Chronische Myeloische Leukämie (CML)

Vor einigen Wochen wurden in Deutschland Phase-II-Studien mit dem neuen Wirkstoff AMN107 für Patienten mit CML oder Ph-positiver ALL, bei denen eine Resistenz/Unwirksamkeit oder Unverträglichkeit gegen Glivec vorliegt, gestartet. Nun sind mit Leipzig und Hamburg zwei weitere Zentren neben Frankfurt/Main, Mannheim, Mainz, Berlin und Düsseldorf hinzugekommen. In der Schweiz wird die Studie in Basel durchgeführt.

In Deutschland führen gegenwärtig folgende Kliniken Studien mit AMN107 durch:
  • Univ.-Klinikum Eppendorf
    Zentrum Innere Medizin, Med. Klinik II
    Martinistr. 52
    20246 Hamburg

  • Universität Leipzig
    Medizinische Klinik und Poliklinik II
    Abteilung Haematologie/Onkologie
    Johannisallee 32
    04103 Leipzig

  • Johann Wolfgang Goethe-Universitaet, Frankfurt
    Prof. Oliver G. Ottmann
    Zentrum der Inneren Medizin/Med. Klinik III, Abt. Haematologie/Onkologie
    60590 Frankfurt/Main

  • Klinikum Mannheim der Universitaet Heidelberg
    Prof. Andreas Hochhaus
    III. Medizinische Klinik
    68305 Mannheim

  • III. Med. Klinik der Universität Mainz
    PD Dr. Thomas Fischer
    Abt. Hämatologie
    55131 Mainz

  • Virchow Klinik der H.U., Berlin
    Dr. Philipp Le Coutre
    Campus Charité, Abt. Haematologie und Onkologie
    13353 Berlin

  • Universitaetsklinikum Düsseldorf
    PD Dr. Norbert Gattermann
    Medizinische Klinik A, Abt. Haematologie/Onkologie
    40225 Düsseldorf

In der Schweiz wird die AMN107-Studie in folgendem Zentrum durchgeführt:
  • Universitätsspital Basel
    Petersgraben 4
    4031 Basel
    Schweiz

Genauere Informationen z.B. zu den Aufnahmevoraussetzungen für die Studie können die teilnehmenden Kliniken geben.

Weiterführende Informationen:
Die EU hat jetzt den Einsatz von höheren Dosen von Glivec für CML auch in chronischer Phase genehmigt. Die mögliche Dosissteigerung von Glivec auf 800mg verbreitert die verfügbaren Behandlungsoptionen. Die Dosis kann nun in der chronischen Phase auf 800mg erhöht werden, wenn ein Verlust eines zytogenetischen Ansprechens bei 400mg oder 600mg nachweisbar ist. 

Bisher war eine Dosissteigerung auf 800mg bei Patienten in akzelerierter Phase und Blastenkrise bei Fehlen schwerwiegender Nebenwirkungen oder schwerwiegender Leukämie-unabhängigen Neutropenien und Thrombozytopenien möglich. 

Die Zulassungserweiterung für höhere Dosen wurde gleichzeitig auch für den Einsatz bei GIST genehmigt.

Quelle: CML-Support vom 14.09.2005
AMN107 wird als neuartiger, oral zu verabreichender Wirkstoff zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittener chronisch-myeloischer Leukämie (CML) untersucht. Das Zulassungsgesuch soll 2007 eingereicht werden. 

Im April 2005 begann für eine entscheidende Phase-II-Studie die Aufnahme von Patienten mit CML, die gegenüber Glivec/Gleevec resistent sind. Für das erste Quartal 2006 ist eine Phase-III-Studie geplant mit CML-Patienten in der chronischen Phase, die mit der Behandlung erst beginnen. Mit AMN107 erweitert Novartis ihr Arzneimittelportfolio zur Behandlung von Patienten mit CML und GIST (gastrointestinalen Stromatumoren).

Quelle:


Weiterführende Informationen:
Wer meint, Heilkräuter seien erstens öko, zweitens nur schwach wirksam und drittens harmlos, irrt gewaltig. Ein schönes Beispiel hierfür geben amerikanische Pharmakologen, die dem "Psychoglätter" Johanniskraut und seinen Effekten auf Imatinib (Bcr-Abl- und c-kit-Tyrosinkinase-Inhibitor, Handelsname Glivec) auf den Zahn fühlten.

Da sowohl Johanniskraut als auch Imatinib zu ihrer Verstoffwechslung den CYP3A4- Stoffwechselweg in der Leber benutzen, durfte mit eindrucksvollen Interaktionen gerechnet werden. Und in der Tat, Johanniskraut veränderte die Pharmakokinetik des bei chronisch myeloischer Leukämie (CML) und Stromatumoren des oberen GI-Traktes eingesetzten Medikaments ganz erheblich. 

Die Testung bei 12 gesunden Probanden ergab, dass Johanniskraut (3 x 300 mg oral täglich) die Clearance von Imatinib-Mesylat (400 mg oral täglich) um 43% erhöht und die Imatinib-AUC (area under the curve, Kurvenverlauf von Konzentration versus Zeit) um 30% reduziert. Darüber hinaus wurden unter paralleler Gabe von Johanniskraut auch die Halbwertszeit und die Maximalkonzentrationen von Imatinib signifikant reduziert. 

Fazit: Johanniskraut stimuliert als Enzyminduktor den Abbau und die Entsorgung von Imatinib und kann dessen Wirksamkeit schmälern oder – zur Aufrechterhaltung einer gewünschten Wirkung – höhere Dosen des Medikaments notwendig machen. Bei der Frage nach laufenden Medikationen sollten deshalb immer auch Phytopharmaka eruiert werden. 

Kommentar: Die potenziellen Interaktionen von Johanniskraut reichen über Imatinib hinaus weit in das alltägliche pharmazeutische Arsenal hinein: auch der Metabolismus von HIV-Proteaseinhibitoren, Irinotecan, Phenprocoumon, Progestogenen, Ethinylöstradiol, ja selbst von Statinen, L-Thyroxin, Verapamil und Nifedipin kann via CYP3A4- oder P-Glykoprotein-Interaktion durch Johanniskraut erheblich und nicht immer prognostizierbar gestört werden. 

Plötzliches Absetzen von Johanniskraut nach einer vermuteten Medikamenteninteraktion kann die Medikamenten-Plasmaspiegel der betroffenen Substanz ruckartig erhöhen und akute Nebenwirkungen hervorrufen (eine detaillierte Übersicht zu diesem Thema liefert M. Mannel, Drug Safety 2004; 27: 773–797). Bleibt also als Erkenntnis, dass Johanniskraut als "Sologeige" die Behandlung leichterer depressiver Störungen bereichert, im Konzert mit anderen Wirkstoffen das Klangergebnis des Orchesters aber nachhaltig stören kann, worauf der Dirigent beizeiten achten sollte.

Autor: Armin E. Heufelder, München

Quelle: "Johanniskraut macht Imatinib- Antikörpertherapie unwirksam oder teurer!", Gynäkologie + Geburtshilfe 2-2005, S. 8 

Weitere Quellen: Frye RF et al. Effect of St John's wort on imatinib mesylate pharmcokinetics. Clin Pharmacol Ther 2004; 76: 323–9.
Fünf Jahre Therapieerfahrung mit Imatinib belegen, daß bei Patienten mit einer neu diagnostizierten Philadelphia-Chromosom-positiven chronischen myeloischen Leukämie (Ph+CML) lang anhaltende Remissionen erreicht werden, und zwar mit einer Dosierung von täglich 400 mg. Fast alle Patienten mit CML sprechen gut auf die Standardbehandlung an. Eine Dosiserhöhung kann gegen Resistenzen hilfreich sein.


Der größten Studie (IRIS) mit mehr als 1100 Patienten zufolge haben, wie die "Ärzte Zeitung" berichtete, 98 Prozent der neu diagnostizierten CML-Patienten mit Imatinib (Handelsname Glivec) nach 42 Monaten eine komplette hämatologische Remission, das Blutbild normalisiert sich. 91 Prozent erreichen eine größere zytogenetische Remission (MCR, definiert als maximal 35 Prozent Ph+-Zellen im Blut). 

Bei 84 Prozent wird sogar eine komplette zytogenetische Remission (CCR, kein Nachweis von Ph+-Zellen) erzielt. Aktuelle Daten belegen zudem, daß Patienten, die 800 mg Imatinib pro Tag einnehmen, ein noch besseres molekulares Ansprechen haben. Dies bedeutet eine deutliche Verringerung der Boten-RNA des BCR-ABL-Fusions-Gens auf dem Philadelphia-Chromosom.

"Das molekulare Ansprechen ist der wichtigste verlaufsabhängige Prognosefaktor in der CML", sagt Professor Andreas Hochhaus von der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Uni Heidelberg auf einer Tagung der Novartis-Stiftung in Nürnberg. Quantifiziert wird BCR-ABL mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion.

98 Prozent der Patienten, die in der IRIS-Studie innerhalb von zwölf Monaten eine CCR und eine BCR-ABL-Reduktion um mindestens drei Größenordnungen (drei log-Stufen) erreichten, überleben mehr als 42 Monate progressionsfrei. Dagegen lag der Wert in der Studie bei 90 Prozent, wenn zwar eine CCR, aber eine BCR-ABL-Reduktion von weniger als drei log-Stufen erzielt wurde. Wurde keine CCR erreicht, blieben 75 Prozent der Patienten in dieser Zeit progressionsfrei.

In Studien zur Therapieoptimierung, etwa in der CML-IV-Studie unter Leitung von Hochhaus, werden alternative Strategien zum Erreichen dieser Therapieziele überprüft. 

In der CML-IV-Studie wird der Therapieerfolg mit der Standarddosis 400 mg Imatinib mit dem der Kombination Imatinib / Interferon-alpha sowie der 800-mg-Dosis pro Tag von Imatinib bei neu diagnostizierten CML-Patienten verglichen. Eine Möglichkeit, den Therapieerfolg zu verbessern, wenn die Therapieziele nicht erreicht werden, ist die Dosissteigerung von der Standarddosis 400 mg auf 800 mg.

Fast alle CML-Patienten sprechen gut auf eine Standard-Behandlung mit dem Tyrosinkinase-Hemmer Imatinib an. Etwa vier Prozent der Behandelten in der frühen chronischen Phase der Erkrankung haben Formen der Resistenz. Für solche Patienten steht seit Juli 2005 ebenfalls die Dosiserhöhung auf 800 mg innerhalb der Zulassung zur Verfügung. 

Eine weitere Option in der Behandlung ist der neue Wirkstoff AMN107, wie Studien, etwa in Mannheim, belegen. Er ähnelt strukturell Imatinib, hemmt jedoch noch gezielter die CML-typische Genmutation und verfügt über ein ähnlich gutes Profil unerwünschter Wirkungen. Erste Studienergebnisse sind erfolgversprechend: Mit dem neuen Medikament können Resistenzen durchbrochen werden - die Patienten sprechen wieder auf eine Behandlung an.

Informationen zur Studie gibt es bei der CML-Studienzentrale Mannheim, Tel.: 0621 / 3 83 41 68 oder per E-Mail: 

QuelleÄrzte Zeitung vom 02.11.2005