Chronische Myeloische Leukämie (CML)

Jeder Tumorpatient reagiert ein wenig anders auf standardisierte Chemotherapien. Mathematische Modelle könnten nun zumindest für Leukämiekranke zu einer individuell abgestimmten und damit wirksameren Behandlung führen. Die Grundlage dafür entwickelten Wissenschaftler von der University of Maryland. 

Wie sie in der Fachzeitschrift "PLoS Computational Biology" berichteten, analysierten sie bei Blutkrebspatienten die natürliche Reaktion des Immunsystems während der Therapie mit dem Wirkstoff Imatinib. Aus diesen Daten können sie mit mathematischen Simulationen im Computer genau die Zeitpunkte bestimmen, zu denen die Arznei mit großer Wahrscheinlichkeit die beste Wirkung bei vertretbaren Nebenwirkungen für jeden einzelnen Patienten zeigt. Bevor diese Methode reif für den Einsatz am Patienten ist, stehen jedoch noch Versuche am Tiermodell und klinische Studien aus. 

Quelle: FTD vom 23.06.2008
Die Behandlungsstrategie der CML hat sich seit Einführung von Imatinib im Jahre 1999 grundlegend gewandelt. Ein in "ONKOLOGIE heute Heft 03/2008" im Mai erschienener, deutschsprachiger Artikel von Prof. Andreas Hochhaus faßt den Stand der Therapie und Verlaufskontrolle der CML zusammen, inklusive Imatinib-Therapie, Molekulares Monitoring, Resistenzmechanismen, Medikamente der zweiten und dritten Generation.

Der Artikel behandelt folgende Themen:
Quelle: Optimierung der Therapie und Verlaufskontrolle der chronischen myeloischen Leukämie (CML), Prof Andreas Hochhaus, ONKOLOGIE heute Heft 3/Mai 2008. Volltext-Download mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Die 6. internationale Konferenz "Neue Horizonte in der Krebsbehandlung für Patientenorganisationen mit CML oder GIST" fand in diesem Jahr in Baveno am Lago Maggiore (Italien) vom 27. bis 29. Juni 2008 statt. Die von Novartis organisierte Konferenz "New Horizons in treating cancer" bringt nunmehr seit 6 Jahren aus aller Welt Patientenvertreter von Selbsthilfegruppen für CML und GIST zusammen, um diese in der Selbsthilfearbeit weiterzubilden sowie den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Patientenorganisation zu fördern. 

Erstmals wurde die Konferenz im Jahr 2003 in Diessenhofen bei Zürich mit ca. 20 Patientenvertretern veranstaltet. In diesem Jahr waren es schon mehr als 100 Patientenvertreter von 35 Patientengruppen von allen Kontinenten. Diese trafen sich für drei Tage, um gemeinsam in Vorträgen und Workshops medizinische Neuigkeiten zu erfahren und zu diskutieren. Desweiteren wurden Themen rund um die Selbsthilfe und Organisation von Patientengruppen behandelt und auch ausreichend Zeit zum persönlichen kennenlernen war gegeben. Für die nicht englischsprechenden Teilnehmer wurden Simultanübersetzungen der Vorträge und Diskussionen in Japanisch, Spanisch, Griechisch und Russisch angeboten.

Als Referenten für die medizinischen Vorträge zur CML waren u.a. Dr. Eduardo Olavarria (Hammersmith Hospital, London UK), Dr. Francisco Cervantes (Universitätsklinik Barcelona, Spanien), Prof. Alain Astier (Henri Mondor University Hospital, Creteil Frankreich), Dr. Dina Ben Yehuda (Direktorin der hämatologischen Abteilung am Hadassah Klinikum, Jerusalem, Israel) und Carolyn Blasdel (OHSU-Oregon Health & Science University in Portland, Oregon USA) anwesend, die insbesondere den Bereich der CML-Therapie erläuterten. Hochinteressante Vorträge für den GIST-Bereich wurden von Priv.-Doz. Dr. Peter Reichardt (Helios Klinikum Bad Saarow, Sarkomzentrum Berlin-Brandenburg), Dr. Jonathan Fletcher (Harvard Medical School, Boston USA) und Markus Wartenberg (Das Lebenshaus e.V.) gehalten. Weiterhin wurde die Entwicklung der im letzten Jahr vorgestellten Webplattform "CML Advocates Network" vorgestellt und die "CML-Erklärung von Baveno" von den anwesenden Patientenvertretern gemeinsam erstellt und unterzeichnet.

Dr. Peter Reichardt referierte über die Herausforderung in der Entwicklung von Krebsmedikamenten, insbesondere über die Medikamentsuche am Beispiel Imatinib, welche als klassisches Beispiel einer geplanten Entwicklung im Gegensatz zum bisher angewandten traditionellen Screening dient. In der Vergangenheit wurden mögliche Wirkstoffe geprüft, gegen welche Krankheit sie nützlich sein könnten. Bei der Ph+ CML ist man den umgekehrten Weg gegangen, es wurde speziell ein Wirkstoff gesucht, der die Tyrosinkinase (Signalweg), die zum bösartigen bcr-abl-Protein führt, unterbindet. Weiterhin wurde der Verlauf und die Fragestellungen der der einzelnen Phasen der Medikamentenentwicklung in Studien von Phase 1 (Dosis-Wirkungs-Studie), die Phase 2 (Open-Label-Studie) bis hin zur Phase 3 (randomisierte Studie) ausführlich erläutert.

Dr. Francisco Cervantes gab einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der CML-Therapie mit den Tyrosinkinasehemmern Imatinib, Dasatinib und Nilotinib. Sie erklärte dabei die biologischen Grundlagen der CML, die Mechanismen der Entwicklung der Krebszellen, die Funktionsweise der neuartigen Tyrosinkinasehemmer, die Entwicklung von Resistenzen sowie der Überwindung durch Dosiserhöhung oder Medikamente der zweiten Generation. Außerdem gab er einen Überblick über bisherige Studienergebnisse sowie Nebenwirkungsprofile aller drei Therapien.

Dr. Eduardo Olavarria (Hammersmith Hospital, London) stellte ein Update der bereits im letzten Jahr vorgestellten innovativen Methode einer Kombination von dosisreduzierter Stammzelltransplantation mit nachfolgender Imatinib-Erhaltungstherapie und verzögerter Spenderlymphozytengabe (DLIs) vor. Seine Studie zeigt deutliche Verbesserung bei der Behandlung gegenüber der üblichen Stammzelltransplantation, da die dosisreduzierte Stammzellentransplantation geringere Nebenwirkungen durch Toxizität aufweist, die verzögerte Spenderlymphozytengabe die Graft-versus-Host-Disease-Risiken minimiert, und die Imatinib-Gabe das Rezidivrisiko nach der Transplantation verringert. Insgesamt wurde in der Pilotstudie eine geringe transplantationsbedingte Mortalität und eine hohe Rate erfolgreicher, rückfallsfreier Heilungen beobachtet. Dabei wurde nach der Transplantation 12 Monate lang Imatinib verabreicht, und dann erst Spenderlymphozyten angewendet. Fast alle Patienten erreichten eine Reduktion um 3-log-Stufen.

Carolyn Blasdel (Krebskrankenschwester bei Dr. Druker an der Oregon State University) stellte eine umfangreiche Übersicht vor, wie Nebenwirkungen durch die bei der CML eingesetzten Medikamente entgegnet werden kann. Es wurden viele praktische Tipps und Tricks vermittelt, um die Nebenwirkungen bzw. auch das Versagen bei Glivec (Imatinib), Sprycel (Dasatinib) und Tasigna (Nilotinib) zu mildern und die Patienten vor Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu sensibilisieren. Bekannt sind z.B. der Verzicht auf Grapefruitsäfte, Johanniskraut und bestimmte Antibiotika. Viele dieser Hilfestellungen dürften den Lesern von Leukaemie-Online schon aus dem Forum bekannt sein. Zusammenfassend lässt sich sagen , das alle drei Tyrosinkinaseinhibitoren im Vergleich zur traditionellen Chemotherapie bzw. zu Interferon gut verträglich sind. Die meisten Nebenwirkungen lassen im Laufe der Zeit deutlich nach bzw. lassen sich durch geeignetes Nebenwirkungsmanagement deutlich mildern. Besonders wichtig bei allen bereits genannten Inhibitoren ist die Therapietreue ("Compliance"), da einige Patienten sich subjektiv "gut fühlen" und deshalb nach der Anfangsphase Ihre Medikamente nicht mehr regelmäßig einnehmen -- eine große Gefahr für die Resistenzbildung und mögliches Therapieversagen.

Im Anschluß standen Dr. Dina Ben Yehuda (Abteilung Hämatologie des Hadassah Hebrew University Medical Center) , Carolyn Blasdel (OHSU), Eduardo Olavarria und Roger Waltzman (Novartis) im Rahmen einer "Frage den Experten"-Sitzung für 1,5 Stunden für Fragen der Patientenvertreter zur Verfügung. Die Sitzung wurde sehr intensiv genutzt, und da einige der Referenten über mehrere Tage anwesend waren, gab es auch in den Kaffeepausen sowie nach dem Essen bis spät in die Nacht Gelegenheit, Fragen an die Experten zu stellen.

Prof. Alain Astier hielt eine sehr interessante Präsentation über die Pharmakologie von Tyrosinkinaseinhibitoren. Gezielte molekulare Therapien (z.B. Tyrokinaseinhibitoren) sind ein wesentlicher Fortschritt in der modernen Krebsbehandlung geworden. Sie wirken im Gegensatz zur klassischen Krebsbehandlung, die auf Hemmung der Zellproliferation auf DNA-Ebene abzielt, auf Hemmung der intrazellulären Signalwege (Tyrosinkinasen) und wirken daher spezifischer, so dass die Wirkung auf normale Zellen nicht toxisch bzw. nur moderat toxisch ist. Die Wirkungsweise von Tyrosinkinaseinhibitoren ist stark abhängig von individuellen Merkmalen der einzelnen Patienten. Das können Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, Essen, Alkohol, aber auch Erblichkeit oder andere Einflüsse sein. Als Beispiel wurde die Nahrungsaufnahme am Beispiel Nilotinib erläutert. So ist bei Nilotinib zum Beispiel erforderlich, das man 2 Stunden vor und mind. 1 Stunde nach der Einnahme keine Nahrung zu sich nimmt. Im Rahmen der der Präsentation wurde als Fazit präsentiert: Bei den Tyrosinkinaseinhibitoren handelt es sich um leistungsfähige Behandlungsmöglichkeiten für CML, GIST und andere Malignome, deren beste Wirksamkeit nur erreicht wird, wenn man die medikamentös bedingten Nebenwirkungen, die Toxizität, die Einflussnahme von Wechselwirkungen und die unzureichende Einhaltung der Medikamenteneinnahme kontrolliert. Bei der Erreichung dieses Ziel spielt die Erziehung jedes einzelnen Patienten eine wichtige Rolle, unterstützt sollten diese von Ärzten, Apothekern, Krankenschwestern und Patientenvertretern werden.

Jan Geissler (Vorsitzender von Leukaemie-Online und Vize-Präsident von ECPC) gab ein Update zur Webplattform "CML Advocates Network", welche im letzten Jahr auf der Konferenz in Bad Nauheim vorgestellt wurde. Die "New Horizons"-Konferenzen haben starke und wichtige Verbindungen zwischen den teilnehmenden Patientengruppen geschaffen. Allerdings sei "nach der Konferenz oft vor der Konferenz", da danach der Austausch nur sporadisch erfolgte. Das "CML Advocates Network" soll die Patientengruppen dauerhaft vernetzen und den gegenseitigen Austausch und Unterstützung organisieren. Due Plattform wird von Patientengruppen betrieben und finanziert und ist daher unabhängig. Zur Zeit sind 30 Interessensgruppen mit 41 Vertretern über die Webplattform miteinander vernetzt. Ein erster Erfolg des Netzwerks war eine Kampagne zur Weiterführung der Dasatinib-START-Studien, um Langzeitdaten zu ermitteln. Weiterhin wurde ein spanischsprechendes Forum eröffnet werden und durch offene Briefe an die Gesundheitsminister von Polen und Bulgarien der Zugang zu CML-Therapien verbessert.

Weiterhin fanden parallel diverse Workshops zur Weiterbildung der Patientenvertreter in effektiver Selbsthilfearbeit statt:
  • "Ihre Botschaft durch effektives Schreiben rüberbringen" (Kathrin Schuster, Lebenshaus e.V.)
  • "Markenaufbau für Patientengruppen" (Dr. Herbert Thum)
  • "E‐Advocacy - wie das Internet die Arbeit von Patientengruppen verändert" (Jan Geißler, Leukämie-Online)
  • "Kommunikation von Arzt und Patient" - (Doris Schmitt, Mamazone e.V.)
  • "Effektive Besprechungsarbeit" (Markus Wartenberg, Lebenshaus e.V., Giora Sharf, Israel CML Patient Organisation)

Die CML-Erklärung von Baveno


Die versammelten CML-Vertreter haben im Rahmen der Konferenz eine "CML-Erklärung von Baveno" verfaßt und unterzeichnet, um weltweit auf Verbesserungspotential der CML-Therapie aufmerksam zu machen und die ausnahmslose Anwendung internationaler Therapiestandards zu fordern. Die Vertreter der weltweiten Gemeinschaft der CML-Patientengruppen fordern in der Deklaration gemeinsam alle für die Behandlung und Pflege von CML-Patienten Verantwortlichen zu Folgendem auf:

  1. Die Zusammenarbeit Aller mit dem ultimativen Ziel: Das Finden einer nicht invasiven Heilung für CML
  2. Die Behandlung muß gemäß international anerkannter Therapieleitlinien im Einklang mit international anerkannter Evidenz erfolgen, die durch das ELN (European Leukemia Net) und das NCCN (National Compehensive Cancer Network) festgelegt werden.
  3. Es muß sichergestellt werden, dass alle Patienten eine schnell und akkurate Diagnosestellung erhalten.
  4. Es muß sichergestellt werden, dass alle Patienten die gleiche optimale Betreuung und Behandlung bekommen, unabhängig von Rasse, Geschlecht, Alter, Nationalität, Glauben, wirtschaftlichen Verhältnissen oder Wohnort.
  5. Patienten sollen mit den Informationen und Mitteln versorgt werden, die sie benötigen, um von CML-Experten behandelt werden zu können.
  6. Es soll sichergestellt sein, dass alle Patienten ihre Therapie und Versorgung durch spezialisierte Zentren, vorzugsweise durch multidiziplinäre Teams, erhalten. Diese Zentren und Ärzte sollten an Studien teilnehmen, die durch internationale CML-Netzwerke organisiert werden, um sicherzustellen, dass Patienten immer die beste verfügbare Therapie erhalten.
  7. Der Zugang zu international standardisierter zytogenetischer und molekularer Diagnostik, Mutationsanalyse sowie Pathologie durch Experten soll gewährleistet sein, damit Ärzte und Patienten eine gut informierte Therapientscheidungen fällen können. Bei suboptimalen Ansprechen oder starken Nebenwirkungen sollen pharmakokinetische Untersuchungen des Blutplasmaspiegels durchgeführt werden.
  8. Patienten müssen zu jeder Zeit Einblick in Ihre Krankenakte bzw. zu Ihren Laborergebnissen nehmen können, unabhängig von nationalen Beschränkungen.
  9. Die Patienten sollen in die Lage versetzt werden, zytogenetische Befunde, FISH und PCR-Untersuchungen zu verstehen, um Ängste zu minimieren, die durch Verspätungen bzw. Verständnisprobleme der Testergebnisse entstehen könnten.
  10. Es muß Patienten auf Wunsch problemlos möglich sein, eine Zweitmeinung einzuholen.
  11. Patientenvertreter sollen an Entscheidungsprozessen zur Forschung sowie zum Zugang zu Therapien teilnehmen.
  12. Es muß sichergestellt sein, das Patienten Zugang zu den Informationen aller relevanten klinischen Studien erhalten. Die Teilnahme an Studien muß auch über Ländergrenzen hinweg unterstützt werden.
  13. Alle Patienten sollen psychologische und soziale Unterstützung erhalten, wenn sie diese benötigen.
  14. Patienten sollen Zugang zu einer angemessenen Finanzierung der Therapien erhalten, damit keine Behandlung aufgrund ökonomischer Zwänge unterbleibt. Dies beinhaltet die angemessene Kostenerstattung zugelassener Therapien, sowie Therapiezugangsprogramme bis zu dem Zeitpunkt, an dem die volle Kostenerstattung durch das Gesundheitssystem erfolgt.

Persönliches Kennenlernen


Einer der wichtigsten Punkte dieser Konferenz sollte aber das gegenseitige Kennenlernen der Teilnehmer sein. Dies wurde schon in der Begrüßung durch den Gastgeber Harout Semerjian (Novartis) ausdrücklich gewünscht, in dem er forderte, das am Ende der drei Tage jeder mindestens fünf neue Teilnehmer kennengelernt haben sollte. Durch ausreichend Zeit in den Pausen, beim Mittag- und Abendessen und in der Zeit zwischen den Tagesordnungspunkten konnte wohl jeder der Teilnehmer diesen Wunsch erfüllen. Weiterhin wurden natürlich auch viele bestehende Bekanntschaften intensiviert.

Bericht verfaßt von Marc und Jan.

Weiterführende Informationen

Imatinib hat die Therapie der CML grundlegend verändert und ist heute unumstrittener Standard für die Initialbehandlung. Das neueste Update der Studie weist eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 88% auf. Die jährliche Rezidivrate ist im sechsten Jahr auf 0,4% gesunken, mit 0% Übergang in die Akzelerations- oder Blastenphase. Ein Problem der Imatinibtherapie sind frühe Rezidive im ersten und zweiten Jahr. Die Identifikation der Risikopatienten durch Nutzung biologischer Parameter bei Diagnosestellungstellung und verlaufsabhängiger Daten auf hämatologischem, zytogenetischem und molekularem Niveau ist eines der Hauptziele der modernen CML-Therapie. Der Einsatz neuer Tyrosinkinaseinhibitoren ist bei Imatinibresistenz oder -unverträglichkeit indiziert. 

Zur Verfügung stehen Dasatinib (Sprycel, BMS), Nilotinib (Tasigna, Novartis), Bosutinib (SKI-606, Wyeth) und INNO-406 (Innovive). Dasatinib ist für die CML nach Imatinib-Versagen und die Ph-positive ALL zugelassen, Nilotinib für die CML in chronischer und akzelerierter Phase nach Imatinib- Versagen. Bosutinib wird derzeit in einer Phase-II-Studie in mehreren deutschen Zentren untersucht, die Rekrutierung zur Phase-I-Studie mit INNO-406 wurde kürzlich beendet. 

Das Wirkungsspektrum der beschriebenen oralen Tyrosinkinase-Inhibitoren ist heterogen. Während Nilotinib eine höhere BCR-ABL-Spezifität als Imatinib aufweist und zusätzlich die PDGF-Rezeptoren alpha und beta sowie c-kit hemmt, beeinflussen Dasatinib und Bosutinib hingegen zusätzlich SRC-Kinasen, INNO-406 die Lyn-Kinase. Bosutinib hemmt hingegen nicht die PDGF-Rezeptoren und c-kit, welches mit einer geringeren Inzidenz von Flüssigkeitsretentionen verbunden ist. 

Die Wirksamkeit der genannten Medikamente auf mit Imatinib-Resistenz verbundene BCR-ABL-Mutationen ist unterschiedlich stark und wird in der mittleren Hemmkonzentration IC50 in vitro ausgedrückt. Grundsätzlich besteht eine komplette Resistenz der BCR-ABL-Mutation T315I. Für Imatinib-intolerante Patienten besteht in der Regel keine Kreuz-Intoleranz bezüglich nichthämatologischer Nebenwirkungen. 

Der Einsatz der neuen Inhibitoren erfolgt auf der Basis hämatologischer, zytogenetischer und molekularer Parameter, die unter Federführung des European LeukemiaNet erarbeitet und publiziert wurden. Ein sorgfältiges und regelmäßiges Monitoring aller CML-Patienten ermöglicht die rechtzeitige Therapieoptimierung. Die Vielfalt der therapeutischen Möglichkeiten der CML-Patienten erbringt eine Individualisierung der Behandlung. Zahlreiche offene Fragen sollten Anlass zur Therapie aller CML-Patienten in klinischen Studien sein. Die deutlich verbesserte Lebenserwartung der CML-Patienten ist verbunden mit einer rasch steigenden Prävalenz bei konstanter Inzidenz. Eine Therapie der Patienten in niedergelassenen Praxen ist möglich, jedoch wird initial zur Planung der Therapiestrategie sowie bei auftretenden Problemen die Vorstellung in einem hämatologischen Zentrum empfohlen. 

Zur Erstlinientherapie der CML steht die CML-IV-Studie nach wie vor zur Verfügung, ein Überblick über die Therapiemöglichkeiten bei suboptimalem Ansprechen oder bei Imatinib-Versagen findet sich hier.

Quelle: Artikel von Prof. Andreas Hochhaus, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, aus dem Rundbrief des Kompetenznetz Leukämie, Nr. 12 von Juni 2008 (pdf)
Vitamin C schützt als Antioxidans gesunde Zellen vor einer Schädigung durch freie Radikale. Es schützt aber auch Krebszellen, die durch eine Chemotherapie abgetötet werden sollen, berichten amerikanische Forscher.

In Experimenten mit Zellkulturen und Mäusen schwächte eine Vorbehandlung mit Vitamin C die Wirkung sämtlicher getesteter Krebsmittel. Ursache dafür war aber nicht die Inaktivierung freier Radikale. Vielmehr schützte das Vitamin die Mitochondrien, die "Kraftwerke der Zelle", die von den Krebsmitteln angegriffen werden. Krebspatienten sollten daher ihren Vitamin C-Bedarf durch Nahrungsmittel decken und auf hoch dosierte Vitaminpräparate verzichten, empfehlen die Wissenschaftler im Fachblatt "Cancer Research".

"Vitamin C scheint die Mitochondrien vor starken Schäden zu schützen und so die Zellen vor dem Absterben zu bewahren. Alle Krebsmittel wirken - direkt oder indirekt -, indem sie die Mitochondrien schädigen, womit sie den programmierten Zelltod auslösen", sagt Mark Heaney vom Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York. Er und seine Kollegen testeten zunächst die Krebsmedikamente Doxorubicin, Cisplatin, Vincristin, Methotrexat und Imatinib auf ihre Wirkung auf Kulturen von Leukämie- und Lymphomzellen. Ein Teil der Zellkulturen wurde mit Dihydro-Ascorbinsäure (DHA), der Transportform von Vitamin C, vorbehandelt.

Die Vorbehandlung hatte zur Folge, dass 30 bis 70 Prozent weniger Zellen abstarben. Auch in Mäuse verpflanzte Tumore wuchsen nach einer Chemotherapie schneller, wenn sie mit DHA vorbehandelt worden waren. Die Forscher stellten fest, dass sich das Vitamin im Krebsgewebe sogar stärker ansammelte als in gesundem Gewebe. Die Wirkung des Vitamins beruhte nicht, wie zunächst vermutet, auf der Eliminierung freier Radikale, die durch manche Krebsmittel verstärkt entstehen, sondern auf dem Schutz der Mitochondrienhülle. Inwieweit diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, so die Forscher, müssten weitere Untersuchungen zeigen.

Quelle: Wissenschaft aktuell vom 01.10.2008