von jan » 06.12.2008, 03:56
Hallo Rike,
ich finde es ehrlichgesagt erstaunlich, dass Dir Deine Ärztin den Rat gab, das Medikament "ohne Bedenken" abzusetzen. Dies widerspricht allen bisherigen Veröffentlichungen und gerade unter der Maßgabe, dass man bei einer Schwangerschaft ja auch nicht einfach wieder anfangen kann, finde ich das überraschend - vor allem auch, dann nur jedes Quartal eine Überprüfung zu machen. Ist Deine Ärztin eine CML-Spezialistin? Und wie lange warst Du bereits in molekularer Vollremission?
Da ich ja gerade auf der ASH-Jahrestagung bin, auf der die neuesten Erkenntnisse aus der Forschung vorgestellt werden, habe ich mich mit dem Thema gerade ganz gut beschäftigt. Bisherige Erfahrungen aus Einzelfallberichten war ja, dass die meisten, die Glivec ersatzlos gestrichen haben, einen langsamen Rezidiv erlitten - manche aber nicht. Daher hat man das Thema nun in klinischen Studien strukturiert untersucht und berichtet jetzt auf der Konferenz erstmalig über die ersten Daten.
Es gibt eine "STOP Imatinib" (STIM) Studie in Frankreich, bei der 50 Patienten, nachdem sie mindestens 2 Jahre eine komplett negative PCR hatten und von denen 25 auch mit Interferon vorbehandelt waren, Imatinib abgesetzt haben. 34 Patienten haben bereits über 6 Monate abgesetzt, so dass nur über diese berichtet werden kann. 18 der 34 erlitten binnen 6 Monaten einen Rückfall, die anderen sind weiter in Vollremission. Ein zusätzlicher erlitt einen Rückfall nach mehr als 6 Monaten. Von den 15, die keinen Rückfall erlitten, waren 10 mit Interferon und Imatinib vorbehandelt und 5 nur mit Imatinib.
Nach der Studie erleiden also etwa die Hälfte bei Stopp von Imatinib einen Rückfall, wobei die Wahrscheinlichkeit höher für die war, die vorher kein Interferon hatten - zumindest lassen das sehr frühe, vorläufige Daten vermuten.
Eine andere Stopp-Studie aus Australien untersuchte Ähnliches im Rahmen einer Studie. Bisher sind 13 Imatinib-Patienten mit Interferon-Vorbehandlung in der Studie (d.h. haben Imatinib gestoppt), und 10 der 13 sind bisher nach 6 Monaten ohne Rückfall, 7 der 10 sogar seit über 12 Monaten. Die 3 Rückfälle sind innerhalb der ersten 6 Monate aufgetreten. Zusätzlich sind 5 Patienten nach Imatinib-Stopp ohne Interferon-Vorbehandlung in der Studie, und 2 dieser 5 zeigten binnen 7 Monaten einen Rückfall. Alle mit Rückfall konnten mit Imatinib-Einnahme wieder in Remission gelangen.
Die Studienärzte schließen, dass ein Absetzen nach längeranhaltender molekularer Vollremission unter engmaschiger Kontrolle innerhalb einer klinischen Studie möglich sein kann, da auch die Wiederaufnahme der Therapie bei den Rückfällen Wirkung zeigte. Sie warnen aber vor dem Absetzen außerhalb der für Studien üblichen engmaschigen Kontrolle. Es sei auch noch zu früh, eine Rolle von Interferon-Vorbehandlung auf den Ausgang dieser Untersuchung abzuschätzen.
Ich selbst möchte als Interpretation hinzufügen, dass ich ein ersatzloses Absetzen für riskant halte, denn ein Rückfallrisiko von "Ein Drittel" bis "Fifty-Fifty" halte ich für hoch. Ich würde das Risiko nur z.B. bei unerträglichen Nebenwirkungen eingehen. Zusätzlich sollte das m.E. nur unter sehr engmaschiger Beobachtung erfolgen, damit man schnell wieder mit der Therapie beginnen kann, wenn die Werte steigen. Gefährlich kann dann aber sein, wenn man das wegen einer Schwangerschaft bis zu 9 Monate lang nicht kann. Ich würde auf jeden Fall andenken, ob nicht erst der Beginn mit niedrigdosiertem Interferon eine Idee wäre, dann Imatinib absetzen und schaun, ob alles über ein paar Monate stabil bleibt, und dann unter Fortführung von Interferon die Schwangerschaft angehen. Interferon als Erhaltungstherapie ist meines Wissens nach wohl während Schwangerschaften vertretbar, wurde gesagt (unbedingt mit dem Arzt sprechen, ich bin keiner!).
Ich werde obige Artikel noch die nächsten Tage als Übersetzung auf die Webseite stellen - bin gerade aber noch auf der Konferenz...
Viele Grüße
Jan
Hallo Rike,
ich finde es ehrlichgesagt erstaunlich, dass Dir Deine Ärztin den Rat gab, das Medikament "ohne Bedenken" abzusetzen. Dies widerspricht allen bisherigen Veröffentlichungen und gerade unter der Maßgabe, dass man bei einer Schwangerschaft ja auch nicht einfach wieder anfangen kann, finde ich das überraschend - vor allem auch, dann nur jedes Quartal eine Überprüfung zu machen. Ist Deine Ärztin eine CML-Spezialistin? Und wie lange warst Du bereits in molekularer Vollremission?
Da ich ja gerade auf der ASH-Jahrestagung bin, auf der die neuesten Erkenntnisse aus der Forschung vorgestellt werden, habe ich mich mit dem Thema gerade ganz gut beschäftigt. Bisherige Erfahrungen aus Einzelfallberichten war ja, dass die meisten, die Glivec ersatzlos gestrichen haben, einen langsamen Rezidiv erlitten - manche aber nicht. Daher hat man das Thema nun in klinischen Studien strukturiert untersucht und berichtet jetzt auf der Konferenz erstmalig über die ersten Daten.
Es gibt eine "STOP Imatinib" (STIM) Studie in Frankreich, bei der 50 Patienten, nachdem sie mindestens 2 Jahre eine komplett negative PCR hatten und von denen 25 auch mit Interferon vorbehandelt waren, Imatinib abgesetzt haben. 34 Patienten haben bereits über 6 Monate abgesetzt, so dass nur über diese berichtet werden kann. 18 der 34 erlitten binnen 6 Monaten einen Rückfall, die anderen sind weiter in Vollremission. Ein zusätzlicher erlitt einen Rückfall nach mehr als 6 Monaten. Von den 15, die keinen Rückfall erlitten, waren 10 mit Interferon und Imatinib vorbehandelt und 5 nur mit Imatinib.
Nach der Studie erleiden also etwa die Hälfte bei Stopp von Imatinib einen Rückfall, wobei die Wahrscheinlichkeit höher für die war, die vorher kein Interferon hatten - zumindest lassen das sehr frühe, vorläufige Daten vermuten.
Eine andere Stopp-Studie aus Australien untersuchte Ähnliches im Rahmen einer Studie. Bisher sind 13 Imatinib-Patienten mit Interferon-Vorbehandlung in der Studie (d.h. haben Imatinib gestoppt), und 10 der 13 sind bisher nach 6 Monaten ohne Rückfall, 7 der 10 sogar seit über 12 Monaten. Die 3 Rückfälle sind innerhalb der ersten 6 Monate aufgetreten. Zusätzlich sind 5 Patienten nach Imatinib-Stopp ohne Interferon-Vorbehandlung in der Studie, und 2 dieser 5 zeigten binnen 7 Monaten einen Rückfall. Alle mit Rückfall konnten mit Imatinib-Einnahme wieder in Remission gelangen.
Die Studienärzte schließen, dass ein Absetzen nach längeranhaltender molekularer Vollremission unter engmaschiger Kontrolle innerhalb einer klinischen Studie möglich sein kann, da auch die Wiederaufnahme der Therapie bei den Rückfällen Wirkung zeigte. Sie warnen aber vor dem Absetzen außerhalb der für Studien üblichen engmaschigen Kontrolle. Es sei auch noch zu früh, eine Rolle von Interferon-Vorbehandlung auf den Ausgang dieser Untersuchung abzuschätzen.
Ich selbst möchte als Interpretation hinzufügen, dass ich ein ersatzloses Absetzen für riskant halte, denn ein Rückfallrisiko von "Ein Drittel" bis "Fifty-Fifty" halte ich für hoch. Ich würde das Risiko nur z.B. bei unerträglichen Nebenwirkungen eingehen. Zusätzlich sollte das m.E. nur unter sehr engmaschiger Beobachtung erfolgen, damit man schnell wieder mit der Therapie beginnen kann, wenn die Werte steigen. Gefährlich kann dann aber sein, wenn man das wegen einer Schwangerschaft bis zu 9 Monate lang nicht kann. Ich würde auf jeden Fall andenken, ob nicht erst der Beginn mit niedrigdosiertem Interferon eine Idee wäre, dann Imatinib absetzen und schaun, ob alles über ein paar Monate stabil bleibt, und dann unter Fortführung von Interferon die Schwangerschaft angehen. Interferon als Erhaltungstherapie ist meines Wissens nach wohl während Schwangerschaften vertretbar, wurde gesagt (unbedingt mit dem Arzt sprechen, ich bin keiner!).
Ich werde obige Artikel noch die nächsten Tage als Übersetzung auf die Webseite stellen - bin gerade aber noch auf der Konferenz...
Viele Grüße
Jan