Dauertherapie nach ALL?

Akute Myeloische Leukämie (AML) und Akute Lymphatische Leukämie (ALL)

Moderatoren: jan, NL, Marc

unknown

Beitrag von unknown » 23.07.2005, 19:57

Hallo Meike,

ich heisse Alex, bin 33 Jahre und am 14.11.02 wurde bei mir Pro B All diagnostiziert. Deine Fragen möchte ich so gut es geht aus meiner eigenen Erfahrung heraus beantworten.

4 HochdosisChemos mit Kopfbestrahlung und abschliessender Ganzkörperbestrahlung in Verbindung mit den verschiedensten Immunsuppressiva und diversen anderen Medikamenten ermöglichten am 23.03.03 eine KMT von meiner Zwillingsschwester.

Während dieser gut 4 Monate war ich nahezu nur im Krankenhaus; die Tage und Wochen, die ich eigentlich zwischendurch hätte heim können, wurden mehrfach durch große und kleine Probleme vereitelt (Lungenembolie zwischen 1. und 2. Chemo, Schwere Verbrennungen der Ohren durch Bestrahlung, die Haut schälte sich bis aufs Fleisch ab (Infektionsgefahr)).

Während der Chemophase hatte ich sonst nur das "Normalmaß" an Nebenwirkungen, die ich hier gestaffelt nach meinem persönlichen Schwereempfinden wiedergebe:
Leichte bis starke Übelkeit, Brechreiz, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Lustlosikeit, Verlust des Geschmacksinnes (mal teilweise, mal vollständig über unterschiedliche Zeitspannen (5 Tage bis 4 Wochen)), völliges Chaos bei der Verdauung, von wässrig bis geht nicht mehr alles durcheinander, massive Ablösungen der Mundschleimhaut bis in den Rachenraum mit Blutungen in den betroffenen Bereichen.
Deshalb phasenweise Ernährung über Vene und regelmässiges Befeuchten des Rachenraumes mit Pumpzerstäuber.

Das war im wesentlichen die erste Phase meines Krankheitsverlaufs.
Alles war neu für mich, die Athmosphäre einer Intensivstation ist trotz top Personal natürlich sehr gewöhnungsbedürftig.
Neben den täglichen Schmerzen und neu auftretenden Problemen und Problemchen beschäftigte mich vor allem die Frage: Schaff ich's oder nicht? Da hast du echt manchmal Todesangst. Ohne sozialen Rückhalt von Familie und Freunden hätte ich das nicht durchgestanden.

Nach der Transplantation war ich noch 100 Tage in Quarantäne (eine Frist, nach der allgemeiner Erfahrung nach keine Abstossung mehr erfolgt. Dabei war das schlimmste, das diese gut 3 Monate mein gesamter Umgang (Ärzte, Pflegepersonal, Besuch) aufgrund vollständiger Vermummung nur aus Augen bestand. Das geht dir echt voll an die Nerven.
Dann durfte ich endlich heim.
Nach genau 3 Wochen, also 121 Tage nach meiner Transplant bekam ich zu aller Überraschung eine akute GVHD (Graft versus Host Disease), also eine Abstossungsreaktion der transplantierten Zellen meiner Schwester. Diese GVHD war sehr heftig, griff meine Leber und meine Lunge an und brachte mich für mehrere Monate zurück auf die Intensivstation. Sie hätte mich tatsächlich beinahe getötet.
Damit muss man auch erst mal klar kommen. Auch meine Schwester war in dieser Zeit völlig am Ende, weil sie sich selbst Vorwürfe machte, das ihre Stammzellen schlecht seien. Was Quatsch ist, weil ich ohne diese wahrscheinlich schon tot gewesen wäre. Aber das sind dann echte Probleme.

Ich will dir jetzt nicht weiter so ausführlich meinen gesamten Krankheitsverlauf schildern, sondern dir Folgendes sagen:


Bedenke, daß bei solchen schweren, lebensbedrohlichen Erkrankungen nicht nur der Körper allein belastet ist und Symptome zeigt. Auch der "Geist", die"Selle", das "Oberstübchen" eines Menschen leidet sehr. Je heftiger und je länger solche Krankheiten verlaufen, desto eher Bestimmen Angst und Depression dein Leben und das deiner Familie.

Natürlich habe ich heute, mehr als zweieinhalb Jahre nach meiner Transplantation immer noch Phasen, in denen Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Übelkeit und anderes mehr oder weniger präsent sind.

Auch kann ich bestätigen, was Nadine geschrieben hat. Ich bin inzwischen sehr wetterfühlig geworden, meine Haut ist total trocken und spröde, ich vertrage keine Sonne mehr, selbst mit Lichtschutzfaktor 80 kann ich nur kurz in die Sonne, auf Hitze im allgemeinen reagiere ich immer noch mit Kreislaufschwäche.
Die Sache mit den Haaren liegt an der Hormonproblematik durch Sandimmun. Nach der Chemo verlor ich alle Haare am Körper ausser den Augenbrauen (das ist oft sehr unterschiedlich). Als diem Haare wieder kamen, war ich am ganzen Körper inklusive im Gesicht dicht behaart wie ein Affe. Nur nicht am rechten Oberschenkel (auch hier gibt es riesen Unterschiede). Nach einer gewissen Zeit normalisiert sich das aber in der Regel. bei mir ist alles wie vorher. Nur grauer bin ich geworden.

Auch war und bin ich leichter reizbar und teilweise aggressiv in meiner Sprache. Insgesamt glaube ich, das man eine gewisse Wesensänderung erfährt, die ohne psychologische Betreuung (die ich mittlerweile habe) sehr schnell zu echten Problemen mit sich und seiner direkten Umwelt führt.
Auch Selbsthilfegruppen können einem da helfen. Wichtig ist, dass man weiss: Ich bin nicht allein mit diesem Problem.

Ich hoffe, Du hast ein wenig für Deine Arbeit erfahren; wenn Du mehr von mir wissen möchtest oder Detailfragen hast, kannst Du Dich gerne bei mir melden.

Ciao

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Nadine
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Beitrag von Nadine » 21.07.2005, 22:39

hallo,

mein mann fühlte sich die erste zeit nach der chemo geschwächt.war leicht reizbar und schnell müde.sonne empfindet er seid dem als absolut wiederlich.die haare begannen zwar wieder zu wachsen,kamen aber nur stellenweise oder extrem dünn.(ich darf auch behaupten er ist sehr grau geworde...) trockene haut hat er auch bekommen.verträgt die hitze nicht mehr so gut wie früher.ist wetterfühliger geworden.
so,ich glaub das ist erst mal alles was mir auf anhieb einfällt.

alles gute mit deiner arbeit!

gruss

nadine
[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 19.07.2005, 12:25

Hallo,
ich hoffe es ist okay, wenn ich hier einfach so frage. Ich bin 14 und muss nach den Ferien in der Schule einen Vortrag über Leukämie halten und habe mir, weil das Thema ja ziemlich umfassend ist, die akute lymphoblastische Leukämie als Schwerpunkt gewählt. Nun habe ich schon einiges gefunden und nun eine Frage zur Dauertherapie, die Patienten im Anschluss an die Intensivtherapie machen müssen. Man findet ja schnell etwas über die Medikamente, die die Patienten nehmen müssen und den Zeitraum wie lange, aber leider konnte ich noch nichts darüber finden, wie diese Zeit für die Patienten ist, wie sie sie empfinden, was ich auch sehr wichtig finde.
Immerhin ist das ja noch Chemo, die man da bekommt...fühlt man sich dann auch teilweise noch schlapp oder ist man müde oder spürt andere Chemo-Nebenwirkungen? oder kann man schon wieder alles machen, wie z.B. Sport oder ähnliches?
Würde mich über Antwort freuen..
Eure Meike

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