Chronische Myeloische Leukämie (CML)

Letztes Jahr stand die Streitfrage, ob Imatinibmesylat herzschädigend ist, im Mittelpunkt. Jüngste Daten scheinen ein erhöhtes Risiko von Herzvorfällen bei mit Imatinibmesylat behandelten Patienten zu widerlegen.

B-Typ natriuretisches Peptid (BNP) wird vom Herzen in Antwort auf eine Anspannung des Herzmuskels freigesetzt und wird als genauer Test zur Diagnose auf Herzversagen angesehen. Die Messung von B-Typ natriuretischem Peptid im Serum ist, auch bei Patienten die keine Symptome zeigen, ein schnelles und einfaches Hilfsmittel zur Bewertung der Kammerfunktion. 

Die Forscher um Mario Tiribelli haben den Spiegel des B-Typ natriuretischen Peptids bei 50 Patienten (33 männlich und 17 weiblich), die bei CML in chronischer Phase mit Imatinib behandelt werden, gemessen. Die Imatinib-Therapie ruft letztlich keine Erhöhung der Spiegel des B-Typ natriuretischen Peptids hervor. Dies bestätigt indirekt das das Herz betreffende Sicherheitsprofil des Arzneistoffes, wie ebenfalls durch fehlende größere Herzschädigungen unserer Patienten angezeigt. Die Spiegel des B-Typ natriuretischen Peptids wurden durch Bluthochdruck und durch fortgeschrittenes Alter beeinflusst, aber Letztere könnten eine Verzerrung der Statistik sein, da Bluthochdruck bei der älteren Probandengruppe öfter auftritt.

Quelle: ASH-Abstract #2948 von Mario Tiribelli et al., Universität Udine, Italien. ASH-Abstract #2948 erscheint in Blood, Ausgabe 110, Band 11, November 16, 2007. Übersetzung und Zusammenfassung durch Alice/Jan.

Weitere Informationen:

Diskussion im Forum:
Dasatinib (Handelsname Sprycel) besitzt im Reagenzglas eine höhere Wirksamkeit gegen BCR-ABL als Imatinib und bindet an BCR-ABL sowohl in der inaktiven als auch in der aktiven Form. Dasatinib stellte sich als wirksame Behandlungsalternative bei Patienten mit CML in chronischer Phase (CP-CML) heraus, die auf Imatinib resistent sind oder es nicht vertragen. Auf der ASH-Jahreskonferenz wird über die erweiterte Verlaufskontrolle von START-C, einer internationalen Studie über Dasatinib mit 75 Zentren an 387 Patienten mit CML in chronischer Phase mit Resistenz (288 Patienten) oder Unverträglichkeit (99 Patienten) auf Imatinib, berichtet.

Die Studienaufnahme fand von Februar bis Juli 2005 statt. Dasatinib wurde zweimal täglich als 70mg-Dosis verabreicht; eine Dosissteigerung (zweimal täglich 90 mg) oder –senkung (zweimal täglich 50 oder 40 mg) wurde bei fehlendem Ansprechen bzw. Nebenwirkungen erlaubt. Die mittlere Zeitspanne von der Diagnose einer chronischen myeloischen Leukämie betrug 61 Monate (zwischen 32-50). Vorausgehende Therapiemethoden beinhalteten Interferon bei 65 % der Patienten und Stammzelltransplantation bei 10 %; 55 % hatten vorher Imatinib-Dosen höher als 600 mg erhalten und 53 % eine Behandlung mit Imatinib für mehr als 3 Jahre. Das beste Ansprechen bei einer vorausgehenden Imatinib-Therapie war ein vollständiges hämatologisches Ansprechen (CHR) bei 82 %, und vollständiges (CCyR) und teilweises zytogenetisches Ansprechen (PCyR) bei 19 % bzw. 18 %. Bei einer mittleren Verlaufskontrolle von 15,2 Monaten wurde ein vollständiges hämatologisches Ansprechen (CHR) bei 91 % der Patienten (95 % CI 87 – 93 %), weitgehendes zytogenetisches Ansprechen (MCyR) bei 59 % (95 % CI 54 – 64 %) (52 % mit Resistenz auf Imatinib, 80 % mit Unverträglichkeit auf Imatinib) und vollständiges zytogenetisches Ansprechen (CCyR) bei 49 % (40 % mit Resistenz auf Imatinib, 75 % mit Unverträglichkeit auf Imatinib) erreicht. 

Bei Patienten ohne vorhergehendes weitgehendes zytogenetisches Ansprechen auf Imatinib erzielten 42 % ein weitgehendes zytogenetisches Ansprechen mit Dasatinib. Eine Rate für weitgehendes zytogenetisches Ansprechen von 59 % wurde für Patienten mit Basis-BCR-ABL-Mutationen verzeichnet; ein Ansprechen wurde bei allen Mutationen mit Ausnahme von T315I beobachtet. Das weitgehende zytogenetische Ansprechen war dauerhaft und nur 7 von 230 Patienten, die ein weitgehendes zytogenetisches Ansprechen mit Dasatinib erreicht hatten, verloren dieses Ansprechen. 

Die Rate für weitgehendes molekulares Ansprechen (d. h. ein BCR-ABL/ABL-Verhältnis von weniger als 0,1 % gemäß der internationalen Skala der Real-time quantitativen Polymerasekettenreaktion [RQ-PCR]) bei 12 Monaten betrug 25 %. Das progressionsfreie Überleben bei 15 Monaten lag bei 90 %, während das Gesamtüberleben 96 % betrug. Dosisunterbrechungen waren bei 87 % der Patienten nötig und eine Dosissenkung bei 73 %; die durchschnittlich verabreichte Tagesdosis betrug 101 mg (zwischen 11 – 171). Berichte über einen Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) 3/4 Grades und eine Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut (Neutropenie) wurden bei 48 % bzw. 49 % der Patienten verzeichnet. Nicht hämatologische Schädigungen bestanden hauptsächlich aus Durchfall (37 %), Kopfschmerzen (32 %), Müdigkeit (31 %) und Atemnot (30 %). 27 % der Patienten erlitten einen Pleuraerguss (abnorme Flüssigkeitsansammlung in der Pleurahöhle); was als Grad 1 – 2 bei 21 % und Grad 3 – 4 bei 6 % der Patienten eingestuft wurde. 

Durch Dasatinib eingeleitetes zytogenetisches Ansprechen bleibt bei Patienten mit CML in chronischer Phase (CP-CML), die auf Imatinib resistent sind oder es nicht vertragen, dauerhaft. 

Quelle: ASH-Abstract #734 von Richard M. Stone, Hagop M. Kantarjian, Michele Baccarani, Jeffrey H. Lipton, Timothy Hughes, Rana Ezzeddine, Eric Bleickardt, Andreas Hochhaus. ASH-Abstract #734 erscheint in Blood, Band 110, Ausgabe 11, 16. November 2007. Übersetzung und Zusammenfassung durch Alice/Jan.
Imatinib (IM) und Interferon (IFN) sind wirksam bei der Behandlung von Patienten mit CML; Synergieeffekte beider Arzneistoffe wurden in Laborstudien nachgewiesen. Um Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Kombinationstherapie mit Imatinib und pegyliertem Interferon-2a (PEG-IFN) zu definieren, wurde eine Phase II-Studie mit 40 neu diagnostizierten Philadelphia-Chromosom-positiven Patienten mit CML in chronischer Phase durchgeführt. Die Ergebnisse werden auf der ASH-Jahrestagung vorgestellt.

Die Kombinationsbehandlung mit Imatinib und pegyliertem Interferon-2a wurde gut vertragen und führte zu einer hohen Rate an vollständiger zytogenetischer Remission (CCyR) und weitgehendem molekularem Ansprechen (MMR). Imatinib kann allerdings die Wirkung der Immuntherapie mit pegyliertem Interferon-2a verändern, beispielsweise durch Hemmung der Autoantigen-Expression, die letztlich zur durch Interferon ausgelösten Immunantwort gegen CML-Zellen führt. Aufeinanderfolgende Behandlungsabläufe (erst das eine Medikament, dann das andere, im regelmäßigen Zyklus) können gegenüber einer gleichzeitigen Behandlung, die Wirksamkeit von Kombinationstherapien mit Imatinib/pegyliertem Interferon-2a beeinflussen.

Hintergrund: Die Behandlung wurde im Mittel 0,7 Monate (0,1 – 2,5) nach der Diagnose begonnen. 18 Patienten (45 %) wiesen ein niedriges, 21 Patienten (53 %) ein mittleres und 1 Patient (2 %) ein hohes Risiko nach Hasford auf. Die Ziele dieser Studie waren, Wirksamkeit und Sicherheit von pegyliertem Interferon-2a, das in verschiedenen Kombinationsschemata mit Imatinib verabreicht wurde, zu bestimmen und die Myeloblastin-Expression (Proteinase 3, PR3) und ihren Zusammenhang mit PR3-spezifischen T-Zellen (PR3-CTL) als einem mutmaßlichem Ersatzmarker für ein Ansprechen auf Interferon-2a zu untersuchen. 

Nach einer anfänglichen Zellverringerung mit Hydroxyharnstoff/Hyrodxyurea, wurden die Patienten in Gruppe I (n = 20) einer Monotherapie mit pegyliertem Interferon-2a (6 Wochen), dann einer Imatinib-Monotherapie (6 Wochen), gefolgt von der Kombinationstherapie mit beiden Wirkstoffen unterzogen. Patienten der Gruppe II (n = 20) begannen mit einer Imatinib-Monotherapie (6 Wochen), gefolgt von der Kombinationstherapie. Die Imatinib-Zieldosis betrug 400 mg/Tag, für pegyliertes Interferon-2a 180 g/Woche während der Monotherapie und 135 g/Woche während der Kombinationstherapie. Dosis und Ablauf wurden gemäß den hämatologischen und nicht-hämatologischen Nebenwirkungen angepasst. 

Nach 48 und 96 Wochen erzielten 28 (70 %) und 35 Patienten (88 %) eine vollständige (CCyR), 6 bzw. 1 Patient eine teilweise zytogenetische Remission. Bei 5 Patienten wurde die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen (4 Patienten) oder mangelnde Wirksamkeit (1 Patient) beendet. Somit erreichten effektiv 33/40 Patienten (83 %) eine vollständige zytogenetische Remission (CCyR) in 96 Wochen. Weitgehendes molekulares Ansprechen (MMR; BCR-ABL-Verhältnis von 0,1 % gemäß der internationalen Skala) wurde bei 21 (53 %) und 26 Patienten (65 %) nach 48 bzw. 96 Wochen erreicht.

Nicht hämatologische Nebenwirkungen 3. Grades umfassten Hautausschläge (4 Patienten), erhöhte Anzahl an Transaminasen (3 Patienten), grippeähnliche Symptome (1 Patient) und Depression (1 Patient). 10 Patienten erlitten eine Leukozytopenie (Mangel an Leukozyten im Blut) 3. Grades, 5 bzw 1 Patient erlitten eine Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen) 3/4 Grades. Alles in allem wurde den Patienten 42 % der geplanten Interferon-2a- und 87 % der Imatinib-Dosen verabreicht. 

Die durch Interferon ausgelöste Immunreaktion wurde im Rahmen der Studie untersucht. Die Expressionsspiegel von PR3-mRNA wurden bei 264 Proben von 19 Patienten mittels eines quantitativen Polymerase-Kettenreaktions-Assays (PCR) bestimmt. Die PR3-Expression war mit Imatinib beträchtlich gesenkt, nicht aber mit vorab verabreichtem pegyliertem Interferon-2a (PEG-IFN). Autoreaktive PR3-spezifische T-Zellen (PR3-CTL) wurden zu Beginn der Therapie bei 2 von 14 Patienten nachgewiesen, nach einer pegylierten Interferon-2a-Monotherapie bei 3 von 6 und während der Kombinationstherapie bei 7 von 16. Die PR3-spezifischen T-Zellen stiegen nach einer anfänglichen Gabe von pegyliertem Interferon-2a an, sanken nach dem Beginn der Imatinib-Gabe ab und wurden mit einer höheren PR3-Antigenbeladung in Verbindung gebracht. 

Quelle: ASH-Abstract 1027 von Andreas Hochhaus und anderen. ASH-Abstract #1027 erscheint in Blood, Band 110, Ausgabe 11, 16. November 2007. Übersetzung und Zusammenfassung von Alice/Jan.
Nahrung kann die Bioverfügbarkeit eines Arzneistoffes verändern. Dies kann klinisch bedeutsame Auswirkungen haben kann. Eine auf nun auf der ASH-Tagung vorgestellte Studie wurde durchgeführt, um die Wirkung von Nahrung auf die orale Bioverfügbarkeit von Dasatinib (Handelsname Sprycel) bei gesunden erwachsenen Individuen zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen, dass Dasatinib unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden kann. Der Arzneistoff war im Allgemeinen sicher und wurde gut vertragen, egal ob er nach einer Nahrungsaufnahme oder nüchtern eingenommen wurde.

Verfahren: 54 gesunden erwachsenen Individuen wurde eine Einmaldosis von 100 mg Dasatinib als Filmtabletten zu 2 x 50 mg nach einer Fastenzeit über Nacht und innerhalb von 10 Minuten nach einem fettarmen Essen (315 kcal [20 % Fett, 68 % Kohlehydrate und 12 % Eiweiß]) und einem fettreichem Essen (985 kcal [52 % Fett, 34 % Kohlehydrate und 14 % Eiweiß]) in einer nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Abfolge verabreicht. 

Die einzelnen Behandlungen wurden durch eine mindestens 7-tägige medikamentlose Zeit (Auswaschperiode) getrennt. Aufeinanderfolgende Blutproben wurden 24 Stunden lang nach jeder Behandlung entnommen, um die Dasatinib-Konzentrationen im Blutplasma sowie die pharmakokinetischen Parameter des Medikaments zu bestimmen bestimmt. Die Sicherheit wurde während der gesamten Studie überwacht. 

Von den 54 gesunden erwachsenen Individuen (85 % männlich, Durchschnittsalter 32 Jahre und Gewicht 80 kg) schlossen 48 die Studie ab. Es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf. Die Nebenwirkungen und Laborabweichungen waren im Allgemeinen typisch für diejenigen, die bei einer Verabreichung von Dasatinib beobachtet werden. Im Vergleich zum nüchternen Zustand senkte ein fettarmes Essen die maximale Blutkonzentration des Wirkstoffs (Cmax) und die Fläche unter der Spiegelkurve (AUC) von Dasatinib um 21 %; ein fettreiches Essen senkte Cmax um 24 % und erhöhte die Fläche unter der Kurve (AUC) um 14 %. 

Quelle: ASH-Abstract #4569 von Sanjeev Kaul und anderen. ASH-Abstract #4569 erscheint in Blood, Band 110, Ausgabe 11, 16. November 2007. Übersetzung und Zusammenfassung von Alice/Jan.
Eine multizentrische Phase-III-Pilotstudie wurde durchgeführt, um die Sicherheit und Wirksamkeit einer Gabe von Imatinib in Phasen sowie die Kombination von Granulozyten-Koloniestimulierendem Faktor (G-CSF) mit Imatinib bei Patienten mit CML in chronischer Phase nach Erreichen eines vollständigen zytogenetischen Ansprechens unter Imatinib zu bestimmen. 

45 Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip gleich auf 3 Arme verteilt: konstante Imatinib-Gabe; phasenweise Imatinib-Gabe (= 3 Wochen lang Imatinib und 1 Woche lang kein Arzneistoff); und phasenweise Imatinib und G-CSF (= Wochen lang Imatinib und 1 Woche lang G-CSF). Die verabreichte Imatinib-Dosis war die Dosis, bei der der Patient zuvor ein vollständiges zytogenetisches Ansprechen (CCR) erreicht hatte. 

Beide Versuchsarme stellten sich schließlich als sicher und gut verträglich heraus. Bei dieser Pilotstudie gab es keinen eindeutigen Unterschied bei der Wirksamkeit, wenn entweder phasenweise Imatinib-Gabe (pIM) oder phasenweise Imatinib- und G-CSF-Gabe (pIM-G) mit konstanter Imatinib-Gabe (cIM) verglichen wurde, trotz der 25 % Senkung der wirksamen Imatinib-Dosis in den Versuchsarmen. Da es keinen klaren Nutzen gibt, bedeutet dies, dass dieser Ansatz nicht als eine Alternative zu einer Standarddosierung von Imatinib empfohlen werden kann, er kann jedoch auf eine ausgewählte Patientengruppe, die eine tägliche Standarddosierung nicht verträgt, angewendet werden.

Quelle: ASH-Abstract 1033 von Nicholas Heaney, Mark Drummond, Jaspal Kaeda, Franck Nicolini, Richard Clark, George Wilson, Pat Shepherd, Jane Tighe, Lorna McLintock, Timothy Hughes, Tessa L. Holyoake. Übersetzung und Zusammenfassung durch Alice/Jan.