Fragen zu CML, Glivec, Resistenz und KMT

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jan
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Beitrag von jan » 09.01.2005, 10:47

Hallo Holger,

erstmal danke für Dein Kompliment. Höre ich sehr gerne :)

Bzgl. Glivec nach Transplantation: Soweit bisher bekannt kann man Glivec nach der Transplantation einsetzen, da man sich ja mit den eigenen Stammzellen wieder in die chronische Phase zum Zeitpunkt der Entnahme zurückbringt - so die Theorie. In der Praxis gibt es bisher relativ wenig Erfahrung mit autologer Transplantation nach Glivec, da ja die meisten Patienten eine gute Remission mit wenigen Rückfällen erreichen und somit die Fallzahlen, bei denen eine allogene Transplantation nach Glivec in CP erfolgen mußte, recht gering sind. Vielleicht (hoffentlich) wird wegen der neuen Wirkstoffe diese Zahl auch weiter gering bleiben. (Gleichzeitig aber gibt es momentan einige Forschungsarbeiten z.B. am MDACC, die daran arbeiten, zukünftig aus den "geernteten" Stammzellpräparaten die Ph-positiven Zellen vor der autologen Transplantation herauszufiltern)

Was es gibt (und auf ASH kürzlich auch wieder präsentiert wurde), sind Publikationen über Glivec nach allogener Transplantation, so z.B. auch vom MDACC. Dort hat sich gezeigt, dass Patienten nach rezidivierter Transplantation gut auf Glivec angesprochen haben... Insofern werden für diese Patienten die Alternativen Glivec oder DLI oder Glivec+DLI momentan in der Forschung intensiv diskutiert. (DLI = Donor Lymphocyte Infusion, Spenderlymphozyten)

Herzliche Grüße
Jan

det71
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Beitrag von det71 » 09.01.2005, 08:15

Hallo Marc, Hallo Jan,

mit Spannung verfolge ich Euren Austausch, genau diese Fragen stelle ich mir auch:

ich heiße Holger, bin 33 Jahre alt, Familienvater von 2 Söhnen (6+2 Jahre alt) und habe im Januar 2002 die Diagnose CML gestellt bekommen. Zunächst bekam ich für einige Wochen Litalir, nachdem meine Geschwister wegen der möglichen KMT getestet wurden (leider beide negativ), wurde bei mir im April 2001 eine Mini-Chemo (3 Tage) durchgeführt, um eigene Stammzellen sammeln, was auch lt. Aussage meine Hämatologen gut geklappt hat.

Hierzu meine Frage an Jan: wenn ich irgendwann auf diese eingefrorenen Stammzellen zurückgreifen muß, kann ich danach wieder mit Glivec beginnen?

Mein weiterer Therapieverlauf ist folgender: am Juni 2002 wurde ich mit Interferon behandelt, ab Nov. 2001 sollte ich zusätzlich Alexan nehmen, das vertrug ich aber überhaupt nicht, nach mehreren Versuchen wurde diese Therapiewahl abgebrochen. Das ganze Jahr 2003 habe ich dann mit Interferon solo weitergemacht, die Werte zum Ende des Jahres (nach einer Punktion mit Einsendung nach Mannheim) waren aber schlecht.

Im Januar 2004 bekam ich dann Glivec und vertrug es von Anfang an gut. Auch mein zuständiger Arzt war mit der Umstellung sehr zufrieden, meine Werte gingen von 40% positiver Philad.-Chromos. auf 0,25% zurück (Stand Juli 2004), die nächste Punktion steht jetzt im Frühjahr 2005 an.

Da ich jetzt 1,5 Jahre Interferon und 1 Jahr Glivec genommen habe, frage ich mich auch des öfteren, ob sich das nachteilig auf meine Therapiezeit auswirken könnte.

Hierzu ein großen Kompliment an Jan, der mit seinen zahllosen Einträgen in diversen Foren mir schon jetzt eine Menge Last abgenommen hat.

Alles Gute weiterhin.

Holger
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jan
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Beitrag von jan » 08.01.2005, 23:11

Hallo Marc,

dieselbe Hoffnung habe ich auch - ich selbst bin 31 und hoffe wie Du, ohne KMT sehr alt werden zu dürfen. Gelegentliche Zweifel sind glaube ich ganz normal (und zu Beginn der Therapie natürlich besonders stark), aber ich bin schonmal dankbar, dass die letzten drei Jahre so gut gelaufen sind, und ziehe daraus umso mehr Zuversicht...

Ich hoffe, wir treffen uns mal persönlich.

Herzliche Grüße, alles Gute Dir und Deiner Familie,
Jan
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Marc
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Beitrag von Marc » 08.01.2005, 18:46

Hallo Jan,

danke für deine schnelle Antwort.
Mittlerweile kann ich mir wohl begründete Hoffnung machen, auch mit Glivec vielleicht mein
Rentenalter (ich bin 32, habe gerade gebaut und Vater eines wundervollen Sohnes der morgen 2.Jahre alt wird) zu erreichen.

Von einer KMT hat mir mein Arzt aufgrund des sehr hohen Risikos dringend abgeraten. Doch manchmal bekommt man so seine Zweifel was der richtige Weg ist.

Deshalb nochmals vielen Danke. Wie ich gelesen habe hast du auch Glivec der KMT vorgezogen. Körperlich bin ich nämlich noch fit, die Psyche wird sich hoffentlich noch einpendeln.

MfG

Marc
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jan
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Beitrag von jan » 07.01.2005, 19:54

Hallo Mark,

die Resistenz sollte man, wie Du vermutet hast, grundsätzlich von der Akzeleration trennen, da die Resistenz gegen Glivec lediglich besagt, dass speziell dieses Medikament nicht mehr auf BCR-ABL-positive Zellen wirkt, während die "Phasen" der CML den klinischen Gesamtzustand der CML-Krankheit definieren. Oder anders gesagt, auch wenn ich nach einer Komplettremission eine Resistenz gegen Glivec erleide, bin ich bei sonst nicht drastisch veränderten Faktoren (Anteil Blasten, Milzgröße, Anteil Basophile, etc) noch in der chronischen Phase , muss diese aber schnell mit einer Therapie stabilisieren, die die Glivec-Resistenz umgeht (Du lagst also mit Punkt 1 und 2 richtig).

Bei bestimmten Resistenzen wird ja diese auch einfach durch phasenweises Absetzen von Glivec überwunden, da in dieser Zeit die zusätzlich mutierten Zellen ihren Überlebensvorteil gegenüber den "normalen" CML-Zellen verlieren und dann verdrängt werden. Andere Resistenzen sind durch Glivec-Dosiserhöhung überwindbar, manche nur durch andere Medikamente (wie hoffentlich BMS-354825 oder AMN107). Bei einer Resistenzart hilft bisher vermutlich nur die Transplantation. Daher ist es ja auch so wichtig zu wissen, welche Art Resistenz genau vorliegt, damit man angemessen gegensteuern kann - das können bisher eben nur wenige CML-Experten beurteilen, die in der Resistenzforschung aktiv sind.

Insofern: Es gibt kein Patentrezept - zum Glück treten Resistenzen aber nur bei einem sehr geringen Teil von Patienten auf, die in der chronischen Phase gleich mit Glivec behandelt werden und anfangs gut darauf ansprechen. Gerüchteweise stehen die Phase-II-Studien mit den beschrieben Wirkstoffen auch bei CML kurz bevor...

Zur Info noch, wie sich in der Theorie die akzelerierte Phase definiert: die chronische und akzelerierte Phase lassen sich nicht völlig trennschaft abgrenzen, aber grundsätzlich deuten folgende Merkmale (nicht einzeln, sondern in Kombination) auf eine beginnende Akzeleration hin:
<!-- BBCode ulist Start --><UL><LI>deutlich steigende Leukozytenzahlen trotz adäquater zytostatischer Therapie
<LI>Anteil Blasten im peripheren Blut oder Knochenmark zwischen 10% und 30% trotz Therapie
<LI>Anteil Blasten und Promyelozyten im peripheren Blut über 20%
<LI>Anstieg der Basophilen im peripheren Blut auf über 20%
<LI>Nicht therapieinduzierter Thrombozytenabfall unter 100.000/ul
<LI>Anämie
<LI>progrediente Thrombozytose
<LI>Verschlechterung des subjektiven Befindens
<LI>progrediente Splenomegalie (Milzvergrößerung) bei laufender Therapie
<LI>zusätzliche zytogenetische Aberrationen (Isochromosom 17, zweites Ph-Chromsom, Trisomie 8 oder 19)
</UL><!-- BBCode ulist End -->(Quelle: CML - Empfehlung zu Diagnostik und Therapie, 2. Auflage 2004, Prof. Hochhaus, S. 16)

Ich hoffe, ich konnte mit den Infos schon ein wenig helfen...

Herzliche Grüße
Jan

Marc
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Beitrag von Marc » 07.01.2005, 14:44

Hallo,

da das Thema mich nicht loslaesst und die Recherchen im Netz nicht nur eine Menge Informationen bringen, sondern manchmal auch verwirren, folgende Fragen:

1. Darf man davon ausgehen, wenn Glivec weiterhin wirkt, das die Krankheit in der chronischen Phase gestoppt wird, sofern keine Resistenz auftritt?? (bei Interferon wird die Krankheit selber ja wohl nicht gestoppt, so das ein Übergang in die nächste Phase "Akzelierte" irgendwann eintritt)

2. Ein Versagen von Glivec (Resistenz) ist nicht gleichzusetzen mit einem Übergang in die nächste Phase?????Man kann also noch in der chr. Phase sein und trotzdem resistent sein.
Ist diese Aussage richtig, ich glaube ja, aber für eine Bestätigung wäre ich dankbar.


Falls es je zu einer Resistenz kommen würde, die neuen Medikamente BMS-354825 und AMN107 noch nicht verfügbar sind, wäre eine KMT wahscheinlich der letzte Ausweg und die Chancen in Phase 1. am besten. Aus diesem Grund sind mir die Fragen bzw. die Meinungen aus diesem Forum sehr wichtig.

MfG

Marc

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