Leukämie bei Kindern und Jugendlichen

An dieser Stelle findet Ihr Informationen rund um das Thema pädiatrische Leukämie, zum Beispiel

    – deutsche Übersetzungen zu aktuellen relevanten Artikeln und Studien zu pädatrischen Leukämien

    – Aufzeichnungen von Online-Patientenseminaren

    – aktuelle Hinweise zu Veranstaltungen und Treffen

    – sowie allgemeine Neuigkeiten und interessante Informationen zu dieser Erkrankung

 


 

Im Großraum Hamburg steigt die Zahl der Blutkrebs-Fälle bei Kindern. Von 2004 auf 2005 habe sich mit 403 Erkrankungen die Zahl der Behandlungsfälle mit ALL fast verdoppelt, so ein Bericht in der "Hamburger Morgenpost am Sonntag" unter Berufung auf das Kinderkrebszentrum des Universitäts-Krankenhauses Eppendorf (UKE). Die Ärzte haben noch keine Erklärung.

2004 waren es noch 267 Blutkrebs-Fälle bei Kindern, im Folgejahr stieg die Zahl auf 403. Für dieses Jahr rechnet das Spezialzentrum der Klinik mit rund 500 Fällen. Für den schnellen Anstieg haben die Ärzte noch keine Erklärung. "Bei allen Vorkommnissen werden wir hellhörig. Aber erst wenn die Zahlen noch ein weiteres Jahr über dem Schnitt liegen, stellen wir nähere Untersuchungen an", so der Direktor des Kinderkrebszentrums am UKE, Reinhard Schneppenheim. 

Kinder zwischen zwei und fünf Jahren erkrankten besonders häufig an akuter lympathischer Leukämie (ALL). Mit Hilfe langfristiger und aufwändiger Behandlungsprogramme bestehen laut Schneppenheim in 80% der Fälle Heilungschancen.

Quelle: Netdoktor vom 20.11.2006
Zum ersten Mal weltweit ist ein Kind mit einer Leukämie erfolgreich mit dem eigenen Nabelschnurblut behandelt worden. Das berichten deutsche und amerikanische Ärzte in der Januar-Ausgabe der Fachzeitschrift "Pediatrics". 

Das Nabelschnurblut war bei der US-Tochter der deutschen Nabelschnurblutbank Vita 34 aufbereitet und gelagert worden. 24 Monate nach der Behandlung ist das heute sechsjährige Mädchen frei von Leukämiezellen. Das Mädchen war im Alter von drei Jahren an einer akuten lymphoblastischen Leukämie erkrankt. Der erste Behandlungsversuch mittels Chemotherapie war fehlgeschlagen. Deswegen erfolgte vier Monate später am Advocate Hope Children's Hospital in Oak Lawn (Illinois, USA) eine zweite Chemotherapie mit anschließender Infusion von Nabelschnurblut. Das stammzellreiche Nabelschnurblut war von den Eltern bei der Geburt des Kindes als Vorsorge bei Corcell, der US-Tochter der Leipziger Nabelschnurblutbank Vita 34, aufbewahrt worden. "Wir haben bewiesen, dass die Infusion von Stammzellen aus dem eigenen Nabelschnurblut auch bei Leukämie eine sichere und Erfolg versprechende Behandlungsmöglichkeit sein kann", sagt Dr. med. Eberhard Lampeter, Gründer und Vorstand der Vita 34 AG. 

Nabelschnurblut enthält außergewöhnlich viele und vor allem junge Stammzellen. Wenn sie zur Geburt entnommen und aufbewahrt werden, stehen sie einem Menschen ein Leben lang für den Erkrankungsfall zur Verfügung. "Die Wahrscheinlichkeit, die Stammzellen zu benötigen, nimmt mit dem Alter eines Menschen zu", so Lampeter. "Bei Kindern beträgt sie etwa 1:2000, bis zum Alter von 70 Jahren steigt das Risiko auf 1:7." 

Vita 34 ist die führende Nabelschnurblutbank in Europa und wurde 1997 von Ärzten in Leipzig gegründet. In Deutschland haben sich bislang über 38.000 Eltern entschieden, das Nabelschnurblut ihres Kindes als "biologische Lebensversicherung" bei Vita 34 aufzubewahren. Stammzellpräparate von Vita 34 wurden bereits mehrfach zur Behandlung von Patienten sowie im Rahmen der medizinischen Forschung zur Herzinfarkt- oder Schlaganfalltherapie eingesetzt.

Quelle: campus med vom 04.01.2007, basierend auf Pressemitteilung von Vita34

Weiterführende Artikel:
Anders als im Erwachsenenalter werden nahezu alle Kinder, die an Krebs erkrankt sind, in Deutschland, aber auch international seit vielen Jahren nach einheitlichen Behandlungsplänen in so genannten multizentrischen Therapieoptimierungsstudien (TOS) behandelt. Ziel dieser TOS ist es zum einen, die krebskranken Kinder einheitlich nach bestem Wissenstand zu behandeln, zum anderen aber mögliche Verbesserungen der Therapie systematisch zu prüfen. 

Prof. Martin Schrappe, Direktor der Klinik für Allgemeine Pädiatrie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel, leitet seit vielen Jahren das hierzulande größte derartige Programm, genannt ALL-BFM Studie (die Unikliniken in Berlin, Frankfurt und Münster waren die ersten Kliniken, aus denen dieser Verbund hervorging). Nach diesem Behandlungsplan werden Kinder und Jugendliche behandelt, die an akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL) erkrankt sind. Diese Studie wird von der Deutschen Krebshilfe mit 2,4 Millionen Euro gefördert.

Mit 500 bis 600 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland ist die ALL die häufigste Krebserkrankung im Kindesalter. Prof. Schrappe ist zugleich Leiter einer internationalen Studiengruppe für Leukämien und Lymphome (International BFM Study Group), einem Zusammenschluss von Studiengruppen aus zahlreichen europäischen und südamerikanischen Ländern. Die Bedeutung dieser Form der klinischen Forschung konnten Prof. Schrappe und seine Mitarbeiter zusammen mit internationalen Fachkollegen kürzlich mit drei Publikationen zur Leukämiebehandlung bei Kindern belegen.

Zwei Arbeiten, die im Jahr 2005 in den hoch angesehenen Fachzeitschriften "Lancet" und Ende 2006 im "Journal of Clinical Oncology" vorgestellt wurden, konnten eindrucksvoll aufzeigen, dass eine Reihe von Kindern mit so genannter Hochrisiko-ALL mit einer Kombination aus Chemotherapie und Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation besser geheilt werden können als nur mit Chemotherapie. Das betrifft in besonderem Maße die Kinder mit einer Hochrisiko-T-ALL, einer Untergruppe dieser Erkrankung.

In einer Anfang dieses Jahres ebenfalls in "Lancet" veröffentlichten Arbeit, in der die Behandlung von mehr als 3000 Kindern ausgewertet wurde, konnte aber auch gezeigt werden, dass Kinder, die keine Hochrisiko-ALL haben, keine weitere belastende Intensivierung der Behandlung während der so genannten Erhaltungstherapie benötigen: Zusätzliche Gaben bestimmter Medikamente (Vincristin und Dexamethason) verringern nicht die Anzahl der Rückfälle der Erkrankung. Die Ergebnisse dieser Arbeiten tragen bereits heute dazu bei, den Umfang der Behandlung an das Rückfallrisiko jedes einzelnen Kindes mit ALL anzupassen. Das moderne Prinzip der Leukämietherapie heißt somit heute: Soviel wie nötig, aber auch so wenig wie möglich. Die neuesten Daten zeigen an, dass mit diesem Ansatz 80% der Kinder mit ALL auf Dauer geheilt werden können. Trotzdem werden weitere Studien nötig sein, um auch den Kindern, die ein besonders hohes Rückfallrisiko haben, eine erfolgreiche Behandlung anbieten zu können.

Für Rückfragen stehen zur Verfügung:


Prof. Dr. med. Martin Schrappe
Direktor der Klinik für Allgemeine Pädiatrie
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel,
Schwanenweg 20
24105 Kiel
Tel. 0431-597-1621, Fax 0431-597-3966,
Email: 

OA Dr. André Schrauder
Klinik für Allgemeine Pädiatrie
Tel. 0431-597-1622

Dr. Anja Möricke
Klinik für Allgemeine Pädiatrie
Tel. 0431-597-1622

Quelle: idw-Pressemitteilung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein vom 22.02.2007
Wissenschaftler des St. Jude Children's Research Hospital in Memphis haben Genmutationen identifiziert, die bislang noch nicht unter Verdacht standen, zum Ausbruch akuter lymphatischer Leukämie (ALL) bei Kindern beizutragen. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature". Die neuen Erkenntnisse liefern nicht nur weitere Ansätze zur Entwicklung von Therapien, sondern zeigen zugleich auch einen möglichen Weg, um Mutationen bei Erwachsenen mit einer Krebserkrankung zu bestimmen.

ALL wird von bösartig entarteten Vorläuferzellen der Lymphozyten verursacht. Die amerikanischen Wissenschaftler untersuchten mehr als 350.000 DNA-Fragmente in Proben von 242 Patienten. Im Fokus standen dabei individuelle Variationen der DNA, die sich über die menschlichen Chromosomen verteilen. Das Ergebnis: Bei 40 Prozent der untersuchten Patienten war mindestens eins von drei Genen mutiert, welche die Ausdifferenzierung von Vorläuferzellen in B-Lymphzyten kontrollieren.

Mit 30 Prozent am häufigsten mutiert war das Gen "PAX5". Diese Veränderung reduziert entweder die Menge jenes Proteins, das durch das Gen kodiert wird, oder sorgt dafür, dass das Protein nicht voll funktionsfähig ist. Darüber hinaus fanden die Forscher auch Mutationen in anderen Genen, die für die Differenzierung von B-Zellen wichtig sind. Gemeinsam koordinieren diese Gene jene komplexen Vorgänge, bei denen sich Vorläuferzellen in B-Lymphozyten ausdifferenzieren. Bei ALL-Patienten funktioniert dieser Mechanismus allerdings nicht normal, so dass Vorläuferzellen in ihrem frühen Entwicklungsstadium verharren und sich vermehren.

"Die Identifizierung der Gene war sehr überraschend," sagt Seniorautor James Downing. "Es ist allerdings zu beachten, dass mit der von uns angewandten Methode nicht jedes Gen in den untersuchten Bereichen untersucht werden könnte - die tatsächliche Zahl der Mutationen könnte also durchaus noch höher liegen."

"Die neuen Einblicke in die Differenzierung von B-Zellen sind sehr wertvoll", sagt Ching-Hon Pui, Vorsitzender der American Cancer Society und Co-Autor der Studie. "Je mehr wir darüber wissen, warum die Vorläuferzellen in diesem primitiven und Krebs verursachenden Status verharren, desto eher werden wir in der Lage sein, neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln, um diese Zellen zu töten."

Quelle: Pressetext-Austria-Meldung vom 08.03.2007
Kinder mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL) haben offenbar ein höheres Risiko als vermutet, Jahre später eine weitere Krebserkrankung zu bekommen, etwa einen Hirntumor. Das geht aus den Ergebnissen der längsten Nachbeobachtungsstudie über mehrere Jahrzehnte hervor.

Die US-Studie mit fast 2200 Patienten wurde in Memphis in Tennessee gemacht. Bei allen Patienten wurde mit der Therapie eine komplette Remission erzielt, also mindestens vier Wochen lang kein Nachweis leukämischer Zellen.

Wie die Onkologen um Dr. Nobuko Hijiya aus Memphis berichten, wurden die Tumoren entdeckt, weil mindestens zweieinhalb und bis zu 41 Jahre lang nachbeobachtet wurde (JAMA 297 / 11, 2007, 1207).

Bei 123 Patienten hatte sich ein Zweittumor entwickelt. Am häufigsten waren mit 46 Erkrankungen myeloische Malignome, etwa eine akute myeloische Leukämie. 14 Patienten entwickelten ein Basalzell-Ca, 22 einen Hirntumor. In Deutschland erkranken jährlich etwa 550 Menschen neu an ALL.

Quelle: Ärztezeitung 21.03.2007
Philadelphia-Chromosom positive akute lymphatische Leukämie (Ph+ ALL) bleibt eine der höchsten Risikogruppen von akuter lymphatischer Leukämie (ALL) im Kindesalter. Eine Studie zeigte, dass Imatinib, das in Kombination mit intensiver Chemotherapie verabreicht wird, zu einer bedeutenden Verbesserung bei frühem ereignisfreiem Überleben und einer Verringerung der frühen minimalen Resterkrankung (MRD) führte. 

Imatinib-Gabe nach Stammzelltransplantation verbesserte ebenfalls die frühen Ergebnisse bei verwandten Spendern. Intensive Imatinib-Gabe mit intensiver Chemotherapie verleiht Patienten, die mit verwandten oder Frendspender-Stammzellen behandelt werden, gleiches frühes ereignisfreies Überleben. Es ist eine längere Beobachtungszeit erforderlich, um zu sehen, ob dies einen Unterschied bei einem ereignisfreien Langzeit-Überleben macht.

Das COG AALL0031-Protokoll (offen 2002 – 2006) ergab Imatinib bei 340 mg/m2 bei einer steigenden Anzahl an Tagen in Kombination mit einer intensiven Chemotherapie-Basis. War ein Geschwisterspender mit identischem humanen Leukozyten-Antigen (HLA) verfügbar, wurde eine BMT nach den ersten beiden Zyklen der Therapie nach der einleitenden Therapie durchgeführt, ansonsten wurde die Chemotherapie fortgesetzt. Die BMT-Patienten erhielten 4 – 6 Monate nach der BMT 6 Monate lang Imatinib. Dreiundneunzig Patienten wurden behandelt, bei 10 davon schlug eine einleitende Therapie fehl.

Quelle: ASH-Abstract #4 von Kirk R. Schultz und anderen. Abstract #4 erscheint in Blood, Ausgabe 110, Band 11, 16. November 2007. Übersetzt von Jan/Alice.
Die Sterblichkeit aufgrund Krebs bei Kindern und Jugendlichen ist in den USA in den vergangenen 15 Jahren deutlich zurückgegangen. Nach einer aktuellen Analyse von Daten ist vor allem die Zahl der an Leukämie gestorbenen jungen Patienten gesunken.

Im Jahre 1990 gab es noch 34,2 Krebstodesfälle bei unter 20-Jährigen pro eine Million Einwohner, 2004 hingegen nur noch 27,3 Fälle dieser Art. Das bedeutet einen signifikanten jährlichen Rückgang um 1,3 Prozent, berichten die Centers for Disease Control (CDC) in Atlanta in ihrem "Morbidity and Mortality Weekly Report" (MMWR 56, 2007, 1257).

Besonders stark verringert hat sich die Sterberate durch Leukämie bei Kindern und Jugendlichen: 1990 gab es noch 10,3 Todesfälle pro eine Million Einwohner, 2004 nur noch 6,9. Das bedeutet einen jährlichen Rückgang um drei Prozent. Leukämie war 2004 mit einem Anteil von nahezu 26 Prozent die häufigste Krebsart bei Kindern und Jugendlichen, gefolgt von Hirn- und anderen ZNS-Tumoren.

Die Reduktion der Krebssterberate, besonders der starke Rückgang der Leukämie-Sterbefälle ist nach Einschätzung der CDC auf Fortschritte in der Behandlung bei diesen Erkrankungen zurückzuführen.


Quelle: Ärzte Zeitung vom 17.12.2007

Der seltene Fall einer Leukämieerkrankung bei einem monochorialen Zwilling bot britischen Experten gemäß einer Veröffentlichung im Fachmagazin "Science" die Möglichkeit, die bisher vermutete Stammzellenhypothese der Akuten Lymphoblastischen Leukämie (ALL) bei Kindern zu beweisen. Die Stammzellhypothese besagt, dass die ALL und möglicherweise auch andere Leukämieformen, in zwei Schritten entstehen.

Im ersten Schritt entsteht eine tumorpropagierende Zelle (die Krebs-Stammzelle), aus der sich dann in einem zweiten Schritt eine Leukämiezelle entwickelt. Die Forscher vermuten seit einige Zeit, dass bei einer Variante der ALL, der "common ALL" (c-ALL), der erste Schritt in einer chromosomalen Translokation besteht: Zwei Abschnitte von unterschiedlichen Chromosomen werden zu einem neuen Gen, dem TEL-AML1-Gen, fusioniert. Dies sind die prä-leukämischen Krebs-Stammzellen, denen im zweiten Schritt dann die ALL entsteht.

Tariq Enver von der Oxford Universität kann diese Hypothese jetzt durch die Untersuchung eines Zwillingspaares belegen. Isabella und Olivia sind monochoriale Zwillinge. Sie teilten sich im Uterus die gleiche Plazenta. Damit erfolgte auch ein Blutaustausch zwischen den beiden Feten. Olivia erkrankte im Alter von 2 Jahren an einer cALL. Wenn die Stammzellhypothese zutrifft und der erste Schritt zur Krebserkrankung bereits im Uterus erfolgt, dann sollten die Krebs-Stammzellen auch bei derzeit noch gesunden Isabella nachweisbar sein.

Genau dies war der Fall. Im Blut von Isabella fanden die Forscher Leukozyten mit der TEL-AML1-Translokation. Dass diese Zellen tatsächlich das Potenzial haben, sich zur Leukämie zu entwickeln, belegen die Forscher in einem Experiment an immundefizienten Mäusen. Diese erkrankten nach der Infusion der Krebs-Stammzellen an einer Leukämie. Ob auch das derzeit noch gesunde Mädchen Isabella später einmal an Leukämie erkranken wird, ist nicht bekannt. Enver schätzt die Chancen auf etwa zehn Prozent.

Die Wahrscheinlichkeit sei jedenfalls zu gering, um derzeit eine Chemotherapie bei dem Mädchen zu rechtfertigen, um die Krebs-Stammzelle zu entfernen. Die Risiken der Therapie seien eindeutig höher als das potenzielle Krebsrisiko. Wenn die Leukämie noch im Kindesalter auftritt, sind die Chancen einer Heilung gut. Sie liegen mittlerweile bei 90 Prozent. Bei Olivia wurde die Leukämie bereits erfolgreich behandelt. Die Therapie verlief jedoch nicht komplikationslos. Nach einer Augeninfektion erblindete das Mädchen auf einem Auge.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt vom 18.01.2008
Dank den verbesserten Therapiemöglichkeiten ist die Krebsdiagnose bei einem Kind nicht mehr gleichbedeutend mit einem Todesurteil. Nun aber steht die Medizin vor der Frage, wie die Spätfolgen und Zweittumoren der Überlebenden anzugehen sind. Die National Academies of Science von Amerika haben vor kurzem in Washington einen Untersuchungsbericht zu einem Thema vorgelegt, das bisher kaum erforscht worden ist und im Schatten der glanzvollen Erfolge stand, welche die Medizin in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten errungen hat: das weitere Schicksal von Menschen, die im Kindesalter an Krebs erkrankt sind und diesen überlebt, aber nicht immer überwunden haben.

Die National Academies of Science von Amerika haben vor kurzem in Washington einen Untersuchungsbericht zu einem Thema vorgelegt, das bisher kaum erforscht worden ist und im Schatten der glanzvollen Erfolge stand, welche die Medizin in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten errungen hat: das weitere Schicksal von Menschen, die im Kindesalter an Krebs erkrankt sind und diesen überlebt, aber nicht immer überwunden haben.

In den USA erkranken pro Jahr 12.000 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren an einem bösartigen Tumorleiden (Malignom). Die jährliche Erkrankungsrate von 15,3 pro 100.000 Kinder und Heranwachsende sowie das Risiko, zwischen Geburt und zwanzigstem Lebensjahr an Krebs zu erkranken – es trifft statistisch eines von 300 Kindern –, dürften in anderen Industrienationen vergleichbar hoch sein. Malignome sind in Amerika bei Kleinkindern die häufigste, bei 5- bis 14-Jährigen die zweithäufigste Todesursache.

Dabei ist das Spektrum der Erkrankungen ein völlig anderes als bei Erwachsenen, wo Bronchial-, Darm-, Brust- und Prostatakarzinome die Krebsstatistiken anführen. Bei Kindern sind Leukämien, Tumoren des Zentralnervensystems und Malignome des lymphatischen Systems führend. Während bösartige Tumoren des Gehirns noch immer mit einer hohen Sterblichkeit verbunden sind, sind bei der Therapie der verschiedenen Leukämieformen enorme Fortschritte erzielt worden. Mit Ausnahme der akuten myeloischen Leukämie sind heute Fünf-Jahres-Überlebensraten von 80 Prozent und mehr nicht ungewöhnlich.

Ähnlich ist die Entwicklung bei den lymphatischen Tumoren; die Fünf-Jahres-Überlebensrate des Hodgkin-Lymphoms liegt nach Angaben der Akademie heute bei einst für unmöglich gehaltenen 92 Prozent, die des Non-Hodgkin-Lymphoms bei 73 Prozent. Insgesamt hat die Überlebensrate der kindlichen Krebspatienten (78 Prozent) längst jene der Erwachsenen mit 62 Prozent überholt. Als wichtigste Gründe dafür gelten die spezifischere Betreuung der Kinder (sie werden eher als Erwachsene in einem spezialisierten Krebszentrum behandelt) sowie biologische Unterschiede bei den Tumorzellen. Diese teilen sich im Kindesalter häufig besonders schnell, was rasch wachsende Malignome zur Folge hat. Doch gerade diese Zellen sprechen oft besonders gut an auf moderne Krebsbehandlungen aus Chirurgie, Strahlen- und Chemotherapie.

Waren Überlebende von Krebserkrankungen im Kindesalter einst eine demographische Rarität, teilen heute in den USA fast 300.000 Bürgerinnen und Bürger dieses Schicksal. Wie im Bericht der Wissenschafter dargelegt, ist der (überlebte) Krebs aber oft Ursache weiterhin behandlungsbedürftiger chronischer Krankheiten. So leiden zwei Drittel der Überlebenden unter mindestens einer gravierenden Einschränkung der Lebensqualität. Ein einheitliches diagnostisches Vorgehen ist aber illusorisch, denn manche dieser Nach- und Nebenwirkungen werden bereits bei frühen Kontrolluntersuchungen entdeckt, andere manifestieren sich erst nach Jahren.

Als wichtigste Folgeerscheinung bezeichnen die Wissenschafter in ihrem Report den Verlust von kognitiven Fähigkeiten nach der Therapie von Tumoren des Zentralnervensystems sowie nach Strahlentherapie von Leukämien und Lymphomen – dies betreffe fast 60 Prozent der behandelten Patienten. Die Betroffenen weisen ein schwaches Kurzzeitgedächtnis auf und haben Schwierigkeiten mit der Aufmerksamkeit, der Konzentration sowie der Koordination der Motorik. Sie können im Extremfall Intelligenzdefizite von bis zu 50 IQ-Punkten aufweisen. Zudem können Strahlentherapie und manche Chemotherapeutika zu einer Schädigung des Herzens führen und in der Lunge die Narbenbildung anregen, was die Leistung der Lungen und damit die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten einschränkt.

Mädchen sind nach einer Strahlentherapie eines Hodgkin-Lymphoms hochgradig gefährdet, 20 oder 30 Jahre später an einem Mammakarzinom zu erkranken. Überhaupt sind Zweittumoren an einem anderen als dem ursprünglichen Organ ein grosses Problem bei Patienten, die als Kinder einen Tumor überlebt haben: Die Erkrankungswahrscheinlichkeit beträgt für sie das Fünf- bis Zwanzigfache der Normalbevölkerung.

Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Gesundheitssysteme nicht ausreichend für die Versorgung dieser speziellen Patientengruppe eingerichtet sind. Es müssten Standards für die langfristige interdisziplinäre Betreuung geschaffen werden. Dieser Anregung und der Aufforderung nach verstärkter klinischer Erforschung der Spätfolgen liegt die Erkenntnis zugrunde: Es gibt keinen endgültigen Sieg über den Krebs. 

Quelle: NZZ Online.ch vom 29.01.2008
Das von der Wilhelm Sander Stiftung seit 2005 mit 165.000 Euro unterstützte Forschungsprojekt zur Identifizierung und Charakterisierung von resistenten, persistierenden Leukämiezellen bei Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL), erhielt im Dezember 2007 für weitere 2 Jahre von der Wilhelm Sander Stiftung eine Anschlußförderung. Ziel des Projektes ist die frühzeitige Diagnose kleinster Mengen persistierender Leukämiezellen, um mit einer rechtzeitigen Umstellung auf eine intensivierte Therapie eine vollständige Heilung zu ermöglichen. 

Außerdem soll geprüft werden, ob bei einer schon frühzeitig im Therapieverlauf nicht mehr nachweisbaren Leukämie die zytostatische Therapie auch reduziert werden kann. So ermöglicht das Monitoring der Restleukämiezellen im Knochenmark und auch im peripheren Blut die Steuerung der Therapie in Abhängigkeit vom Ansprechen der Leukämie. Der Vorteil der in dem Projekt angewandten multiparametrischen Durchflußzytometrie besteht in der raschen Durchführbarkeit, der hohen Empfindlichkeit und den schnell zur Verfügung stehenden Ergebnissen.

Die Heilung bzw. das Risiko, einen Rückfall der akuten Leukämie zu erleiden, hängen im Wesentlichen davon ab, in welchem Umfang die Leukämiezellen im Körper durch die Therapie eliminiert werden können. Hier setzen auch die klinisch-orientierten Forschungsprojekte der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. W.-D. Ludwig, Dr. L. Karawajew und Dr. R. Ratei an, die ein sehr empfindliches Verfahren zum Nachweis von residualen Leukämiezellen, die nicht im Lichtmikroskop entdeckt werden können, etabliert haben. 

Im Gegensatz zu normalen Zellen exprimieren Leukämiezellen auf ihrer Zelloberfläche atypische Antigene und können anhand eines leukämiespezifischen Antigenprofils eindeutig identifiziert und quantifiziert werden. Es ist heute mit diesem Verfahren und molekularbiologischen Techniken möglich, eine Leukämiezelle unter 10.000 normalen Knochenmark- oder Blutzellen zu erkennen. Nach Isolierung der durch Chemotherapie (und/oder Blutstammzelltransplantation) nicht eliminierten Leukämiezellen mit speziellen Zellsortierungsverfahren können die molekularen Eigenschaften dieser Leukämiezellen durch eine genomweite Genexpressionsanalyse charakterisiert werden. 

Die Untersuchungen der Bucher Arbeitsgruppe haben gezeigt, dass in residualen Leukämiezellen die Kontrolle des Zellzyklus und Zellwachstums verändert wird und dies eine mögliche Erklärung für das unzureichende Ansprechen auf vorwiegend proliferierende Zellen wirkende Zytostatika darstellt. Diese Erkenntnisse können genutzt werden, um die Diagnostik bei akuten Leukämien zu verbessern, das Therapieansprechen frühzeitig mit Hilfe sehr empfindlicher Methoden zu überprüfen und risikoadaptierte Therapiestrategien zu entwickeln. Langfristiges Ziel dieser Untersuchungen ist es, anhand der Identifizierung von leukämiespezifischen bzw. -assoziierten Zielstrukturen einen Beitrag für die Entwicklung neuartiger Wirkstoffe zur Leukämiebehandlung zu leisten. 

Über die Wilhelm-Sander-Stiftung


Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt in einer zweiten Förderperiode mit über 200.000 €. Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 160 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist. 

Quelle: idw-Mitteilung vom 11.02.2008

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