Liebe Jeanette,
ich wurde mit 27 Jahren mit der Diagnose CML konfrontiert - das war vor etwas mehr als eineinhalb Jahren. Die Diagnose war recht früh - mit knapp 30.000 Leukozyten, aber 99% positiven Zellen in der Zytogenetik. Ich bin dann direkt in eine Studie eingestiegen, die Glivec mit einem "Langzeit-Interferon" (pegyliertes Interferon) kombiniert. Diese Kombination nehme ich auch heute noch, mit sehr guten Ergebnissen und einer kaum mehr messbaren Resterkrankung. Die Verträglichkeit ist prima - ich hatte anfangs ab und zu Gelenkbeschwerden und Krämpfe, die sich aber mittlerweile gegeben haben. Geblieben ist eine starke Sonnenempfindlichkeit, eine anfälligere Verdauung, und vom Interferon Alpträume und leichte Grippesymptome in den Stunden nach der Einnahme. Alles Kleinigkeiten, mit denen ich hervorragend zurechtkomme. Ob die guten Ergebnisse langfristig so bleiben - wer weiss; ich hoffe es jedenfalls.
Heilung ist prinzipiell bei Interferon wie auch bei Glivec nicht möglich - die Krankheit bleibt präsent, wenn auch oftmals in einem stark reduzierten Mass. Mit Interferon hat man ja bereits über ein Jahrzehnt Erfahrung und weiss, dass hier Heilung nicht möglich ist und über längere Frist immer mehr Rückfälle bei denen auftreten, die auf Interferon nicht ausreichend ansprechen (siehe <!-- BBCode Start --><A HREF="
http://www.leukaemie-online.de/modules. ... load&sid=1" TARGET="_blank">Artikel von 2001</A><!-- BBCode End -->).
Bei Glivec hat man bis heute keine Langzeiterfahrung, auch wenn die Ergebnisse in den bisherigen fast zwei Jahren Beobachtungszeit bei neu diagnostizierten Patienten begründete Hoffnungen entstehen lassen, dass man auch langfristig mit Glivec gut fährt. Wenn nicht, gibt es bis dahin vielleicht einen neuen Wirkstoff. Ich kenne einen Patienten persönlich, der unter Glivec komplett negativ wurde, d.h. bei dem auch mit den genauesten Methoden keinerlei kranke Zellen mehr zu finden sind. Darauf hoffe ich natürlich, auch wenn das bisher die seltene Ausnahme ist.
Leider hilft es nicht besonders, sich zu fragen, wie und warum die Leukämie denn entstanden ist. Vielleicht einfach ein dummer Zufall eines falschen Giftstoffs zum falschen Zeitpunkt zu einem Schwächezeitpunkt am falschen Ort. Vielleicht auch eine genetische Veranlagung, oder einfach ein dummer Zufall, der die normalen Reparaturmechanismen ausser Kraft gesetzt hat, die den Körper normalerweise beschädigte Zellen beseitigen lassen - die CML ist ja vermutlich aus einer einzigen mutierten Zelle entstanden... Über die Frage, ob es nun Pech oder Schicksal war, kann man nun nur philosophieren...
Ich selbst kann dem Ganzen vielleicht auch einen positiven Aspekt abgewinnen. Vieles in meinem Leben hat sich geändert, viele Prioritäten verschoben, in mancherlei Hinsicht auch zum Guten. Ich sehe viele Dinge entspannter als früher, lasse mich durch weniger Dinge und Leute ärgern, weiss besser, was und wer mir wichtig ist, und was keine Rolle spielt - und wofür es sich lohnt zu kämpfen. Das ist doch auch schon was.
Liebe Grüße, alles Gute und bis bald,
Jan