Glivec und Herzinsuffizienz

Moderatoren: jan, NL, Marc

unknown

Beitrag von unknown » 14.04.2007, 00:08

Hallo Karl:

1) was hat denn der Arzt gemeint als er Dir diesen Befund gab?
2) nach der Art der Formulierungen würde ich als Laie zunächst ja sagen, daß man da offenbar etwas weiter beobachten sollte - aber im Moment nichts Dramatisches vorzuliegen scheint ...

Pascal.

unknown

Beitrag von unknown » 13.04.2007, 23:24

Hallo ,

war zwischenzeitlich auch beim Kardiologen.
Bei der Untersuchung schien alles in Ordung zu sein.

Habe heute den Arztbericht erhalten und hierbei wurde
folgendes festgestellt:

Linker Vorhof mit 4,0 cm leicht vergrößert,
linker Vertrikal mit 5,3 cm grenzwertig groß.
Normale systolische LV-Funktion.

Bei der letzten Kardiologischen Untersuchung im Januar 2006 waren diese Symthome noch nicht vorhanden. Glivec nehme ich erst seit Juni 2006.

Mich beschäftigt nun die Frage ob diese Veränderungen als Nebenwirkungen durch Glivec verursacht werden und welche Maßnahmen gegebenfalls eingeleitet werden können.

Gibt es hierzu Erkenntnisse ?

Viele Grüße
Karl

unknown

Beitrag von unknown » 15.11.2006, 09:09

Hallo Zusammen,

Irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwähren, dass hier auch eine gewisse Ähnlichkeit zu Luther und der Reformation gegeben ist. Dem gläubigen Menschen im Mittelalter blieb der Text der Bibel ein Mysterium, da zum einen die allermeisten Menschen mit Analphabetismus geschlagen waren und der allerkleinste Teil derer die lesen konnten wohl Latainer waren.
Latain ist noch immer die Sprache der Medizin. Von Ärzte Gnaden fallen immer mal ein paar bröckchen für uns unmündige ab und wir versuchen uns dann etwas zusammenzureimen.
Also vielleicht machen wir mal ein Reförmchen, hin zum mündigen Patient dessen Grundrecht auf freie Selbstbestimmung und freien Informationszugang, nicht mehr hinter der Selbstgefälligkeit von "Göttern in Weiss" und deren Verschleierungslatain zurück stehen darf.
In einer aufgeklärten Gesellschaft sind Fachinformationen kein Gut welches zum Selbstzweck elitären Personengruppen vorbehalten sein darf. Wissen ist Investition in die Zukunft. Auch in die Zukunft meiner Gesundheit.

:wink: Holger

Hindemitter
Beiträge: 71
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Kontaktdaten:

Beitrag von Hindemitter » 14.11.2006, 13:05

Hallo Holger,
lieber Jan,

diese Diskussion hat mich jetzt doch zum Nachdenken gebracht.

Einerseits bilde ich mir auch schon seit etwa September ein, dass mit meinem Herzen was nicht stimmt, will das aber nicht so recht wahrhaben. Meine dubiosen Blutwerte (erhöhte Leberwerte, massive Eosinophilie, regelmäßig grenzwertiges Kreatinin) haben laut einem Medizinbuch auch auf Herzinsuffizienz hingedeutet. Iich glaube ein Besuch beim Kardiologen kann nicht schaden......... Den Arztbesuch habe ich jetzt hintermir, mit meinem Herzerl ist angeblich alles in Ordnung!

@Jan: Ich finde es gut, dass ich mit meiner Meinung über die Zugänglickeit von medizinischen Informationen, insbesondere Doc-Check nicht alleine bin. Diese Unterstellung, dass Patienten als solche zu dämlich sind um die Infos zu verstehen, macht mich wütend und stellt dar, was Politiker von uns denken. Aber vor allem auch sehr sehr viele Ärzte halten Patienten zunächst einmal für dumm, leider nur ganz wenige geben einen auch die Gelegenheit, das Gegenteil zu beweisen.

Nachdenkliche Grüße,
Hindemitter

unknown

Beitrag von unknown » 13.11.2006, 08:31

Hallo Jan,

Recht herzlichen Dank Für Dein positives Feedback und den sehr guten Hinweis auf das Schreiben von Novartis. Im besonderen mal einen Dank, ich glaube im Namen aller Nutzer an dich, für Deine informative Auswertung fremdsprachiger Titel zum Thema CML.

MfG
Holger

jan
Beiträge: 2274
Registriert: 19.07.2010, 10:14
Wohnort: bei München
Kontaktdaten:

Beitrag von jan » 12.11.2006, 09:48

Hallo Holger,

als Ergänzung zu unserer untenstehenden Diskussion habe ich mich bzgl der Herz-Nebenwirkungen nochmal umgehört.

Am 19. Oktober 2006 hat Novartis gemeinsam mit der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA <!-- BBCode Start --><A HREF="http://www.fda.gov/medwatch/safety/2006 ... tm#Gleevec" TARGET="_blank">ein Schreiben</A><!-- BBCode End --> an Ärzte verschickt, das im Nachgang an den Nature Medicine Artikel die bisher bekannten klinischen Daten erneut analysiert und zusammenfasst.

Die wichtigsten Aussagen im Schreiben sind:

<!-- BBCode Quote Start --><TABLE BORDER=0 CELLPADDING=3 CELLSPACING=1 ALIGN=CENTER WIDTH=85%><TR><TD><font class="pn-sub">Zitat:</font><HR noshade height=1></TD></TR><TR><TD><FONT class="pn-sub"><BLOCKQUOTE>Während Nebenwirkungen am Herzen selten auftreten, wurde von schwerwiegenden Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen gelegentlich berichtet. Wir glauben daher, dass alle Patienten mit bekannten Herzerkrankungen oder einem Risiko für Herzinfarkt sorgfältig beobachtet werden sollten, und jeder Patient mit Symptomen, auf die Herzversagen folgen kann, sollten untersucht und behandelt werden. (...) Die meisten Patienten, bei denen über Herzversagen berichtet wurde, hatten Zweiterkrankungen oder Risikofaktoren, darunter fortgeschrittenes Alter und Vorerkrankungen am Herzen. In einer Internationalen Studie mit 1106 Patienten (der IRIS-Studie) wurde schwerwiegende Herzinsuffizienz oder Herzrhytmusstörungen bei 0,7% der Gleevec-Patienten beobachtet, verglichen mit 0,9% der Patienten unter Interferon-AraC-Kombination."</BLOCKQUOTE></FONT></TD></TR><TR><TD><HR noshade height=1></TD></TR></TABLE><!-- BBCode Quote End -->

Ich weiss nicht, ob in Deutschland ein ähnliches Schreiben an Hämatologen verschickt wurde. Falls nicht, kann es sicher nicht schaden, wenn Patienten mit erhöhtem Herz-Risiko das <!-- BBCode Start --><A HREF="http://www.fda.gov/medwatch/safety/2006 ... letter.pdf" TARGET="_blank">das Schreiben ausdrucken</A><!-- BBCode End --> und ihrem Arzt mitbringen.

Viele Grüße
Jan
[addsig]

jan
Beiträge: 2274
Registriert: 19.07.2010, 10:14
Wohnort: bei München
Kontaktdaten:

Beitrag von jan » 11.11.2006, 17:17

Hallo Holger,

ich gebe Dir absolut recht, dass der Zugang zu Informationen sehr wichtig ist; dies versuche ich mit dem Forum hier auch bestmöglich zu gewährleisten. Andererseits sollte aber die Quelle Nr. 1 für Informationen der Arzt sein - dieser muß sich immer up to date halten, und im Falle von bestimmten Risiken wie z.B. einer Herzerkrankung entsprechende Massnahmen treffen. Tut er das nicht, sollte man überdenken, ob man beim richtigen Arzt ist.

Das Thema Herz ist aus früheren Glivec-Studien nicht völlig neu - Dein Arzt hätte es auch vor der Berichterstattung kennen können. So sagt die für den Arzt bestimmte <!-- BBCode Start --><A HREF="http://www.fachinfo.de/pdf/00/82/008242.pdf" TARGET="_blank">Glivec-Fachinformation</A><!-- BBCode End --> sowohl in der Version von Juli 2005 als auch April 2006, also vor der Publikation des kontrovers diskutierten Herzartikels, folgendes:

<!-- BBCode Quote Start --><TABLE BORDER=0 CELLPADDING=3 CELLSPACING=1 ALIGN=CENTER WIDTH=85%><TR><TD><font class="pn-sub">Zitat:</font><HR noshade height=1></TD></TR><TR><TD><FONT class="pn-sub"><BLOCKQUOTE> Bei etwa 1% bis 2% der Patienten wurde nach Einnahme von Glivec über das Auftreten einer schweren Flüssigkeitsretention (Pleura-Erguss, Ödem, Lungenödem, Aszites) berichtet. Es wird daher das regelmäßige Wiegen der Patienten dringend empfohlen. Eine unerwartete schnelle Gewichtszunahme muss sorgfältig untersucht und soweit erforderlich müssen eine geeignete unterstützende Behandlung und therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden. In klinischen Studien war die Häufigkeit dieser Ereignisse bei älteren Patienten und bei Patienten mit Herzerkrankungen in der Vorgeschichte erhöht. Daher ist bei Patienten mit kardialen Funktionsstörungen Vorsicht angezeigt. (...)

Verschiedene andere Nebenwirkungen wie Pleuraerguss, Aszites, Lungenödem und schnelle
Gewichtszunahme mit oder ohne Oberflächenödeme können unter dem Begriff "Flüssigkeitsretention" zusammengefasst werden. Diese Nebenwirkungen können im Allgemeinen durch ein zeitlich befristetes Absetzen von Glivec und/oder durch Diuretika und/oder andere geeignete supportive Maßnahmen beherrscht werden. Einige dieser Befunde können jedoch schwer oder lebensbedrohend sein und einige Patienten in der Blastenkrise verstarben nach einer komplizierten Krankengeschichte mit Pleuraerguss, Stauungsherzinsuffizienz und Nierenversagen. Es gab keine speziellen sicherheitsrelevanten Befunde in den klinischen Studien bei Kindern.
</BLOCKQUOTE></FONT></TD></TR><TR><TD><HR noshade height=1></TD></TR></TABLE><!-- BBCode Quote End -->

Wie Du siehst, ist das Thema Herz nicht unbedingt neu, und die Warnung bei Patienten bei Herzerkrankungen könnte bei einem guten Arzt dazu führen, dass er sich in diesem Falle z.B. bei der Studienzentrale nach neuen Erkenntnissen rückversichert, wenn einer seiner Patienten unter einer solchen Vorerkrankung leidet.

Bezüglich der "Vorabinformationspflicht" bzw. dem "Höchstmaß an Transparenz" bin ich etwas vorsichtig. Auch ich bin ein massiver Verfechter davon, dass Patienten alle relevanten Informationen zugänglich sein sollten, wenn er dies wünscht. So habe ich für die deutsche Gesetzgebung keinerlei Verständnis, die den Zugang z.B. von Fachinformationen nur medizinischem Personal - unter dem Vorwand des "Verbraucherschutzes vor Pharmawerbung" - verbietet - DocCheck-Passwortabfragen sind nur in Deutschland allgegenwärtig. Das ist nicht eine Restriktion der Pharmabranche, sondern die unseres Gesetzgebers, angeblich zu unserem Wohl.

Andererseits aber sollten wir Krebspatienten vor allem leben und uns nicht dauernd Gedanken machen, welche seltene Nebenwirkung vielleicht bei uns eintreten könnte. Ansonsten wird man paranoid und hört nur noch in sich, ob das Herzklopfen nun wegen der drei Tassen Kaffee oder wegen einer möglichen Glivec-Herzinsuffizienz eintritt. Wenn 1% der Patienten im Risiko von Herzerkrankungen lebten, sollten diejenigen, die das Risiko haben, informiert sein und entsprechende Vorsorgeuntersuchungen durchführen, aber die restlichen 99% sollten nicht deswegen unbegründet in Angst davor leben. Wann was zutrifft und erforderlich ist, weiss ein guter Arzt, der den gesamten Kontext kennen sollte.

Das ist die Schwierigkeit von Patienteninformation, mit der wir als Selbsthilfe, aber auch die Presse und die Ärzte sehr verantwortungsvoll umgehen müssen.

Viele Grüße,
Jan


unknown

Beitrag von unknown » 08.11.2006, 14:53

Hallo zusammen,

Das nun Glivec entzaubert wäre ist sicher polemik und der Rubrik Sensationsjournalismus zu zuschreiben. Leider auf Kosten der schon eh geplagten Patienten mit CML und deren Ängsten.
Als Betroffener zu diesen Thema vermisse ich aber eindeutig die Aufklärung seitens der behandelnden Ärzte und der Pharmaindustrie. Auch wenn es vermeintlich nur eine Randerscheinung (0,1% + Dunkelziffer???) einer Nebenwirkung ist, kann der einzelne als medizienischer Leihe mächtig ins grübeln kommen. Da helfen dann schöne Worte bezüglich der großen Erfolgsrate bei der Behandlung mit Inhibitoren wenig hinweg, wenn die eine Schwere Erkrankung eventuell durch eine andere ersetzt wird.
Wichtiger wäre für mich als Risikopatient gewesen um die Gefahr zu wissen. Der mündige Patient der seine Krankheit managen und bewältigen will, sollte nicht derart im trüben fischen müssen und dann auch noch von dubiosen Zeitungsberichten, die mehr verunsichern als Klarheit verschaffen, auf ein Problem aufmerksam gemacht werden.
Ich persönlich halte es jedenfalls so, daß ich immer bestrebt bin alle Aspekte und Erkenntnisse zu CML zu erfassen und zu realisieren. Die Erfahrung zeigt eben das Ärzte oft nicht unbedingt immer auf den laufenden sind. Als Patient kann man sich eben immer noch am besten vor Behandlungsfehlern schützen, wenn man sich mit Medikation und Wirkungsweise auseinander setzt.
An geeigneter Stelle kann ich dann meinen Arzt auf das Thema ansprechen. Die zuletzt bei mir nach 16 Monaten Glivecthereapie, durchgeführte Echokardiographie wies eben eine grenzwertige Pupleistung des Herzens nach. Behandelt wird dies nun mit geeigneten ACE-Hemmern.
Mein Rat für alle die mit Bluthochdruck und Kreislauferkrankungen vorbelastet sind; Sprecht dieses Thema offen bei euren behandelnden Arzt an und fragt nach, ob eine entsprechende Untersuchung bei einen Kadiologen notwendig ist. Bekanntermaßen und das wissen alle Betroffenen, ist die frühe Diagnose einer anstehenden Erkrankung die beste Vorrausetzung beim Einstieg in die Therapie.
Damit nicht jetzt wieder jemand ach und weh schreit und meint ich möchte an den Erfolg von Glivec und dessen Verwanten rüttelln. Im Gegenteil. Sie sind heute nach wie vor die beste "Waffe" im Kampf gegen CML. Das Ansprechen ist auch bei mir optimal verlaufen. Ich persönlich möchte diesen Vorteil aber nicht durch eine neue schwere Erkrankung wieder aufgeben müssen, nur weil es womöglich versäumt wurde rechtzeitig daran zu Denken und entsprechend zu reagieren.
Ein Höchstmaß an Transparenz ist das was ich mir künftig von Ärzten und Pharmaindustrie wünsche, ohne zu taburisiren.

Grüße alle CML er und alle Angehörigen die dieses Thema ebenfalls in Anspruch nimmt

Holger

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste