Chronische Myeloische Leukämie (CML)

Der neue Tyrosinkinase-Inhibitor AMN107 wurde in den vergangenen 12 Monaten in verschiedenen Phase-I-Studien auf Verträglichkeit bei CML und Ph+-ALL getestet. Dabei zeigte sich der Wirkstoff als wirksam bei 32 von 33 getesteten Mutationen, und bei gegen Glivec resistenten Patienten wurden hämatologische und zytogenetische Antworten beobachtet. Nun sind in weltweit mehr als 20 Kliniken neue Phase-II-Studien mit dem Wirkstoff angelaufen, darunter auch in fünf deutschen Kliniken.

AMN107 ist eine Weiterentwicklung von Glivec und basiert auf einer veränderten kristallinen Struktur, die bekannte Resistenzmechanismen überwinden soll. Aufgrund der Ähnlichkeit wird vermutet, dass der Wirkstoff ein ähnliches Nebenwirkungsprofil wie Glivec aufweist. In den Phase-I-Studien wurde AMN107 gut vertragen, und es wurde dabei eine verträgliche Dosis von zweimal täglich 400mg oder einmal täglich 800mg festgestellt, die nun in den Phase-II-Studien angewandt wird.

Voraussetzung für die Teilnahme an diesen Studien ist das Vorliegen einer CML oder Ph-positiver ALL, bei der eine Resistenz/Unwirksamkeit oder Unverträglichkeit gegen Glivec vorliegt, oder systemische Mastozytose oder Hypereosinophiles Syndrom / Chronische Eosinophile Leukämie. 

Genauere Informationen z.B. zu den Aufnahmevoraussetzungen für die Studie können die teilnehmenden Kliniken geben.

In Deutschland führen gegenwärtig folgende Kliniken Studien mit AMN107 durch:
  • Johann Wolfgang Goethe-Universitaet, Frankfurt
    Prof. Oliver G. Ottmann
    Zentrum der Inneren Medizin/Med. Klinik III, Abt. Haematologie/Onkologie
    60590 Frankfurt/Main

  • Klinikum Mannheim der Universitaet Heidelberg
    Prof. Andreas Hochhaus
    III. Medizinische Klinik
    68305 Mannheim

  • III. Med. Klinik der Universität Mainz
    PD Dr. Thomas Fischer
    Abt. Hämatologie
    55131 Mainz

  • Virchow Klinik der H.U., Berlin
    Dr. Philipp Le Coutre
    Campus Charité, Abt. Haematologie und Onkologie
    13353 Berlin

  • Universitaetsklinikum Düsseldorf
    PD Dr. Norbert Gattermann
    Medizinische Klinik A, Abt. Haematologie/Onkologie
    40225 Düsseldorf

Weiterführende Informationen:
Ein die Immunantwort stärkender Impfstoff könnte die Wirksamkeit der konventionellen Behandlung von Chronisch Myeloischer Leukämie (CML) steigern, wie erste Ergebnisse einer italienischen Studie nahe legen. Ein Team um Monica Boccia der Universität Siena überprüften, ob ein Impfstoff, der gegen vom Philadelphia-Chromosom abgeleitete Proteine gerichtet ist, die Krankheit beseitigen kann.

CML wird durch Bruch- und Austauschereignisse der Chromosomen 9 und 22 verursacht, die zu einem verkürzten, so genannten "Philadelphia-Chromosom" führen. Zellen mit diesem abnormalen Chromosom stellen ein Protein her, welches aberrantem Zellwachstum und -teilungen Vorschub leistet. Patienten mit CML können mit dem Medikament Imatinib oder Interferon-alpha behandelt werden. Die Imatinib-Behandlung kann dabei zu einer vollständigen zytogenetischen Remission führen, bei der während der Zellteilung keine Philadelphia-Chromosomen mehr nachweisbar sind. Selten allerdings sind umfassende molekulare Reaktionen, nach der auch keine Spuren von durch das Philadelphia-Chromosom produzierten Eiweißen mehr zu entdecken sind. 

Monica Boccia von der Universität im italienischen Siena und ihre Kollegen überprüften, ob eine Vakzine, die gegen vom Philadelphia-Chromosom abgeleitete Proteine gerichtet ist, die Krankheit in Patienten vollständig auslöschen kann. Die Forscher sicherten sich die Unterstützung von 16 Erkrankten mit stabilisierter, aber noch nachweisbarer Krankheit (darunter zehn Patienten unter Imatinib- und sechs unter Interferon-Medikation) für ihre Studien. Die Patienten erhielten alle zwei Wochen eine Dosis (sechs Injektionen) des Protein-Impfstoffes zusätzlich zu der konventionellen Therapie. Vor der Impfung, sowie nach drei und sechs Dosen, wurden die Patienten auf Krankheitsanzeichen untersucht. 

Neun Patienten unter Imatinib zeigten eine progressive Verringerung der residualen Krankheitssymptomatik nach drei und sechs Vakzin-Dosen, wobei bei fünf Patienten eine vollständige zytogenetische Remission eintrat. In drei dieser fünf Patienten waren zudem keine Krankheitsmerkmale auf molekularer Ebenen mehr festzustellen. Bei fünf der sechs Patienten unter Interferon-alpha-Medikation reduzierten sich die stabilen Symptome der Krankheit im Impfzeitraum, zwei erreichten eine totale zytogenetische Remission

"Unsere vorläufigen Daten legen nahe, dass der zusätzliche Einsatz des Impfstoffes zur konventionellen Behandlung bleibende Krankheitsymptome noch weiter reduzieren sowie die Zahl der Patienten mit totaler molekularer Remission erhöhen könnte - was für Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie dem Zustand der Heilung so nahe kommt wie nur irgend möglich", kommentiert Dr. Bocchia. 

"Derzeit laufen Studien, die schwerpunktmäßig dazu beitragen sollen, die residualen Krankheitsymptome nach der Impfung besser beurteilen zu können. Dazu werden eine größere Zahl von Patienten sowie länger andauernde Folgeuntersuchungen herangezogen, um endgültige Aussagen zur Bedeutung der Vakzine gegen Leukämie treffen zu können." 

In einem Begleitkommentar geben Saswati Chatterjee und Dr. K.K. Wong vom City of Hope National Medical Centre in Kalifornien zu bedenken, dass die Studie von Bocchia - obwohl nahezu identisch zu vorhergehenden Untersuchungen zur Wirksamkeit der Vakzine - als erste eine klinische Reaktion belegt. 

"Bedenkt man die Einfachheit der Medikamentengabe, das Ausbleiben toxischer Wirkungen und die ersten vielversprechenden Hinweise auf ihre Tauglichkeit, so erscheint vernünftig, die Entwicklung von Impfstoffen gegen das Fusions-Protein oder andere CML-typische Antigene weiter zu verfolgen", meint Dr. Chatterjee abschließend. "Unterdessen warten wir gespannt auf Erkenntnisse über das Andauern der symptomfreien Phase der geimpften Patienten - und darauf, dass andere auf diesem Feld tätige Forscher die Ergebnisse bestätigen."

Quelle: The Lancet vom 18.02.2005, zitierend: M Bocchia, S Gentili, E Abruzzese, A Fanelli, F Iuliano, A Tabilio, M Amabile, F Forconi, A Gozzetti, D Raspadori, S Amadori, F Lauria . Effect of a p210 multipeptide vaccine associated with imatinib or interferon in patients with chronic myeloid leukaemia and persistent residual disease: a multicentre observational trial. Lancet 2005; 365: 657
Das Medikament Dasatinib (BMS-354825) von Bristol-Myers Squibb wird auch in Deutschland in verschiedenen Studien erprobt. Während die Anzahl aufzunehmender Patienten in den Phase-II-Studien BMS 013, 015, 005 und 006 mittlerweile erreicht wurde, nimmt die Studie 017 (BMS-354825 vs. 800mg Glivec) weiterhin Patienten auf. Zusätzlich wurden zwei neue BMS-Studien gestartet, die CML- und ALL-Patienten unter bestimmten Voraussetzungen offen stehen.

Folgende neue Studien wurden kürzlich begonnen:

Folgende bestehende Studie nimmt weiterhin Patienten auf:
Da die Ein- und Ausschlußkritieren recht komplex sind, wird Patienten empfohlen, bei Interesse mit den jeweils teilnehmenden Zentren Kontakt aufzunehmen.

Das Rekrutierungsziel folgender Studien wurde mittlerweile erreicht, so dass diese keine Patienten mehr aufnehmen:

Weiterführende Informationen:
Das jüngste Update der IRIS-Studie belegt bei Therapie von Glivec (Wirkstoff Imatinib) von neu diagnostizierten CML-Patienten nach 42 Monaten 84% komplette zytogenetische Remissionen. Selbst Hochrisikopatienten erreichen zu 69% eine komplette zytogenetische Remission. Liegt ein suboptimales Ansprechen vor, können mit Glivec-Dosiserhöhung und neuen Wirkstoffen wie RAD001 und Lonifarnib Maßnahmen zur Therapieoptimierung ergriffen werden. Im Falle einer Resistenz sollte die Therapie mit AMN107 oder Dasatinib in Erwägung gezogen werden. Die Indikation zur frühen allogenen Stammzelltransplantation wird wegen der transplantationsbedingten Mortalität immer strenger gestellt; eine Transplantation kann durchaus auch bei Nichterreichen einer zytogenetischen Remission erst nach 12-18 Monaten oder im Falle eines beginnenden Rezidivs erfolgen, so ein aktueller Artikel von Prof. Hochhaus.

Der Artikel von Prof. Hochhaus von der III. Medizinischen Klinik Mannheim in "Onkologie Heute" 4/2005 stellt den aktuellen Stand der CML-Therapie sowie die verschiedenen Optionen der Therapieoptimierung zusammen, der hier in Auszügen vorgestellt wird (Volltext zum Herunterladen am Ende dieses Artikels).

Neu diagnostizierten Patienten wird die Teilnahme an der CML-Studie IV mit dem Vergleich verschiedener Imatinib-Dosierungen und einer Imatinib/Interferon-alpha-Kombinationstherapie empfohlen. 

Eine Imatinib-Therapie sollte auch nach Erreichen einer kompletten zytogenetischen Remission in unveränderter Dosis fortgesetzt werden, da in Studien ein weiterer Rückgang der Tumorlast beobachtet wurde und eine Unterdosierung die Resistenzentwicklung begünstigt. Ein Absetzen von Imatinib führt auch nach sehr gutem Ansprechen mit nicht nachweisbarer Resterkrankung in der Regel zum raschen Rückfällen und sollte deshalb vermieden werden. 

Von besonderer Bedeutung für das Langzeit-Ansprechen auf Imatinib ist das Erreichen einer minimalen zytogenetischen Remission nach 6 Monaten (mindestens eine Ph-negative Metaphase nachweisbar) und einer kompletten zytogenetischen Remission nach 12 Monaten. Nach Erreichen der kompletten zytogenetischen Remission werden zusätzlich zur Knochenmarkdiagnostik PCR-Untersuchungen aus peripherem Blut zum Nachweis und zur Quantifizierung der Resterkrankung empfohlen. 

Ein suboptimales Ansprechen gemäß den Ergebnissen der IRIS-Studie beinhaltet: 
  1. keine zytogenetische Remission nach 6 Monaten,
  2. keine komplette zytogenetische Remission nach 12 Monaten,
  3. keine gute molekulare Remission (Quotient BCR-ABL/ABL größer 0,12%) nach 12 Monaten Imatinib-Therapie.
Möglichkeiten der Therapieoptimierung bei unzureichendem Ansprechen sind die 
Dosiserhöhung von Imatinib auf bis zu 800mg/Tag oder eine Kombinationstherapie mit Imatinib und anderen Signaltransduktionsinhibitoren. Von Interesse sind hier Inhibitoren von Proteinen, die im BCR-ABL-abhängigen Signaltransduktionsweg eine zentrale Rolle spielen, wie mTOR-Antagonisten (z.B. Rapamycin oder RAD001) und Farnesyltransferase-Inhibitoren (Lonafarnib oder Tipifarnib). 

Interessenten für Therapieoptimierung können sich an folgende Studienzentren wenden:

800mg Imatinib:
  • III. Med. Klinik, Mannheim
  • Hämatologisch-onkologische Praxis Drs Brudler/Heinrich, Augsburg
  • Hämatologische Abt., Städt. Klinikum Chemnitz
  • Hämatologisch-onkologische Praxis Prof. Kleeberg. Haburg
  • Med. Klinik, Städt. Krankenhaus München-Schwabing

400mg Imatinib + Lonafarnib:
  • III. Med. Klinik, Mannheim
  • Abt. Hämatologie/Onkologie, Klinikum der TU Dresden
  • I. Med. Klinik, Klinikum der Universität Köln
  • Abt. Hämatologie/Onkologie, Klinikum der Universität Regensburg
  • Med. Klinik II, Klinikum der Universität Würzburg

400mg Imatinib + RAD001 (Everolismus):
  • III. Med. Klinik, Mannheim
  • Med. Klinik III, Klinikum der Universität Mainz
  • Abt. Hämatologie/Onkologie, Klinikum der Universität Marburg
  • Abt. Hämatologie/Onkologie, Klinikum der Universität Münster
  • Med. Klinik III, Klinikum der Universität Ulm
Auskünfte zu den aktuellen Therapiemöglichkeiten und Studien sind über die CML-Studienzentrale in Mannheim erhältlich (Tel. 0621-383-4168, e-mail: ). Eine Übersicht über laufende Studien findet sich unter www.kompetenznetz-leukaemie.de

Quelle:
Update CML und andere chronische myeloproliferative Erkrankungen, Onkologie Heute 4/2005, Andreas Hochhaus, Ute Berger, Andreas Reiter, Rüdiger Hehlmann
III. Medizinische Universitätsklinik, Fakultät für Klinische Medizin Mannheim 
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Über 93 Millionen Euro hat die Deutsche José Carreras Leukämie Stiftung in den letzten zehn Jahren gesammelt. Damit seien über 400 Projekte unterstützt worden, teilt die Stiftung mit, die am Wochenende in München ihr zehnjähriges Jubiläum mit einer großen Benefiz-Gala gefeiert hat.

Allein im letzten Jahr seien 11,1 Millionen Euro in 38 neue Projekte im Bereich der Leukämie-Forschung und in den Ausbau der Behandlungskapazitäten an verschiedenen Kliniken im ganzen Bundesgebiet geflossen.

"Als wir vor zehn Jahren unsere Leukämie-Stiftung gründeten, hätten wir nie mit dieser überwältigenden Solidarität gerechnet, die wir seitdem jedes Jahr neu erleben dürfen", sagt José Carreras, Startenor und selbst ehemaliger Leukämie-Patient. Die Stiftung finanziert ihre Arbeit ausschließlich über Spenden.

Quelle:
Artikel Ärzte Zeitung vom 12.09.2005