- Published on 31.07.2014, 22:25
- Von Jan Geissler
In der EU werden in Kürze zwei neue Kinasehemmer für CLL-Patienten zugelassen. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA empfahl die Zulassung von Ibrutinib (Handelsname Imbruciva, Hersteller Janssen-Cilag) und Idelalisib (Handelsname Zydelig, Hersteller Gilead Sciences). Beide Arzneistoffe sind für erwachsene Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) gedacht, bei denen mindestens eine Vortherapie erfolglos war. Als Erstlinientherapie sollen die Mittel außerdem bei Patienten eingesetzt werden, bei denen andere Chemotherapien aufgrund einer genetischen Mutation (17p-Deletion und TP53-Mutation) wirkungslos bleiben. Ibrutinib ist zudem indiziert bei erwachsenen Patienten mit Mantelzell-Lymphom, die auf andere Therapien nicht ansprechen oder die einen Rückfall erlitten. Idelalisib wird auch für das follikuläre Lymphom zugelassen, wenn bei den Betroffenen zwei vorangegangene Therapien versagt haben.
Sowohl Ibrutinib als auch Idelalisib hemmen aktive Tyrosinkinasen, haben jedoch neue, unterschiedliche Angriffspunkte. Ibrutinib inhibiert die Bruton’s-Tyrosinkinase (BTK). Idelalisib blockiert die Phosphoinositol-3-Kinase-delta (PI3K-d). Beide Enzyme spielen eine wichtige Rolle bei Wachstum, Migration und Überleben von B-Zellen.
Zum Nutzen von Ibrutinib erschien kürzlich eine Studie im Fachmagazin "New England Journal of Medicine". Darin erzielte der Kinasehemmer im Vergleich zum bisherigen Therapiestandard, dem monoklonalen Antikörper Ofatumumab (Arzerra®), eine höhere Remissionsrate bei besserer Verträglichkeit. Nach zwölf Monaten hatten unter Ibrutinib 90 Prozent der Patienten überlebt im Vergleich zu 81 Prozent unter Ofatumumab. Das Sicherheitsprofil gilt als recht vorteilhaft, auch wenn (wie bei allen Tyrosinkinase-Hemmern) mit zahlreichen leichten bis schweren Nebenwirkungen zu rechnen ist. Gegenüber dem Medizinjournal «Medscape» sagte der Freiburger Onkologe Professor Dr. Justus Duyster: "Diese Studie wird das Management der CLL verändern". Es handle sich um ein enorm wichtiges Medikament, dessen Zulassung dringend erwartet werde.
Quellen:
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Remissionsrate
Prozentualer Anteil von behandelten Patienten, bei denen durch eine spezifische Tumortherapie ein partielles oder komplettes Ansprechen (Remission) erreicht wird
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Antikörper
Von Immunzellen (B-Lymphozyten) gebildete Proteine, die gezielt Strukturen (Antigene) auf der Oberfläche von Krankheitserregern, Zellen oder Molekülen erkennen und sich an sie binden. Antikörper dienen dem Immunsystem zur Erkennung und Zerstörung von Erregern oder abnormen Zellen.
monoklonal
von einem einzigen, genetisch identischen Zell-Klon ausgehend oder gebildet
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Ibrutinib
Ibrutinib ist ein Bruton-Tyrosinkinasehemmer, der meist zur Therapie von Non-Hodgkin-Lymphomen eingesetzt wird. Er gehört zur Subgruppe der BTK-Inhibitoren.
Deletion
Chromosomenmutation, bei der ein Teil eines Chromosoms fehlt, d.h.
Verlust von genetischem Material. Nomenklatur: beispielsweise bedeutet del(22)(q11) einen Verlust des Bandes q11 auf dem Chromosom 22.
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Klon
Meist Zellklon gemeint. Gruppe von genetisch identischen Zellen, die alle durch Teilung aus einer einzigen Mutterzelle hervorgegangen sind und identische Merkmale haben
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Monoklonaler Antikörper
Antikörperpräparation, die nur eine einzige Struktur erkennt. Monoklonale Antikörper werden im Labor mit Hilfe von unsterblich gemachten Immunzellen gebildet, die einer einzelnen Vorläuferzelle entstammen. Gleichartige Nachkommen eines einzelnen Vorläufers nennt man Klon.
genetische Mutation
Veränderung an einem Chromosom meist während der Zellteilung
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
monoklonal
von einem einzigen, genetisch identischen Zell-Klon ausgehend oder gebildet
monoklonal
von einem einzigen, genetisch identischen Zell-Klon ausgehend oder gebildet
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.