Leben nach der Leukämie

Akute Myeloische Leukämie (AML) und Akute Lymphatische Leukämie (ALL)

Moderatoren: jan, NL, Marc

unknown

Beitrag von unknown » 06.01.2006, 17:13

oh man markus, dass klingt alles als wärest du zufrieden...als hättest du es dir so gewünscht.
schade. ich hoffe für dich, dass sich der verdacht des rezidives nicht bestätigt...um dir zeit zu geben, zu sehen dass die welt nicht so dunkel ist wie du sie wahrnimmst.
ich würde dir gerne von meinem positiven lebensgefühl etwas abgeben...denn ich durfte es behalten, trotz kmt.
gibt es denn nichts wofür es sich lohnt? entscheidungen kann man ändern- meinungen revidieren- und was ist mut- kämpfen, oder sterben.
würde mich gerne mit dir unterhalten- vielleicht hast du lust dich, aufwww.krebs-kreis.de, mit mir im chat zu treffen!?

ich wünsche dir erstmal viel kraft-für dein leben.
ratz

unknown

Beitrag von unknown » 03.01.2006, 00:05

Hier ist noch mal Markus. Bei mir wurde ein "Verdacht" auf ein Rezidiv festgestellt, obwohl es so gut wie sicher ist. Wenn das wahr ist, werde eine weitere Behandlung ablehenen. Ich will nur noch das es aufhört. Ich danke allen die mir hier geschrieben haben, vor allem Heide. Ich werd es morgen meiner Familie erzählen; auch dass sie auf der Beerdigung nicht zu erscheinen haben. Falls es Gott wirklich gibt, werd ich auf euch runterschauen - oder hoch - und euch von da aus unterstützen. Ich denke, ich habe nicht mehr viele Worte in meinem Leben, also will ich euch eins sagen.
Ich habe gelebt, ich mein wirklich gelebt. Nehmt alles als Erfahrung mit, ob gut oder schlecht und genießt die guten so wie die schlechten. Keiner hat in seinem Leben etwas zu verlieren. Ich weiss, dass jeder der in unserer Situation ist - egal welcher Art; Krankheit, Verlust im Allgeimen - sich an etwas Klammern will. Erfahrung prägt, und wir sind die Freien. Jeder erkannt in "diesem" Moment die Regeln des Lebens so wie sie in Wahrheit sind. Am Ende zählt nur das eine, den Sinn den man seinem Leben gegeben hat. Meiner war Ehre, und ich nehme sie mit. Ich habe nie einen Freund fallen lassen. Ich hab für zwei Leben gelacht. Ich habe viele beleidigt, und war einfach scheisse zu ihnen. Aber ich hab nie jemanden für seine Probleme verantwortlich gemacht. Ich würde gerne vieles zurücknehmen, aber habe nichts was ich bereue. Ich weiss, was was ich mit dem Rest meiner Zeit zu tun habe - auch wenn es Jahre wären. Es ist ganz einfach, man ist derjenige, der man ist. Ich werde jetzt meinen ganzen Mut zusammen nehmen und zu meiner Entscheidung stehen. 25 ist ein ganzes Leben.

unknown

Beitrag von unknown » 13.12.2005, 10:43

Hallo Markus,
ich kann mich der Meinung von Jan nur anschließen und dich herzlichst bitten dich in psychotherapeutische Behandlung zu begeben, alleine kommt keiner aus einer Depression, das weiss ich aus eigener Erfahrung, die zwar schon 10 Jahre zurück liegt, ich war damals 1 1/2 Jahren in Therapie und kann dir nur raten ganz schnell dich mit deinem Hausarzt diesbezüglich zu unterhalten oder besser mit deinem Hämatologen, er kennt vielleicht am ehesten einen Psycho-Onkologen, das wäre in deinem Fall sehr wichtig!!! Alles Gute wünscht Dir Heidi

jan
Beiträge: 2274
Registriert: 19.07.2010, 10:14
Wohnort: bei München
Kontaktdaten:

Beitrag von jan » 12.12.2005, 21:48

Lieber Markus,

es tut mir leid, dass Du Dich immer noch nicht besser fühlst, und ich denke, nahezu jeder hier im Forum kann den Absturz verstehen, der einen mit der Diagnose ereilt, und es ist eine riesen Aufgabe, sein Leben danach neu zu sortieren und es wieder auf die Reihe zu bekommen. Insbesondere, da es dafür keine Pille und keine Infusion gibt.

Gleichzeitig sprechen die von Dir genannten Symptome wie Antriebslosigkeit, die Passivität, der Abstand zu anderen ganz stark nach einer waschechten Depression. Das Schlimme an der Depression ist: erstens möchte sie sich derjenige, den sie trifft, in aller Regel nicht eingestehen. Und zweitens wird sie fälschlicherweise oft als "Spinnerei" und nicht als medizinische Erkrankung gesehen. Und eine Depression ist letzteres - und ich kann es beurteilen, da ich in meinem allerengsten Umfeld eine schwere Depression über ein halbes Jahr mitbekommen habe.

Wenn man sie sich als biologische Krankheit und nicht als irrationale Lebensangst eingesteht, kann man sie z.B. mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern nebenwirkungsarm behandeln, mit einer psychologischen Betreuung begleiten - und damit den Teufelskreis von sich verstärkender Antriebslosigkeit bekämpfen. Vielleicht reicht es auch, Dir mit einem Psycho-Onkologen einen Sparringspartner zu suchen, um da rauszukommen. Alleine ist der Weg jedoch am Schwersten - und oft kaum möglich.

In vielen onkologischen Kliniken gibt es Psychoonkologen, die sehr gut wissen, womit Krebspatienten zu kämpfen haben und wie sie diese Mauern überwinden. Ich kann Dir nur fest ans Herz legen, Dich an Organisationen wie LebensMut e.V. oder LebensWert e.V. zu wenden. Vielleicht hilft Dir auch folgende Seite:http://www.kompetenznetz-depression.de/

Wenn Du möchtest, kannst Du mir gerne auch eine EMail schreiben.

Herzliche Grüße
Jan

[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 12.12.2005, 21:28

Lieber Markus,

ich glaube, Deinen ersten Schritt "zurück ins Leben" hast Du schon getan. Nämlich den, dass Du hier von Dir erzählst und um Hilfe bittest. Hie gibt es soviele Gleichgesinnte, dass Du bestimmt immer mehr spürst, dass Du nicht alleine bist. Deshalb schließ ich mich jetzt Heides Meinung an, der nächste Schritt sollte die professionelle Hilfe sein.

Ansonsten haben wi hier für Dich immer ein "Ohr".

Halt die selbigen steif,
schöne Grüße,
Christa

Heide
Beiträge: 193
Registriert: 20.07.2010, 15:36
Kontaktdaten:

Beitrag von Heide » 12.12.2005, 14:38

Hallo Markus,


es tut mir sehr leid, zu lesen, dass es Dir gar nicht besser geht. Ich glaube, dass Dir sicherlich nicht von unserer Seite her geholfen ist. Du solltest Deinen Doc mal auf eine professionelle Hilfe ansprechen. Nachdem, was Du ja auch gerade alleine, ohne grosse familiäre Unterstützung durchgemacht hast, eine ganz übliche Verfahrensweise.

In der Kölner Uni-Klinik z.B. wird durch das Haus Lebenswert eine Krisenintervention angeboten, vielleicht gibt es an Deiner Uni-Klinik ähnliche Hilfen.

Die seelischen Verletzungen, die unsere Erkrankung hinterlassen sind ja wirklich ganz massiv, daher meine ich sind wir hier, mit kleinen Tipps und Hilfestellungen nicht der massgebende Beistand, der Dir jetzt sicher gut täte.

Ich wünsche Dir alles Gute, Kraft und bald wieder einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft.
Für diese Woche wünsche ich Dir einen schönen Geburtstag!

Lass wieder von Dir hören!
Liebe Grüsse
Heide
[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 12.12.2005, 14:12

Hier noch mal Markus.
Ich hab jetzt ein paar Wochen Untersuchungen hinter mir. Alles sieht gut aus. Keine Anzeichen auf einen Rückfall. Die medikamentöse Behandlung wird nächste Woche aufhören. Das heisst ab jetzt für mich, jedes halbe Jahr Vorsorgeuntersuchung. Soweit der gesundheitliche Teil.
Die dumme Sache ist, ich hab trotzdem mein Leben verloren. Und das ungefähr in jeder Beziehung. Ich hab immer noch nich die Kraft neue Kontakte zu knüpfen oder den Alltag wieder herzustellen. Ich weiss nich, ob das bei euch auch so war, aber das ist ungefähr so als würd man nicht mehr zur Welt gehören, wenn man mit jemanden spricht. Es ist so als würde ich an allen vorbei labern. Selbst wenn dein Gegenüber nicht weiss, dass du mal Krank warst oder bist. Ich ertrag auch mein Spiegelbild nich mehr, so plakativ das auch klingt.
Zu Heide: Ich bin auch nich dünnhäutig oder kantig geworden. Ich bin fast vollkomen emotionslos. Ich hasse das Gefühl morgens aufzustehen und sich einfach nur scheisse (seelisch) zu fühlen. Ich hab die verfickte Krankheit überstanden, damit mich am anderen Ende nichts erwartet. Ich würd sagen, das passiert einem wenn man vor der Krankheit auf die falschen Leute baut. Einem hab ich geholfen als sein Vater gestorben war, und ungefähr alles versucht um den wieder gut drauf zu kriegen . Eine andere kam mit allem Kleinkram zu mir, und ich hab mir den Schwachsinn angehört. Aber seine echten Freunde erkennt man erst, wenn ... bla bla bla.
Naja, ich hab diese Woche Geburtstag. Ich hoff mal das er das echt ist.

Heide
Beiträge: 193
Registriert: 20.07.2010, 15:36
Kontaktdaten:

Beitrag von Heide » 19.10.2005, 08:19

Hallo ihr alle,

ich finde es sehr gut, dass diese dunkle Seite unserer Erkrankung hier erwähnt wird. Für jeden einzelnen ist es doch wirklich eine Sysiphusarbeit sich täglich neu zu motivieren.

Alex, Dein Weg hat Dir ja wirklich viel abverlangt, dennoch hast Du ungeheuere Kräfte aufgebracht immer wieder auf die Beine zu kommen. Ich finde sehr gut wie Du diesen Wechsel aus Kampf, Depression und Zuversicht beschreibst.

Ich habe ein Problem damit, wenn man mir, egal wo, ob im spärlich gewordenen Freundeskreis, in der Uni-Klinik oder auch im Internet mit den leeren Worten begegnet: Sei froh, dass Du lebst, oder, Denk positiv! Das sind Sprüche ohne wirklichen Inhalt! Das Leben mit den Erinnerungen an das Überstandene und das was noch vor einem liegt, muss man erst mal wieder lernen. Die Konstitution ist schon schwer angeschlagen, aber dann komt ja nochmal der Anspruch sich wieder und wieder zu motivieren .

Vielleicht sprechen wir mittlerweile eine eigene Sprache. Mein Mann und ich haben oft den Eindruck"draussen" versteht man uns nicht mehr. "Unsere" Geschichte klebt wie ein Makel an uns in Zeiten der schnelllebigen Spassgesellschaft.

Dem namenlosen Gast möchte ich sagen, wenn Du mit Deiner Erfahrung Leukämie allein bist, dann nutze doch die Gemeinschaften, die sich hier im Internet bieten. Ich finde diese Form der Kommunikation sehr angenehm, weiss ich doch, dass ich mich auch verändert habe , ein wenig kantig und dünnhäutig geworden bin. Hier habe ich die Möglichkeit einen intensiven Gedankenaustausch wahrzunehmen mit Menschen, die meine Erfahrungen nachvollziehen können.

Nochmals ein Tipp zu meinem kleinen Forum:http://www.heides-leukaemieforum.de.vu
Man kann ja durchaus hin und her jumpen

Viele Grüsse
Heide
[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 18.10.2005, 20:27

Naja, man kann sagen ich hab das alleine durchgemacht. Bin mit meiner Familie zerstritten und wollte sie nicht dabei haben. Ich bin umgezogen weil mich in meinem Heimatort nichts mehr gehalten hat. Immerhin stimmt die finanzielle Unterstützung. Ich hab keinen Plan, wie das jetzt alles laufen soll. Ich weiss, ich hab den Schnupfen unter den Leukämien, war trotzdem nicht angenehm. Naja, Bayern rockt bis jetzt nicht wirklich. Uni ist seit gestern wieder losgegangen. Hilft mir bis jetzt auch nicht weiter. Mir schwirrt die ganze Zeit meine Ex-Freundin durch den Kopf, die ich ernsthaft umbringen möchte - sie fehlt halt trotzdem :wink: Ich weiss ja nich, ob das bei euch auch so war/ ist, ich träum sogar ausschließlich von der ganzen Zeit, sodass da auch nich im Schlaf mal meine Ruhe krieg. Das einzige was mir ein bißchen Hoffnung macht ist, dass ich immer noch zu Stolz für den Psycho-Doc bin. Aber ich komm mir ein wenig albern dabei vor denen dass alles hier zu erzählen, die hier geantwortet haben. Euch hats ne Runde härter getroffen. Ist im Vegleich Kinderkram. Eigentlich sollte ich mal lieber mit meiner Krankengeschichte andern mutmac hen.
Aber Gott hatte für mich mal wieder nen besonders lustigen Witz parat. Weil egal was ich will: Zu 80 % kommt das gegenteil. Wegen meiner ganzen Situation, vor allen Dingen sozial, wollte ich sogar dran draufgehen. Ich hab es echt drauf angelegt. Geraucht, usw.. Mich nich nich geschohnt. Jetzt hab ich Vollremission. So ist das leben eben. Ich glaub andere die härter Kämpfen, hätten das mal ne Runde mehr verdient.

ALEX
Beiträge: 11
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Kontaktdaten:

Beitrag von ALEX » 15.10.2005, 10:48

Hey Markus,

habe vor drei Jahren Pro-B ALL diagnostiziert bekommen.
4 Hochdosis Chemos, Bestrahlung Kopf und Ganzkörper, STZ durch Twinsister; soweit alles klar gegangen.
Dann eine Komplikation nach der anderen. 2 1/2 Jahre nur Mist, den keiner braucht. Abstossungsreaktion in der Lunge, 2 mal Leber Totalausfall, Lungenflügel zusammengefallen, Aspergillose in Lunge und Gehirn mit Koma, 6 schwere Lungenentzündungen, 3 mal TIA (Minischlaganfall) mit Lähmungserscheinungen, zweimal hab ich bei Null das Gehen neu lernen müssen, nach dem Koma teilweise das Sprechen auch noch, mehrfach massive Depressionen mit teilweise suicidaler Tendenz usw usw usw.
Alles kein Spass, die beschissenste Zeit meines Lebens, härter geht's kaum.

3 mal haben die Ärzte meiner Familie gesagt, sie sollen sich von mir verabschieden, es gehe zu Ende. Als ich im Koma lag und die Leber das zweite mal ausfiel gaben alle die Hoffnung auf.

BUT: ICH LEBE NOCH!!!!!

Das allein zählt.

Trotz aller durchgemachten körperlicher Schmerzen.
Trotz all der verlorenen Zeit (Jetzt fast genau drei Jahre (davon 28 Monate Klinik!) einmal 5 und einmal 9 Monate ohne Unterbrechung in der Klinik).
Trotz der bitteren Erfahrung, dass vermeintliche Freunde auf mich geschissen haben, als ich sie wirklich gebraucht hätte.
Dafür sind andere Leute näher bei mir gewesen und haben mehr getan als ich je gedacht hätte. Da hat sich gezeigt, wer wer ist und wer nicht.


WOFÜR WAR DAS ALLES GUT???


Irgendwann hab ich für mich mal so festgestellt:


Ich bin körperlich stark und mit dem Anspruch dass ich es schaffen werde in die Situation nach Diagnose reingegangen. Ich hab Unterstützung von Familie, Freunden, Ärzten, Pflegepersonal und weiss Gott wem bekommen, um das durchzustehen.

Dennoch gab es mehrere Momente, in denen es eigentlich vorbei gewesen wäre.
Irgendwie hab ich es trotzdem geschafft.

Und ausserdem: Es gibt immer einen , dem geht's noch dreckiger.



Damit habe ich erreicht, dass ich noch lebe.

Jetzt bin ich seit 6 Wochen komplikationslos zu Hause (die längste Zeit seit Jahren) und zuversichtlich, dass es jetzt bergauf gehen wird.

Ich verbringe viel Zeit am Computer.
Ich lese viel.
Ich höre Musik und kann mittlerweile damit meine Stimmungen und meine Motivation ganz gut beeinflussen. (Push me up Scotty)

Vor allem Tagsüber, denn da sind die anderen in der Arbeit oder Uni.

Abends hab ich jetzt wieder begonnen meine eingeschlafenen Kontakte zu erneuern. Manchmal geht das echt gut und manchmal eben nicht. Egal. Lieber wenige gute Freunde, als haufenweise Smalltalker.


So, jetzt hab ich dir viel von mir erzählt. Vielleicht um folgendes zu sagen:

Es ist erst vorbei, wenn DU aufgibst. Motiviere dich selbst und sei aktiv. dann findest du Leute, die dir helfen.
Trau dich mit deinem Arzt über deine Motivationslosigkeit zu sprechen. Das ist erstmal normal, gehört quasi zu unserem Krankheitsbild. Befrag ihn über Themen wie "Fatigue", Appetitlosigkeit, Unlust zu allem usw.. Alles was du an dir feststellst solltest du mitteilen, damit er dich besser einschätzen kann. Es gibt Medis, die dir helfen können (Hartes Zeug und die softe Tour). Vielleicht ist eine Therapie für dich gut, ich mach jetzt in kürze auch eine. Finde noch andere Menschen, mit denen du intensiv über deine Krankheit und deine jetzigen Probleme reden kannst. Check mal Selbsthilfegruppen in deiner Nähe. Mit Leuten direkt reden, die ganz ähnliches erlebt haben ist oft echt gut.

Meld dich mal, wenn du Lust hast.

[]


Und nicht vergessen: ROCK ON <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_biggrin.gif"> <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_biggrin.gif"> <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_biggrin.gif">

ph_bgm
Beiträge: 69
Registriert: 22.11.2010, 17:23
Kontaktdaten:

Beitrag von ph_bgm » 10.10.2005, 12:33

Lieber Markus,

Glückwunsch, dass Du die Behandlung körperlich so gut überstanden hast. Ich denke, Dir ist klar, dass das ein nicht normaler Verlauf der Behandlung ist. Vielleicht kann Dich diese Tatsache, dass Du eine der härtesten Therapien, die die Medizin auf Lager hat, körperlich gut überstanden hast, ein bisschen motivieren.
Mich beschäftigt meine AML M2 (ohnt KMT) auch immer noch. Allerdings ziehe ich auch enorme Energien daraus, da ich mir sagen kann, dass ich eine verdammt harte Zeit überlebt habe und darauf stolz bin.
Die Auswirkungen der Erkrankung auf mein Privatleben waren immens: Alte Freunde hatten sich verpisst, weil sie damit nicht klar gekommen sind, und haben jetzt ein schlechtes Gewissen. Ich selbst habe erst sehr bedingt die Fähigkeit ihnen zu verzeihen. Andere Freunde sind dazugekommen, aber bei dem einen oder anderen war vielleicht auch deren Helfersyndrom eher der Grund, mir und meiner Frau zur Seite zu stehen, so dass sich der Kontakt jetzt auch wieder gelegt hat. Ist also nicht einfach.
Schlimmer geht übrigens immer, das kann helfen, aber nutzt sich auch ab. Ich habe kein Patentrezept für Dich, aber Du kannst Dir selbst helfen, indem Du Deine Gedanken ordnest, wozu wir hier im Forum ggf. ein Resonanzboden sein können.

Alles Gute für die Zukunft und gute Besserung für Dein Herz.

Philipp
[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 07.10.2005, 15:14

Naja, die SZT war so unspektakulär, dass ich sie vergessen hab zu erwähnen :wink: . Ich glaub schreiben ist nich meine Stärke, geschweige denn im Moment meine Gedanken zu ordnen. ich bekomm noch ein paar Medikamente, die zum Aufbau und zur Abwehrstärke dienen. Ansonsten halt die üblichen Untersuchungen. Hinzu kommt öfter ein Belastungs-EKG wegen dem Herzen. Tschüss Leukämie (vorerst), hallo Rhytmusstörungen. Für mich ist auf jeden Fall diese Zeit jetzt schwerer als die der Leukämie. Bevor ich irgendwas realisieren konnte, steh ich jetzt plötzlich hier. Naja, die meisten habens schlimmer erwischt als ich.

Heide
Beiträge: 193
Registriert: 20.07.2010, 15:36
Kontaktdaten:

Beitrag von Heide » 07.10.2005, 09:29

Hi Markus,

ich habe AML M2, zwei Chemo-Blöcke und eine Hochdosistherapie mit anschliessender Bruder SZT. Deine Gefühlslage kann ich sehr gut nachvollziehen.
Man kann nicht zu seinem alten Leben zurückkehren, so, als wär nix gewesen. Das was wir durchgemacht haben braucht lange Zeit der Verarbeitung. Ich habe mir alle möglichen Hilfen herangezogen. So ganz allein und von selbst löst sich das Problem nicht.
Ich habe vor kurzem ein kleines Leukaemieforum ins Leben gerufen und möchte dort mit gleichsam Betroffenen, Angehörigen und Freunden gerade über die psychische Seite der Erkrankung sprechen und Wege finden aus der Krise zu kommen.
Warum hast Du keine KMT/SZT bekommen?
Bekommst Du noch Medikamente?

Ich weiss, es ist schwer positiv zu denken, wenn man unter dem Erlittenen schier erdrückt zu werden scheint.
Es gibt andere, die dasselbe durchmachen.
Im Zimmer meiner Söhne hängt eine Fahne vom FC St. Pauli: You'll never walk alone
Liebe Grüsse Heide
[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 06.10.2005, 09:43

Hi Markus,
das was du jetzt durchmachst ist ganz "normal" in unserer Situation, bei mir ist es schon über 2 Jahre her, aber dir Psyche braucht bestimmt noch Zeit, selbst ein Lance Armstrong hat zwei Jahre gebraucht um sich zu motivieren. Ich hab vorher sehr viel und hart gearbeitet, das ging nach 3 Monaten Chemo nicht mehr und heute denk ich mir noch oft, warum soll ich soviel rackern, ich hab auch nur dieses Leben. Aber man braucht die Arbeit um sich selbst zu bestätigen und man ist ja auch stolz die Krankheit besiegt zu haben. Also lass dir, deinem Körper und Geist ruhig Zeit und geniess dein neues Leben, bevor du wieder anpackst. Ich wünsche dir alles gute und immer positiv denken.
Gruss Evelyn

unknown

Beitrag von unknown » 06.10.2005, 09:25

Hi, ich bin Markus. Ich wollte eigentlich nur mal von ein paar Leuten hören, wie sie nach einer Leukämie ihr Leben wieder auf die Kette gekriegt haben, da mir im Moment so ziemlich alles Schnuppe geworden ist.
Meine Diagnose wurd letztes Jahr im November gestellt. Diagnose war eine AML M4. Das es entdeckt wurde, war mehr Glück als sonstwas. Ich hatte meiner damaligen Freundin erzählt, dass ich mich unwohl fühl, ein paar Probleme mit dem Herzen hab (nichts wildes, wie ich damals dachte). Normalerweise, würd ich wegen sowas nicht zum arzt gehen. Ich glaub, ich war bis zu dem Zeitpunkt vielleicht 10 mal in meinem Leben wegen was beim Arzt. Auf jeden Fall hat sie mich in die Praxis "getreten". Ich hab schon nach 3 kleinen Blöcken Chemo schnell Vollremission erreicht - ich war nie länger als eine Woche im Krankenhaus. Die Ärzte haben sich ungeheuer um mich gekümmert, obwohl zur Heilung mehr Beten als der Arzt helfen kann. Ich hatte ungeheures Glück. Bis auf die Müdigkeit, Leistungsabfall, den üblichen Schmerzen und der lustigen Zeit der Chemo, bin ich körperlich kaum in Mitleidenschaft gezogen worden. Mein Herzmuskel ist durch Infektion geschwächt, aber die Ärzte sagen, dass sich das auch legen wird. Am schwersten ist für mich das alltägliche.
Ich bin Student und gerade umgezogen. Mit fällt es ungeheuer schwer irgendwas "normales" zu machen. Normalerweise bin kontaktfreudig und hatte nie Probleme mit meinem Leben. Keine Ahnung, ich hab an nichts mehr Spaß, hab keinen Bock auf irgendwen, häng lieber allein bei mir rum als meinen Arsch aus meiner Bude zu bewegen. Den Kontakt zu den grössten Teil der Leute aus meinem Heimatort hab ich aus tausend verschiedenen Gründen abgebrochen. Darunter auch zu meinen eigentliche besten Kollegen, die sich aber als nicht so wirklich korrekt erwiesen haben. Ich hab eigentlich gedacht mit den Umzug würd sich der ganze private Stress legen, und ich würd mal ein wenig Kraft tanken können, was aber ziemlich nach hinten losgegangen ist. Es liegt nich daran, dass es mir in meinem neuen Wohnort nicht gefällt, oder körperlich schlecht drauf bin. Ich bin nur seelisch zu geschlaucht. Wenn ich mich versuch zu motivieren, schägt das fehl. Vielleicht kann mir eine von euern Geschichten da wieder raushelfen.

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast