PhC-negativ / BCR-ABL-negativ = atyp.CML: Wer kann helfen?

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jan
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Re: PhC-negativ / BCR-ABL-negativ = atyp.CML: Wer kann helfe

Beitrag von jan » 28.11.2011, 16:47

Sohn_eines_CML-Patienten hat geschrieben: vielen Dank für Deine Antwort. Mein Vater wird an der MH in Hannover und an unserem Wohnort in Hamburg, dort aber nicht an der Uniklinik, behandelt. Er fühlt sich bei den behandelnden Ärzten in guten Händen. Nach Deinem Post werde ich der Möglichkeit nachgehen, die PCR-Analyse noch mit weiteren Primern durchzuführen bzw. eine FISH-Untersuchung zu veranlassen.

Unter diesem Link:
http://www.lifeline.de/cml/diagnose/zyt ... 87051.html
findet sich allerdings die Information, dass PCR bereits empfindlicher die bekannten Fusionsprodukte des Philadelphiachromosoms nachweist als FISH.
Ich denke, im MHH seid Ihr sicher in guten Händen und dort wurde jede sinnvolle Diagostik mit guter Qualität gemacht.

Nur zu Deiner Anmerkung bzgl FISH und PCR - ja, es ist richtig, dass die PCR viel empfindlicher ist als FISH. Bei FISH werden üblicherweise rund 200 Zellkerne untersucht, die PCR kann 1 "krankes" BCR-ABL-Gen in rund 100.000 Genstücken ausfindig machen. ABER: Eine PCR ist immer spezialisiert auf bcr-abl mit einem bestimmten "Bruchpunkt"; an dem die Gene BCR und ABL zusammengewachsen sind. Bei der CML ist der Bruch im Chromosom 9 wohl immer an der gleichen Stelle, der Bruchpunkt im Chromosom 22 dagegen variiert. Üblicherweise wird bei der Erstdiagnose bei CML dieser Bruchpunkt bestimmt, damit man auf diesen später gezielt mit der PCR testen kann. Bei einem kleinen Teil der CML-Patienten ist der Bruch bzw. der Zusammenschluss von BCR-ABL anders als üblich, und daher bleibt die PCR auf die üblichen Bruchpunkte ohne Fund, obwohl BCR-ABL da ist.

Da kann nun FISH helfen, denn im Grunde funktionert es so, dass man die Zellen in der Phase, in der die Chromosomen sichtbar sind, mit bestimmtem Farbmarkern versieht - so klebt z.B. die grüne Markierung an BCR, und die rote an ABL. Wenn man die Zellkerne dann unter UV-Licht im Mikroskop ansieht, kann man BCR-ABL auch bei unüblichen Bruchpunkten erkennen: Liegen grün und rot an verschiedenen Stellen, sind BCR und ABL vermutlich auf verschiedenen Chromosomen, also liegt BCR-ABL nicht vor. Liegen rot und grün auf einem Fleck, liegt das BCR-ABL-Fusionsgen vor.

Siehe hier z.B.
Bild

Daher - die Methoden haben unterschiedliche Stärken - die Empfindlichkeit ist nur einer unter mehreren Faktoren.

Ich bin aber recht sicher, dass im MHH eine gute Diagnostik gemacht wurde.

Viele Grüße
Jan

Sohn_eines_CML-Patienten
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Beitrag von Sohn_eines_CML-Patienten » 27.11.2011, 02:48

Aktuell ist ja vor allem die Verfaserung des Knochenmarks ein Problem, so dass sich die Krankheit stark gewandelt hat: Das "Zuviel" an falschen Zellen ließ bzw. lässt sich noch recht gut steuern, das "Zuwenig" v.a. an roten Blutkörperchen ist mittlerweile aber mit einer Verschlechterung des Zustands verbunden.

Insoweit ähnelt das Krankheitsbild sehr stark einer Osteomyelofibrose / Primären Myelofibrose. Wer weiß etwas darüber, wie sich die Verfaserung des Knochenmarks aufhalten lässt?

Sohn_eines_CML-Patienten
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Beitrag von Sohn_eines_CML-Patienten » 26.11.2011, 23:58

Lieber Jan,

vielen Dank für Deine Antwort. Mein Vater wird an der MH in Hannover und an unserem Wohnort in Hamburg, dort aber nicht an der Uniklinik, behandelt. Er fühlt sich bei den behandelnden Ärzten in guten Händen. Nach Deinem Post werde ich der Möglichkeit nachgehen, die PCR-Analyse noch mit weiteren Primern durchzuführen bzw. eine FISH-Untersuchung zu veranlassen.

Unter diesem Link:
http://www.lifeline.de/cml/diagnose/zyt ... 87051.html
findet sich allerdings die Information, dass PCR bereits empfindlicher die bekannten Fusionsprodukte des Philadelphiachromosoms nachweist als FISH.

Die Möglichkeit der Therapie einer "klassischen" CML mit Tyrosinkinasehemmern hat in den letzten Jahren zu tollen Erfolgen geführt. Leider gilt dies nicht für atypische CML, zu denen auch die CNL gezählt wird. Ich bin sehr, sehr traurig.

Bitte schreibt mir bei weiteren Ideen und Informationen. Vielen Dank!
Zuletzt geändert von Sohn_eines_CML-Patienten am 27.11.2011, 02:50, insgesamt 1-mal geändert.

jan
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Re: PhC-negativ / BCR-ABL-negativ = atyp.CML: Wer kann helfe

Beitrag von jan » 25.11.2011, 09:32

Lieber Sohn eines CML Patienten,

leider habe ich selbst mit der CNL keinerlei Erfahrung. Wenn diese aber ph- und bcr-abl-negativ ist, bringen die auf bcr-abl zielenden Medikamente nichts. Ich nehme ja an, dass Dein Vater in einer Uniklinik in Behandlung ist, so dass man von einer guten Labordiagnostik ausgehen kann, oder? Ich würde von der Beschreibung eigentlich schon annehmen, dass die entsprechende Diagnostik mehrfach gemacht wurde - meinem Laienverständnis nach müßte man mit einem FISH-Test ja sehen können, ob bcr-abl vorliegt, auch wenn man es im Karyotyp (den Chromosomen) nicht sieht und wenn vielleicht bei bcr-abl ein untypischer Bruchpunkt vorläge, auf den bei der PCR nicht getestet wurde.

Ich kann nur raten, aber gerade bei so seltenen Formen ist es ganz wichtig, bei einem Experten für so seltene Leukämieformen zu sein...

Viele Grüße, alles Gute Deinem Vater...
Jan

Sohn_eines_CML-Patienten
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Beitrag von Sohn_eines_CML-Patienten » 25.11.2011, 04:50

Hallo Forum.

Der Krankheitsverlauf meines lieben Vaters (74 Jahre) macht mich hilflos und traurig:

Juli 2009:
- stark gesteigerte Granulopoese
- Philadelphia Chromosom negativ
- auch kein Nachweis für BCR-ABL-Transskripte (RT-PCR-Test mit 3xBCR-Primer und 2x ABL-Primer)
- der unteren Altersnorm entsprechende Megakaryopoese
- Verdacht auf atypische CML
--> Behandlung mit Hydroxyurea (Litalir)

August 2010
- kein Fieber, Nachtschweiß oder Gewichtsverlust
- Milz nicht vergrößert
- höchstwahrscheinlich CNL (Chronische Neutrophilenleukämie)
- Gefahr des Übergangs in eine akzelerierte Phase
- Leukozyten 16.300/ul mit 84 % Neutrophilen
- Hb 10,6
- Thrombozyten 162.000/ul
--> Behandlung mit Litalir und Hydroxyurea beginnt

Februar 2011:
- atypische CML: CNL
- fallende Thrombozyten und HB-Abfall
- fokale Faserakzentuierung spricht für Übergang in akzelerierte Phase

Juni 2011:
- Milz tastbar, Nachtschweiß, Körpergewicht abnehmend
- fokale Faservermehrung
- Leukozyten 29.400/ul mit 87,8 % Neutrophilen
- Hb transfundiert 8,0
- Thrombozyten 65.000/ul
- Bedarf an Erythrozytenkonzentraten


Wer hat Erfahrung mit dieser sehr seltenen Form einer atypischen CML? Wer weiß etwas über die Behandlung mit Tyrosinkinasehemmern in einem solchen Fall? Hat das Labor vielleicht ein falsches BCR-ABL-Ergebnis geliefert, auch wenn tatsächlich das Philadelphia-Chromosom nicht nachweisbar ist?

Vielen Dank für Eure Antworten!
Zuletzt geändert von Sohn_eines_CML-Patienten am 27.11.2011, 02:54, insgesamt 4-mal geändert.

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