von jan » 15.03.2018, 12:38
Hallo Thomas
die Argumente aus dem Artikel und auch die immer wiederkehrenden Argumente von Herrn Prof Ludwig sind nicht neu. Im Grunde geht das Ganze wieder auf die Grunddiskussion zurück, was uns als Patienten wichtig ist.
Richtig ist, dass die Lebensqualitätdaten der heute in Zulassung befindlichen Studien unzureichend sind, weil die Studien, die vor 5-7 Jahren geplant wurden, leider nur sehr rudimentäre und oft auf die spezifische Erkrankungssymptomatik und Therapienebenwirkungen nicht abgestimmte Instrumente zur Lebensqualitätsmessung (bzw "Patient Reported Outcomes / PRO-Instrumente") einsetzen. Die Firmen reden sich dabei raus, dass die Zulassungsbehörden geforderten PRO-Instrumente wie EQ5D bevorzugen, die aber über Symptome und vergleichende Lebensqualität zwischen verschiedenen Therapien praktisch gar keine brauchbare Aussage zulassen - und teilweise stimmt dies auch, weil die Regulierer diese simplen PRO-Tools aus technischen Gründen bevorzugen, teilweise ist dies eine billige Ausrede der Unternehmen, nicht mehr in vernünftige Lebensqualitätdaten investiert zu haben und alle Forschungsaktivität auf bessere Wirksamkeit ("Efficacy") fokussiert zu haben. Teilweise gab es aber auch symptom/therapiespezifische PRO-Tools vor 5-7 Jahren noch nicht und diese werden erst heute in den Studien eingesetzt, die eben erst in einigen Jahren Ergebnisse an die Behörden liefern werden.
Was aber bösartige Interpretation ist, ist, dass die Medikamente alle keine Lebensqualitätsverbesserung bringen. Aus fehlenden Daten kann man nicht schließen, dass es keine Verbesserung oder Verschlechterung gibt, sondern dann man keine Aussage dazu treffen kann. Und die Datenlage zur Lebensqualität ist dünn, die Messung vernachlässigt, die verwendeten Instrumente teilweise unbrauchbar.
Die Prioritäten von Patienten sind sehr unterschiedlich. Für manchen Patienten ist die Lebenszeitverlängerung das primäre Ziel, egal wie groß der Preis an akuten Nebenwirkungen ist, für manche sind chronische Nebenwirkungen mehr akzeptabel als für andere, für andere ist die Verschiebung einer Progression und ein "normales Leben" ein ebenso erstrebenswertes Ziel, auch wenn es dann am Ende schneller ginge wie ohne Therapie. Frage mal einen Patienten mit metastasiertem Hautkrebs, was mehrere Monate progressionsfreiheit für ihn/sie bedeutet, selbst wenn die restliche Lebenszeit nicht steigen sollte - unter der Annahme, dass es nicht mehrere sequentielle Therapien gibt, die vielleicht sogar as Langzeitüberleben verlänfgern. Für manche Patienten ist kurzfristige Nebenwirkungsfreiheit das Primärziel, selbst wenn dadurch die restliche Lebenserwartung sinkt. Genau dafür braucht man belastbare Daten bzgl Gesamtüberleben (OS), progressionsfreies Überleben (PFS), Lebensqualität (Health Related Quality of Life / HRQoL) oder anderen patientenrelevanten Ergebnissen (Patient Relevant Outcomes), und entsprechende Patientenpräferenzstudien, um nachzuweisen, welche Patientensubgruppen welche Präferenzen haben. Natürlich ist Lebensverlängerung ein sehr wichtiges Ziel, aber es ist nicht der heilige Gral, sondern ein wichtiges Ziel unter mehreren.
Der einseitige Populismus in diesen Sendungen geht mir aber ziemlich auf den Geist, denn er verfolgt nur strukturpolitische und persönliche Ziele, statt sich mit den Patientenpräferenzen und der Verbesserung von Studiendesigns und patientenrelevanten Endpunkten vernünftig auseinanderzusetzen. Über schlechte Daten kann man meckern und diese lautstark ablehnen, aber es wird einfach zu wenig investiert, gute Daten (abseits von Gesamtüberleben, d.h. Studientherapie bis zum Tod) zu generieren mit Outcomes, die für Patienten wirklich zählen. Und Gesamtüberlebenszeit ist nicht das einzige Ziel.
Viele Grüße
Jan
Hallo Thomas
die Argumente aus dem Artikel und auch die immer wiederkehrenden Argumente von Herrn Prof Ludwig sind nicht neu. Im Grunde geht das Ganze wieder auf die Grunddiskussion zurück, was uns als Patienten wichtig ist.
Richtig ist, dass die Lebensqualitätdaten der heute in Zulassung befindlichen Studien unzureichend sind, weil die Studien, die vor 5-7 Jahren geplant wurden, leider nur sehr rudimentäre und oft auf die spezifische Erkrankungssymptomatik und Therapienebenwirkungen nicht abgestimmte Instrumente zur Lebensqualitätsmessung (bzw "Patient Reported Outcomes / PRO-Instrumente") einsetzen. Die Firmen reden sich dabei raus, dass die Zulassungsbehörden geforderten PRO-Instrumente wie EQ5D bevorzugen, die aber über Symptome und vergleichende Lebensqualität zwischen verschiedenen Therapien praktisch gar keine brauchbare Aussage zulassen - und teilweise stimmt dies auch, weil die Regulierer diese simplen PRO-Tools aus technischen Gründen bevorzugen, teilweise ist dies eine billige Ausrede der Unternehmen, nicht mehr in vernünftige Lebensqualitätdaten investiert zu haben und alle Forschungsaktivität auf bessere Wirksamkeit ("Efficacy") fokussiert zu haben. Teilweise gab es aber auch symptom/therapiespezifische PRO-Tools vor 5-7 Jahren noch nicht und diese werden erst heute in den Studien eingesetzt, die eben erst in einigen Jahren Ergebnisse an die Behörden liefern werden.
Was aber bösartige Interpretation ist, ist, dass die Medikamente alle keine Lebensqualitätsverbesserung bringen. Aus fehlenden Daten kann man nicht schließen, dass es keine Verbesserung oder Verschlechterung gibt, sondern dann man keine Aussage dazu treffen kann. Und die Datenlage zur Lebensqualität ist dünn, die Messung vernachlässigt, die verwendeten Instrumente teilweise unbrauchbar.
Die Prioritäten von Patienten sind sehr unterschiedlich. Für manchen Patienten ist die Lebenszeitverlängerung das primäre Ziel, egal wie groß der Preis an akuten Nebenwirkungen ist, für manche sind chronische Nebenwirkungen mehr akzeptabel als für andere, für andere ist die Verschiebung einer Progression und ein "normales Leben" ein ebenso erstrebenswertes Ziel, auch wenn es dann am Ende schneller ginge wie ohne Therapie. Frage mal einen Patienten mit metastasiertem Hautkrebs, was mehrere Monate progressionsfreiheit für ihn/sie bedeutet, selbst wenn die restliche Lebenszeit nicht steigen sollte - unter der Annahme, dass es nicht mehrere sequentielle Therapien gibt, die vielleicht sogar as Langzeitüberleben verlänfgern. Für manche Patienten ist kurzfristige Nebenwirkungsfreiheit das Primärziel, selbst wenn dadurch die restliche Lebenserwartung sinkt. Genau dafür braucht man belastbare Daten bzgl Gesamtüberleben (OS), progressionsfreies Überleben (PFS), Lebensqualität (Health Related Quality of Life / HRQoL) oder anderen patientenrelevanten Ergebnissen (Patient Relevant Outcomes), und entsprechende Patientenpräferenzstudien, um nachzuweisen, welche Patientensubgruppen welche Präferenzen haben. Natürlich ist Lebensverlängerung ein sehr wichtiges Ziel, aber es ist nicht der heilige Gral, sondern ein wichtiges Ziel unter mehreren.
Der einseitige Populismus in diesen Sendungen geht mir aber ziemlich auf den Geist, denn er verfolgt nur strukturpolitische und persönliche Ziele, statt sich mit den Patientenpräferenzen und der Verbesserung von Studiendesigns und patientenrelevanten Endpunkten vernünftig auseinanderzusetzen. Über schlechte Daten kann man meckern und diese lautstark ablehnen, aber es wird einfach zu wenig investiert, gute Daten (abseits von Gesamtüberleben, d.h. Studientherapie bis zum Tod) zu generieren mit Outcomes, die für Patienten wirklich zählen. Und Gesamtüberlebenszeit ist nicht das einzige Ziel.
Viele Grüße
Jan