Körperliche Aktivität vor, während und nach einer Transplantation von Blutstammzellen (HSCT) hilft gegen die durch die Krebserkrankung und -behandlung hervorgerufene Müdigkeit, die sogenannte Fatigue. Dies veröffentlichten Forscher um Dr. Joachim Wiskemann von Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, Programm Sport und Krebs, gemeinsam mit Wissenschaftlern des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (Mannheim) in der Fachzeitschrift Blood.
Patienten, die unter Blutkrebs leiden, können durch eine so genannte
allogene Stammzelltransplantation geheilt werden. Bei dieser extrem belastenden Therapie erhalten sie zunächst eine
Hochdosis-Chemotherapie, die ihr eigenes blutbildendes System ausschaltet. Anschließend geben ihnen die Ärzte
Stammzellen eines gesunden Spenders, die sich dann zu neuen blutbildenden Zellen entwickeln. Die intensive Therapie schaltet auch die Immunabwehr des Patienten aus, was auch notwendig ist, damit die Spenderzellen nicht als fremd abgestoßen werden. Für den nun schutzlosen Patienten bedeutet dies jedoch, dass er isoliert in einer keimfreien Umgebung meist über mehrere Wochen behandelt werden muss.
"Die Patienten befinden sich mit ihrer lebensbedrohlichen Krebserkrankung in einer Art Ausnahmezustand. Mit unserer Studie konnten wir zeigen, dass gezielte körperliche Aktivität, die bereits vor der eigentlichen Behandlung startet und auch danach weitergeführt wird, nicht nur das gefürchtete Fatigue-Syndrom abmildert, sondern auch die Lebensqualität und die Fitness der Patienten nachhaltig steigert", freut sich der Sportwissenschaftler und -psychologe Dr. Joachim Wiskemann, stellvertretender Leiter des Programms Sport und Krebs am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg.
In einer gemeinsamen Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (Mannheim) und des Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) wurden in Heidelberg und Wiesbaden 80 Patienten, einer Sport- oder einer Kontrollgruppe zugeordnet. Während die Sportgruppe zusätzlich zur klinischen Standardbehandlung zweimal pro Woche ein von Trainern angeleitetes Programm an Sportgeräten durchführte, erhielt die Kontrollgruppe lediglich Zugang zu Sportgeräten, jedoch mit demselben Maß an sozialer Betreuung. Die "Sport"-Patienten lernten ihre körperlichen Fähigkeiten selbst einzuschätzen. Sie sollten sich nicht überlasten, wenn sie zusätzlich zu den beiden Trainingseinheiten dreimal pro Woche eigenverantwortlich spezielle Kraft- und Ausdauerübungen absolvierten. Hierfür erhielten sie Trainingspläne und eine Übungs-DVD. Vor und nach dem stationären Aufenthalt trainierten die Patienten eigenständig zu Hause.
Der körperliche und seelische Zustand der Patienten wurde zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhoben und bewertet. Nach Abschluss der Studie konnte die Sportgruppe ihre Ausdauerleistung trotz der schwerwiegenden medizinischen Behandlung halten, während die Kontrollgruppe um 15 Prozent schwächer geworden war.
Der wichtigste Effekt zeigte sich beim Fatigue-Syndrom, das sich in chronischer Müdigkeit und Antriebsschwäche zeigt. Zu Beginn der Behandlung waren diese Symptome mit dem so genannten Fatigue-Score gemessen worden. Bei den Patienten in der Sportgruppe war dieser zum Abschluss der Studie um 15 Prozent geringer ausgeprägt. Im Gegensatz dazu war die Fatigue in der Kontrollgruppe um 28 Prozent erhöht. Ebenfalls wirkte sich das Training positiv auf das subjektive Stressempfinden aus.
"Wir hätten nie gedacht, dass die schwerkranken Patienten auch ohne die ständige Begleitung unseres Studienpersonals vor und während der Transplantation trainieren. Auch dass das regelmäßige Üben danach zu Hause nahezu konsequent fortgesetzt wurde, hat uns positiv überrascht", erläutert Prof. Dr. Martin Bohus vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. "Durch das regelmäßige Training konnten wir den Patienten helfen, diese normalerweise von körperlicher Inaktivität geprägte Phase der Transplantation besser zu überstehen und erhebliche psychische Folgestörungen zu reduzieren."
Mit diesem Ansatz versuchten Joachim Wiskemann und seine Kollegen vom Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit durch andere Studien angestoßene, aber noch offene Fragen zu klären. So legte das Team großen Wert auf Untersuchungsbedingungen, die unter realen Klinikbedingungen gut umzusetzen sind.
Bei der Studie handelt es sich um eine der weltweit größten Untersuchungen ihrer Art. Die José Carreras Stiftung (Projektnummer R05/33p) unterstützte das Projekt mit 270.000 Euro.
Inspiriert von diesen Studienergebnissen haben die Forscher beschlossen, die bewährte Zusammenarbeit zwischen Heidelberg und Mannheim weiterzuführen.
Quelle: Pressemitteilung des NCT vom16.03.2011
Wissenschaftliche Veröffentlichung (englisch): Effects of a partly self-administered exercise program prior to, during and after allogeneic stem cell transplantation: a randomized controlled trial. Blood First Edition Paper, prepublished online December 29, 2010; DOI 10.1182/blood-2010-09-
Über das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg, der Thoraxklinik Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist die Verknüpfung von vielversprechenden Ansätzen aus der Krebsforschung mit der Versorgung der Patienten von der Diagnose über die Behandlung, die Nachsorge sowie der Prävention. Die interdisziplinäre Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, zeitnah erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik.
Kontaktdaten:
Dr. Joachim Wiskemann (Koordination Sport und Krebs)
Präventive Onkologie (G110)
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Im Neuenheimer Feld 460
69120 Heidelberg
Telefon: 06221 56-5904
Telefax: 06221 56-5231
E-Mail:
Professor Dr. Martin Bohus
Ärztlicher Direktor
Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J 5, 68159 Mannheim
Tel.: 0621 / 1703-4001
Fax: 0621 / 1703-4005
E-Mail:
allogene Stammzelltransplantation
Bei der allogenen Transplantation handelt es sich um eine Form der Stammzelltransplantation, die bei malignen hämatologischen Erkrankungen zum Einsatz kommt. Dabei werden Blutstammzellen von einem Spender zu einem Empfänger übertragen (Spender und Empfänger sind hierbei nicht dieselbe Person).
Hochdosis-Chemotherapie
Chemotherapie mit stark gesteigerter Medikamentendosis, wegen starker Nebenwirkungen auf die Blutbildung in der Regel nur mit Blutstammzelltransplantation durchführbar
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Kontrollgruppe
In einer klinischen Studie erhalten die Teilnehmer in der „Kontrollgruppe" entweder ein Placebo (ein Scheinmedikament ohne Wirkstoff) oder die Standardtherapie, die mit der neuen Therapie verglichen wird.
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Psychosomatik
Lehre von den körperlich-seelischen Zusammenhängen bei Erkrankungen
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Tumorboard
Fachübergreifende Expertenrunde, die zur Einschätzung der Therapiewahl alle medizinischen Disziplinen z.B. Chirurgie, Onkologie und Radiologie einschließt
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
Fatigue
Besonders quälende Form von Müdigkeit, oft bis zur völligen Erschöpfung, nach dem Schmerz belastendstes Symptom bei Tumorerkrankung. An der Erschöpfungssymptomatik können bei Krebskranken psychologische Faktoren, Blutbildveränderungen und Ernährungseinflüsse beteiligt sein. Sie kann durch durch die Erkrankung selbst oder im Zusammenhang mit einer Therapie ausgelöst werden. Typische Merkmale sind eine anhaltende Schwäche und Abgeschlagenheit trotz ausreichender Schlafphasen, eine Überforderung bereits bei geringen Belastungen und eine deutliche Aktivitätsabnahme im privaten und beruflichen Umfeld.
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Port
Zuführendes System, meist eine unter die Haut eingepflanzte Kunststoffkammer mit Venenkatheter, um eine kontinuierliche Medikamentengabe zu ermöglichen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Terms & Conditions
Abonnieren
Report
My comments