von jan » 22.10.2007, 23:15
Lieber ColinScott,
ich denke, wie so viele hier können wir Euren Schock sehr gut nachvollziehen. Auch für mich stürzte damals auch eine Welt zusammen. Meine Diagnose war mit 28 und wir waren beiden damit in einer ähnlichen Situation wie Ihr.
Ohne einen medizinischen Rat gegen zu können oder zu dürfen, hier meine Einschätzung als informierter CML-Patient:
Wegen des Hasford-Scores meine ich: macht Euch damit nicht verrückt. Die Scores stammen noch aus Zeiten vor Glivec, und seit es das Medikament gibt, verschwimmen die Risikoeinschätzungen immer stärker. Relevant ist, wie Deine Frau auf die Medikation anspricht, und wenn sie in 12 Monaten eine sehr gute Remission erreicht (welche die Patienten, bei denen die Therapie in der chronischen Phase beginnt, sehr oft erreichen), ist die Prognose sehr gut. Dies ist viel relevanter als der Hasford-Score, der zu Interferon- und KMT-Zeiten galt.
Wenn Ihr eine KMT anstrebt, wäre eine Konservierung von Eizellen vor Beginn der Therapie natürlich eine ernstzunehmende Option. Lasst Euch zum Thema Schutz der Fruchtbarkeit gut beraten, bevor ihr irgendeine Therapie anfangt - ich selbst kenne mich da nicht so aus, aber wenn eine KMT in Frage kommt, ist eine Schwangerschaft danach auf natürlichem Wege recht unwahrscheinlich. Manche Ärzte "vergessen" diese Aufklärung, weil die meisten CML-Patienten viel älter sind als wir und sich die Nachwuchsfrage für diese nicht mehr stellt. Nehmt Euch für diese Beratung Zeit, denn es kommt auf eine Woche mit dem Therapiestart meist nicht an, wenn die CML noch in früher Phase ist.
Wählt Deine Frau den Glivec-Weg, ist während der Therapie allen Erfahrungen nach von einer Schwangerschaft abzuraten. Es gibt natürlich keine strukturierten Studiendaten, aber Tierversuche haben die mögliche Schädigung eines sich entwickelnden Fötus unter Glivec-Therapie der Mutter beobachtet. Trotzdem weiss man von 125 Einzelfallberichten über Schwangerschaften, und der Hälfte haben sich die Kinder bis zur Geburt normal entwickelt, bei einem Zehntel gab es Fehlbildungen, bei 15% kam es zu eigenständigen und bei 28% zu künstlichen Schwangerschaftsabbrüchen. Ich persönlich halte das Risiko für zu hoch, dass eine CML-Patientin unter Glivec-Therapie schwanger wird.
Allerdings gibt es auch noch andere Ideen, wenn auch natürlich nicht ohne Risiko. So ist mir z.B. eine Patientin bekannt, die mit Glivec + Interferon von Beginn an behandelt wurde, dort eine sehr gute molekulare Remission erreichte, nach einigen Jahren Glivec absetzte und nur mit Interferon weitermachte, einige Monate später schwanger wurde, und ein gesundes Kind zur Welt brachte. Sie begann danach wieder mit Glivec -- alles gut. Interferon passiert angeblich nicht die Plazenta und könnte in vollständiger Remission eine geeignete Erhaltungstherapie sein, um ein Kind zur Welt zu bringen. Das Risiko des Glivec-Stops für die Mutter bleibt aber natürlich, und hier muß man vorsichtig Risiken und Chancen abwägen - und die Idee, die Medikation ganz abzusetzen, am Besten ganz schnell vergessen. Sprecht mit einem CML-Experten über Eure Sorgen und Gedanken.
Ich wollte Euch nur Mut machen, dass es auch hierfür Mittel und Ideen gibt. Erste Priorität ist aber erstmal, dass Deine Frau ihre CML wirksam behandeln läßt, regelmäßig zur Kontrolle geht, die Werte längerfristig beobachtet, und bei Erreichen einer stabilen molekularen Remission über längere Zeit könntet Ihr eventuell die nächsten Schritte andenken.
Die Chancen, dass Ihr Euch in einiger Zeit mit diesen Themen auseinandersetzen könnt, sind vorhanden. Ich drücke die Daumen.
Viele Grüße
Jan
[addsig]
Lieber ColinScott,
ich denke, wie so viele hier können wir Euren Schock sehr gut nachvollziehen. Auch für mich stürzte damals auch eine Welt zusammen. Meine Diagnose war mit 28 und wir waren beiden damit in einer ähnlichen Situation wie Ihr.
Ohne einen medizinischen Rat gegen zu können oder zu dürfen, hier meine Einschätzung als informierter CML-Patient:
Wegen des Hasford-Scores meine ich: macht Euch damit nicht verrückt. Die Scores stammen noch aus Zeiten vor Glivec, und seit es das Medikament gibt, verschwimmen die Risikoeinschätzungen immer stärker. Relevant ist, wie Deine Frau auf die Medikation anspricht, und wenn sie in 12 Monaten eine sehr gute Remission erreicht (welche die Patienten, bei denen die Therapie in der chronischen Phase beginnt, sehr oft erreichen), ist die Prognose sehr gut. Dies ist viel relevanter als der Hasford-Score, der zu Interferon- und KMT-Zeiten galt.
Wenn Ihr eine KMT anstrebt, wäre eine Konservierung von Eizellen vor Beginn der Therapie natürlich eine ernstzunehmende Option. Lasst Euch zum Thema Schutz der Fruchtbarkeit gut beraten, bevor ihr irgendeine Therapie anfangt - ich selbst kenne mich da nicht so aus, aber wenn eine KMT in Frage kommt, ist eine Schwangerschaft danach auf natürlichem Wege recht unwahrscheinlich. Manche Ärzte "vergessen" diese Aufklärung, weil die meisten CML-Patienten viel älter sind als wir und sich die Nachwuchsfrage für diese nicht mehr stellt. Nehmt Euch für diese Beratung Zeit, denn es kommt auf eine Woche mit dem Therapiestart meist nicht an, wenn die CML noch in früher Phase ist.
Wählt Deine Frau den Glivec-Weg, ist während der Therapie allen Erfahrungen nach von einer Schwangerschaft abzuraten. Es gibt natürlich keine strukturierten Studiendaten, aber Tierversuche haben die mögliche Schädigung eines sich entwickelnden Fötus unter Glivec-Therapie der Mutter beobachtet. Trotzdem weiss man von 125 Einzelfallberichten über Schwangerschaften, und der Hälfte haben sich die Kinder bis zur Geburt normal entwickelt, bei einem Zehntel gab es Fehlbildungen, bei 15% kam es zu eigenständigen und bei 28% zu künstlichen Schwangerschaftsabbrüchen. Ich persönlich halte das Risiko für zu hoch, dass eine CML-Patientin unter Glivec-Therapie schwanger wird.
Allerdings gibt es auch noch andere Ideen, wenn auch natürlich nicht ohne Risiko. So ist mir z.B. eine Patientin bekannt, die mit Glivec + Interferon von Beginn an behandelt wurde, dort eine sehr gute molekulare Remission erreichte, nach einigen Jahren Glivec absetzte und nur mit Interferon weitermachte, einige Monate später schwanger wurde, und ein gesundes Kind zur Welt brachte. Sie begann danach wieder mit Glivec -- alles gut. Interferon passiert angeblich nicht die Plazenta und könnte in vollständiger Remission eine geeignete Erhaltungstherapie sein, um ein Kind zur Welt zu bringen. Das Risiko des Glivec-Stops für die Mutter bleibt aber natürlich, und hier muß man vorsichtig Risiken und Chancen abwägen - und die Idee, die Medikation ganz abzusetzen, am Besten ganz schnell vergessen. Sprecht mit einem CML-Experten über Eure Sorgen und Gedanken.
Ich wollte Euch nur Mut machen, dass es auch hierfür Mittel und Ideen gibt. Erste Priorität ist aber erstmal, dass Deine Frau ihre CML wirksam behandeln läßt, regelmäßig zur Kontrolle geht, die Werte längerfristig beobachtet, und bei Erreichen einer stabilen molekularen Remission über längere Zeit könntet Ihr eventuell die nächsten Schritte andenken.
Die Chancen, dass Ihr Euch in einiger Zeit mit diesen Themen auseinandersetzen könnt, sind vorhanden. Ich drücke die Daumen.
Viele Grüße
Jan
[addsig]