Mit Histon-Deacetylase-Hemmern mit Imatinib schlafende CML-Stammzellen erreichen

Imatinib bewirkt Remissionen bei Patienten mit chronisch-myeloischer Leukämie (CML), löscht aber die Leukämie-Stammzellen nicht aus, die damit eine potentielle Ursache für einen Rückfall darstellen. In einer kürzlich vorgestellten Studie wurde die Fähigkeit von Histon-Deacetylaseinhibitoren (HDACis), CML-Stammzellen anzugreifen, untersucht. Die Kombinationstherapie von HDACis in Kombination mit Imatinib hat wirksam den Zelltod (Apoptose) von schlafenden CML-Vorläuferzellen, die gegen Imatinib alleine resistent waren, bewirkt. Auf diese Weise wurden CML-Stammzellen, die immungeschwächte Mäuse mit CML „infizieren“ können, beseitigt. Die Gabe von HDACis mit Imatinib im Körper (in Vivo) führte zu einer deutlichen Reduktion von Leukämie-Stammzellen in einem CML-Mausmodell. Die Wechselwirkung von Imatinib und HDACis hemmte die Stammzelle erhaltende und das Überleben der Stammzelle regulierende Gene. Die Behandlung mit HDACi könnte eine effektive Strategie zur Behandlung LSCs in mit Tyrosinkinaseinhibitoren behandelten CML-Patienten darstellen. 

Chronisch-myeloische Leukämie (CML) ist eine tödliche hämatologische Erkrankung, die das Ergebnis der Transformation einer primitiven blutbildenden Stammzelle durch das BCR-ABL-Onkogen ist. Leukämie-auslösende Zellen bzw. Leukämiestammzellen bei CML teilen viele Eigenschaften der normalen blutbildenden Stammzellen einschließlich der Fähigkeit, die Blutbildung zu regenerieren oder in den Ruhezustand zu verfallen. Die Abkömmlinge der transformierten Stammzellen haben einen proliferativen Vorteil gegenüber normalen blutbildenden Zellen. Deshalb kann der Philadelphia-positive Klon die verbliebene normale Blutbildung verdrängen. Ohne Behandlung schreitet die CML von einer chronischen über eine fortgeschrittene Phase bis zur tödlichen Blastenkrise fort. 

Die deregulierte Tyrosinkinaseaktivität des BCR-ABL-Proteins spielt eine wichtige Rolle in der Pathogenese der CML. Die Behandlung mit BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmern (TKI) kehrt den proliferativen Vorteil der CML-Vorläufer um, leitet damit eine Remission ein und erlaubt wieder ein Wachstum der normalen blutbildenden Zellen. Der BCR-ABL-Kinasehemmer Imatinib (Glivec) hat sich als die Erstlinientherapie für Patienten mit CML herausgestellt. Die meisten Patienten mit CML in chronischer Phase erreichen eine vollständige zytogenetische Remission unter Imatinib-Therapie und weisen bedeutende Reduktionen der BCR-ABL-Transkripte auf, die mit quantitativer Real-Time-PCR (Q-PCR) bestimmt werden. 

Trotzdem gibt es Hinweise, dass in Patienten in Remission unter Imatinib-Behandlung primitive leukämische Stamm- und Vorläuferzellen erhalten bleiben. Üblicherweise tritt die Krankheit wieder auf, wenn das Medikament abgesetzt wird - sogar bei CML-Patienten, die in der Q-PCR BCR-ABL-negativ erscheinen. Diese Beobachtungen legen nahe, dass Heilung der CML mit TKI alleine nur schwer erreichbar ist.
Die der Hartnäckigkeit der Leukämiestammzellen zugrunde liegenden Mechanismen sind noch nicht gut erforscht. Mutationen der BCR-ABL-Kinasedomäne werden bei einigen Patienten gefunden, treten aber nicht durchgängig auf. Obwohl reduzierte Wirkstoffaufnahme oder erhöhte Ausscheidung des Wirkstoffes zusammen mit erhöhter Expression in primitiven Vorläuferzellen theoretisch zur Imatinib-Resistenz beitragen können, wurde in vorausgegangenen Studien angemessene Wirkstoffspiegel und wirksame Hemmung der BCR-ABL-Aktivität in CML-Vorläuferzellen in Folge der Therapie festgestellt. Unsere Untersuchungen zeigen, dass Imatinib die Proliferation der CML-Vorläuferzellen effektiv hemmt, aber den Zelltod dieser Zellen nur mäßig erhöht. Wachstumsfaktoren oder andere Mikroumgebungs-Signale könnten die Lebensfähigkeit der CML-Zellen trotz Hemmung der BCR-ABL-Kinase durch Imatinib erhalten. Die Imatinib-induzierte Apoptose ist auf sich teilende CML-Vorläuferzellen beschränkt, wohingegen sich nicht teilende CML-Vorläuferzellen besonders unempfindlich gegen Imatinib-induzierten Zelltod sind. Die relative Unempfindlichkeit nicht teilender CML-Vorläuferzellen könnte zur Persistenz der BCR-ABL-Vorläuferzellen in mit Imatinib behandelten Patienten in Remission führen. Ähnliche Ergebnisse liegen mit den potenteren BCR-ABL-TKI, einschließlich Dasatinib, Nilotinib und Bosutinib, vor. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass von BCR-ABL unabhängige Mechanismen zum Überleben primitiver CML-Zellen unter TKI-Behandlung beitragen und heben die Notwendigkeit hervor, weitere Strategien zur Eliminierung von CML Stammzellen zu identifizieren.

Histondeacetylase-Hemmer (HDACis) sind eine Klasse von für die Therapie mehrerer Krebsarten vielversprechenden Wirkstoffen. HDACis können die Genexpression durch erhöhte Histon Lysin-Acetylierung modulieren. Anti-Krebseffekte können auch mit der Modulierung des Acetylierungsstatus von Nichthistonproteinen zusammenhängen. Im Gegensatz zu den meisten anderen den Zelltod auslösenden Mitteln, die vor allem auf sich teilende Zellen wirken, haben HDACis ihre proapototische Wirkung auf sich nicht in Teilung befindliche Krebszellinien gezeigt, was zu wichtigen Auswirkungen für die Eliminierung schlafender Stammzellen führen kann. Über die Behandlung mit den Hydroxamsäure-analogen pan-HDACi SAHA, LAQ824 (LAQ) oder LBH589 (LBH) alleine und in Kombination wurde berichtet, dass der Zelltod in CML und Blastenkrise-CML-Zellinien eingeleitet wurde. Blastenkrise-CML-Zellen können eher aus reiferen Vorläuferzellen stammen als aus einer Stammzelle, und unterscheiden sich markant in Verhalten und therapeutischen Ansprechen von CML-Zellen in chronischer Phase. Der Effekt von HDACis auf primitive Leukämie-Stammzellen von Patienten mit CML in chronischer Phase wurde bisher nicht charakterisiert. Es ist unbekannt, ob HDACis bei schlafenden Stamm- und Vorläuferzellen den Zelltod einleiten können, die der Auslöschung durch BCR-ABL-Hemmer widerstehen. Hier werden die Wirkungen der HDACi LAQ und LBH, alleine und in Kombination mit Imatinibauf primitive CML-Leukämie-Stamm- und Vorläuferzellen untersucht.

Die Untersuchungen weisen auf eine signifikante Aktivität von HDACis gegen normale blutbildende Vorläuferzellen mit erhöhten Zelltod-Raten hin sowie auf eine Hemmung der Zellteilung und auf eine Hemmung von CFC und SRC-Wachstum. Die Gabe von LBH in den menschlichen Organismus wurde mit moderater Hemmung der normalen Blutzellenzahlen und den Stammzell-und Vorläuferzellpopulationen im Knochenmark und reduziertem Gewicht in Verbindung gebracht. Auf einer Seite sind diese hemmenden Effekte auf normale Vorläuferzellen konsistent mit der klinischen Beobachtung von Thrombozytopenien und Myelosuppression in klinischen Versuchen mit LBH. Auf der anderen Seite ergab die Kombination von HDACi mit Imatinib ein signifikant reduzierter Zelltod normaler Zellen im Vergleich mit CML-Vorläuferzellen und deutlich verringerter Hemmung normaler SRC im Vergleich mit CML-SRC. Zusätzlich hat die Gabe der Kombination in Vivo zu deutlich geringerer Hemmung der normalen Blutzellenzahlen, Knochenmarks-Stamm- und Vorläuferzellen geführt, verglichen mit einer nahezu vollständigen Eliminierung der CML-Stammzellen. Diese Beobachtungen deuten auf ein therapeutisches Fenster für HDACi und Imatinib– Wirkung auf CML-Stammzellen, verglichen mit normalen Stammzellen hin, das sich klinisch ausbeuten lassen könnte. Trotzdem weist die Toxizität von LBH für normale Vorläuferzellen auf die Notwendigkeit der weiteren Untersuchung der den Wirkungen der Kombination von LBH mit Imatinib zugrunde liegenden Mechanismen hin.

Es gibt beträchtliches Interesse daran, verbesserte auf CML-Stammzellen abzielende Herangehensweisen auszuarbeiten. Die therapeutische Anwendung solcher Untersuchungen wird in Richtung der Nutzung einer Kombination von LBH und Imatinibgehen, um übriggebliebene Leukämiestammzellen in mit Imatinib behandelten Patienten mit Therapie-Ansprechen zu eliminieren. Die Autoren haben kürzlich gezeigt, dass der Farnesyltransferase-Hemmer BMS-214662 selektiv schlafende primitive CML-Vorläuferzellen abtöten kann. Trotzdem wird dieser Wirkstoff nicht für klinische Tests bei CML entwickelt. Im Gegensatz dazu befinden sich derzeit mehrere HDACis in klinischen Studien sowohl bei hämatologischen Erkrankungen als auch bei soliden Tumoren. 

Die auf Krebsstammzellen abzielende Rolle der HDACis ist vorher noch nicht beschrieben worden. Auf der Basis dieser Untersuchungen, dass LAQ und LBH in Kombination mit Imatinib CML-Stammzellen eliminieren kann, haben wir eine klinische Studie entwickelt und angestoßen, um die Sicherheit und Verträglichkeit von LBH in Kombination mit Imatinib in Patienten in zytogenetischer Remission mit CML mit nachgewiesenen übriggeblieben BCR-ABL-positiven Zellen zu bestimmen. Das ultimative Maß für den Erfolg dieser Studien zur Eliminierung der restlichen Stammzellen wird die Fähigkeit der Patienten, eine Langzeit-Remission nach Absetzen der Imatinib-Therapie zu erhalten sein. 

Es bleibt noch zu untersuchen, ob die laufenden auf CML-Stammzellen abzielende Studien mit HDACis breitere Anwendung auf primitive, schlafende krebsauslösende Zellen in anderen Leukämien und soliden Tumoren finden werden.

Quelle: Effective Targeting of Quiescent ChronicMyelogenous Leukemia Stem Cells by Histone Deacetylase Inhibitors in Combination with Imatinib Mesylate, Bin Zhang et al, Cancer Cell 17, 427–442, May 18, 2010. Übersetzung aus dem Englischen durch Niko, ohne Gewähr.