Bisher ist über die Behandlung mit
Imatinib (IM) im Falle von Schwangerschaft, Geburt und Stillen nicht viel bekannt. Pye und Kollegen untersuchten vor kurzem die Ergebnisse der Behandlung, Schwangerschaft und Folgen für den Fötus von 180 Frauen, die während der Schwangerschaft mit
Imatinib behandelt wurden. Es gab insgesamt 12 Kinder, bei denen Anomalien auftraten. Es schien, als ob die meisten Schwangerschaften, bei denen die Frau
Imatinib ausgesetzt ist, einen erfolgreichen Ausgang nehmen, allerdings besteht bei der Behandlung immer ein Risiko, das ernsthafte Missbildungen des Fötus zur Folge haben kann. Kommt es zu Schwangerschaften, wird eine unmittelbare Unterbrechung der
Imatinib-Therapie empfohlen. Nach Wiederaufnahme der Therapie nach Geburt stellt sich jedoch die Frage des Stillens. Ein Team um Dr. Kronenberger und Dr. Schleyer veröffentlichte nun die Messergebnisse der
Imatinib-Level in der Muttermilch einer Frau, die mit
Imatinib behandelt wurde.
Im Jahr 2001 wurde bei einer 34 Jahre alten Frau
chronisch myeloische Leukämie (CML) in
chronischer Phase diagnostiziert, und die Behandlung mit
Interferon (
IFN) alpha lag anfangs bei drei Millionen Einheiten täglich in einem örtlichen Krankenhaus.
IFN wurde gut vertragen und die Patientin erzielte eine vollständige hämatologische
Remission, aber kein weitgehendes zytogenetisches Ansprechen. Im Februar 2004 wurde die Patientin an unser Institut verlegt, weil
Bcr-Abl in 75 % der peripheren Blutzellen durch eine Fluoreszenz in situ Hybridisierungs-Analyse (
FISH) nachweisbar war. Die Patientin erhielt anfangs
Imatinib 400 mg/Tag. Zwischen Februar und Mai 2004 erzielte die molekulare Überwachung eine 1-log Abnahme bei der
Bcr-Abl Messenger
RNA (mRNA).
Im Juni 2004 teilte die Patientin ihre Schwangerschaft mit. Die Behandlung mit
Imatinib wurde unterbrochen. Als die molekulare Überwachung im Juli eine weitere Abnahme der
Bcr-Abl mRNA um Faktor 10 zeigte, wurde während der Schwangerschaft keine weitere CML Behandlung vollzogen.
Bcr-Abl-
Transkripte stiegen erst gegen Ende der Schwangerschaft bis zu dem Level von Mai 2004.
Ein gesundes Kind wurde zum vorbestimmten Termin geboren. Keine Missbildungen wurden entdeckt. Nach der Geburt wurde die Behandlung mit
Imatinib bei 400 mg/Tag sofort wieder aufgenommen. Das Kind erhielt von Anfang an Flaschennahrung.
Jedoch baten wir die Mutter, das Abstillen zu verzögern, bis 171 Stunden nach Wiederaufnahme der
Imatinib-Therapie verstrichen waren, um Messungen von
Imatinib (IM) und seinem aktiven Metaboliten Ndesmethyl-
Imatinib (N-DesM-IM, CGP74588) in Blutplasma und abgepumpter Muttermilch zu erhalten. Die Medikamentenspiegel wurden wiederholt gemessen. Wir fanden heraus, dass der Spiegel an
Imatinib in der Muttermilch ungefähr der Hälfte des Plasmaspiegels entsprach. Der aktive Metabolit Ndesmethyl-
Imatinib sammelte sich in ungefähr dreifacher Konzentration in der Muttermilch an, verglichen mit den Plasmaspiegeln. Nach ca. 2-tägiger Behandlung mit
Imatinib wurde ein Pseudo-Dauerzustands-Spiegel in der Muttermilch erreicht.
Gemäß unseren Ergebnissen wird das Stillen während der Behandlung mit
Imatinib nicht empfohlen.
Quelle: Imatinib in breast milk. Kronenberger, Schleyer, Bornhäuser, Ehninger, Gattermann, Blum. Ann Hematol DOI 10.1007/s00277-009-0754-2. 5 Mai 2009.
Übersetzung durch Alice-Christine Merenda (Sigma) und Jan, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
Weitere Informationen:
- Weiterer Einzelfallbericht über Schwangerschaft bei CML, Leukämie-Online 02.04.2009
- Verhütung bei Dasatinib zur Vermeidung einer Schwangerschaft weiterhin empfoh, Leukämie-Online 11.12.2008
- Schwangerschaft bei Krebs erfordert enge ärztliche Kooperation, Leukämie-Online 15.08.2008
- Webseite Fertiprotekt.de
- Teratogenität von Imatinib bei Schwangerschaften, Leukämie-Online 08.03.2008
- ASH: Schwangerschaft unter Glivec: Einzelfallberichte von 180 Frauen, Leukämie-Online 19.01.2007
- Bundesweites Ärztenetzwerk adressiert Kinderwunsch junger Krebspatientinnen, Leukämie-Online 11.11.2006
- Gesundes Kind nach Chemo, Transplantation und Hormonbehandlung geboren, Leukämie-Online 29.08.2006
- Schwangerschaft nach Wiedereinsetzen von kryokonserviertem Eierstockgewebe, Leukämie-Online 12.08.2006
- Neue Studiendaten zu Schwangerschaft nach Stammzelltransplantation, Leukämie-Online 28.05.2006
- ASH: Einzelfallberichte zu Schwangerschaft bei Patient(inn)en mit CML, Leukämie-Online 08.12.2005
- Weitere Fallberichte über Schwangerschaften unter Imatinib, Leukämie-Online 12.09.2005
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
Transkript
Mit Hilfe der PCR lassen sich kleinste Mengen an Erbinformationen in kurzer Zeit stark vervielfältigen, so dass auch das BCR-ABL-Gen so oft kopiert wird, bis es in ausreichender Menge vorliegt, dass es eindeutig nach- gewiesen werden kann. Diese BCR-ABL-Kopien nennt man Transkripte.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
teratogen
Die Entstehung von Fehlbildungen bei Embryonen von Menschen und Tieren fördernd. Die Einwirkung bestimmter chemischer Substanzen vor allem zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft kann Fehlanlagen und Störungen unterschiedlichster Organsysteme verursachen. Viele Zytostatika gelten als teratogen.
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
FISH
Fluoreszenz-in-Situ-Hybridisierung, Verfahren zur Sichtbarmachung von DNA-Sequenzen auf einem Chromosomenpräparat unter Verwendung von Fluoreszenzfarbstoffen (Fluorochromen).
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Transkript
Mit Hilfe der PCR lassen sich kleinste Mengen an Erbinformationen in kurzer Zeit stark vervielfältigen, so dass auch das BCR-ABL-Gen so oft kopiert wird, bis es in ausreichender Menge vorliegt, dass es eindeutig nach- gewiesen werden kann. Diese BCR-ABL-Kopien nennt man Transkripte.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
teratogen
Die Entstehung von Fehlbildungen bei Embryonen von Menschen und Tieren fördernd. Die Einwirkung bestimmter chemischer Substanzen vor allem zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft kann Fehlanlagen und Störungen unterschiedlichster Organsysteme verursachen. Viele Zytostatika gelten als teratogen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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