Haploidentische Transplantation bei CLL

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unknown

Beitrag von unknown » 23.02.2010, 11:51

Lieber Martin, als einer Deiner ältesten Freunde wünsche ich dir auf diesem Wege nochmals alles Gute zur baldigen Genesung. Von Deinem letzten Bericht habe ich übrigens nur die Hälfte verstanden aber das macht ja nichts. Natürlich auch die besten Wünsche an Deine älteste Tochter, deren Name ich nicht unbedingt in dieses Forum schreiben möchte. Ich werde Dir auch noch eine "Testmail" an Deine private Adresse schreiben und natürlich dieses Forum weiter verfolgen. Alles, alles Gute - auch von meiner Frau
Gerhard

MartinBergmann
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Beitrag von MartinBergmann » 23.02.2010, 11:30

Hallo,

gestern habe ich die erste Bestrahlung bekommen. Vorher ist mir noch eine Broschüre der DLH zu diesem Thema in die Hände gefallen. Es also nicht so, dass ich radioaktiv verstrahlt werde, sondern das ich mit Röntgen-Photonen-Strahlen beschossen werde. Das heißt, dass ich zumindest nicht mit irgendwelchen Teilchen beschossen werde, die noch jahrelang im Körper ihr Unwesen treiben können.

Obwohl ich nicht extrem nervös war, bekam ich eine Beruhigungstablette (Tavor), die zu einer lustigen Stimmung geführt hat. Die Strahlenkanone sah aus wie ein extrem überdimensioniertes Monster-Handy (also sind die Ängste vor strahlenden Handies vielleicht doch nicht ganz so unbegründet). Zwischen Kanone und mir waren ca. 6m Abstand und ich war durch eine Plexiglaswand „geschützt“. An dieser Wand befinden sich verschiebbare Bleiplatten und verschiebbare dicke Plexiglasplatten. Diese werden so eingestellt, dass Kopf und vor allem Lunge und Kehlkopf weniger bestrahlt werden. Hier wird also nicht die Technik verwendet, bei der, ähnlich wie bei einem CT, der Patient auf einem verschiebbaren Bett direkt unter dem Strahler bewegt wird. Dadurch, dass die Entfernung zwischen Strahler und mir relativ groß ist, dauert die Bestrahlung relativ lange. Der Strahl ist nämlich nicht gebündelt wie ein Laserstrahl, sondern streut ähnlich wie ein Lichtstrahl und verliert somit über die Entfernung an Energie. Ich wurde von allen vier Seiten behandelt, insgesamt 34 min. Während der Behandlung wurden auf meinem Körper (und im Allerwertesten) eine Art mineralische Fühler angebracht, mit denen gemessen wird, wie viel Strahlung wo angekommen ist. Am nächsten Tag wird mit diesen Werten noch genauer justiert.

Während der Behandlung hatte ich keinerlei Beschwerden, man hat ja kein Sinnesorgan für Strahlung. Es war überhaupt nicht unangenehm.

Ich weiß nicht, ob es auf den Wegen in Kliniken Polizeikontrollen gibt, jedenfalls durfte ich wegen der Tablette nicht „heim“-laufen, sondern wurde im Rollstuhl zur Station chauviert. Zu meinem „Fahrer“ bemerkte ich noch, dass man mir wohl den Führerschein nehmen würde, wenn man mich beim Laufen erwischen würde, worauf er konterte, dass ich ihm das nächste mal doch bitte auch so eine Tablette mitnehmen sollte.

Nachdem ich mit gutem Appetit das Abendessen eingenommen hatte, veränderte sich mein Zustand mehr oder weniger schlagartig. Ich wurde so schlapp, dass ich nicht mehr in der Lage war, fern zu sehen, geschweige denn zu lesen. Ich fühlte mich wie gerädert, irgendwie wie nach einer extrem großen körperlichen Anstrengung, fast fiebrig, obwohl ich objektiv kein Fieber hatte. Außerdem wurde mir schlecht. Die möglichen Auswirkungen davon konnten gerade noch rechtzeitig durch ein Mittelchen verhindert werden. Ich hatte eine Nacht zwischen Dösen und Träumen und war erstaunt darüber, dass ich doch relativ fit erwacht bin. Gestern habe ich mich noch gefragt, ob ich überhaupt im Stande sein würde, die Bestrahlung fünf Tage lang auszuhalten, heute denke ich wieder, dass ich es schon packen werde.

Im übrigen hatte ich während der letzten Tage eigenartiger Weise Probleme mit Bluthochdruck und Wasser im Körper, die aber mit Medikamenten leicht unter Kontrolle gebracht werden können. Was allerdings lästig ist, ist ein extrem juckender Ausschlag, der vermutlich von einem der tausend Medikamente verursacht wird und der jetzt auch die Augen betrifft, die wie bei einer Bindehautentzündung aussehen. Inzwischen versucht man, auch das anzugehen.

Ich sollte vielleicht erwähnen, dass ich normalerweise nicht kritiklos Unmengen von Medikamenten einpfeife, aber in meiner Situation jetzt mache ich mir keinerlei Gedanken darüber. Bei diesem extremen Eingriff kann ich mich nur vollkommen auf das Wissen meiner Ärzte überlassen. Natürlich hatte ich mich vorher nach Alternativen erkundigt, aber jetzt, glaube ich, geht es nicht anders.

Übrigens bitte ich meine „Witzchen“, die ich ab und an machen muss, zu entschuldigen. Das Thema ist zwar „todernst“, aber gerade deswegen ist es für mich mit Ironie und manchmal auch mit Sarkasmus leichter zu ertragen.

Liebe Grüße

Martin

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unknown

Beitrag von unknown » 22.02.2010, 18:32

Lieber Martin ,
wir drücken Dir die Daumen . und wünschen dass Alles sogut verläuft wie geplant.
Heute treffen sich die Rest Bluespowerer bei mir in der Werkstatt zum Proben.
herzliche Grüße Hanny<!-- BBCode Start --><A HREF="mailto:"></A><!-- BBCode End -->

Utissima
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Beitrag von Utissima » 20.02.2010, 13:10

Das klingt doch alles sehr vielversprechend !!
Ich wünsche dir von herzen, dass es weiterhin so gut läuft :)
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MartinBergmann
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Beitrag von MartinBergmann » 20.02.2010, 11:32

Hallo,

vielen Dank für die aufbauenden e-mails, die ich in letzter Zeit bekommen habe.

Heute jetzt bin ich den dritten Tag in der Knochenmark/Stammzellen-Transplantationabteilung in München-Großhadern. Am 1. Tag noch wurde ich für die bevorstehende Bestrahlung „vermessen„. Die Apparate müssen so eingestellt werden, dass verschiedene Körperteile (z.B. Lunge) eine geringere Dosis abbekommen als andere. Später wurde in der HNO_Abteilung festgestellt, dass meine Nasennebenhöhlen ziemlich zugewachsen sind. Man würde mich gerne operieren, aber weder die Onkologen, noch ich selbst hätten das gerne mitgemacht. So bin ich diesbezüglich davongekommen. Am Abend wurde noch der „Zapfhahn“ gelegt, früher hieß der Hickmann-Katheder, jetzt heißt er anders. Am nächsten Tag musste ich noch zum Hautarzt, weil ich seit einiger Zeit einen leichten Ausschlag habe, der vermutlich durch eine Medikamentenallergie begründet ist. Man sprach von „Biopsie“ und „Operation durchführen“, was erst einmal meinen Puls beschleunigt, sich aber dann als vollkommen harmlose und nicht schmerzhafte Geschichte herausgestellt hat.

Das Zimmer, in dem ich untergebracht bin, kann man sich mit ein bischen Fantasie eher wie ein Ferienappartement vorstellen mit Blick auf die Natur. Meine beiden kleineren Kinder können mich zukünftig zumindest durch die verschlossene Terrassenglastür begutachten. Obwohl mir mein Arzt erzählt hat, dass in Amerika Transplantationen inzwischen teilweise ambulant durchgeführt werden, beruhigt mich meine „Isolationshaft“ schon ungemein, wenn dadurch Infekte vermieden werden können. Dafür funktionieren jetzt Fernsehapparat und Internetanschluß, außerdem darf mir beim Abendessen so ungefähr jede Scheibe Wurst einzeln bestellen!

Nächste Woche bekomme ich 5 Tage lang eine Ganzkörperbestrahlung von insgesamt 12 Gray, was ziemlich viel ist. Dadurch wird das Knochenmark endgültig zerstört, ich bekomme also keine „Transplantation mit reduzierter Konditionierung“ sondern „volle Kanne“. Ich gebe zu, als ich das erfahren habe, empfand ich das als ziemlich Kröte , die ich schlucken musste (und zu schlucken habe). Da die ganze Aktion aber nur Sinn macht, wenn eine Heilung erfolgt, habe ich mich damit abgefunden.

Die Woche darauf bekomme ich dann eine Chemotherapie mit Fludarabin und Cyclophosphamid, um den Krebszellen weiter den Garaus zu machen. Mit beiden Mitteln habe ich schon 2003 während meiner ersten Therapie Bekanntschaft gemacht und sie sind mir subjektiv nicht in übler Erinnerung. Natürlich ist die Dosis jetzt vermutlich eine andere. Am Freitag, den 5. März wird dann der „Tag 0“ sein, an dem ich die Stammzellen meiner Tochter bekomme.

Momentan fühle ich in der Startposition ziemlich fit, die Lymphknoten sind durch die vorangehende Campath-Therapie kleiner geworden und mein letztes (kleines) Blutbild war bis auf eine exotischen Wert, von dem ich gar nicht weiß, was er bedeutet, vollkommen normal.

Eine Bitte: Meine Bekannten, mit denen ich sonst über meine private e-mail kommuniziere möchten mir bitte eine kurze e-mail schicken, da ich es nicht geschafft habe, mein Adressbuch in das Outlook-Programm meines Laptops zu kopieren.

Schönes Wochenende

Martin Bergmann


[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 19.02.2010, 21:03

Hallo Martin!

Ich wünsche Dir alles Gute, wenig Nebenwirkungen, ganz viel Zuversicht und Optimismus. Ich bin schon ganz gespannt auf Deine Berichte und werde oft hier nach Dir schauen.
Ganz viele Grüße, auch an Deine Familie.

Andrea

unknown

Beitrag von unknown » 19.02.2010, 17:38

lieber martin

ich denke ganz fest an dich und wünsche dir alles erdenklich gute und dass die zeit wie im fluge vergeht und dabei nicht zu viele nebenwirkungen erlebst.
ganz liebe grüsse knuddel judith

unknown

Beitrag von unknown » 17.02.2010, 18:06

Hallo Martin,

viel Erfolg und liebe Grüße, insbesondere auch an Deine Tochter, wünschen

Chris & Lisa

MartinBergmann
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Beitrag von MartinBergmann » 15.02.2010, 09:24

Hallo,

am Donnerstag, den 18.2. werde ich in der Klinik Großhadern in München stationär aufgenommen. Am 5. März soll dann die allogene Stammzelltransplantation erfolgen. Da in meinem Fall kein "normaler" Spender gefunden werden konnte. Nimmt man die Stammzellen meiner Tochter. Es gibt 10 sogenannte HLA-Faktoren, die normalerweise bei Spender und Empfänger übereinstimmen müssen, in diesem speziellen Fall stimmen nur 5 (eigentlich aus Zufall sogar 6) überein, da diese Faktoren ja von mir an meine Tochter weitergegeben wurden. Die Chance, dass die Transplantation funktioniert, ist gegeben, da die Stammzellen meiner Tochter mit meinen eben zur Hälfte vollständig übereinstimmen (haploidentisch). Leider ist dieses Verfahren (haploidentisch bei CLL) weltweit nur sehr selten durchgeführt worden. Deswegen hat sich mein Arzt beispielsweise mit einem Kollegen in Seattle kurzgeschlossen. Dort ist so etwas schon erfolgreich gemacht worden.

Das Protokoll beinhaltet vor der Transplantation neben einer nicht sehr intensiven Chemotherapie mit Fludarabin und evtl. Cyclophosphamid eine relativ intensive Bestrahlung (insges. 12 Gray). Nach der Transplantation bekomme ich zur Reduzierung der Gefahr einer sofortigen GvHD erneut eine Chemotherapie (ich glaube mit Cyclophosphamid). Anschließend geht es "normal" weiter. Ich werde einige Wochen im Krankenhaus verbringen müssen, zumindest anfangs unter strengsten hygienischen Bedingungen.

Während dieser Zeit steht mir ein Internetanschluß zur Verfügung. Soweit ich dazu in der Lage sein werde, werde ich hier in Form einer Art "TAGEBUCH" über die Behandlung berichten und lade jeden Interessierten herzlich dazu ein, mit mir hier zu kommunizieren.

2001 wurde bei mir eine B-CLL diagnostiziert. Es wurden keine Chromosomen-Besonderheiten festgestellt.

2003 erfolgte eine RFC-Therapie. Sie führte zu einer sehr guten Teilremission und ich hatte für einige Jahre von der Krankheit Ruhe.

2008 traten Symptome der Erkrankung wieder auf.

2009 stellte man eine 17p- Deletation fest und es gab keinen Arzt, der mir nicht zu einer allogenen Stammzelltransplantation geraten hat. Es erfolge eine Therapie mit Campath und Dexamethason, die zu einer erneuten Teilremission führte und die ich für diese Art der Therapie relativ vertragen habe.
[addsig]

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