Leukämie-Online ist eine unabhängige, deutschsprachige Wissens- und Kommunikationsplattform zum Thema Leukämie. Diese wird von Leukämiepatienten betrieben und ist gemeinnützig. Das Angebot fördert aktive, informierte und selbstbestimmte Patienten durch umfangreiche Informationen über Neuigkeiten und Hintergründe zur Forschung und Behandlung von Leukämien. Interaktive Foren ermöglichen zudem den direkten Erfahrungsaustausch.
Verbreitung: Leukämien haben ihren Ursprung im Knochenmark und werden nach akuten und chronischen Verlaufsformen sowie dem Befall unterschiedlicher Zellarten klassifiziert. Die Hauptentitäten – akute lymphatische Leukämie (ALL), akute myeloische Leukämie (AML), chronisch myeloische Leukämie (CML) und chronisch lymphatische Leukämie (CLL) – weisen wesentliche Unterschiede im Hinblick auf Epidemiologie, Erkrankungsbiologie und Prognose auf. Besonders anzumerken ist, dass auf Grund neuerer molekularbiologischer Erkenntnisse CLL als niedrig maligne, leukämisch verlaufende Lymphome klassifiziert werden. Hieraus ergibt sich eine Unschärfe in der Abgrenzung der Leukämien zu den Non-Hodgkin-Lymphomen. Jährlich erkranken insgesamt etwas mehr als 10.250 Menschen in Deutschland (ca. 5.500 Männer und 4.750 Frauen) an Leukämien. Das mittlere Erkrankungsalter liegt auf Grund der Altersverteilung mit zwei Gipfeln bei vergleichsweise niedrigen 60 Jahren für Männer und 65 Jahren für Frauen. Während chronische Leukämieformen nur im Erwachsenenalter vorkommen, tritt die ALL am häufigsten im Kindesalter auf. Die AML kommt in jedem Lebensalter vor, erreicht ihren Häufigkeitsgipfel aber erst bei alten Menschen.
EU-Vergleich: Im europäischen Vergleich liegen die für Deutschland ermittelten Erkrankungsraten der Männer im mittleren Drittel. Höhere Raten beobachtet man zum Beispiel in Luxemburg, Dänemark und Belgien. Die niedrigsten Raten für beide Geschlechter sind in Finnland und Polen zu beobachten, wobei die Unterschiede insgesamt gering sind. Bei den Frauen wurden für Frankreich, Malta und Dänemark höhere Raten ausgewiesen.
Risikofaktoren: Für viele Leukämien kann kein direkter Ursache-Wirkungs-Bezug hergestellt werden. Bekannte, aber vergleichsweise selten tatsächlich nachweisbare Auslöser akuter Leukämien sind ionisierende Strahlung, Zytostatika und verschiedene Chemikalien wie zum Beispiel Benzol. Auch wird diskutiert, ob ein ungenügendes Training des Immunsystems im Kindesalter zur Risikosteigerung beiträgt. Seltene genetische Veränderungen können das Erkrankungsrisiko erhöhen. Der Einfluss von Viren wird diskutiert, gilt jedoch nicht als eindeutig belegt. Ein Zusammenhang mit der Exposition gegenüber niederfrequenten elektromagnetischen Feldern konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Die Ursachen der chronischen Leukämien, den häufigsten leukämischen Erkrankungen der Erwachsenen, sind weitgehend ungeklärt. Derzeit beforscht werden (erworbene oder ererbte) genetische Veränderungen, die möglicherweise zu einem erhöhten Risiko beitragen.
Trend: Die Neuerkrankungsraten in den 1970er und 1980er Jahren im Saarland steigen für Männer deutlich, für Frauen weniger deutlich an, während für die DDR kein Trend erkennbar ist. Gemäß der aktuellen Schätzung veränderten sich die Erkrankungsraten für Männer und Frauen in den letzten 10 Jahren kaum, wenngleich die Inzidenz bei den Männern höher liegt als bei den Frauen. Die Mortalitätsraten zeigen sich bei Männern seit Anfang der 1980er Jahre, bei Frauen schon ab Mitte der 1970er Jahre deutlich rückläufig.
Prognose: Die relative 5-Jahres-Überlebensrate beträgt für Männer 46%, für Frauen 44%, nach 42% 7 bis 9 Jahre zuvor. Im Mittel sind die Überlebensaussichten von Kindern weit besser als von Erwachsenen. Am ungünstigsten sind die Überlebensaussichten mit AML im Alter über 65 Jahren.
Quelle: "Krebs in Deutschland: Häufigkeiten und Trends" , GEKID, RKI 2006 (pdf, Acrobat Reader erforderlich)
Was ist eine Leukämie?Blut besteht aus Blutzellen wie den roten Blutkörperchen (Erythrozyten), den für die Blutgerinnung zuständigen Blutplättchen (Thrombozyten) und den weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Diese Blutzellen übernehmen lebenswichtige Funktionen des Organismus.Da die Zellen nur eine begrenzte Lebensdauer haben, müssen diese ständig erneuert werden. Der Ort der Blutbildung ist dabei das Knochenmark, das in den Hohlräumen der Knochen verteilt ist. Im Knochenmark werden aus wenigen Vorläufer- oder Stammzellen durch Zellteilungen und Reifungsschritte ständig alle Formen der Blutzellen in großer Zahl neu gebildet. Wenn sie reif sind, treten sie in den Blutkreislauf über. Bei Leukämie ist durch genetische Veränderungen der Stammzellen der normale Reifeprozeß der weißen Blutkörperchen unterbrochen, es treten auch unreife weiße Blutkörperchen in den Blutkreislauf über und vermehren sich unkontrolliert. Die bösartigen Zellen werden funktionslos und verdrängen die gesunden Knochenmarkszellen. Es treten z.B. Symptome wie Infektionen, Müdigkeit, Blutarmut und Blutungsneigung auf. |
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Formen der LeukämieGrundsätzlich unterscheidet man zwischen akuten und chronischen Formen der Leukämie.Bei den akuten Formen der Leukämie schreitet die Krankheit sehr schnell voran, so dass ohne Behandlung innerhalb weniger Wochen ein lebensgefährlicher Zustand eintreten kann. Dagegen kann bei den chronischen Formen der Leukämie der Zustand über Monate oder Jahre stabil bleiben, so dass je nach Erkennungszeitpunkt nach Diagnosestellung etwas mehr Zeit bis zum Behandlungsbeginn bleiben kann. Zudem unterscheidet man bei Leukämien nach der Herkunft der fehlerhaften vermehrten Blutzellen zwischen lymphatischer Leukämie (ausgehend von Vorstufen der Lymphozyten) und myeloischer Leukämie (ausgehend von Vorstufen der Granulozyten/Monozyten). Daraus ergeben sich folgende Formen von Leukämien, die sich im Hinblick auf Symptome, Verlauf, Prognose und Behandlung deutlich unterscheiden: · Akute myeloische Leukämie (AML)Ein Zeichen für akute myeloische Leukämien ist die Häufigkeit des Vorkommens der Myeloblasten oder Monoblasten. AML tritt weltweit mit einer Häufigkeit von 2,5 Erkrankungen pro Jahr pro 100.000 Einwohner auf. Sie ist die bei Erwachsenen am häufigsten vorkommende Leukämieart.Aufgrund mikroskopisch sichtbarer und immunologischer Merkmale wird die akute myeloische Leukämie – entsprechend der so genannten "French-American-British-Klassifikation" (abgekürzt FAB-Klassifikation) – in die folgenden AML-Unterformen eingeteilt:
Die Leukämiezellen der verschiedenen AML-Unterarten sind gegenüber Chemotherapie unterschiedlich empfindlich und zeigen daher unterschiedliche Prognosen bezüglich des Therapieerfolgs. · Akute lymphatische Leukämie (ALL)Akute Lymphatische Leukämien treten meistens bei Kindern (zwischen dem 2. und 10. Lebensjahr), seltener bei Erwachsenen, vornehmlich im Alter zwischen 30 und 50 Jahren, auf. Ungefähr einer von 100.000 Menschen pro Jahr ist von ALL betroffen. Eine der Leukozytenuntergruppen, die Lymphozyten, sind bei dieser Leukämie betroffen. Bei der ALL kann es zu einem Befall der Hirnhäute kommen. Aus diesem Grund wird vorsorglich eine Lumbalpunktion durchgeführt und eine intrathekale Therapie angewendet. Bei Hirnhautbefall leitet man eine Kopfbestrahlung ein.· Chronische myeloische Leukämie (CML)Die Chronische Myeloische Leukämie ist gekennzeichnet durch eine erhebliche Vermehrung von Granulozyten und deren Vorstufen in Knochenmark, Blut, Milz und Leber. Sie tritt mit einer Häufigkeit von 10-15 Erkrankungen pro Jahr pro 1 Millionen Einwohner neu auf. Betroffen sind meistens Menschen im mittleren bis höheren Alter.Die Entwicklungsphasen der CML teilen sich wie folgt auf:
Nähere Informationen zur CML bieten wir auf einer separaten Seite von Leukämie-Online.
· Chronische lymphatische Leukämie (CLL)Die CLL ist eine Form der Leukämie, bei der die reifen Lymphozyten betroffen sind. Die Leukozytenzahl in Knochenmark, Blut, Lymphgewebe und anderen Organen ist deutlich erhöht, der in ihnen enthaltene Lymphozytenanteil kann bis zu 95% betragen. Im Blut liegen zwei Arten von Lymphozyten vor: B-Zellen und T-Zellen. Betroffen sind meistens ältere Menschen ab dem 50. Lebensjahr. Bei etwa 95% aller CLL-Fälle liegen kanzeröse B-Zellen vor. Die sogenannte B-CLL ist die häufigste Leukämieform bei Erwachsenen, von der jährlich ca. 60.000 in Europa betroffen sind. Heilung ist nur durch eine allogene Knochenmarktransplantation möglich.Die Entwicklungsstadien der CLL teilen sich wie folgt auf:
· Andere, leukämieverwandte ErkrankungenEbenso wie die Leukämien gibt es weitere Erkrankungen, die durch unkontrollierte Teilung von Stammzellen bzw. durch Reifungsstörungen der Blutzellen entstehen. Zum Formenkreis der Knochenmarkserkrankungen, die in eine Leukämie übergehen können, gehören:
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BehandlungsmethodenIn den 60er Jahren wurden eine Reihe von Medikamenten gegen Leukämie entwickelt, die den Weg für die heute übliche Chemotherapie ebneten. Das Ziel der medikamentöse Therapie (Chemotherapie) ist, die Leukämiezellen vollständig zu zerstören oder möglichst weit zurückzudrängen. Die Medikamente greifen besonders Zellen während der Zellteilung an. Dadurch werden vor allem die Tumorzellen geschädigt, die sich praktisch ständig vermehren. Mit der Chemotherapie kann eine Reduzierung der Leukämiezellen (Teilremission) und teilweise sogar eine weitgehende Krankheitsrückbildung (komplette Remission)In den 70er Jahren wurde die Knochenmarktransplantation entwickelt, die bis heute als sehr wirkungsvolle Therapie eingesetzt wird und oftmals die einzige Chance auf Heilung bietet. Hierbei wird dem Patienten im Anschluss an eine Hochdosistherapie, die das existierende Knochenmark zerstört, das Knochenmark von einem geeigneten Spender übertragen. Die Stammzellen des Spenders beginnen dann, neue funktionstüchtige Blutzellen zu bilden. Entscheidend ist hierbei die Gewebeverträglichkeit zwischen Spender und Empfänger, da es bei Inkompatibilitäten zu einer immunologischen Abwehrreaktion des neuen Immunsystems gegen den Körper des Empfängers kommen kann. In den letzten Jahren wurden mit neuen Methoden verschiedene neue Wirkstoffe entwickelt, die bei manchen Leukämieformen ganz gezielt in die Steuerung der Krebszelle eingreifen und die krankhafte Zellvermehrung hemmen. Eines der erfolgreichsten Beispiele hierfür ist das CML-Medikament Glivec (Wirkstoff Imatinib), das selbst in fortgeschrittenen Phasen der CML vielversprechende Ergebnisse zeigt. Viele neue, sehr selektiv auf Leukämiezellen wirkende Wirkstoffe für die verschiedenen Leukämiearten befinden sich in Erprobung oder wurden mittlerweile zugelassen. |
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