorgeht. Alle Patienten waren entweder RAI Stadium III/IV oder RAI Stadium/I/II. Keiner der Patienten hatte vorher schon eine Therapie erhalten. Keine Studie ließ eine virologische oder bakteriologische Prophylaxe zu. Auch gab es keine vorherige Beobachtung einer Infektion mit dem Zytomegalie-Viruses. (Ist verwandt mit dem Herpes-Virus) (Jetzt verstehen Sie, wenn ich sage, dass wir den Patienten an diesen Studien großen Dank schuldig sind. Wie sonst könnten wir die potentielle Toxizität der verschiedenen Medikamente erkennen, wenn nicht diese Leute Ihren Körper aufs Spiel setzen würden - ohne das Sicherheitsnetz virologischer oder bakteriologischer Medikationen?)


Merkmale der beteiligten Patienten und die Reaktion auf die Therapie.
Rituxan und Fludara (CALGB 9712)
gegenüber Fludara alleine (CALGB 9011)

Merkmale der Patienten          CALGB   CALGB
9712    9011

Zahl der Patienten              104     178
Durchschnittsalter              63      64
% der Patienten unter 50 Jahre  14      14
% der Patienten über 69 Jahre   23      25
% Anteil mit RAI Stadium I/II   59      57
% Anteil mit RAI Stadium III/IV 40      43
% Anteil mit Lebervergrößerung  15      20
% Anteil mit Milzvergrößerung   61      68
Median der Leukozyten (109/L)   83      77
Median des Hämoglobin (g/dl)    12,3    12,2
Median der Thrombozyten (109/L) 158     155

Reaktion

Ansprechrate                    84%     63%
Vollständige Remission          38%     20%
Überlebenswahrscheinlichkeit 
bei  unverändertem Verlauf nach
2 Jahren                        67%     45%
Überlebenswahrscheinlichkeit 
nach 2 Jahren                   93%     81%


Die entsprechenden Grafiken zu progressionsfreiem Überleben und insgesamten Überlebensraten sind unten aufgeführt. Diese wurden im Artikel "Der Zusatz von Rituximab zu Fludarabine kann die Überlebenszeit und progressionsfreie Überlebenszeit bei unvorbehandelter CLL verlängern: Eine Überarbeitung der retrospektiven vergleichenden Analyse von CALGB 9712 und CALGB 9011", von John C. Byrd u.A. vom 11 Mai. 2004 in "Blood" veröffentlicht. Die Zusammenfassung des Blood-Artikels ist unten aufgeführt.


Progressionsfreies Überleben (in Monaten) von Patienten mit Rituximab und Fludarabine (CALGB 9712) gegenüber Patienten mit Fludarabine (CALGB 9011)


Insgesamtes Überleben (in Monaten) von Patienten mit Rituximab and Fludarabine (CALGB 9712) gegenüber Patienten mit Fludarabine (CALGB 9011)


Die Verfasser stellten fest, dass Neutropenie und niedriger Blutdruck in der RF-Gruppe öfters vorkamen. Bei anderen hämatologischen Toxizitäten, wie Anämie oder Thrombozytopenie, traten keine Unterschiede auf. Das Hinzufügen von Rituximab zu Fludara zeigte kein erhöhtes Risiko bei Stufe-III oder -IV-Infekten oder des Herpes-Virusses. Insgesamt nicht schlecht. Ein Unterschied von 12% bei der Überlebenswahrscheinlichkeit nach 2 Jahren ist etwas, über das man sich sehr freuen kann. Oder in Menschenleben ausgedrückt, von 100 Patienten überleben zusätzlich 12 die 2-Jahres-Grenze, wenn sie mit RF anstelle von F behandelt werden. Ich hoffe, dass viele von Ihnen den vollständigen Artikel lesen werden. Er haut Sie aus den Socken und überzeugt Sie hoffentlich davon, dass Fludara als Erst- und Monotherapie heutzutage nicht mehr Ihre beste Option ist.

Die leicht erkennbare Einschränkung dieser Analyse ist die nachträgliche Betrachtungsweise des Vergleichs. Die Forscher hatten diese Art Vergleich nicht geplant, als Sie diese beiden Studien in Angriff nahmen. Glücklicherweise haben sich beide Gruppen als vergleichbar erwiesen. Die Verfasser empfehlen, dass es wichtig ist zu bestimmen, ob bestimmte molekulare Einflussgrößen, wie der IgVH Mutationsstatus, die ZAP-70-Häufigkeit, oder FISH-Ergebnisse wie die p53-Deletion, einen noch größeren Einfluss auf die Ansprechrate bei diesen beiden Therapieformen haben. Interphase-FISH-Zytogenetik und molekulare Untersuchungen werden gegenwärtig in der späteren Studie mit RF (CALGB 9712) durchgeführt. Diese gute Nachricht bedeutet, dass die Therapiemöglichkeiten auf die Risikokategorie der Patienten zugeschnitten werden könnten. Patienten mit und ohne Ansprechen auf der Grundlage moderner Prognostikverfahren voneinander zu trennen sollte ein wesentliches Merkmal aller gut geplanten klinischen Studien sein. Dies ist eine ständige und dauerhafte Empfehlung von CLLTopics.org (die Webseite von Chaya Venkat), dass wir einen risikobasierte Therapieansatz anwenden sollten - anstelle des pauschalen Ansatzes "eine Therapieform für alle" der letzten Jahre.

Lieber Leser, wenn Sie Ihr Risikoprofil nicht kennen, empfehle ich Ihnen nachfolgende Webseiten zum Lesen: (alle Artikel sind unter www.CLLTopics.org abrufbar)

What Type of CLL Do You Have (englisch)
Immunotherapy for a Difficult Case (RHK I) (englisch)
The Continuing Saga of the Round-headed Kid (RHK II) (englisch)
FISHing for Answers (englisch)
Mayo-Klinik: Optimale Vorgehensweise bei der Behandlung von CLL (Mayo Best Practices) (deutsche Übersetzung auf Leukämie-Online)
Prognosis at Diagnosis (englisch)

Das Leben, das Sie durch ein gesteigertes Bewusstsein sichern, ist Ihr eigenes.

Kommentar

All zu oft sehe ich Ergebnisse von klinischen Studien, die im Detail lückenhaft sind, oder an zu wenig Patienten durchgeführt wurden, um statistisch signifikant zu sein. In meiner jugendlichen Naivität habe ich geglaubt, dass es ein ungeschriebenes Gesetz sei, dass Patienten nur für ausreichend zuverlässige Studien angeworben würden, in denen die freiwillige Anstrengung der Teilnehmer zu hochwertigen Informationen für spätere Generationen führt. Ich wurde zynisch, als ich eher anekdotische Daten von wenigen Teilnehmern sah, mit angeblich aussagefähigen Ergebnisse aufgrund kärglicher Grundlagen, wie Daten des peripheren Blutes oder mit einem Lineal gemessenen Lymphknothen, mit dem Argument, dass das ausreiche. Öfters, wenn Vergleiche zwischen experimentellen und Kontrollgruppen gemacht wurden, lag nicht genügend Information vor, ob der Vergleich möglich ist – ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen.

Die hochgelobte Objektivität und gewissenhaftes Interesse für Einzelheiten, das wir von Forschern erwarten, sind nicht immer vorhanden. Deshalb macht untenstehender Artikel so viel Freude. Ich bin froh über die Details, die im Vergleich der Patientenmerkmale aufgezeigt werden, die Methodik, die in beiden Studien angewendet wird, sowie die gewissenhaften statistischen Analysen. Die große Anzahl Teilnehmer in beiden Gruppen, konsequente Datenerfassung und die ausgezeichneten Übereinstimmungen zwischen den Gruppen machen die Schlussfolgerungen überzeugend.

Gentlemen, unser Kompliment. Unsere Glückwünsche und Danksagungen für einen wirklich wichtigen und schöpferischen Vergleich, der die CLL-Therapieentscheidung bei vielen Patienten beeinflussen wird. Wir haben von dieser Expertengruppe nicht weniger erwartet.


Zusammenfassung des Artikels im Fachmagazin Blood

Blood First Edition Paper, vorveröffentlicht am 11. Mai 2004
DOI 10.1182/blood-2004-03-0796
Eingereicht am 2. März 2004
Angenommen am 5. Mai 2004

Das Hinzufügen von Rituximab zu Fludara kann die Überlebenswahrschscheinlichkeit bei Patienten mit nicht vorbehandelter CLL verlängern: Ein Update der retrospektiven vergleichenden Analyse von CALGB 9712 und CALGB 9011

John C Byrd, Kanti Rai, Bercedis L Peterson, Frederick R Appelbaum, Vicki A Morrison, Jonathan E Kolitz, Lois Shepherd, John D Hines, Charles A Schiffer and Richard A Larson.

Die Kombinationstherapie Rituximab und Fludara gegen CLL hat schon früher vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Bisher wurden aber keine effektiven Vergleiche zu Fludara als Einzeltherapie aufgezeigt. Um die Wirkung der Hinzunahme von Rituximab zu Fludara ein zu schätzen, haben wir retrospektiv das Therapieergebnis von Patienten mit vergleichbaren klinischen Merkmalen innerhalb zweier Studien, in mehreren Kliniken, verglichen. Und zwar der Krebs und Leukämiegruppe B und der US Intergroup, die Fludara und Rituximab (CALGB 9712, n=104) oder Fludara (CALGB 9011, n=178) anwenden. Unter Berücksichtigung der Merkmale vor der Behandlung, zeigten die Patienten, die Rituximab und Fludara bekommen haben eine signifikant höhere Überlebenswahrscheinlichkeit bei unveränderten Verlauf nach 2 Jahren und eine höhere generelle Lebenserwartung als Patienten mit der Fludaratherapie. (0,67 gegenüber 0,45 und 0,93 gegenüber 0,81). Die infektions- Toxizität war in beiden Fällen gleich. Diese Vergleichsdaten sind retrospektiv und können abweichen durch Unterschiede in den Begleitumständen oder Anzahl genetische Merkmale bei jeder Studie. Bestätigung dieser Ergebnisse erfordert eine vorausschauende zufällige Studie, die diese beiden Therapien vergleicht.


Quelle:

Auszug aus dem englischsprachigen Artikel ""Fludarabine Monotherapy No Longer the Gold Standard" (clltopics.org) von Chaya Venkat vom 13.05.2004. Übersetzung des Artikels durch Roland Keilwerth, Ergänzungen des Übersetzers in Kursivschrift. Für Übersetzungsfehler wird keine Gewähr übernommen.

Hinweis des Übersetzers: Die Mailingliste von clltopics.org ist für CLL-Patienten, die Englisch beherrschen sehr empfehlenswert. Anmelden kann man sich über Topics Alert Subscription Page" auf clltopics.org.
Prof. Dr. Michael Hallek, einer der führenden CLL-Spezialisten im deutschsprachigen Raum und Gründer und Leiter der Deutschen CLL-Studiengruppe (DCLLSG), wechselte im November 2003 von München an die Universität zu Köln, um dort die Leitung der Klinik für Innere Medizin I (Hämatologie, Onkologie, Infektiologie, klinische Immunologie und internistische Intensivmedizin) zu übernehmen. Eine von ihm verfasste Vorlesungsunterlage gibt den aktuellen Stand der weltweiten Forschung und die praktischen Behandlungstrategien für diese CLL wieder.

Das Vorlesungsskript von Prof. Hallek für eine Vorlesung an der Universität Köln ist inzwischen im Internet verfügbar (vgl. Download-Link unten). Für CLL-Patienten enthält es interessante Informationen, gerade, wenn sie vor der Entscheidung für eine bestimmte Therapie stehen.

Einige Inhalte der Vorlesung:
  • Chronische Lymphatische Leukämie: Epidemiologie und Altersverteilung
  • Molekulare Pathogenese der CLL
  • Klinisches Erscheinungsbild und Diagnostik (Diagnosestellung, Ausbreitungsdiagnostik)
  • Stadieneinteilung und Prognose
  • CLL: Stadium bestimmt Behandlung
  • Moderne Prognoseabschätzung der CLL (Ergebnisse aus CLL1-Studie der DCLLSG)
  • Evidenz-basierte Empfehlungen zur Therapie der CLL (Konventionelle Mono-Chemotherapie der CLL, Therapie mit Chlorambucil, Fludarabin in Kombination mit Cyclophosphamid und Antikörpern)
  • Die Therapie der CLL in fortgeschrittenen Stadien
  • Studien innerhalb der DCLLSG
  • Zusammenfassung: CLL-Therapie 2004
Der Artikel ist über u.g. Link oder auf Leukämie-Online unter "Artikel-Download" in der Rubrik
"Fachartikel / in deutsch" verfügbar.

Links:
In der Vergangenheit - und bei vielen Ärzten auch heutzutage noch - waren die Einstufungen nach RAI der Ausgangspunkt für die sogenannte Watch + Wait Phase beziehungsweise für den Beginn einer Therapie. In den letzten Jahren wurden bessere Diagnoseverfahren entwickelt und deren Wirksamkeit in Studien nachgewiesen.

Sehr intensiv wurde die Erforschung dieser neuen Verfahren unter anderem von Prof. Döhner und seinen Mitarbeitern an der Universität Ulm betrieben. Die heutigen Methoden erlauben es, festzustellen, ob der Patient eine mutierte (langsam verlaufende) oder eine unmutierte (aggressive) CLL hat. Danach können der Therapieinhalt und der Therapiebeginn bestimmt werden. Neben der sehr teuren genetischen Untersuchung, die von der Kasse nur zu einem Bruchteil bezahlt wird, sind zur Zeit die Bestimmung des ZAP70-Faktors und das so genannte FISH-Diagramm die aktuellen Prognosefaktoren. Jeder CLL-Patient sollte auf der Bestimmung dieser Werte bestehen. Eine ausführliche Beschreibung finden Sie unter auf clltopics.org im Kapitel "FISH-ing for answers". Das New England Journal of Medicine hat in Ihrer Ausgabe vom 26. August 2004 eine ausführliche Studie, an der alle bekannten CLL Forscher aus der USA beteiligt waren, zu diesem Thema veröffentlicht.)

Es folgt eine Übersetzung der Zusammenfassung:

ZAP-70 im Vergleich mit Mutationsstatus von IgVh (Immunoglobulin heavy-chain variable-region gene) als Prognosefaktor für den Verlauf einer CLL (P-70 Compared with Immunoglobulin Heavy-Chain Gene Mutation Status as a Predictor of Disease Progression in Chronic Lymphocytic Leukemia)
(University of California; Anderson Cancer Center; Dana Farber Cancer Institute; Kimmel Cancer Center; Long Island Jewish Medical Center; Ohio State University; Mayo Clynic; Howard Hughes Medical Institute)


Zusammenfassung

Der Verlauf einer CLL ist von Person zu Person unterschiedlich. Bei einem aggressiven Verlauf zeigt die CLL unmutierte IgVh und ZAP 70 Werte. Bei einem langsamen Verlauf werden mutierte IgVh und keine ZAP 70 Werte ausgewiesen.
Es wurden die CLL B Zellen von 307 Patienten mit CLL nach ZAP 70 und Mutationsstatus ausgewertet. Anschließend wurden die Zusammenhänge zwischen den Ergebnissen und den Zeitpunkt zwischen Diagnose und Therapiebeginn untersucht.
ZAP 70 wurde, oberhalb eines festgelegten Schwellenwertes von >20%, bei 117 von 164 Patienten mit einem unmutierten IgVh Gen festgestellt. (71 %), aber nur bei 24 Patienten mit einem mutierten IgVh Gen. (17 %). Von den Patienten mit ZAP 70 positiven CLL Zellen, war die mittlere Zeit von der Diagnose bis zum Therapiebeginn bei unmutierten IgVh Genen (2,8 Jahre) nicht signifikant unterschiedlich von denen mit einem mutierten Status (4,2 Jahre). Diese mittlere Zeit war jedoch in beiden Gruppen deutlich niedriger, als bei nicht vorhandenen ZAP 70 Zellen, egal ob mutierte oder unmutierte IgVh vorlagen. Im letzteren Fall betrugen die mittlere Zeit 11 Jahre bei mutierten Genen und 7,1 Jahre bei nicht mutierten Genen.

Schlussfolgerung: Obwohl das Vorhandensein eines unmutierten IgVh stark korreliert mit dem Vorhandensein von ZAP 70, ist ZAP 70 ein stärkerer Prognosefaktor für den Beginn einer Therapie.

Autor/Übersetzung: Roland Keilwerth

Links:
Der Hersteller des CLL-Medikaments Rituxan (Wirkstoff Rituximab), Genentech, hat am 12. Juli 2004 eine Warnung an Ärzte bezüglich möglicher Komplikationen bei einer Hepatitis-B-Infektion herausgeben.

In Beobachtungen nach der Marktfreigabe von Rituximab wurde festgestellt, dass durchschnittlich vier Monate nach Beginn der Rituximab-Therapie, meist in Kombination mit Chemotherapie, eine Reaktivierung eines vorhandenen Hepatitis-B-Virus stattfinden kann. In einigen Fällen hat dies zum Tod geführt.

Genentech schlägt vor, Personen mit einem hohen Risiko einer Hepatitis-B-Infektion vor Beginn einer Therapie zu testen und bei Bedarf Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Patienten, die bereits eine Hepatitis-B-Infektion erlitten hatten, sollten während und nach einer Rituximab-Therapie genau bezüglich Anzeichen einer aktiven Hepatitis-B-Virusinfektion überwacht werden.

Im Falle eines Ausbruchs von Hepatitis-B sollte die Rituximab-Therapie sowie begleitende Chemotherapien interbrochen und passende antivirale Therapien begonnen werden.

Die vollständige Meldung kann auf der Webseite der amerikanischen Zulassungsbehörde abrufen (englisch, PDF-Datei, Acrobat Reader erforderlich).
Ein Artikel von Chaya Venkat (clltopics.org) vom 14.10.2004 meldet gute und schlechte Nachrichten über die CLL-Therapie mit Rituxan (Markenname Rituximab und Mabthera) – und bewertet diese. Eine Übersetzung des Artikels auf clltopics.org aus dem Englischen.

(Übersetzung durch Roland Keilwerth - Kursive Texte zwischen Klammern sind Bemerkungen des Übersetzers. Es wird keine Gewähr für Übersetzungsfehler übernommen.)

Die guten und weniger guten Nachrichten über Rituxan
(Auch unter den Markennamen Rituximab und Mabthera bekannt)

Die Rituxan-Therapie, entweder als Monotherapie oder im Verbindung mit anderen Medikamenten, ist der Grundstein der CLL-Therapie geworden. Wir haben vermutlich mehr Artikel über Rituxan (vgl. Rituxan-Therapy auf clltopics.org, englisch) als über jedes andere Medikament, und das mit gutem Grund. Wichtig ist die eindeutige Fähigkeit von Rituxan zum Erkennen von CD20, einem Marker, der durch reife B-Zellen exprimiert wird, und zwar ausschließlich durch reife B-Zellen. Gerade diese Tatsache gibt Rituxan sein beneidenswertes niedriges Toxizitätsprofil. Es gibt zwar Einschränkungen, deren wir uns bewusst sein sollten. Bitte lesen Sie dazu die anderen Artikel über Rituxan auf der Website clltopics.org. Aber gute Therapieentscheidungen zu treffen beinhaltet vor allem, umsichtig vorzugehen, ohne überzureagieren – ein pragmatisches Abwiegen der Risiken gegenüber den Vorteilen ist erforderlich.

Dieser Artikel möchte sich mit dem Warnhinweis, der von Genentech (Hersteller von Rituxan) bezüglich der Medikamentensicherheit herausgegeben wurde, auseinandersetzen (Topics Alert, October 11, 2004) und eine neue Rituxan-Kombinationstherapie diskutieren, die als ziemlich vielversprechend bezüglich erhöhter Ansprecharten und niedrigerer Toxizität erscheint. Die "schlechten Nachrichten" sind nicht so schlecht - und was die "guten Nachrichten" anbetrifft: dieses neue wirksame Medikament zur Unterstützung von Rituxan ist bereits (in den USA) im Handel erhältlich und hat eine nachgewiesene niedrige Toxizität in klinischen Studien am Menschen gezeigt. Nicht viel spricht gegen einen Versuch mit dieser neuen Rituxan-Kombination. Nun zuerst zu den "schlechten Nachrichten".

Warnungsschreiben von Genentech an die Ärzte:

Eine der Bedingungen, die häufig durch die FDA (amerikanische Zulassungsbehörde) bei der Vermarktungszulassung eines neuen Medikaments auferlegt wird, ist, dass der Hersteller eine andauernde Beobachtung zur Feststellung wichtiger Probleme durchführt. Das ist sinnvoll, da klinische Versuche an einer kleinen Zahl von Patienten durchgeführt werden, und nur wenn das Medikament bei vielen Personen angewendet wird, werden alle Nebenwirkungen offensichtlich. Es gibt nun den Fall, dass die Marktbeobachtung von Rituxan einen neuen Risikofaktor aufgedeckt hat, und Genentech hat, wie durch die FDA gefordert, die Ärzte darüber informiert. Unter den untenstehenden (englischsprachigen) Links kann der Brief von Genentech sowie die neueste Rituxan-Produktinformation abgerufen werden.
Hier die Geschichte in einer Kurzfassung. Nachdem Rituxan (meistens im Verbindung mit anderen Chemotherapien) verwendet wurde, entwickelten einige Patienten mit einem früheren, abgeheilten Hepatitis-B-Virus eine vollständige Reaktivierung des Virus. Hepatitisreaktivierung ist kein kleines Problem, und zweifellos ist dieses eine wichtige Warnung. Dieses Warnung ist vergleichbar mit der uns allen bewussten Warnung vor der Reaktivierung des CMV (Cytomegalovirus) im Fall von Campath. Viele von uns erinnern sich an die Reaktivierung des Herpesvirus, den Entzündungen im Mundbereich, den schmerzlichen Perioden mit der Gürtelrose und dergleichen mehr bei einer Krebstherapie. Eine andere Reaktivierung, die in Foren nicht oft diskutiert wird, ist Tuberkulose. TB gewinnt an Bedeutung in den USA, und wenn Sie dieser sehr hartnäckigen Infektion bereits ausgesetzt waren, besteht die Gefahr einer Reaktivierung nach der CLL-Therapie.

Wo liegen die Gemeinsamkeiten? Im Allgemeinen etablieren viele dieser Viren (Herpes, Hepatitis, Epstein-Barr, TB, CMV usw.) kleine, schlummernde Populationen in Ihrem Körper, die nie ganz verschwinden - und einmal angesteckt bleiben sie Ihnen für das ganze Leben. Sehr hohe Prozentsätze unserer Bevölkerung sind jetzt mit Viren wie Herpes, EBV und dergleichen angesteckt. Bei gesunden Personen mit einem intakten Immunsystem werden diese Viren in Schach gehalten und können sich nicht in richtige Infektionen weiterentwickeln - es wird ein Waffenstillstand zwischen Ihrem Körper und dem Virus erklärt. Dieser Waffenstillstand wird gebrochen, wenn unser Immunsystem nicht mehr imstande ist, seine Arbeit zu erledigen. Genau dies ist möglich nach einer Therapie zur CLL-Behandlung. Althergebrachte Chemotherapien mit Medikamenten wie Fludarabine, Cyclophosphamid, Chlorambucil, Prednison, usw. waren immer wegen der geringen Selektivität unbeliebt, weil sie viele gesunde Zellen zusammen mit CLL Zellen vernichtet haben Der Grad der Toxizität war abhängig von dem spezifischen Medikament, seine Dosierung und die Kombination mit anderen Medikamenten. Es ist leicht zu erkennen, wie CLL- Patienten mit schlechter Immunfunktion zur leichten Beute werden, nachdem sie eine heftige Chemotherapie durchlaufen haben.

Obwohl monoklonale Antikörper als vergleichsweise "schlaue Medikamente" wegen ihrer Wirksamkeit auf ganz spezifische Ziele gelten, ist auch hier ein Risiko vorhanden. Campath z.B. zielt auf CD52, einem Marker, der auf allen reifen B-Zellen (gute und schlechte), sowie T-Zellen, NK Zellen, sowie verschiedenen anderen Zellen vorhanden ist. Darin liegt begründet, dass die Campath-Therapie immer von einem starken und umfassenden Verlust der Immunfunktion begleitet wird. Ein Problem, das bis einige Monate nach Ende der Therapie andauern kann. In der Tat erholen sich viele der Zellen nicht völlig innerhalb eines Jahres (vgl. Campath-Therapy auf clltopics.org). Die Gefahr ernsthafter Infektionen und der Reaktivierung einiger früherer "Feinde" ist ziemlich real, weshalb es sehr empfohlen wird, dass Patienten vorbeugend gegen virale und bakterielle Infektionen behandelt werden.
Viele Berichte haben sich mit verzögerte Neutropenie als Folge der Rituxan-Therapie beschäftigt. Der Anteil an Fällen, in denen das beobachtet worden ist gering, und niemand kann sich bisher den Zusammenhang hierfür genau erklären.

Auszug:

Br J Haematol. 2003 Jun;121(6):913-8.
Verzögerte Neutropenie in Zusammenhang mit einer Rituximab Therapie.

Chaiwatanatorn K, Lee N, Grigg A, Filshie R, Firkin F.
Abteilung für Hämatologie, St. Vincents Hospital, Fitzroy, Victoria 3065, Australien.

Die Eigenschaften einer starken, verspäteten Neutropenie nach einer Rituximab Therapie sind bei 53 nacheinander behandelten Patienten ausgewertet worden. Bis auf einen Patienten wurde Rituximab zur Behandlung des Non-Hodgkin.Lymphoms eingesetzt. Acht Fälle von Neutropenie des Grades 4 wurden zwischen 1 und 5 Monaten nach der Rituximab Behandlung festgestellt. 5 Fälle waren mit Rituximab als Monotherapie und 3 Fälle als Kombinationstherapie behandelt worden. Die Zahl der Neutrophile hatte sich vor Ausbruch der Neutropenie erholt. In drei Fällen hatten die Patienten eine Blutvergiftung. Die Entwicklung der Neutropenie korrelierte weder mit dem Vorhandensein einer nachweisbaren Krankheit, noch mit der Einnahme weiterer Medikamente. Bis auf einen Fall wurde die Neutropenie begleitet von Vorboten einer Verringerung der Neutrophile. In letzteren Fall war sie begleitet von einer gutartigen Zellvermehrung im Knochenmark...
Die Fälle von Neutropenie zeigten einen Zusammenhang mit einem beschädigten Immunsystem, das durch Lymphozytenreduzierung und Hypogammaglobulinanemie zum Ausdruck kam. Diese Beschädigung hervorgerufen durch Rituximab, kann die Neutropenie hervorrufen.
PMID: 12786803


Anders als die üblichen infusionsbedingten Nebenwirkungen bei einigen Patienten war die Rituxan-Therapie bemerkenswert frei von den ernsten Nebenwirkungen - bis jetzt. Die naive Annahme ist, dass Rituxan nur B-Zellen im Visier hat, und Viren im Allgemeinen durch T-Zellen bekämpft werden. Wir sollten daher von den nervtötenden Virenreaktivierungen verschont werden, die mit Campath behandelte Patienten quälen. Es ist nicht ganz so einfach. Es gibt eine sehr starke Verbindung zwischen B-Zellen und T-Zellen. Jede beeinflusst des anderen Wachstum und Reifung, und jede Zelle kontrolliert das eindeutige Funktionieren der anderen. Dieser neueste Warnhinweis von Genentech bestätigt diese Aussage. Die Rituxan-Therapie gibt uns keinen Freifahrtschein, was Virenreaktivierung betrifft. Es ist richtig, dass die meisten Fälle, über die in dieser Marktüberwachung berichtet wird, bei der Anwendung von Rituxan im Verbindung mit anderen Chemotherapien aufgetreten sind. Das hat stark zur Anfälligkeit beigetragen, wenn das Immunsystem bereits vorgeschädigt war.

Sollten wir deshalb Therapien meiden, die Rituxan enthalten? Überhaupt nicht. Rituxan ist nach wie vor das wichtigste Medikament, das uns heute zur Verfügung steht. Alles was dieser neue Warnhinweis sagt ist, dass wir uns dieser möglichen Gefahr bewusst sein sollten. Die erforderliche Aktivität ist ziemlich einfach: Wenn Sie glauben, dass Sie bereits Hepatitis gehabt haben könnten, informieren Sie Ihren Doktor, bevor Sie mit der Rituxan-Therapie beginnen. Lassen Sie sich auf Hepatitis-B testen, und wenn der Test positiv ist, stellen Sie sicher, dass Sie die richtigen Medikamente bekommen, um sich vor einer Reaktivierung zu schützen. Da dieses Schreiben von Genentech an die Gesundheitsämter (Ich weiß nicht wer ihn in Deutschland bekommen hat. Informieren Sie sich bei Ihren Arzt!) ging, sollte Ihr Doktor sich dessen bewusst sein. Falls Er/Sie ihn nicht bekommen hat, können Sie das Genentech-Schreiben über oben genannten Link ausdrucken - das sollte reichen, um Ihren Doktor zu überzeugen, dem Plan zu folgen. (Im amerikanischen Text wird ein Auszug aus dem Brief aufgeführt. Aus juristischen Gründen habe ich auf eine Übersetzung verzichtet. Kontaktieren Sie bitte Ihren Arzt oder den deutschen Vertreter von Rituximab: Roche)

Neue Rituxan-Kombination

Jetzt zu den "guten Nachrichten". Leider erhalten CLL-Patienten durch Rituxan ein nicht so gutes Ansprechen wie Patienten mit anderen B-Zell-Erkrankungen wie z.B. das follikulare Lymphom, Wir haben in früheren Artikeln einige Möglichkeiten zum Verbessern der Wirkung der Rituxan-Therapie durch Hinzufügen von anderer Medikamenten, behandelt. Das ist ein weites Feld. Angefangen mit Neupogen (G-CSF), Leukine (GM-CSF), EGCG, CPG-ODN, PT-100, Betaglukan, IL-2, usw., sowie ältere Chemotherapien, wie z.B. Fludarabine, Prednison, Cyclophosphamid, Chlorambucil usw. Insbesondere haben wir im Detail die Kombination von Rituxan mit Neupogen und EGCG (Der Wirkstoff in grünen Tee, der als Konzentrat in Deutschland noch nicht erhältlich ist. Sie können ihn über Ebay in USA bestellen. Informieren Sie sich in einem Artikel in clltopics.org (The Difficult Case of the Round-Headed Kid) über Vorteile und Nebenwirkungen, vor allem bei exzessiven Gebrauch auf die Leber und die Gefahr von Insektiziden und Pestiziden bei diesem Konzentrat) (Neupogen as Booster to Rituxan Monotherapie,) sowie die gegenwärtige "Goldstandard" von Rituxan mit Fludarabine behandelt. (Fludarabine Monotherapy Not Longer the Gold Standard, RF Therapie Clinical trial) (In einer Übersetzung bei Leukämie-Online erschienen: Fludara-Monotherapie ist bei CLL nicht mehr erste Wahl)

Ich bin erfreut, über eine neue Kombination berichten zu können, die vielversprechend zu sein scheint: Rituxan mit Fenretinide. Fenretinide ist vergleichbar mit dem Vitamin A. Es gehört der Retinoid-Familie an (der chemische Namen ist N-(4-hydroxyphenyl)retinamide oder 4-HPR). Es ist seit langem bekannt und wird als Unterstützung bei klinischen Studien für z.B. Brustkrebs, Prostatakrebs, Eierstockkrebs und von anderen festen Krebsarten eingesetzt. Es wird auch als Erhaltungsmedikament nach einer Therapie verwendet, um einen Rückfall zu vermeiden - oder einfach als Methode, um den Krebs zu verhindern. Es ist als Monotherapie (mit nur bescheidenen Resultaten) sowie im Verbindung mit anderen Medikamenten verwendet worden. Sie können einen Überblick über das Arbeitsvolumen dieses zu Vitamin A analogen Medikamentes erhalten, indem Sie das Wort "Fenretinide" in die Google-Suchmaschine eingeben. Sie erhalten im Web mehr als 6.000 Seiten. (In "Aus Deutschland" allerdings nur ca. 30, vorwiegend für die Anwendung beim Mammakarzinom. Dieses Medikament wird zur Zeit in USA mit sehr viel Erfolg bei Tierversuchen eingesetzt. Vor allem auch in unseren Fall beim Einsatz als Kombinationstherapie mit Rituxan gegen Leukämie und Lymphome. Die Erfolge sind zur Zeit etwa in der Größenordnung von RFC, bei einem viel weniger toxischen Mittel als Fludarabin oder Cyclophosphamid. Nachdem der Einsatz im humanitären Bereich erst in eigen Jahren zu erwarten ist, habe ich untenstehend nur die Titel einiger Artikel in deutsch aufgeführt. Die Abstracts bzw. die vollständigen englischen Titel könne Sie unter CLLTopics.org (Rituxan in the news) einsehen bzw. runterladen.

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Expert Opin Investig Drugs. 2003 Nov;12(11):1829-42.
Fenretinide: der Prototype eines krebsverhinderenden Medikaments
Malone W, Perloff M, Crowell J, Sigman C, Higley H.

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Blood. Mai 2004 1;103(9):3516-20. Epub Dez 2003 24.
Fenretinide erhöht die von Rituximab induzierte Zytotoxizität gegen B-Zellen. Verhinderung der Tumorweiterentwicklung.
Gopal AK, Pagel JM, Hedin N, Presse OW.

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Clin cancer Res. 2001 Aug;7(8):2490-5.
Synergistische Effekte des fenretinide (4-HPR) und der monoklonalen anti-CD20 Antikörper auf den Zelltod bösartige humaner B Zellen.
Shan D, Gopal AK, Presse OW.
Abteilung für Medizin, Abteilung der medizinischen Onkologie, Universität von Washington, Seattle, WA 98195, USA.
http://clincancerres.aacrjournals.org/cgi/content/full/7/8/2490

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Quelle: Rituxan in the news, clltopics.org vom 14.10.2004 (englisch), Übersetzung durch Roland Keilwerth
Vom 24. Bis 26. September 2004 fand im Kloster Irsee in Bayern der 5. Internationale Workshop der Deutschen CLL-Studiengruppe (DCLLSG) statt. Bei dieser Veranstaltung hielten die wohl derzeit bedeutendsten Forscher und Ärzte aus verschiedenen Ländern Vorträge, die neue Erkenntnisse in der Diagnose und der Behandlung der Chronisch Lymphatischen Leukämie (CLL) zum Inhalt hatten.

Am ersten Tag ging es hauptsächlich um die zur Zeit laufenden klinischen Studien der deutschen Studiengruppe, Themen des zweiten Tages waren Pathogenese, Prognosefaktoren, Transplantationskonzepte und konventionelle Therapie aus internationaler Sicht und am dritten Tag wurden Aspekte der Behandlung mit dem relativ neuen Antikörper Atemtuzumab (MabCampath) diskutiert. Als Patient war es mir dankenswerter Weise ermöglicht, am zweiten Tag diesen Workshop zu besuchen. Im Folgenden berichte ich nun über die Dinge, die mir beachtenswert erschienen sind.

Die ersten Vorträge hatten die Pathogenese der CLL, also ihre Entstehung und ihren Verlauf sowie neue prognostische Parameter zum Thema. Eingangs stellte Prof. Bosch aus Barcelona fest, dass 1980 die durchschnittliche Lebenserwartung von CLL-Patienten nach der Diagnose noch 5 Jahre betrug, jetzt, im Jahre 2004 beträgt sie bereits 12 Jahre. Inwieweit diese statistische Zahl dadurch beeinflusst wird, dass vermutlich die Diagnose heute oft in einem früheren Krankheitsstadium gestellt wird und dass immer jüngere Patienten erkranken, blieb offen. Trotzdem erscheint diese Feststellung ermutigend.

Vor einiger Zeit hat sich herausgestellt, dass für die Prognose des Krankheitsverlaufs entscheidend ist, ob bei dem Patienten das IgVh-Gen mutiert ist oder nicht. Beispielsweise lässt ein nicht mutiertes IgVh-Gen einen so rasanten Krankheitsverlauf befürchten, dass eine allogene Transplantation ratsam erscheinen kann. Diese Genuntersuchung ist aber sehr aufwendig und damit so teuer, dass sie oft nur bei Patienten gemacht wird, die an Studien teilnehmen. Wesentlich billiger und einfacher ist es, bei Patienten nachzuweisen, in welchem Maß das sogenannte ZAP-70 Molekül und in welchem Maß das Antigen CD38 in oder an den CLL-Zellen vorhanden sind. Beides korreliert scheinbar sehr stark mit der Veränderung des IgVh-Gens und somit wird es ermöglicht, zukünftig bei jedem Patienten eine relativ gesicherte Prognose zu stellen. Allerdings ist noch nicht ganz klar, wie die Grenzwerte festzusetzen sind, also, ab welchem Prozentsatz die schlechte Prognose anzusetzen ist. Des weiteren war von einem zusätzlichen Prognosefaktor, der Lipoproteinlipase (LPL) die Rede. Auch dieser Wert korreliert stark mit dem Zustand des IgVh-Gens. Bei einer Untersuchung, die Prof. Jäger in Wien durchführte, betrug die Übereinstimmung 93%. Dass die Thymidinkinase als prognostischer Wert von Bedeutung ist, hat sich durch weitere Untersuchungen bestätigt. Für die prognostische Aussagekraft dieses Parameters ist es unbedingt notwendig, die Thymidinkinase vor der Behandlung zu bestimmen, da sie im Verlauf der Behandlung und danach erhöht sein kann.

Neuerdings werden Möglichkeiten gesucht, Eiweiße zu finden, die bei CLL-Zellen den frühzeitigen Zelltod verursachen oder die in der Zelle das Proliferationszentrum und damit ihr Teilungsvermögen beeinflussen können. In diesem Zusammenhang wurden die Medikamente Rapamycin, Roscovitine Leflunomide und Flavopiridol genannt. Die Behandlung mit diesen Mitteln ist nicht als Chemotherapie zu bezeichnen und man erhofft sich weniger Nebenwirkungen. Es sollen in absehbarer Zeit international Studien gestartet werden, um die Einsatzmöglichkeiten und besonders die Wirksamkeit dieser Mittel zu testen. Momentan seien allerdings Chemotherapie und Antikörpertherapie auf alle Fälle die Therapien der Wahl.

In den beiden letzten Teilen der Vortragsserie war von verschiedenen Erfahrungen mit bestehenden Therapiemöglichkeiten die Rede. Dem Themenbereich „Stammzelltransplantationen“ hatte man interessanterweise einen wesentlich größeren Rahmen gegeben als bei dem Workshop vor zwei Jahren. Prof. Khouri vom MD Anderson Zentrum in Houston/Texas stellte fest, dass auch bei der Durchführung von allogenen Transplantationen (Transplantationen, bei denen die Stammzellen eines Spenders übertragen werden) die Hinzunahme von Antikörpern (hauptsächlich Rituximab) sich überaus bewährt habe. Das Überleben der Patienten habe sich stark verbessert. Im Gegensatz dazu ist eine Studie der Cooperative German Transplant Group, bei der der Antikörper Campath zur Konditionierung eingesetzt worden ist, wegen geringer Anfangserfolge abgebrochen worden. Demnächst soll die Studie allerdings in veränderter Form (z.B. geänderte Dosis) wieder aufgenommen werden. Prof. Dreger aus Hamburg berichtete, dass 80% der Patienten, die sich einer allogenen Stammzelltransplantation mit dosisreduzierter Konditionierung (CLL 3x-Protokoll der DCLLSG) unterzogen haben, nach fünf Jahren noch leben. Dies sei besonders bemerkenswert, da es sich fast ausschließlich um Patienten handelt, die eine sehr schlechte Prognose hatten. Auch dass es eine behandlungsbedingte Mortalität von nur 9% (früher wurde unter anderem von 40% gesprochen) gab, war von vorneherein nicht erwartet worden. Unklar blieb allerdings, ob in Zukunft autologe Transplantationen (also Transplantationen, bei denen dem Patienten eigene selektierte Stammzellen übertragen werden) überhaupt noch einen Stellenwert haben werden, gerade da die Behandlung mit Antikörpern solche Erfolge und scheinbar weit weniger Risiken beinhaltet.


Die DCLLSG hat einige ihrer Studien abgeschlossen. Im Vergleich zwischen Fludarabin und Fludarabin in Verbindung mit Cyclophosphamid (CLL 4) stellte sich leider heraus, dass bis jetzt nach einer relativ kurzen Beobachtungszeit kein Unterschied im Gesamtüberleben der Patienten zu sehen ist, wohl aber im ereignisfreien Überleben, das heißt, es dauert bei der Kombinationstherapie länger, bis sich die Krankheit wieder bemerkbar macht. Insgesamt waren bei der Kombinationstherapie etwas mehr Nebenwirkungen (Infektionen, Störungen der Blutbildung) festzustellen, diese waren aber nicht schwerwiegend. Bei der CLL 5 Studie waren bei älteren Patienten eine Fludarabin-Therapie mit der Therapie mit Chlorambucil (Leukaran) verglichen worden. Nicht vollkommen unerwartet stellte sich heraus, dass die Ansprechraten bei der Fludarabin-Therapie besser waren, allerdings führte sie auch zu mehr Nebenwirkungen.

Bei amerikanischen Studien hat man herausgefunden, dass eine Kombinationstherapie Fludarabin mit dem Antikörper Rituximab einer Fludarabin-Mono-Therapie gerade bezüglich des ereignisfreien Überlebens von Vorteil ist. Es schien aber, dass mit keiner der genannten Studien ähnliche Ansprechraten wie mit der FCR-Therapie (Fludarabin, Cyclophosphamid, Rituximab) erreicht worden sind. Ein Problem scheint zu sein, dass besonders Patienten mit verändertem p-53-Gen schlecht auf Fludarabin ansprechen. Gerade dort werden Einsatzmöglichkeiten für den realtiv neu entwickelten Antikörper Campath gesehen. Prof. Keating aus Houston/Texas zieht aus seinen bisherigen Erfahrungen mit Campath den Schluss, dass dieses Mittel bei Patienten mit großen Lymphknoten schlecht wirkt, bei Patienten mit der erwähnten p-53-Mutation dagegen gut. Außerdem erscheint es besser, das Mittel subkutan (unter die Haut) als intravenös zu geben. Zukünftig will man Erfahrungen sammeln, wie das Medikament in unterschiedlichen Kombinationen und mit gesteigerter Dosis wirkt. Eine gefährliche Nebenwirkung von Campath ist die, dass es nicht nur B-Lymphozyten, sondern auch T-Lymphozyten zerstört. Nebenbei bemerkte Prof. Keating, dass bei der Feststellung des Grades der Remission nach der Behandlung von Patienten oft vorkomme, dass in kleinen weiterhin vorhandenen Lymphknoten keine CLL-Zellen mehr zu finden seien und damit die Remission vermutlich besser als bisher angenommen. Weiterhin bestünden international gesehen Unterschiede in den Verfahren zur Feststellung einer molekularen Vollremission. Prof. Kipps aus San Diego legte den leider noch nicht sonderlich weit fortgeschrittenen Stand der im Grunde genommen vielversprechenden individuellen Immuntherapie dar.

Abschließend versuchte Prof. Rai aus New York eine Zusammenfassung zu konstatieren über die Behandlungsstrategien im Jahr 2004. Er stellte fest, dass bei den neuen Prognosefaktoren die Grenzziehungen allgemein problematisch seien. Ab wie viel Prozent wird beispielsweise das Vorhandensein von CD 38 gefährlich, bis zu welchem Wert hat es eine geringe Aussagekraft? Es besteht die Gefahr, dass sich daraus eine chaotische Situation ergibt.

Die Patienten seien nach der Diagnose in folgende Gruppen einzuteilen:





Low RiskIntermediate RiskHigh Risk
IgVh-Gen: mutiert
nicht mutiert
CD38: wenig
viel
ZAP70: wenig
viel
Genanalyse: 13q- normal, 12+ 17p-, 11q-

Weiterhin sollten die bisher geltenden Kriterien wie Lymphozytenverdoppelungszeit nicht außer acht gelassen werden.

Bezüglich der Erstbehandlung sehen die Gruppen folgendermaßen aus:
  1. Low Risk mit einem negativen Faktor:
    watch and wait oder eine experimentelle Therapie

  2. Low Risk mit keinem negativem Faktor:
    watch and wait

  3. Intermediate ohne konkreten Handlungsbedarf
    bei dieser Gruppe muss sehr individuell entschieden werden

  4. Intermediate mit mehreren negativen Faktoren:
    diese Gruppe von Patienten sollte innerhalb von Studien behandelt werden

  5. High-Risk-Patienten:
    Sie sollten im Rahmen von Studien behandelt werden. Hier sind auch Transplantationen in Erwägung zu ziehen.

  6. Patienten mit speziellen Diagnosen (z.b.: AIHA -- spezielle Form der Anämie, p-53-Mutationen):
    Diese Gruppe muss naturgemäß individuell behandelt werden

Bezüglich weiterer Behandlungen sei zu unterscheiden zwischen Patienten, die nur relativ leichte Behandlungen (Fludarabin- oder Leukaran-Monotherapie) erhalten hätten, oder Patienten, die massiv beispielsweise mit FCR oder gar mit einer Transplantation vorbehandelt worden seien.

Fazit

Aus Patientensicht ist festzustellen, dass bei der Tagung wenig über bereits einsetzbare neue Behandlungsmethoden zu hören war. Behandlungskonzepte mit geringeren Nebenwirkungen scheinen im Focus zu liegen. Für Patienten mit hohem Risiko scheinen Stammzelltransplantationen auf Grund ihrer offensichtlich nicht mehr so hohen Gefährlichkeit immer mehr zur möglichen Therapieoption zu werden. Auf dem Gebiet der Diagnose und der Prognosestellung hat sich aber gerade in den vergangenen beiden Jahren sehr viel getan. Die Zeit ist nah oder vielleicht schon gekommen, in denen CLL-Patienten auf Grund ihrer unterschiedlichen Prognoseparameter individuell unterschiedlich behandelt werden können. Leider scheint eine Behandlungsform, die wenig Nebenwirkungen hat, und die trotzdem eine Heilung verspricht, noch nicht in Sichtweite zu sein.

Abschließend möchte ich mich ganz herzlich bei Anna-Maria Fink von der DCLLSG und Jan von leukaemie-online bedanken, die diesen Bericht gegengelesen haben.

Quelle:
Bericht von Martin Bergmann, CLL-Patient.

Weiterführende Links:
Für die Therapie von Patienten mit CLL oder mit indolentem Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) zeichnet sich nach Ansicht von Prof. Ulrich Jäger aus Wien ein Paradigmenwechsel ab, der erstmals "wirklich Anlaß für Hoffnungen gibt". Während die Remissionsrate bei CLL-Monotherapie mit Antikörpern bisher bei 20 Prozent lag, könnte mit Kombinationstherapie bei der Hälfte der Patienten eine komplette Remission erreicht werden, so ein Bericht der Ärzte Zeitung von der Jahrestagung der DGHO.

Auszug aus dem Artikel:

Mit der Einführung von Antikörpertherapien seien erstmals höhere Remissionsraten und ein längeres therapiefreies Intervall möglich. Auch gebe es eindeutige Hinweise für eine Lebensverlängerung, sagte Jäger bei der Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie (DGHO) in Innsbruck.

Durch eine Behandlung mit Antikörpern in der Monotherapie habe sich die Rate der kompletten Remissionen bei NHL auf 15 bis 30 Prozent und bei CLL auf etwa 20 Prozent verbessert. "Mehr ist aber nicht drin", sagte Jäger.

Deutlich besser seien die Remissionsraten bei einer Kombinationstherapie. Bei Patienten mit CLL, die bereits zweimal zuvor therapiert worden seien, liege die Rate der kompletten Remissionen unter Fludarabin und Alemtuzumab (MabCampath) bei 50 Prozent. Bei Patienten mit einer p53-Mutation oder -Deletion seien sogar Remissionsraten von bis zu 60 Prozent möglich, so Jäger bei einer Veranstaltung des Unternehmens MedacSchering.

Bei Patienten, die auf eine fludarabinhaltige Therapie nicht ansprechen, liege die Remissionsrate dagegen nur bei 15 bis 25 Prozent, berichtete Privatdozent Dr. Stephan Stilgenbauer von der Universität Ulm. In einer Studie werde deshalb jetzt geprüft, ob sich die Behandlung von Patienten mit fludarabinresistenter CLL mit Alemtuzumab verbessern läßt. Untersucht wird dabei die subkutane Applikation von Alemtuzumab in der ambulanten Versorgung.

Einige Patienten konnten sich die Antikörper auch selbst zu Hause injizieren, sagte Stilgenbauer auf der Veranstaltung. Eine Interimsanalyse mit 50 Patienten, von denen 44 Patienten Alemtuzumab erhielten, ergab eine Ansprechrate von 36 Prozent, berichtete der Hämatologe.

Die mediane progressionsfreie Zeit liege bei fast zehn Monaten, das mediane Gesamtüberleben bei etwa 13 Monaten. Die unerwünschten Wirkungen der Behandlung seien überwiegend gering. Unter den höhergradigen unerwünschten Wirkungen hatten Infektionen einem Anteil von 24 Prozent.

Quelle: Ärzte Zeitung vom 08.11.2004
Das EU-Verfahren zur Änderung der Zulassung von Fludara Oral (zum Schlucken, Wirkstoff Fludarabin) ist erfolgreich abgeschlossen worden. Damit ist das Präparat jetzt auch zur Primärtherapie bei chronisch-lymphatischer Leukämie (B-CLL) freigegeben.

Die Indikationserweiterung basiert auf Ergebnissen einer europäischen Phase-II-Studie. Darin wurde bestätigt, dass sowohl die Ansprechrate als auch die Dauer des Ansprechens dem entsprach, was nach Ersttherapie mit intravenös verabreichtem Fludara bei B-CLL beschrieben wurde. Zudem hielt der Therapieerfolg gleichlange an. Außerdem kam es auch unter Fludara Oral laut Angaben des Unternehmens bei einer hohen Anzahl von Patienten zu einem vollständigen Rückgang der Krankheitssymptome, einer sogenannten kompletten Remission, die im allgemeinen eine verbesserte Prognose erwarten lässt.

Die Formulierung zur oralen Therapie war bislang nur zur Zweitlinientherapie für Patienten mit B-CLL zugelassen, die auf eine vorangegangene Behandlung mit alkylierenden Substanzen nicht angesprochen haben. Fludara wird auch als Präparat zur intravenösen Therapie der B-CLL vermarktet und ist in Kanada, der Schweiz und weiteren Ländern für die Zweitlinientherapie des niedrig malignen Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) zugelassen.

Fludara erwirtschaftete 2003 weltweit einen Umsatz von 140 Millionen Euro. Dies waren sechs Prozent weniger als ein Jahr zuvor, was unter anderem auf einen Patentauslauf für die intravenöse Form in den USA zurückzuführen ist. In der Form zum Schlucken ist das Mittel seit 2001 auf den Markt, in der Form zum Spritzen schon länger.

Quellen:
Die Deutsche CLL-Studiengruppe hat für ältere Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) eine Studie begonnen, deren Protokoll für jene Patienten konzipiert wurde, die eine stark eingeschränkte funktionelle Organreserve haben und deren Komorbidität (Erkrankung an zwei oder mehr unterschiedlichen Krankheiten) stark ausgeprägt ist.

In vielen Studien mit Krebspatienten waren bisher bekanntlich gerade ältere Kranke über 65 Jahre kaum vertreten. In der kontrollierten und randomisierten Studie mit insgesamt 348 Patienten soll jetzt die Wirksamkeit des Blutwachstumsfaktors Darbopoetin alfa bei CLL-Patienten mit Komorbidität geprüft werden.

Die Patienten werden mit Fludarabin (Handelsname Fludara), derzeitiger Standard in der Primärtherapie, nach einem dosisreduzierten Applikationsschema behandelt. Liegt die Hämoglobinkonzentration bei Aufnahme in die Studie unter 12 g/dl, erhalten die Patienten randomisiert das Erythropoetin oder nicht. Patienten mit einem Hb über 12 g/dl werden so lange nur chemotherapiert, bis der Wert darunter sinkt. Beim nächsten Zyklus werden die Patienten dann dem einen oder anderen Studienarm zugeteilt.

Primärer Endpunkt der Studie, die im Dezember 2007 abgeschlossen sein soll, ist ereignisfreies Überleben. Sekundäre Endpunkte sind unter anderem der Schweregrad der Anämie während und nach der Chemotherapie, transfusionsfreies Überleben, Lebensqualität sowie Gesamt- und progressionsfreies Überleben. Studienleiter ist Professor Michael Hallek von der Universität Köln.

Weitere Informationen zur Studie unter dcllsg.de.

Quelle: Ärzte Zeitung vom 08.04.2005
Nach einer in der Mai-Ausgabe des Journal of Clinical Oncology veröffentlichten Studie, haben 84% der Patienten, die nach einer Behandlung mit Alemtuzumab keine nachweisbaren Spuren chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) mehr aufwiesen, mindestens fünf Jahre überlebt. Dr. Peter Hillmen und seine Kollegen am Allgemeinen Krankenhaus in Leeds, England, berichteten, dass die vollständige Beseitigung kranker Zellen bis unter die Nachweisgrenze bei Patienten mit CLL die gesamte und behandlungsfreie Überlebensdauer verlängert. Der monoklonale Antikörper Alemtuzumab ist in Europa unter der Bezeichnung MabCampath und in den USA als CamPath zugelassen.

"Die Studie zeigt, dass es möglich ist, bei Patienten mit rezidivierender bzw. refraktärer CLL ein Ansprechen auf die Behandlung zu erreichen, wenn man dafür sorgt, dass die Krankheit nicht mehr nachweisbar ist. Dies scheint den meisten CLL Patienten eine Lebensverlängerung von mehr als fünf Jahre zu bringen", sagte Dr. Hillmen. "Die Einführung von Alemtuzumab in die Krebstherapie hat eine positive Wirkung gehabt und das Gesamtüberleben bei refraktärer CLL verlängert. Dieser Erfolg, MRD-negative Remissionen bei einer stark vorbehandelten Patientengruppe erreicht zu haben, ist einer der wesentlichen Schritte in Richtung unseres langfristigen Ziels, nämlich CLL zu heilen", erklärte Dr. Hillmen.

Die 18 Patienten (20%), die den Endpunkt der minimalen Resterkrankung nach der Behandlung mit MabCampath/CamPath erreichten, hatten zuvor auf eine Chemotherapie nicht angesprochen oder waren rückfällig geworden, was das Kriterium zur Teilnahme an den ersten klinischen Tests war, die von Juli 1996 bis Mai 2003 stattfanden. CLL Patienten die auf eine Chemotherapie nicht ansprechen oder rückfällig werden, haben mit einer mittleren Überlebensdauer von 10 Monaten die ungünstigste Prognose.

Unter einer minimalen Resterkrankung (minimal residual disease, MRD) versteht man die Anwesenheit von Leukämiezellen im Knochenmark bei Patienten mit vollständiger Remission. Mehrere retrospektive und prospektive Studien zeigen, dass die Analyse der MRD für die Prognose wertvoll ist. Ein niedriges MRD-Niveau, bzw. die Abwesenheit im Knochenmark nach der Therapie gehen mit einer positiven Prognose einher.

"Die von Hillmen et al. vorgetragenen Ergebnisse zeigen, dass eine Reduzierung der MRD unterhalb der Nachweisgrenze bei CLL erreicht werden kann. Es ist hochinteressant, dass Patienten Remissionsniveaus erreichen können, bei der es keinerlei Hinweis auf verbleibende Leukämiezellen mehr gibt, zumal man feststellen konnte, dass diese Patienten eine bessere Prognose haben", sagte Dr. Kanti Rai, Chef der Hämatologie und Onkologie Abteilung am Long Island Jewish Medical Center, New Hyde Park, New York. "Diese Fortschritte sind durch die Entwicklung hochempfindlicher Nachweismethoden für MRD sowie das Auftauchen von Alemtuzumab als Therapeutikum bei CLL möglich geworden."

Die Definition des National Cancer Institute für das vollständigen Ansprechen auf eine Behandlung lässt das Vorhandensein von bis zu 30% der morphologisch normalen Lymphozyten im Knochenmark zu, von denen wiederum bis zu 5% CLL Zellen sein dürfen. Diese 5% sind vermutlich für die Krankheitsrückfälle verantwortlich, die bei CLL-Patienten beobachtet werden können. Moderne Verfahren, wie z.B. die 4-Farb-Flusszytometrie, bei der in einer Filter-Säule die kranken Zellen nachgewiesen werden, sind sehr viel empfindlicher als das Lichtmikroskop, das normalerweise zur Entdeckung kranker Zellen benutzt wird. Mit Flusszytometrie kann man eine einzige CLL-Zelle unter 100.000 normalen Zellen nachweisen.

Einzelheiten zur Studie

Patienten und Methoden 91 vorbehandelte CLL-Patienten mit einem Durchschnittsalter von 58 Jahren (Spanne 32 bis 75 Jahre), von denen 44 refraktär auf Purinanaloga reagierten, erhielten im Mittel eine 12-wöchige Alemtuzumab-Behandlung. Es wurden regelmässig Knochenmarkuntersuchungen per MRD Flusszytometrie mit dem Ziel durchgeführt, MRD bis unter die Nachweisgrenze zu beseitigen (weniger als eine CLL-Zelle auf 105 normale Zellen).

Ergebnisse

Gemäss der Kriterien, die die vom National Cancer Institute gesponserte Arbeitsgruppe aufstellte, sprachen 32 Patienten (36%) vollständig an (CR = complete response), 17 Patienten (19%) sprachen teilweise an (PR = partial remission) und 42 Patienten (46%) sprachen überhaupt nicht an (NR = no response). 22 (50%) der 44 Purin-Analogon-refraktären Patienten sprachen auf MabCampath/CamPath an. CLL wurde bei 18 Patienten (20%) bis unter die Nachweisgrenze aus dem Blut und Knochenmark entfernt. Die mittlere Überlebensdauer war für MRD-negative Patienten im Vergleich zu denen, die MRD-positive CR-, PR-, oder NR-Niveaus erreichten signifikant länger. Patienten, die ein MRD-negatives CR-Niveau erreichten, überlebten behandlungsfrei länger als Patienten mit MRD-positiven CR-, PR-, oder NR-Niveaus: MRD-negatives CR, nicht erreicht; MRD-positives CR, 20 Monate; PR, 13 Monate; NR, 6 Monate (P kleiner 0,0001)]. Das Gesamtüberleben der 18 Patienten mit MRD-negativen Remissionen betrug nach 60 Monaten 84%. Acht (47%) der MRD-negativen Patienten wurden im Durchschnitt nach 28 Monaten MRD-positive.

Informationen zur CLL (chronischen lymphatischen Leukämie)

CLL ist die am weitesten verbreitete Form von Leukämie bei Erwachsenen und betrifft ca. 120.000 Menschen in den USA und Europa. Die Krankheit ist durch eine Anhäufung nicht funktionsfähiger, unreifer weisser Blutkörperchen (Lymphozyten) im Knochenmark, Blut, Lymphgewebe und anderen Organen gekennzeichnet. Im Blut gibt es zwei Arten von Lymphozyten, B-Zellen und T-Zellen. In ca. 95% der CLL-Fälle sind kanzeröse B-Zellen beteiligt. Da leukämische B-Zellen länger leben als normale, fangen sie an, die normalen, gesunden Blutkörperchen zu "verdrängen".

Quelle: PR Newswire Meldung vom 03.05.2005
Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) kann sehr unterschiedlich verlaufen. Manche Patienten leben mehr als 20 Jahre ohne Behandlung, während andere innerhalb weniger Jahre an ihrer Krankheit versterben. Zur Entwicklung individuelle Therapiestrategien ist die Verfügbarkeit aussagekräftiger Faktoren zur Prognoseabschätzung wichtig. Der Mutationsstatus der Immunglobulingene (IgVH) der CLL-Zellen scheint eine wichtige prognostische Bedeutung zu haben.

Klinische Merkmale erlauben keine präzise Vorhersage des Krankheitsverlaufes für einzelne Patienten. Zur Entwicklung individuelle Therapiestrategien für einzelne Patienten ist jedoch die Verfügbarkeit aussagekräftiger Faktoren zur Prognoseabschätzung wichtig. Nach ersten Ergebnissen scheinen bestimmte genetische Eigenschaften der CLL Zellen eine wichtige prognostische Bedeutung zu haben.

Unter den wichtigsten genetischen Eigenschaften scheint dabei der Mutationsstatus der variablen Anteile der Immunglobulingene (IgVH) zu sein. Die Mutation der IgVH Gene ist dabei ein in den Zellen des Immunsystems normaler Vorgang der die Erkennung von Krankheitserregern beeinflußt. Bei der CLL können durch den IgVH Status zwei Gruppen unterschieden werden: die CLL mit mutierten und die CLL mit unmutiertem IgVH. Dabei hat nach ersten Untersuchungen die CLL mit mutiertem IgVH eine gute und die CLL mit unmutierten IgVH eine schlechte Prognose. Im vorliegenden Projekt soll erstmals in einer kontrollierten klinischen Therapiestudie die prognostische Rolle des IgVH Status untersucht werden. Im einzelnen soll die folgenden Ziele verfolgt werden:
  1. Bestimmung des IgVH Status bei den Patienten in der CLL1 Therapiestudie der Deutschen CLL Studiengruppe (DCLLSG),
  2. Vergleich des IgV Status mit anderen Krankheitsmerkmalen, die den Verlauf der CLL vorhersagen könnten,
  3. Ermittlung der prognostischen Wertigkeit des IgVH Status im Vergleich zu anderen möglichen Prognosefaktoren der CLL im Rahmen dieser prospektiven Therapiestudie,
  4. Entwicklung einer möglichst genauen Vorhersage anhand des IgVH Status und anderer Faktoren ob und wie schnell die CLL voranschreiten wird
  5. Entwicklung von individuellen, für den einzelnen Patienten möglichst schonenden und gleichzeitig wirksamen Behandlungsstrategien aufbauend auf der Risikoeinschätzung anhand des IgVH Status.
Kontakt:
Dr. Stephan Stilgenbauer
Abteilung Innere Medizin III
Universitätsklinik Ulm
Robert-Koch-Str. 8
89081 Ulm
Tel.Nr.0731 500 24410
Fax-Nr. 0731 500 24493

Quelle: idw-Pressemitteilung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf am 10.06.2005
Die allogene Stammzelltransplantation (HCT) nach nonmyeloablativer Konditionierung kann das Überleben für einige Patienten mit fortgeschrittener Chronischer Lymphatischer Leukämie (CLL) verlängern, so das Ergebnis einer multizentrischen Studie.

Das mittlere Überleben von CLL-Patienten, die Resistenz gegen die Erstbehandlung mit Fludarabine aufweisen, ist nur 12 Monate, und nur 21 Monate für diejenigen, die nach anfänglichem Ansprechen auf Fludarabine einen Rückfall erleiden.

Auf der Basis von präklinischen Tierversuchen entwickelte Dr. David G. Maloney des Fred Hutchinson Kebsforschungszentrums in Seattle mit Kollegen eine nicht-myeloablative Behandlung mit allogener HCT bei 64 Patienten mit chemotherapierefraktärer CLL.

Der Behandlungsverlauf bestand aus Ganzkörperbestrahlung mit oder ohne drei Dosen Fludarabine, zusammen mit nach der Transplantation angewendeter Immunsuppression mit "Mycophenolate mofetil" und Cyclosporin.

Einundsechzig Patienten wiesen eine dauerhafte Einnistung der Stammzellen auf, und das durchschnittliche Niveau des Chimärismus am Tag 28 war 95%, so die Autoren in der am 1. Juni 2005 erschienenen Ausgabe des Journal of Clinical Oncology.

Eine Transplantat gegen Wirt Krankheit (GVHD) der Grade 3 und 4 trat bei 19% der Patienten auf, und 50% entwickelten eine weitreichende chronische GVHD nach 2 Jahren.

Die Hälfte der Patienten mit messbarer Krankheit erreichten in den ersten 2 Jahren eine Komplettremission, und 17% erreichten Teilremissionen. Vollständige Remissionsraten waren bei Transplantaten von verwandten Spendern niedriger (42%) als von Fremdspendern (78%).

Die 2-jährige geschätzte Wahrscheinlichkeit des krankheitsfreien Überlebens war 52%, und allgemeines Überleben war 60%, so das Forschungsteam.

"Wir haben die Machbarkeit und die frühen Ergebnisse mit einem nicht-myeloablativen Regime gezeigt, Patienten mit Fludarabine-refraktärer CLL mit HLA-kompatiblen verwandten oder unverwandten allogenen Transplantationen zu behandeln... Keine andere Therapie bietet diese Höhe der Ansprechrate in dieser Patientengruppe", so die Ermittler.

Diese Ergebnisse, fügen sie hinzu, "unterstützen den Bedarf nach prospektiven Phase-Studien, die die verschiedenen Therapiemodalitäten für Patienten mit Fludarabine-refraktärer CLL vergleicht".

Quellen:

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