von MartinBergmann » 12.02.2011, 12:08
Hallo,
seit leider 10 Jahren bin ich gezwungen, mich mit CLL auseinanderzusetzen (im Februar 2001 bekam ich die Diagnose und habe so die „Geschichte“ der Therapien hautnah mitbekommen. Nach der Diagnose sollte ich auf Anraten eines Onkologen sofort mit einer Therapie im Rahmen einer laufenden Studie teilnehmen und so habe ich mich seit dieser Zeit mit den jeweils angesagten Therapien auseinandergesetzt.
Man hatte in den Jahren vorher mit einer relativ milden Chemotherapie behandelt (Leukaran), die nur zu wenigen Remissionen geführt hat, aber die Symptome bei vielen Patienten gemildert hat. Allerdings konnte es auch passieren, dass bei längerer intensiver Anwendung die gesamte Blutbildung „zerschossen“ worden ist. Dann kam das „Supermedikament“ Fludarabin, eine intensivere Chemotherapie, die die Anzahl der Remissionen ziemlich erhöht hat. Zur Zeit meiner Diagnose wurde probiert, Fludarabin mit einer anderen Chemotherapie (Cyclophosphamid) zu kombinieren, was zu noch mehr und länger andauernden Remissionen geführt hat. Leider konnte bei allen Therapiearten die durchschnittliche Lebenserwartung der Patienten nicht signifikant erhöht werden. Damals wurde in den Medien weltweit nur von einer Heilung berichtet, nämlich einem Patienten in USA , der zehn Jahre vorher allogen transplantiert worden war. Und man war sich absolut nicht sicher, ob mit dieser Methode tatsächlich eine Heilung zu erreichen wäre. Auf amerikanischen Internetseiten wurde damals über eine Studie berichtet, bei der F (Fludarabin) mit C (Cyclophosphamid) und dem Antikörper R (Rituximab) kombiniert worden ist. Es waren wahre Wunderdinge hinsichtlich der erreichten Anzahl von Vollremissionen zu lesen. Allerdings stand man dem in Deutschland damals vor allem wegen der eventuellen Nebenwirkungen noch skeptisch gegenüber.
So kann ich es heute als Glück betrachten, dass bei mir erst zwei Jahre später eine Therapie unausweichlich wurde und auch auf meine Drängen hin bekam ich, vermutlich als einer der ersten Patienten in Deutschland diese FCR-Therapie. Daraufhin wurde ich für fast 6 Jahre von Krankheit entlassen. Mir hatte aber auch niemand in Aussicht gestellt, dass dadurch eine Heilung zu erreichen sei. Und so kam nach dieser Zeit die Krankheit zurück und zwar in einer so üblen Form, dass mir nur noch durch eine allogene Stammzellentransplantation zu helfen war. Inzwischen bin ich vermutlich geheilt.
Die wirklich neue Erkenntnis ist heute die, dass zwar durch die vorherigen Therapiemethoden die Lebensqualität der CLL-Patienten gesteigert werden konnte, aber dass durch keine dieser früheren Methoden ihre Lebenserwartung nachweislich verlängert werden konnte. Außerdem scheint die RFC-Therapie im allgemeinen so gut verträglich zu sein, dass man sie eben öfter erfolgreich wiederholen kann. Und das kann wirklich als fundamentaler Erfolg gesehen werden.
Das Ärgerliche scheint nur zu sein, dass die Möglichkeit besteht, dass nach einer Therapie nur die wirklich übelsten Krebszellen zurückkommen und dass dann zur Zeit außer einer Transplantation keine Chance mehr besteht. Am eigenen Leibe erfahre ich zur Zeit, dass mit dieser Methode eine Heilung anscheinend wirklich möglich ist, aber dass die langfristig an Lebensqualität einiges kostet. Also – Heilung und dann ist alles gut, ganz so ist es nicht. Wenn man eine „normale“ Form der CLL hat, sollte man es sich immer noch verdammt gut überlegen, selbst wenn man jung und fit ist, das Risiko einer Transplantation mit Heilungsversprechen einzugehen.
Auf der anderen Seite kann es durchaus sein, dass ein Patient auch nach einer relativ milden Therapie jahrelang keiner Therapie mehr bedarf. Es gibt allerdings erfahrungsgemäß auch CLL-Patienten, die nach der Diagnose überhaupt nie eine Therapie benötigen. Dieses Glück haben nicht wenige, es gibt eben sehr unterschiedliche Formen der CLL.
Grüße Martin
Hallo,
seit leider 10 Jahren bin ich gezwungen, mich mit CLL auseinanderzusetzen (im Februar 2001 bekam ich die Diagnose und habe so die „Geschichte“ der Therapien hautnah mitbekommen. Nach der Diagnose sollte ich auf Anraten eines Onkologen sofort mit einer Therapie im Rahmen einer laufenden Studie teilnehmen und so habe ich mich seit dieser Zeit mit den jeweils angesagten Therapien auseinandergesetzt.
Man hatte in den Jahren vorher mit einer relativ milden Chemotherapie behandelt (Leukaran), die nur zu wenigen Remissionen geführt hat, aber die Symptome bei vielen Patienten gemildert hat. Allerdings konnte es auch passieren, dass bei längerer intensiver Anwendung die gesamte Blutbildung „zerschossen“ worden ist. Dann kam das „Supermedikament“ Fludarabin, eine intensivere Chemotherapie, die die Anzahl der Remissionen ziemlich erhöht hat. Zur Zeit meiner Diagnose wurde probiert, Fludarabin mit einer anderen Chemotherapie (Cyclophosphamid) zu kombinieren, was zu noch mehr und länger andauernden Remissionen geführt hat. Leider konnte bei allen Therapiearten die durchschnittliche Lebenserwartung der Patienten nicht signifikant erhöht werden. Damals wurde in den Medien weltweit nur von einer Heilung berichtet, nämlich einem Patienten in USA , der zehn Jahre vorher allogen transplantiert worden war. Und man war sich absolut nicht sicher, ob mit dieser Methode tatsächlich eine Heilung zu erreichen wäre. Auf amerikanischen Internetseiten wurde damals über eine Studie berichtet, bei der F (Fludarabin) mit C (Cyclophosphamid) und dem Antikörper R (Rituximab) kombiniert worden ist. Es waren wahre Wunderdinge hinsichtlich der erreichten Anzahl von Vollremissionen zu lesen. Allerdings stand man dem in Deutschland damals vor allem wegen der eventuellen Nebenwirkungen noch skeptisch gegenüber.
So kann ich es heute als Glück betrachten, dass bei mir erst zwei Jahre später eine Therapie unausweichlich wurde und auch auf meine Drängen hin bekam ich, vermutlich als einer der ersten Patienten in Deutschland diese FCR-Therapie. Daraufhin wurde ich für fast 6 Jahre von Krankheit entlassen. Mir hatte aber auch niemand in Aussicht gestellt, dass dadurch eine Heilung zu erreichen sei. Und so kam nach dieser Zeit die Krankheit zurück und zwar in einer so üblen Form, dass mir nur noch durch eine allogene Stammzellentransplantation zu helfen war. Inzwischen bin ich vermutlich geheilt.
Die wirklich neue Erkenntnis ist heute die, dass zwar durch die vorherigen Therapiemethoden die Lebensqualität der CLL-Patienten gesteigert werden konnte, aber dass durch keine dieser früheren Methoden ihre Lebenserwartung nachweislich verlängert werden konnte. Außerdem scheint die RFC-Therapie im allgemeinen so gut verträglich zu sein, dass man sie eben öfter erfolgreich wiederholen kann. Und das kann wirklich als fundamentaler Erfolg gesehen werden.
Das Ärgerliche scheint nur zu sein, dass die Möglichkeit besteht, dass nach einer Therapie nur die wirklich übelsten Krebszellen zurückkommen und dass dann zur Zeit außer einer Transplantation keine Chance mehr besteht. Am eigenen Leibe erfahre ich zur Zeit, dass mit dieser Methode eine Heilung anscheinend wirklich möglich ist, aber dass die langfristig an Lebensqualität einiges kostet. Also – Heilung und dann ist alles gut, ganz so ist es nicht. Wenn man eine „normale“ Form der CLL hat, sollte man es sich immer noch verdammt gut überlegen, selbst wenn man jung und fit ist, das Risiko einer Transplantation mit Heilungsversprechen einzugehen.
Auf der anderen Seite kann es durchaus sein, dass ein Patient auch nach einer relativ milden Therapie jahrelang keiner Therapie mehr bedarf. Es gibt allerdings erfahrungsgemäß auch CLL-Patienten, die nach der Diagnose überhaupt nie eine Therapie benötigen. Dieses Glück haben nicht wenige, es gibt eben sehr unterschiedliche Formen der CLL.
Grüße Martin