BCR-ABL?

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unknown

Beitrag von unknown » 29.09.2010, 08:36

Hallo Jan,

ich danke dir für deine bildlichen Erklärungen. Das hat mir das Ganze wirklich verständlich gemacht. Schön, dass du dich so auf mein Niveau runterdenken kannst. Danke! Bei meinen spärlichen Gesprächen mit den Ärzten fühle ich mich manchmal ein wenig überfordert, weil ich oft nicht wirklich verstehe, was die mir sagen. Da hilft es mir doch sehr, mich hier informieren zu können, um einigermassen auf Augenhöhe mit dem medizinischen Personal zu sein. :)

Nun sind nach 14-tägigem Warten gestern die Ergebnisse der Blutuntersuchung gekommen. Ich war so angespannt.....das glaubt man kaum. Mir tun heute alle Muskeln weh, weil ich mich wohl langsam ENTspanne. Ich hoffe und habe mir fest vorgenommen, dass ich das ab jetzt lockerer angehe. Wenn ich den Befund richtig interpretiere, dann hilft mein Freund Glivec so wie er soll und ab jetzt gehe ich davon aus, dass es so bleibt.

Vielleicht könnt ihr mir noch einige Dinge an dem Befund erklären?!

Also alter Befund der Erstdiganose im Juni/10
Material t(9;22)PCR BCR-ABL/ABL BCR-ABL %
Knochenmark M-BCR 0,6 30
Blut M-BCR 0,7 35

Befund jetzt September/10
Material t(9;22)PCR BCR-ABL/ABL BCR-ABL %
Blut M-BCR 0,07 3,5

Die Multiplex-PCR zum Nachweis einer t(9;22) PCR Translokation weist einen M-BCR Bruchpunkt (e13-a2) nach
In der Quantitativen RT-PCR beträgt die BCR-ABL/ABL Transkriptratio 0,07 (0,35 % entsprechend dem in der IRIS Studie etablierten International Scale)

Beurteilung: Damit hat sich die BCR-ABL/ABL Transkriptratio 3 Monate nach Einleitung einer Imatinib Behandlung um eine Logstufe reduziert.

Empfehlung ist eine dreimonatige Verlaufskontrolle.

Ich denke mal, nachdem was ich bisher verstanden habe, dass das alles so in Ordnung ist?!

Was ich nicht verstehe ist dieser Bruchpunkt (e13-a2). Ist das was ungewöhnliches? Was sagt es aus?

Und sind es jetzt diese 0,07 die unter 0,01 müssen oder sind es die 3,5 die unter 0,01 müssen?


Ich sage jetzt schon mal Danke für eure Mühe und eure Antworten und hoffe es geht euch allen gut.

Lieben Gruss aus dem Norden
Ellen

jan
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Beitrag von jan » 18.09.2010, 00:35

Hallo Ellen

etwas vereinfacht ist es so: Nach Therapiebeginn sind üblicherweise nahezu alle Blutzellen mit der genetischen Veränderung der CML, dem Philadelphia-Chromosom, versehen. Zur Diagnose reicht es meist, wenn man 20-25 lebende Stammzellen aus dem Knochenmark entnimmt und diese im Mikroskop in einer bestimmten Zellteilungsphase (wenn man die Chromosomen durch Vergrößerung erkennen kann, also auch das typische Philadelphia-Chromosom der CML) ansieht. Nun sind 20-25 Zellen natürlich eine sehr kleine Stichprobe, und wenn die Therapie anschlägt und der Wert sinkt, sind 20-25 betrachtete Zellen zu wenig, um irgendeine Aussage zu machen, wo die CML-Erkrankung steht. Aber: nur in der Chromosomenanalyse sieht man auch zusätzliche Veränderungen an anderen Chromosomen, was eine wichtige Information für Spezialisten ist. Mehr Zellen kann man aber eigentlich mit der Methode nicht untersuchen, da die Aufbereitung und Betrachtung der Chromosomen eine in höherer Menge recht aufwändige Vorgehensweise ist. Bildlich gesprochen erkennt man, welche verschiedenen Hüte in einer kleinen Menschenmenge getragen werden, aber bei einer Großdemo ist man ewig beschäftigt.

Ist diese "Zytogenetik" (d.h. die Betrachtung der Chromosomen) dann ohne negativ, d.h. kein Ph-Chromosom gefunden, bedient man sich molekularer Methoden (der sogenannten "PCR", die die CML-typischen "BCR-ABL-Fusionsgene" misst), mit der man in einem technischen Verfahren etwa ein einzelnes BCR-ABL in einer Menge von einer Million normaler Genschnipsel erkennen kann. Dies bedeutet, die PCR ist viel genauer - bildlich gesprochen, das Verfahren erkennt, ob jemand im Großraum München einen roten Hut trägt. Man kann aber nicht sagen, welche anderen Hutfarben unterwegs sind. Die Verfahren haben also unterschiedliche Genauigkeiten und Aussagekraft.

Zytogenetik (Chromosomanalyse) geht nur aus dem Knochenmark, weil man teilungsfähige Zellen braucht. PCR funktioniert auch bei nicht teilungsfähigen Zellen, d.h. spezialisierte Blutzellen. Daher kann man die Zytogenetik nur auf Knochenmark, PCR aber aus beidem machen. Daher die unterschiedlichen "Quellen" für das Untersuchungsmaterial.

Knochenmark und Blut sind meines Wissens aber selbst bei gleichzeitiger Entnahme meines Wissens nicht direkt vergleichbar - weil die Blutbildung hinter dem Knochenmark zeitlich hinterherhinkt und einfach verschiedenes Material oft verschiedene Ergebnisse bringt. Daher vergleicht man wohl für eine Verlaufskontrolle am besten den gleichen Gewebetyp im gleichen Labor.

Die Expertenleitlinien der CML-Therapie empfehlen "Meilensteine", die man nach einer gewissen Zeitfrist erreichen sollte, um von "optimalem Ansprechen" zu sprechen. Von suboptimalem Ansprechen auf Imatinib wird gesprochen, wenn nach 3 Monaten kein zytogenetisches Ansprechen, nach 6 Monaten noch mehr als 35% Ph-positive Zellen im Knochenmark, nach 12 Monaten noch Ph-positive Zellen im Knochenmark, oder nach 18 noch eine PCR von über 0.1% BCR-ABL/ABL vorliegen. Siehe dazu hier
<!-- BBCode auto-link start --><a href="/http://www.leukaemie-online.de/modules. ... le&sid=750" target="_blank">http://www.leukaemie-online.de/modules. ... sid=750</a><!-- BBCode auto-link end -->

Da Du, wenn ich es richtig verstehe, erst noch recht am Anfang der Therapie stehst, bringt es noch nicht viel, Prozentzahlen zu vergleichen - wichtig ist der Trend, der im Gesamtzusammenhang nach unten zeigen sollte, und Dein Arzt wird sicher darauf achten, dass Du die "Meilensteine" nach 6, 12 und 18 Monaten erreichst. Wir sind hier alle Laien und wir können (und sollten) hier sowieso aus ein paar Werten nichts herausinterpretieren, aber wenn wir mal davon ausgehen, dass zur Diagnose bei Dir nahezu alle Blutzellen CML-krank waren und Du schon vor der zweiten Untersuchung bei 30%/35% lagst, würde ich mal sagen: Du siehst, dass die Medikamente die CML schwer beeindrucken - das ist gut. Ich drücke weiter die Daumen.

Viele Grüße
Jan

P.S.: Leitlinien:http://www.leukaemie-online.de/modules. ... le&sid=750

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Ellen67
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Beitrag von Ellen67 » 12.09.2010, 11:35

Moin Niko,

Ja, UKSH.......Uniklinik in Kiel. Dort wird mein Knochenmark untersucht. Erstmal grüsse ich dann die Ostsee. Aber an der Nordsee bin ich auch hin und wieder. Also auch dort kann ich Grüsse hinterlassen. Kommst du von hier oder warst du nur auf Urlaub im schönsten Bundesland der Welt <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_razz.gif">

Also es scheint aber echt ein Unterschied zwischen den Werten aus dem Blut PCR oder dem aus dem Knochenmark zu sein. Also, dann auf zu den 0,01% :)

Mein Blutbild war schon nach 3 Wochen völlig normal und ist es bisher immer geblieben. Schwankt zwar jede Woche aber alle Werte immer im Normbereich.

AHHHHHHHH, nun kenne ich dann auch meinen HB-Wert. Glaubt mir kein Mensch, was ich den schon gesucht habe. War immer zwischen 12,5 und 14. Also immer gut. (Wie kommt man bloss von Hämoglobin auf HB?) *Kopfschüttel* Da hätte ich mir echt noch einen Wolf suchen können.

Vielen Dank erstmal Niko
Ellen
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NL
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Beitrag von NL » 12.09.2010, 10:46

Moin Ellen,
BCR-ABL ist der Wert, der (möglichst zügig) unter 0.01% sinken soll. In meinem Fall wurde BCR-ABL nur einmal aus dem Knochenmark bestimmt, später nur noch aus dem "normalen" Blut. Der Wert in Knochenmark bestimmt meines Wissens auch den Wert im Blut (die Blutzellen werden im Knochenmark gebildet und "wandern ins Blut aus").
Die 93% philadelphiapositiver Zellen klingen erstmal schockierend, meines Wissens ist ein solcher Wert aber normal bei Therapiebeginn. Dieser Wert soll dann auf 0 sinken, die vollständige zytogenetische Remission ist Dein erstes wichtiges Therapieziel (abgesehen von der Normalisierung des Blutbildes).
Der HB-Wert ist der Hämoglobin-Wert. Ein tiefer Hämoglobin-Wert steht für eine reduzierte Sauerstofftransportfähigkeit des Blutes.
Gruss
Niko
PS.:UKSH, Schleswig-Holstein? Grüss mir die Nordsee, oder ersatzweise die Ostsee <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_razz.gif">
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Ellen67
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Beitrag von Ellen67 » 12.09.2010, 09:57

Hallo und guten Morgen!

Ich habe in zwei Tagen meine erste KMP nach Diagnosestellung. Ich habe hier ja schon ganz viel gelesen und mich informiert. Was mir jetzt noch nicht so ganz klar ist, wie meine Werte aus der ersten KMP einzuordnen sind. Ich bin fast sicher, dass ihr mir das erklären könnt, damit ich dann die neuen Ergebnisse besser einordnen kann.

Also der BCR-ABL wert der ersten Untersuchung war 30%. Ist das der Wert, der dann irgendwann bei 0,01 % sein muss? Das war aus dem Knochenmark.

Aus dem Blut wurde ein Wert von 35 % ermittelt. Muss der auch unter die 0,01?

Ausserdem steht in dem in dem Schreiben vom UKSH, das sich in 93 % aller Zellen eine auf eine Philadelphia-Translokation bzw. BCR-ABL-Fusion hinweisende Signalkonstellation ohne Anhalt für eine Amplifikation der BCR-ABL-Fusion oder eine Deltion im Bruchpunktbereich.

Ist 93 % nicht tierisch viel? Das macht mir echt Sorgen.


Und als letzte Frage: Hier wird immer von dem HB-Wert gesprochen. Welcher Wert ist das? Ich finde den nirgends in meinen Unterlagen. Weder in denen von der KMP, noch in den Blutwerten. Es wird jede Woche Blut abgenommen. Klinische Chemie und Hämatologie. Aber HB ist dort nirgendwo. Könnt ihr mir weiterhelfen?

Ich danke euch für eure Mühe.

Liebe Grüsse und alles Gute für alle
Ellen


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