von Waldi » 22.03.2007, 11:05
Hallo Audrey,
wir sind 12 CLL Patienten in meiner Selbsthilfegruppe und da kommt schon Einiges an Erfahrung zusammen, wie Du Dir vorstellen kannst. Zudem stehe ich im ständigen Kontakt zu weiteren Betroffenen, mit denen ich mich regelmäßig austausche. Was ich dabei gelernt habe, ist die Tatsache, dass keine CLL wie die andere verläuft. Es ist deshalb auch unendlich schwierig, jemandem eine Therapieempfehlung zu geben. Die letzte Entscheidung darüber sollte immer dem Facharzt vorbehalten bleiben, der wird nicht nur den Verlauf der Krankheit, sondern auch die Anamnese dabei berücksichtigen. Da ich selbst seit über 6 Jahren (watch&wait) von CLL betroffen bin, habe ich mich mit den Vor- aber auch Nachteilen der verschiedenen Firstlinetherapien und Studienprotokollen bisher einigermaßen vertraut machen können. Trotz aller Erfahrung jedoch, wäre ich dennoch nicht in der Lage, adhoc eine Therapieentscheidung für mich selbst zu treffen, sollte sie denn heute notwendig sein. Vor- und Nachteile müssen äußerst sorgfältig abgewogen werden, wenn man denn überhaupt vor die Wahl gestellt wird.
Die CLL wird heute übrigens mehr den Non-Hodgkin-Lymphomen zugeordnet, als zu den Leukämien. Die richtigere Bezeichnung wäre demnach leukämisches Non-Hodgkin-Lymphom oder auch lymphozytisches Lymphom. Deine Diagnose sollte Dich also nicht verunsichern. Ein Absinken der Thrombos auf 90.000 allein würde für mich noch kein Anlass für eine Therapie sein. Dagegen kann man vielleicht auch noch etwas anderes machen: Cortison z.B. Ich kenne aber deine anderen Werte nicht und kann deshalb auch nicht beurteilen, was Deinen Arzt veranlasst, hier tätig zu werden. Evtl. solltest Du vor Behandlungsbeginn noch eine 2te Meinung einholen.
Hier einige Fakten zu den verschiedenen CLL-Therapien:
Leukeran ist wohl die sanfteste aller Therapien. Das Medikament ist deshalb gut geeignet für ältere und komorbide Patienten, die nur noch wenig belastbar sind. Leukeran wird in Tablettenform ganz einfach täglich zuhause eingenommen. Leukos und Lymphknoten bilden sich relativ langsam zurück. Das übrige Blutbild ist meistens nur geringfügig in Mitleidenschaft gezogen. Die max. Behandlungsdauer beträgt ein Jahr. Die meisten Betroffenen haben dabei keinerlei Probleme. Der Nachteil ist, dass damit keine komplette Beseitigung (CR) der kranken Zellen erreicht werden kann und dass meistens die CLL schon nach kurzer Zeit wieder behandelt werden muss, dieses Mal jedoch mit härteren Drogen.
Oft wird auch Fludarabin als Monotherapie eingesetzt, was entweder intravenös oder auch oral erfolgen kann. Es soll jedoch gegenüber Leukeran kaum Vorteile bringen. Gleiches gilt auch für Bendamustin als Monotherapie.
Nach den neuesten Erkenntnissen empfiehlt die Deutsche CLL Studiengruppe robusten Patienten die Erstbehandlung mit FC (Fludarabin & Cyclophosphamid). Das ist dann die nächste Härtestufe. Die Kombination der Medikamente potenziert dabei anscheinend ihre Wirkung. Die Verabreichung erfolgt in jedem Fall intravenös und muss deshalb im Behandlungszentrum vorgenommen werden. 3 x in der Woche erhält man dabei über mehrere Stunden die Dosis intravenös. Dieses wird dann in Intervallen insgesamt 6 x wiederholt und erstreckt sich in der Regel auf etwa ein halbes Jahr Behandlungsdauer. 2 Damen aus meiner Gruppe haben das gerade hinter sich gebracht. Es war zwar kein Zuckerschlecken, wie sie berichteten, aber dennoch haben sie es erstaunlich gut verkraftet. Sogar die Haare sind ihnen erhalten geblieben, was den Damen ja immer sehr wichtig ist. Beide sind in vollständiger Remission (CR). Mehr kann man eigentlich nicht erwarten. Da die CR vermutlich mehrere Jahre anhalten wird, hat man natürlich Lebensqualität gewonnen. Ob man Lebenszeit gewonnen hat, ist aber nach wie vor wohl fraglich.
Lebenszeit kann man aber vermutlich gewinnen, wenn man sich einer modernen Antikörpertherapie (Rituximab oder MabCampath) unterzieht, die immer in Kombination mit einer Chemoherapie zu erfolgen hat. Da Antikörper jedoch für die Ersttherapie der CLL noch nicht zugelassen sind, muss das in einer Studie erfolgen. Der Nachteil dabei ist, dass man während der Behandlung und auch danach noch, sehr häufig kontrolliert wird, sich also immer wieder in das Behandlungszentrum begeben muss. Nach jeder Chemotherapie sollte man sich sehr vor Infektionen in Acht nehmen, nach einer Antikörpertherapie gilt das aber ganz besonders. Nicht schützen kann man sich jedoch vor der unangenehmsten Seite der Antikörpertherapie. Durch die nachhaltige Wirkung auch auf gesunde Zellen, können ansonsten harmlose Viren, die das Immunsystem bisher fest im Griff hatte, reaktiviert werden, wodurch es zu bedrohlichen Zuständen kommen kann.
Zur Zeit hat man die CLL2M Studie neu aufgelegt, in der das Medikament Bendamustin in Kombination mit dem Antikörper Rituximab verabreicht wird. Ein erfahrener Hämatologe hat mir berichtet, dass man sich viel davon verspricht: trotz geringer Belastung für den Patienten ist eine hohe Effektivität zu erwarten. Das könnte was für mich werden. Für Dich auch?
Alles Gute wünscht Dir
Waldi
Hallo Audrey,
wir sind 12 CLL Patienten in meiner Selbsthilfegruppe und da kommt schon Einiges an Erfahrung zusammen, wie Du Dir vorstellen kannst. Zudem stehe ich im ständigen Kontakt zu weiteren Betroffenen, mit denen ich mich regelmäßig austausche. Was ich dabei gelernt habe, ist die Tatsache, dass keine CLL wie die andere verläuft. Es ist deshalb auch unendlich schwierig, jemandem eine Therapieempfehlung zu geben. Die letzte Entscheidung darüber sollte immer dem Facharzt vorbehalten bleiben, der wird nicht nur den Verlauf der Krankheit, sondern auch die Anamnese dabei berücksichtigen. Da ich selbst seit über 6 Jahren (watch&wait) von CLL betroffen bin, habe ich mich mit den Vor- aber auch Nachteilen der verschiedenen Firstlinetherapien und Studienprotokollen bisher einigermaßen vertraut machen können. Trotz aller Erfahrung jedoch, wäre ich dennoch nicht in der Lage, adhoc eine Therapieentscheidung für mich selbst zu treffen, sollte sie denn heute notwendig sein. Vor- und Nachteile müssen äußerst sorgfältig abgewogen werden, wenn man denn überhaupt vor die Wahl gestellt wird.
Die CLL wird heute übrigens mehr den Non-Hodgkin-Lymphomen zugeordnet, als zu den Leukämien. Die richtigere Bezeichnung wäre demnach leukämisches Non-Hodgkin-Lymphom oder auch lymphozytisches Lymphom. Deine Diagnose sollte Dich also nicht verunsichern. Ein Absinken der Thrombos auf 90.000 allein würde für mich noch kein Anlass für eine Therapie sein. Dagegen kann man vielleicht auch noch etwas anderes machen: Cortison z.B. Ich kenne aber deine anderen Werte nicht und kann deshalb auch nicht beurteilen, was Deinen Arzt veranlasst, hier tätig zu werden. Evtl. solltest Du vor Behandlungsbeginn noch eine 2te Meinung einholen.
Hier einige Fakten zu den verschiedenen CLL-Therapien:
Leukeran ist wohl die sanfteste aller Therapien. Das Medikament ist deshalb gut geeignet für ältere und komorbide Patienten, die nur noch wenig belastbar sind. Leukeran wird in Tablettenform ganz einfach täglich zuhause eingenommen. Leukos und Lymphknoten bilden sich relativ langsam zurück. Das übrige Blutbild ist meistens nur geringfügig in Mitleidenschaft gezogen. Die max. Behandlungsdauer beträgt ein Jahr. Die meisten Betroffenen haben dabei keinerlei Probleme. Der Nachteil ist, dass damit keine komplette Beseitigung (CR) der kranken Zellen erreicht werden kann und dass meistens die CLL schon nach kurzer Zeit wieder behandelt werden muss, dieses Mal jedoch mit härteren Drogen.
Oft wird auch Fludarabin als Monotherapie eingesetzt, was entweder intravenös oder auch oral erfolgen kann. Es soll jedoch gegenüber Leukeran kaum Vorteile bringen. Gleiches gilt auch für Bendamustin als Monotherapie.
Nach den neuesten Erkenntnissen empfiehlt die Deutsche CLL Studiengruppe robusten Patienten die Erstbehandlung mit FC (Fludarabin & Cyclophosphamid). Das ist dann die nächste Härtestufe. Die Kombination der Medikamente potenziert dabei anscheinend ihre Wirkung. Die Verabreichung erfolgt in jedem Fall intravenös und muss deshalb im Behandlungszentrum vorgenommen werden. 3 x in der Woche erhält man dabei über mehrere Stunden die Dosis intravenös. Dieses wird dann in Intervallen insgesamt 6 x wiederholt und erstreckt sich in der Regel auf etwa ein halbes Jahr Behandlungsdauer. 2 Damen aus meiner Gruppe haben das gerade hinter sich gebracht. Es war zwar kein Zuckerschlecken, wie sie berichteten, aber dennoch haben sie es erstaunlich gut verkraftet. Sogar die Haare sind ihnen erhalten geblieben, was den Damen ja immer sehr wichtig ist. Beide sind in vollständiger Remission (CR). Mehr kann man eigentlich nicht erwarten. Da die CR vermutlich mehrere Jahre anhalten wird, hat man natürlich Lebensqualität gewonnen. Ob man Lebenszeit gewonnen hat, ist aber nach wie vor wohl fraglich.
Lebenszeit kann man aber vermutlich gewinnen, wenn man sich einer modernen Antikörpertherapie (Rituximab oder MabCampath) unterzieht, die immer in Kombination mit einer Chemoherapie zu erfolgen hat. Da Antikörper jedoch für die Ersttherapie der CLL noch nicht zugelassen sind, muss das in einer Studie erfolgen. Der Nachteil dabei ist, dass man während der Behandlung und auch danach noch, sehr häufig kontrolliert wird, sich also immer wieder in das Behandlungszentrum begeben muss. Nach jeder Chemotherapie sollte man sich sehr vor Infektionen in Acht nehmen, nach einer Antikörpertherapie gilt das aber ganz besonders. Nicht schützen kann man sich jedoch vor der unangenehmsten Seite der Antikörpertherapie. Durch die nachhaltige Wirkung auch auf gesunde Zellen, können ansonsten harmlose Viren, die das Immunsystem bisher fest im Griff hatte, reaktiviert werden, wodurch es zu bedrohlichen Zuständen kommen kann.
Zur Zeit hat man die CLL2M Studie neu aufgelegt, in der das Medikament Bendamustin in Kombination mit dem Antikörper Rituximab verabreicht wird. Ein erfahrener Hämatologe hat mir berichtet, dass man sich viel davon verspricht: trotz geringer Belastung für den Patienten ist eine hohe Effektivität zu erwarten. Das könnte was für mich werden. Für Dich auch?
Alles Gute wünscht Dir
Waldi