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von jan » 20.09.2007, 01:25
Liebe Minie,
welche direkten Erfahrungen Du mit den Nachwirkungen und Nebenwirkungen der Transplantation hast, können wir natürlich nicht beurteilen. Wir wissen, dass Du selbst Deine CML mit Glivec behandelst und die Transplantation daher vermutlich indirekt von Beschreibungen Dritter, oder von Internet-Berichten, oder aus Büchern, kennst.
Ich wäre daher auch mit Aussagen, wie Du sie hier äußerst, sehr vorsichtig. Im Forum sind viele Transplantierte, die die verschiedensten - schwere wie leichte - Erfahrungen gemacht haben, und für die ein solcher "Stempel" verletzend wirken kann. Dazu gibt es medizinisch verschiedene Ansätze, die 100 Tage nach der Transplantation zu gestalten.
Ich selbst kenne die Transplantation auch nicht aus persönlichem Erleben, kenne über meine mehrjährige Tätigkeit mit Leukämie-Online aber auch viele Patienten, die transplantiert wurden - erfolgreich und nicht erfolgreich. Es gab darunter einige, die unter schweren Nebenwirkungen litten und aufgrund anhaltender Immunsuppression vorsichtig sein mußten, und einige, die nach drei Wochen wieder im Park spazieren gingen, mit Familie und Freunden zusammen waren, und sich auch nach wenigen Wochen wieder völlig normal ernährten. Die Phase nach der Transplantation ist medizinisch manchmal schwierig, ja - aber sie ist emotional voller Hoffnung und Ängste -- Hoffnung auf Heilung, Angst vor Komplikationen. Und selten ist sie "erniedrigend", sondern die einzige Chance auf Überleben und Heilung, meist ohne einfachere Alternative.
Sei also bitte etwas vorsichtig mit Pauschalurteilen, die Du aufgrund von Informationen aus Dritter Hand fällst, denn was in Büchern und in Internetberichten steht, ist individuell oft anders und gar nicht repräsentativ - und auch nicht der Realität angemessen.
Und denke bitte darüber nach, wie Deine Worte auf die wirken, die keine Wahl hatten und transplantiert wurden - können wir ihre Gefühle, ihre Situation, ihr Umfeld wirklich beurteilen und so pauschal nach Hörensagen als "erniedrigend" aburteilen? Ich finde das jedenfalls sehr problematisch -- denn die Einschätzung einer Situation ist stark abhängig von der Lage, dem Kontext, und den Optionen -- und nicht, wie Außenstehende sie vielleicht interpretieren, bei denen sich die Frage selbst gar nicht stellt.
Grüße
Jan