Hallo Danny,
ich stand vor ca. 6 Jahren vor denselben Fragen wie du jetzt. Immerhin hat dein Arzt dich auf die Möglichkeit der Kryokonservierung von Spermien aufmerksam gemacht. (Ich musste ihn selbst darauf ansprechen.)
Leider gibt es zu diesen Fragen keine wirklichen Antworten, da die Datenlage sehr dünn ist. Daher musst du deine eigene Entscheidung treffen, die du dann auch selbst verantworten musst.
Grundsätzlich sieht es nicht so aus, dass die TKI die Zeugungsfähigkeit beeinträchtigen, wie es etwa bei der klassischen Chemotherapie der Fall ist. Man vermutet auch, dass unter TKI-Einnahme gezeugte Babys nicht häufiger von Missbildungen oder Fehlgeburten betroffen sind als normal. Da es dazu keine Studien geben kann, wird natürlich davon abgeraten, unter TKI-Therapie Kinder zu zeugen. Trotzdem gibt es davon einige Fallberichte (wobei wohl einige einfach mutig waren und andere Schwangerschaften ungeplant waren), die neueste Zusammenfassung findest du in dem von Niko verlinkten Artikel.
Eine Zeugung unter TKI-Therapie ist also schon eine Möglichkeit, die man erwägen kann. Es muss einem aber klar sein, dass die Hypothese, dass die Zeugung unter TKI unproblematisch wäre, nicht bewiesen ist. Das ist also nichts für Leute, die sich leicht verunsichern lassen. (Dass in einer Schwangerschaft alles glatt läuft, kann einem aber sowieso niemand garantieren...)
Vielleicht hilft es dir, wenn ich aus meiner Perspektive erzähle.
Ich war zum Zeitpunkt der Diagnose 28 Jahre alt und hatte bereits einen 1-jährigen Sohn. Meine Frau und ich hatten eigentlich gedacht, mit dem zweiten Kind nicht mehr so lange zu warten. Dann kam die CML.
Ich habe auf Anraten meines Arztes sofort mit der Nilotinib-Therapie (Tasigna) begonnen.
Nachdem ich die Möglichkeit der Kryokonservierung erfragt hatte, habe ich dann auch Spermien einfrieren lassen (mit einem operativen Eingriff ist das übrigens nicht verbunden

). Das war allerdings schon nach 3 Wochen Therapie.
Nach einem Jahr habe ich die Sache etwas anders gesehen und die Proben vernichten lassen.
Warum?
Weil ich da schon dachte, dass ich die Proben ziemlich sicher nicht verwenden würde.
Aus meiner Sicht wäre eine Zeugung nach mehreren Jahren TKI-Therapie nicht "schlimmer" als die Verwendung der nach 3 Wochen Therapie eingefrorenen Spermien, für die auch eine künstliche Befruchtung notwendig wäre - ein zusätzlicher Nachteil.
Vielleicht hätte ich es anders gemacht, wenn ich die Spermien vor Therapiebeginn eingefroren hätte. Hatte ich aber nicht

Aus diesen Gründen hätte ich persönlich eine Kryokonservierung
nach Therapiebeginn auch nicht wieder gemacht.
Ich hatte außerdem dann bereits eine andere Perspektive: Durch Teilnahme an der TIGER-Studie konnte ich Nilotinib (Tasigna) bereits nach 2 Jahren Therapie absetzen. Im April 2016 wurde dann unsere Tochter geboren (die unter Interferon-Therapie, aber mit mehr als 3 Monaten Abstand zur letzten TKI-Einnahme gezeugt wurde).
Ich denke, dass der wichtigste Grund, warum man über das Einfrieren von Spermien nachdenken sollte, ist, dass man ja nicht wissen kann, ob nicht doch einmal eine Stammzelltransplantation nötig wird, und man durch die damit verbundene Chemotherapie unfruchtbar wird.
Dann ist es sicherlich gut, wenn man
vor Therapiebeginn bereits Spermien eingefroren hat.
Allerdings tritt der Fall ja mittlerweile recht selten ein. Und eine Kryokonservierung ist ja auch dann (vor Beginn einer Chemotherapie) noch möglich, auch wenn diese Spermien dann nicht "therapiefrei" sind, wodurch wieder die bereits diskutierten Fragen aufkommen.
Man wahrt sich dadurch eine Option, die man aber mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit nicht einsetzen wird. Ob einem diese Sicherheit das Geld wert ist, ist dann eben eine individuelle Entscheidung.
Falls es dich interessiert, findest du "meinen" Thread von damals hier:
https://www.leukaemie-online.de/diskussionsforen/7/3562
Ich wünsche dir gute Entscheidungen,
Jonathan
(ebenfalls CML-Patient und medizinischer Laie)