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von jan » 28.11.2013, 18:10
Hallo "Typ",
Danke für Deine Nachricht, und Danke auch für Deine EMail parallel hierzu.
Die Frage, das Kind zur Welt zu bringen oder sich für eine Abtreibung zu entscheiden, liegt alleine bei der werdenden Mutter, und es ist ihre persönliche, sehr schwere Entscheidung für das Leben des Kindes oder ihr eigenes (Über)leben. Es nützt sicherlich nichts, sie gerade in dieser Situation einer ungeplanten Schwangerschaft und einer Krebserkrankung noch weiter unter Druck zu setzen, und auch wenn weder Du noch sie sich die Situation gewünscht haben, müsst ihr gemeinsam nach einer Vereinbarung suchen - denn das Kind ist gemeinsam entstanden.
Du erwähnst, dass sie Dir sagte, es sei kein Spender verfügbar. Die Frage ist natürlich, wie lange schon gesucht wurde, da oftmals ja eine erste Suche angestoßen wurde, und dann der Suchkreis erweitert wird, z.B. auf weitere Datenbanken oder auf mögliche Spender, bei denen nur ein Teil der Spendermerkmale in der Spenderdatenbank erfasst ist und bei denen man die potentiellen Spender nun einbestellen muss, um mit einer erneuten Blutprobe den Grad der Kompatibilität zwischen ihnen und der Patientin zu prüfen. Dies bedeutet, eine erste Suche kann am Anfang ohne Erfolg sein, aber bei der weiteren Suche findet man vielleicht einen potentiellen Spender. Der Druck, nur in den ersten Wochen über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden zu können, erhöht natürlich den Druck, das möglichst bald zu wissen.
Ich glaube nicht, dass Nabelschnurstammzellen das Ziel der Schwangerschaft sind, auch, weil ein einzelnes Nabelschnurtransplantat mengenmäßig für die Transplantation eines Erwachsenen nicht ausreicht, aber auch, weil die Geburt noch Monate entfernt wäre und ein Fremdspender vermutlich kurzfristiger verfügbar wäre - wenn die Transplantation für sie das Ziel wäre.
Transplantation und Schwangerschaft schließen sich in den 9 Monaten aber aus.
Je nach Art der Leukämie und der Behandlung kann es sein, dass die Ärzte zu einem Schwangerschaftsende raten werden, vor allem, wenn die Dynamik der CLL eine Stammzelltransplantation erfordert, was dann vermutlich keine 9 Monate warten kann. Ich selbst kann bei CLL nicht beurteilen, ob eine von den Ärzten angeratene Transplantation 9 Monate warten kann oder nicht, bzw. wovon der Handlungsdruck diesbezüglich abhängt.
Zur Lebenserwartung: das hängt von diversen Risikofaktoren ab, manche können jahrelang ohne Therapie bleiben und mit CLL sehr alt werden, bei manchen ist der Verlauf aggressiv. Ich vermute, da Deiner Bekannten die Transplantation nahegelegt wurde, dass es sich um einen aggressiveren Typ von CLL handelt, der kräftig behandelt werden muss - vielleicht hat man ihr aber auch aufgrund des jungen Alters dazu geraten, und man könnte es auch mit "Watch & Wait" versuchen und erstmal die Schwangerschaft abschließen, bevor über weitere Schritte entschieden wird. Das können nur die Ärzte und die Patientin beurteilen und entscheiden.
Viele führen nach einer Transplantation ein ganz normales Leben - nicht alle, aber viele. Falls Deine Frage ist, was ihre Lebenserwartung ist, wenn sie die Transplantation gut übersteht, was in jungen Jahren sehr wahrscheinlich ist - ein, zwei Jahre nach Transplantation kann sie mit einer guten Wahrscheinlichkeit wieder ein ganz normales Leben führen. Ob sie nach der Therapie allerdings noch Kinder bekommen kann, ist recht unwahrscheinlich - das ist vielleicht der Grund, warum sie dieses nun bekommen möchte.
Deine Frage kann man daher nicht pauschal beantworten. Das musst Du versuchen mit ihr zu klären, und besser verstehen.
Unabhängig von der CLL, wenn mir der Kommentar erlaubt ist - wenn das Kind von Dir ist, auch wenn es nicht geplant ist, finde ich, solltest Du dazu stehen und sie unterstützen, insbesondere wenn die junge Frau mit einer Erkrankung konfrontiert ist, was doppelte Unterstützung erfordert. Auch wenn weder Du noch sie sich diese Situation gewünscht haben, ist es nun eben da - und Ihr wart beide beteiligt.
Grüße, Jan
(mit Nachrichtenteilen von Niko, die er gestern schon schrieb)