Chronische Myeloische Leukämie (CML)

Nilotinib kann eine wirksame therapeutische Alternative bei Patienten mit CML in chronischer Phase sein, die auf Imatinib resistent sind oder es nicht vertragen, und es weist annehmbare Sicherheits- und Verträglichkeitsprofile auf. Bei einer längeren Verlaufskontrolle steigt das zytogenetische Ansprechen weiter an und während der Nilotinib-Therapie wurde keine Änderung des Sicherheitsprofils beobachtet.

Nilotinib (Tasigna, AMN107) ist ein neuartiger, selektiver BCR-ABL-Hemmer. Er ist wirksamer gegen Wild-Typ BCR-ABLs als Imatinib und gegen 32/33 Imatinib-resistente BCR-ABL-Mutationen wirksam. 
Diese Analyse umfasst die Daten von 320 Patienten, die mindestens 6 Monate lang einer Nilotinib-Therapie unterzogen wurden (70,6 % mit Imatinibresistenz; 29,4 % mit Unverträglichkeit auf Imatinib). Das Durchschnittsalter lag bei 58 Jahren, die durchschnittliche Erkrankungsdauer an chronischer myeloischer Leukämie betrug 57,3 Monate und 50,3 % der Personen waren männlich. Bei 188 Patienten (58,8 %) wird die Behandlung mit Nilotinib fortgesetzt und 132 Patienten (41,3 %) brachen die Behandlung ab, 51 (15,9 %) aufgrund von Krankheitsprogression, 51 (15,9 %) aufgrund von Nebenwirkungen (AE). Die Patienten waren durchschnittlich 341(1 – 624) Tage Nilotinib ausgesetzt und die mittlere durchschnittliche Dosenstärke betrug 792,1 mg/Tag (47,9 – 1111,6 mg/Tag). Die Dosis wurde nur bei 51 Patienten (15,9 %) auf zweimal täglich 600 mg erhöht. 

Vollständige hämatologische Remission (CHR) an der Nulllinie wurde bei 114 Patienten berichtet. Von den verbleibenden 206 Patienten erreichten 157 (76,2 %) innerhalb eines Monats vollständige hämatologische Remission. Weitgehendes zytogenetisches Ansprechen (MCyR) wurde bei 180 Patienten (56,3 %) beobachtet: 128/320 Patienten (40,0 %) wiesen ein vollständiges zytogenetisches Ansprechen (CCyR) auf. Die durchschnittliche Zeit zur vollständigen hämatologischen Remission CHR und zum ersten weitgehenden zytogenetischen Ansprechen MCyR betrug 1,0 bzw. 2,8 Monate. Die Durchschnittsdauer von MCyR wurde nicht erreicht. Geringes und minimales zytogenetisches Ansprechen wurde bei 22 (6,9 %) bzw. 42 (13,1 %) Patienten beobachtet. Die häufigsten hämatologischen Laborabweichungen 3/4 Grades beinhalteten Mangel an Blutplättchen (27 %), Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut (30 %), Anämie (9 %) und asymptomatische Erhöhung der Serumlipase (15 %). 

Quelle: ASH-Abstract #735 von Hagop M. Kantarjian, Andreas Hochhaus, Jorge Cortes, Giovanni Martinelli, Kapil N. Bhalla, Francis J. Giles und anderen. ASH-Abstract #735 erscheint in Blood, Ausgabe 110, Band 11, 16. November 2007. Übersetzung durch Alice/Jan.

Weiterführende Informationen:

Die Ergebnisse einer Untersuchung der Imatinib-Blutspiegel legen nahe, dass das Erreichen eines geeigneten Plasmaspiegels für ein gutes klinisches Ansprechen wichtig ist. Das Überwachen der Imatinib-Plasmakonzentrationen sollte daher bei Patienten bei anhaltend schlechtem Ansprechen angeregt werden.

Das Forschungsteam analysierte die pharmakokinetische Imatinib-Exposition und bewertete ihre Auswirkung auf Wirksamkeit und Sicherheitsparameter. Es wurde eine multivariate Analyse durchgeführt, um zu untersuchen, ob Imatinib-Plasmaspiegel prognostisch für die Aussicht sind, eine komplette zytogenetische Remission unabhängig von Sokal-Risiko-Gruppe, Demographie (Alter, Geschlecht) und Labordaten zu erzielen. 

Ergebnisse: Von 351 Patienten brachen 105 (30 %) die Imatinib-Therapie ab: 41 % der Patienten mit niedrigen Imatinib-Talspiegeln (Q1) und 23 % mit hohen Spiegeln (Q4). „Unbefriedigende therapeutische Wirkung“ war die am häufigsten genannte Ursache für einen Abbruch. Wasseransammlung, Hautausschlag, Muskelschmerz und Anämie waren häufigere relevante Nebenwirkungen jeden Grades bei Patienten mit hohen Talspiegeln, aber diese Ereignisse übertrugen sich nicht auf höhere Abbruchraten aufgrund von Nebenwirkungen. Muskelkrämpfe, Durchfall, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen und Blutungen traten bei Patienten mit höchsten Imatinib-Talspiegeln gegenüber denjenigen mit den niedrigsten Spiegeln weniger häufig auf, was vermuten lässt, dass einige Nebenwirkungen vielleicht in Verbindung mit der Erkrankung stehen. Alles in allem betrugen die CCyR-Raten 76 % bei Patienten mit niedrigsten Imatinib-Talspiegeln (Q1), 85 % bei Patienten mit mittleren Spiegeln (Q2 – Q3) und 92 % bei Patienten mit den höchsten Talspiegeln (Q4). 

Von allen bewerteten prognostischen Größen waren nur die Sokal-Risiko- und die Imatinib-Plasmaspiegel prognostisch für die Aussicht, eine komplette zytogenetische Remission zu erzielen. 

Quelle: ASH-Abstract #1935 von Richard A. Larson, Brian J. Druker, Francois Guilhot, Stephen G. O'Brien, Tillman Krahnke, Insa Gathmann, Yanfeng Wang... Abstract #1935 erscheint in Blood, Ausgabe 110, Band 11, 16. November 2007. Übersetzt und zusammengefaßt von Jan/Alice.
Imatinib verursacht unabhängig von der Dosis eine zu geringe oder eine zu starke Pigmentierung der Haut (Hypo- bzw. Hyperpigmentierung) bei einer beträchtlichen Anzahl indischer Patienten mit Ph+ CML, so die Ergebnisse einer auf ASH vorgestellten Studie. Dies erfolgt offensichtlich aufgrund eines veränderten Melanin-Stoffwechsels durch den Tyrosinweg. Einige dieser Veränderungen (Überpigmentierung und extreme Verdünnung der Haut) sind aus kosmetischer Sicht störend.
Die Forscher haben über die von Imatinib (IM) hervorgerufenen Hautveränderungen (verallgemeinerte Unterpigmentierung) bei Patienten mit Philadelphia-Chromosom positiver chronischer myeloischer Leukämie (Ph+ CML) oder mit gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) bereits früher berichtet. 

Anschließende Berichte des M.D. Anderson Krebszentrums in Texas bestätigten solche Forschungsergebnisse. Derartige Veränderungen könnten bei der braunhäutigen Bevölkerung Indiens anders und schwerer sein. 

Eine Gruppe von 200 Patienten mit Philadelphia-Chromosom positiver chronischer myeloischer Leukämie (Ph+ CML) in verschiedenen Krankheitsstadien, die Imatinib in einer Tagesdosis von 300 mg bis 800 mg (Kinder 200 mg täglich) erhielten, wurden für eine durchschnittliche Dauer von 14 Monaten (zwischen 5 und 72 Monaten) untersucht. Hautveränderungen jeglicher Art oder Schwere der Symptome wurde bei 120 (60 %) Patienten beobachtet. Unterpigmentierung allein (üblicherweise verallgemeinert) wurde bei 75 Patienten (32,5 %) beobachtet, kombinierte Unterpigmentierung und Überpigmentierung bei 39 (19,5 %) Patienten, Unterpigmentierung + extreme Verdünnung der Haut bei 3 (1,5 %) Patienten und der klassische Hautausschlag 3/4 Grades bei 2 (1 %) Patienten. Hautveränderungen traten bei allen Dosisstärken auf. 

Typischerweise waren die zu stark pigmentierten Flecken örtlich auf den Gesichtsbereich über die Stirn und/oder in einem Schmetterlingsmuster über die Bereiche der Wangen und den Nasenrücken begrenzt. Die Imatinib-Dosis wurde bei Patienten, bei denen nur Pigmentveränderungen auftraten, nicht verändert.

Quelle: Tapan Saikia et al., Mumbai, Maharashtra, Indien. ASH-Abstract Nr #2963. Übersetzung und Zusammenfassung durch Alice/Jan.
Die empfohlene Erstlinientherapie bei Patienten mit CML in chronischer Phase ist Imatinib (IM). Imatinib löst zwar vollständiges zytogenetisches Ansprechen (CCyR) bei den meisten Patienten aus, aber die Krankheit bleibt oftmals nachweisbar, was wahrscheinlich den Fortbestand der Stammzellen widerspiegelt. Allogene Stammzelltransplantation ist weiterhin die einzige Option auf Heilung und bei einer dosisreduzierten Konditionierung (RISCT) ist diese Methode weniger toxisch und kann einer breiteren Patientengruppe angeboten werden. In einem neuartigen Ansatz der Forscher um Dr. Holyoake aus Großbritannien wurde Imatinib eingesetzt, um eine CML in chronischer Phase vor einer dosisreduzierten Konditionierung (RISCT) (Fludarabin/Melphalan/MabCampath) in eine komplette zytogenetische Remission zu bringen. Eine prophylaktische dosissteigernde Gabe von Spenderlymphozyten wurde danach bei Vorhandensein einer Resterkrankung verabreicht. 18 Patienten wurden in 4 Zentren zwischen 2001 und 2006 aufgenommen. 

Dr. Holyoake aus Großbritannien stellt Daten von 15 Patienten vor, die ein vollständiges zytogenetisches Ansprechen (CCyR) mit Imatinib erreichten und dann unter Anwendung einer Stammzelltransplantation mit dosisreduzierten Konditionierung ("Mini-Transplantation") mit verwandten Spendern erhielten. 53 % der Patienten erlitten Infektionsschübe und einige entwickelten eine Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion (GVHD). Die Verlaufskontrolle betrug 31 Monate, wonach 8 Patienten weiterhin PCR-negativ waren. 87 % mussten Spenderlymphozyten nach der Transplantation verabreicht werden, um dann eine PCR-Negativität zu erreichen. 50 % der Spenderlymphozyten erhaltenden Patienten entwickelten eine Transplantat-Wirt-Reaktion (GVHD). 1 Patient aus der Gruppe starb aufgrund der Transplantation.

Bei dieser Studie befanden sich die Patienten, die eine dosisreduzierte Konditionierung (RISCT) empfingen, in einer frühen chronischen Phase mit vollständigem zytogenetischem Ansprechen auf Imatinib. Es ist wahrscheinlich, dass die meisten ein vollständiges zytogenetisches Ansprechen (CCR) unter Imatinib aufrechterhalten hätten, wenn ihnen keine Transplantation angeboten worden wäre. Die Anzahl an Patienten, die allerdings im Anschluss an eine dosisreduzierte Konditionierung (RISCT) und Gabe von Spenderlymphozyten (DLI) nicht nachweisbare BCR-ABLs erzielten, kann positiv mit dem Ansprechen verglichen werden, das mit einer alleinigen Gabe von Imatinib erwartet wird. Die Patienten vertrugen das Transplantationsverfahren gut und müssen derzeit nicht mehr wegen CML behandelt werden. Eine regelmäßige Überwachung bleibt notwendig, sollte es jedoch zu einem Rückfall kommen, sollten die Patienten auf eine Gabe von Spenderlymphozyten ansprechen. 

Imatinib ist die derzeit allgemein anerkannte Erstlinientherapie bei den meisten Patienten, die Forscher würden jedoch die Wichtigkeit einer dosisreduzierten Konditionierung bei ausgewählten Gruppen hervorheben und glauben, dass der vorgestellte Ansatz wirksam und gut verträglich ist.

Quelle: ASH-Abstract #1097 von Tessa L. Holyoake et al., Großbritannien. ASH-Abstract #1097 erscheint in Blood, Ausgabe 110, Band 11, 16. November 2007. Übersetzung und Zusammenfassung durch Alice/Jan.

Imatinib-Gabe vor einer Stammzelltransplantation ist sicher


Imatinib (Glivec) hat eine allogene blutbildende Stammzellentransplantation als Erstlinientherapie bei CML weitgehend verdrängt. Dennoch unterziehen sich viele Personen mit CML schließlich einer blutbildenden Stammzellentransplantation, was die Frage aufwirft, ob eine vorausgehende Imatinib-Therapie das Ergebnis der blutbildenden Stammzellentransplantation beeinflusst. 

Eine Studie zeigte nun, dass eine Behandlung mit Imatinib vor einer blutbildenden Stammzellentransplantation, während sich der Patient in chronischer Phase befindet, mit einem höherem Überleben und Tendenzen zu einer geringeren transplantationsassoziierten Sterblichkeitsrate (TRM) und mehr hämatologischen Rückfällen nach der Transplantation in Verbindung gebracht wird. Bei Individuen jenseits der frühen chronischen Phase wurde eine vorausgehende Behandlung mit Imatinib mit ähnlichen Ergebnissen in Verbindung gebracht, wie sie bei Patienten beobachtet wurden, die vor der blutbildenden Stammzellentransplantation nicht mit Imatinib behandelt wurden. Diese Ergebnisse sollten den Patienten Mut machen, die Imatinib erhalten oder Patienten in früher chronischer Phase, die eine Imatinib-Studie vor einer blutbildenden Stammzellentransplantation in Erwägung ziehen.

Unter Verwendung von Daten des Center for International Blood and Marrow Transplant Research (CIBMTR) an 409 Patienten, die vor einer Transplantation mit Imatinib behandelt wurden (IM+) und 900 Patienten, die nicht vorab mit Imatinib behandelt wurden (IM-), bewerteten wir die transplantationsassoziierte Sterblichkeitsrate, akute Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung (GVHD), Leukämierückfall (als hämatologisch definiert), leukämiefreies Überleben (LFS) und Überleben. Die Transplantationen wurden von 1999 bis 2003 durchgeführt. Um eine potentielle Verzerrung der Statistik zu minimieren, wurden nur Daten von Zentren aufgenommen, die Daten über mindestens 80 % der mit Imatinib behandelten Patienten berichteten und gleichzeitig auch nicht mit Imatinib behandelte Individuen behandelten.

Quelle: ASH-Abstract #738 von Stephanie Lee und anderen. ASH-Abstract #738 erscheint in Blood, Band 110, Ausgabe 11, 16. November 2007. Übersetzung und Zusammenfassung von Alice/Jan.
Auf ASH neu vorgestellte Daten für Patienten mit CML in chronischer Phase zeigen, dass die Entwicklung einer Resistenz oder Unverträglichkeit auf Imatinib sowie ein spätes Eingreifen nach einer Progression in die akzelerierte Phase beide mit schlechten klinischen Ergebnissen einhergehen. Die Ergebnisse einer neuen Studie bestätigen frühere Beobachtungen, heben die Wichtigkeit einer engen Überwachung darüber hervor, wie die Patienten auf die Behandlung mit Imatinib ansprechen, und sprechen für ein frühes Eingreifen im Falle einer Resistenz auf Imatinib. Ein spätes Eingreifen, d. h. darauf zu warten, dass die Patienten ihr hämatologisches Ansprechen verlieren, scheint die Wirksamkeit von Dasatinib beträchtlich zu senken.

Die Ergebnisse zeigen, dass ein Eingreifen mit einem Tyrokinase-Hemmer der zweiten Generation für Patienten mit CML in chronischer Phase wirksamer ist, als bei denjenigen, die sich in einer fortgeschrittenen Phase der Krankheit befinden. Interessant ist, dass die Entwicklung einer hämatologischen Resistenz (Verlust eines vollständigen hämatologischen Ansprechens [CHR]) als unabhängiger prognostischer Faktor mit einer 3-jährigen Überlebensrate von 57 % festgelegt wird (verglichen mit 92 % für Patienten, die eine zytogenetische Resistenz erfuhren [Verlust eines weitgehenden zytogenetischen Ansprechens (MCyR)]). 

Das Ziel der derzeitigen Datenanalyse war es, abzuschätzen, ob die Entwicklung einer hämatologischen Resistenz auf Imatinib ein Anzeichen für ein schlechtes Ansprechen auf Dasatinib (Sprycel) in Bezug auf die Entwicklung einer zytogenetischen Resistenz wäre. Die Daten aus drei Phase II/III klinischen Dasatinib-Studien (CA180-013 [zweimal täglich 70 mg], CA180-017 [zweimal täglich 70 mg] und CA180-034 [100 mg täglich / zweimal täglich 50 mg / 140 mg täglich, zweimal täglich 70 mg]) bei Patienten mit CML in chronischer Phase und Resistenz auf vorab verabreichtes Imatinib wurden bewertet. 

In Übereinstimmung mit unseren früheren Forschungsergebnissen wurden bedeutend höhere Raten für ein vollständiges zytogenetisches Ansprechen (CCyR) bei Patienten berichtet, die eine sekundäre oder erworbene zytogenetische Resistenz auf vorab verabreichtes Imatinib entwickelt hatten, als bei denjenigen mit einer hämatologischen Resistenz. Die verbesserten Raten für ein vollständiges zytogenetisches Ansprechen (CCyR) bei Patienten mit einer zytogenetischen Resistenz auf Imatinib wurden mit einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens im Vergleich zu Patienten mit hämatologischer Resistenz in Verbindung gebracht, wobei die Wichtigkeit eines frühen Eingreifens im Falle einer Resistenz auf Imatinib und die Bedeutsamkeit, ein vollständiges zytogenetisches Ansprechen (CCyR) mit Dasatinib zu erreichen, bestätigt wird.

Quelle: ASH-Abstract #1036 von Hagop M. Kantarjian und anderen, M.D. Anderson Krebszentrum, Houston, Texas, USA. ASH-Abstract #1036 erscheint in Blood, Ausgabe 110, Band 11, 16. November 2007. Übersetzung und Zusammenfassung durch Alice/Jan