von 19claudi88 » 26.05.2012, 20:59
Dieses Jahr im Oktober jährt sich ihr Sterbetag zum 5. mal...
Anfang des Jahres 2005 erhielt meine Mama die niederschmetternde Diagnose Leukämie. Im Sommer ´07 erhielten wir die erfreuliche Nachricht, dass es einen passenden Spender für meine Mama gäbe.
Kurze Zeit darauf wurde sie in Berlin im Virchow Klinikum eingewiesen. Dort bekam sie dann ihre ersten Chemotherapien und einige Wochen später, war schon die Knochenmarktransplantation. Ich kann mich noch sehr genau an diesen Tag erinnern. Sie war so glücklich... Dann bleib sie noch einige Wochen in der Isolationseinheit. Während dieser Zeit konnte ich sie leider nicht oft besuchen, weil ich meine Ausbildung absolviert habe und somit 300 km weit weg war.
Sie war jedes Mal so glücklich wenn ich sie besucht habe... Die wenigen Augenblicke, die wir gemeinsam hatten, haben wir sehr genossen... Als ihr dann die Haare aus fielen, wurde sie zunehmend trauriger. Auch mir fiel es nicht leicht sie so zu sehen und ich munterte sie jedes mal auf... Nach ca. 8 Wochen auf der Isolationseinheit durfte sie dann nach Hause... Dort verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand enorm. Nach nur 3 Tagen musste sie wieder nach Berlin ins Virchowklinikum und kam auf die normale Onkologie.
Als ich meine Mama dort besuchte traute ich meinen Augen kaum. Ich hab sie fast nicht wieder erkannt. Sie hatte überall Wassereinlagerungen, sah plötzlich so aus, als sei sie um viele Jahre gealtert in kürzester Zeit und war sehr schwach... Jedes mal wenn ich sie besuchte, fuhren wir mit ihrem Rollstuhl durch den Park...
Nach und nach fiel mir auf, dass sie immer gelber wurde. Auch ihre Augen waren ganz gelb. Sie mochte mit mir nicht wirklich über ihren Gesundheitszustand sprechen und auch ich wußte mit der ganzen Situation nicht um zu gehen...
Bei einem Besuch im Oktober bemerkte ich, dass ihre Tablettenpackung noch unberührt war. Als ich sie darauf ansprach, sagte sie mir, dass sie die Tabletten nicht mehr runter bekommt. Auf mein verlangen hin, nahm sie ihre Tabletten dann doch und erbrach sie sofort wieder... Aus dem Augenwinkel heraus konnte ich sehen, wie meine Mama die restlichen Tabletten aus der Packung in den Müll schmiss. Ich fragte sie, wie lange sie das schon so mache... Sie fing an zu weinen und schickte mich nach Hause... Als ich sie wie immer umarmen wollte zum Abschied und ihr einen Kuss geben wollte, sagte sie, dass sie es nicht mehr möchte dass ich ihr zu nahe komme und sie berühre! Für mich brach eine Welt zusammen, ich versteh es bis heute nicht. Das hat mir sehr weh getan. Ohne etwas sagen zu können verließ ich das Zimmer und fuhr nach Hause.
In diesem Moment musste ich mir eingestehen, dass sie sich bereits auf gegeben hatte...
Voller Angst um sie versuchte ich sie am nächsten morgen an zu rufen. Erst mittags meldete sich eine Stimme am Telefon, aber es war nicht meine Mama. Sondern eine Schwester die mir mitteilte, dass meine Mama zu schwach sei um den Hörer ab zu heben und mit mir zu reden.
Am nächsten Tag rief mich das Krankenhaus an. Ich werde diesen Moment nie vergessen. Sie sagten, dass meine Mama ins Koma gelegt wurde... Multiorganversagen, alles wird von Maschinen ersetzt...
Als ich sie am nächsten Tag besuchte ich, wußte ich, dass es nicht leicht sein wird, aber es sollte noch viel schlimmer kommen...
Bevor ich zu ihr konnte, wollte ein Arzt mit mir sprechen. Der teilte mir mit, dass sich meine Mama einen Keim eingefangen hätte und das man die Laborergebnisse abwarten muss. Dann durfte ich endlich zu ihr... Ein grausamer Anblick... Wie ein Häufchen Elend lag sie da zwischen zig Maschinen. Alles durch Maschinen ersetzt, nichts funktionierte mehr in ihrem Körper. Ich starrte sie nur an, bis ich mich irgentwann traute nach ihrer Hand zu greifen. Ich streichelte ihr über die Hand und dabei fielen ihr die Fingernägel aus... Das war mir zu viel an diesem Tag und ich fuhr nach Hause...
Als ich am nächsten Tag bei ihr war, sagten mir die Ärzte, dass dieser Keim eine Hrinhautentzündung ausgelöst hat und das jede Hoffnung vergebens sei. Wenn sie aufgewacht wäre, wäre sie schwerbehindert gewesen und wüßte nicht mal wer sie selbst ist. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie aufwachen würde, war gleich Null. Der Arzt sagte, bei einem Herzstillstand würde sie nicht reanimiert werden und es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis ihr Herz stehen bleibt.
Also fuhr ich jeden Tag zu ihr und nahm jeden Tag Abschied von ihr... Als ich sie am 6. Komatag besuchte, blutete sie aus den Augen nachdem ich ihr zum Abschied über die Wangen strich... Ich träume noch heute davon...
Am nächsten morgen rief mich das Krankenhaus an und sagte mir, dass meine Mama verstorben sei. Das Herz war stehen geblieben, zu dem war sie Hirntot.
Somit habe ich meine Mama am 23.10.2007 verloren. Sie wurde nur 46 Jahre alt... Ich war wenige Wochen zu vor erst 19 geworden und schon Vollwaise.
Ich muss dazu sagen, dass mein Vater bei einem Autounfall verstorben ist, als ich 3 Jahre alt war. Dadurch war die Beziehung zwischen meiner Mama und mir um so enger...
Dann stand ich da mit 19 und hatte niemanden mehr. Den wichtigsten Menschen in meinem Leben verloren...
Ich holte dann noch ihre Sachen aus der Klinik und sah sie mir ein letztes Mal an. Bis heute frage ich mich, ob das richtig war... Sie noch einmal an zu sehen... Aber damals brauchte ich das, um selbst zu sehen, dass es alles real ist...
Es ist bis heute noch wahnsinnig schlimm für mich... Ich vermisse sie so sehr und es tut einfach nur unendlich weh, dass ihre letzten Worte an mich waren, dass ich sie nicht mehr berühren darf und ihr nicht mehr zu nahe kommen darf...
Besonders jetzt ist es schlimm für mich geworden... Jetzt, wo ich selbst Mama bin... Mein Sohn wird nächsten Monat 2 Jahre alt und sagt neuerdings "Oma"... und auch "Opa"... Viel zu oft Kreisen meine Gedanken darum, wie es wohl aussehen würde wenn meine Mama mit meinem Sohn spielen würde oder ob sie sich über Schwangerschaft gefreut hätte.
Ich schaffe es nicht mal mehr, allein raus zu gehen. Ich kann es nicht ertragen, wenn ich andere "Omas" sehe, die mit ihren Enkeln spielen oder spazieren gehen...
Trotzdem war ich noch einmal stark und habe das Nabelschnurblut an die DKMS gespendet als mein Sohn geboren wurde, tief in Gedanken an meine Mama...
Was ich damit sagen möchte, irgentwie hört meine Trauer nicht auf. Ich weiß auch nicht mit ihr um zu gehen... Die Trauer beeinflusst mein ganzes Leben... Meinen Alltag, alles....
Sorry, dass ich Euch jetzt so endlos zu getextet habe, aber ich hatte das Gefühl, alles mal raus lassen zu müssen...
Tut mir leid...
Dieses Jahr im Oktober jährt sich ihr Sterbetag zum 5. mal...
Anfang des Jahres 2005 erhielt meine Mama die niederschmetternde Diagnose Leukämie. Im Sommer ´07 erhielten wir die erfreuliche Nachricht, dass es einen passenden Spender für meine Mama gäbe.
Kurze Zeit darauf wurde sie in Berlin im Virchow Klinikum eingewiesen. Dort bekam sie dann ihre ersten Chemotherapien und einige Wochen später, war schon die Knochenmarktransplantation. Ich kann mich noch sehr genau an diesen Tag erinnern. Sie war so glücklich... Dann bleib sie noch einige Wochen in der Isolationseinheit. Während dieser Zeit konnte ich sie leider nicht oft besuchen, weil ich meine Ausbildung absolviert habe und somit 300 km weit weg war.
Sie war jedes Mal so glücklich wenn ich sie besucht habe... Die wenigen Augenblicke, die wir gemeinsam hatten, haben wir sehr genossen... Als ihr dann die Haare aus fielen, wurde sie zunehmend trauriger. Auch mir fiel es nicht leicht sie so zu sehen und ich munterte sie jedes mal auf... Nach ca. 8 Wochen auf der Isolationseinheit durfte sie dann nach Hause... Dort verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand enorm. Nach nur 3 Tagen musste sie wieder nach Berlin ins Virchowklinikum und kam auf die normale Onkologie.
Als ich meine Mama dort besuchte traute ich meinen Augen kaum. Ich hab sie fast nicht wieder erkannt. Sie hatte überall Wassereinlagerungen, sah plötzlich so aus, als sei sie um viele Jahre gealtert in kürzester Zeit und war sehr schwach... Jedes mal wenn ich sie besuchte, fuhren wir mit ihrem Rollstuhl durch den Park...
Nach und nach fiel mir auf, dass sie immer gelber wurde. Auch ihre Augen waren ganz gelb. Sie mochte mit mir nicht wirklich über ihren Gesundheitszustand sprechen und auch ich wußte mit der ganzen Situation nicht um zu gehen...
Bei einem Besuch im Oktober bemerkte ich, dass ihre Tablettenpackung noch unberührt war. Als ich sie darauf ansprach, sagte sie mir, dass sie die Tabletten nicht mehr runter bekommt. Auf mein verlangen hin, nahm sie ihre Tabletten dann doch und erbrach sie sofort wieder... Aus dem Augenwinkel heraus konnte ich sehen, wie meine Mama die restlichen Tabletten aus der Packung in den Müll schmiss. Ich fragte sie, wie lange sie das schon so mache... Sie fing an zu weinen und schickte mich nach Hause... Als ich sie wie immer umarmen wollte zum Abschied und ihr einen Kuss geben wollte, sagte sie, dass sie es nicht mehr möchte dass ich ihr zu nahe komme und sie berühre! Für mich brach eine Welt zusammen, ich versteh es bis heute nicht. Das hat mir sehr weh getan. Ohne etwas sagen zu können verließ ich das Zimmer und fuhr nach Hause.
In diesem Moment musste ich mir eingestehen, dass sie sich bereits auf gegeben hatte...
Voller Angst um sie versuchte ich sie am nächsten morgen an zu rufen. Erst mittags meldete sich eine Stimme am Telefon, aber es war nicht meine Mama. Sondern eine Schwester die mir mitteilte, dass meine Mama zu schwach sei um den Hörer ab zu heben und mit mir zu reden.
Am nächsten Tag rief mich das Krankenhaus an. Ich werde diesen Moment nie vergessen. Sie sagten, dass meine Mama ins Koma gelegt wurde... Multiorganversagen, alles wird von Maschinen ersetzt...
Als ich sie am nächsten Tag besuchte ich, wußte ich, dass es nicht leicht sein wird, aber es sollte noch viel schlimmer kommen...
Bevor ich zu ihr konnte, wollte ein Arzt mit mir sprechen. Der teilte mir mit, dass sich meine Mama einen Keim eingefangen hätte und das man die Laborergebnisse abwarten muss. Dann durfte ich endlich zu ihr... Ein grausamer Anblick... Wie ein Häufchen Elend lag sie da zwischen zig Maschinen. Alles durch Maschinen ersetzt, nichts funktionierte mehr in ihrem Körper. Ich starrte sie nur an, bis ich mich irgentwann traute nach ihrer Hand zu greifen. Ich streichelte ihr über die Hand und dabei fielen ihr die Fingernägel aus... Das war mir zu viel an diesem Tag und ich fuhr nach Hause...
Als ich am nächsten Tag bei ihr war, sagten mir die Ärzte, dass dieser Keim eine Hrinhautentzündung ausgelöst hat und das jede Hoffnung vergebens sei. Wenn sie aufgewacht wäre, wäre sie schwerbehindert gewesen und wüßte nicht mal wer sie selbst ist. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie aufwachen würde, war gleich Null. Der Arzt sagte, bei einem Herzstillstand würde sie nicht reanimiert werden und es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis ihr Herz stehen bleibt.
Also fuhr ich jeden Tag zu ihr und nahm jeden Tag Abschied von ihr... Als ich sie am 6. Komatag besuchte, blutete sie aus den Augen nachdem ich ihr zum Abschied über die Wangen strich... Ich träume noch heute davon...
Am nächsten morgen rief mich das Krankenhaus an und sagte mir, dass meine Mama verstorben sei. Das Herz war stehen geblieben, zu dem war sie Hirntot.
Somit habe ich meine Mama am 23.10.2007 verloren. Sie wurde nur 46 Jahre alt... Ich war wenige Wochen zu vor erst 19 geworden und schon Vollwaise.
Ich muss dazu sagen, dass mein Vater bei einem Autounfall verstorben ist, als ich 3 Jahre alt war. Dadurch war die Beziehung zwischen meiner Mama und mir um so enger...
Dann stand ich da mit 19 und hatte niemanden mehr. Den wichtigsten Menschen in meinem Leben verloren...
Ich holte dann noch ihre Sachen aus der Klinik und sah sie mir ein letztes Mal an. Bis heute frage ich mich, ob das richtig war... Sie noch einmal an zu sehen... Aber damals brauchte ich das, um selbst zu sehen, dass es alles real ist...
Es ist bis heute noch wahnsinnig schlimm für mich... Ich vermisse sie so sehr und es tut einfach nur unendlich weh, dass ihre letzten Worte an mich waren, dass ich sie nicht mehr berühren darf und ihr nicht mehr zu nahe kommen darf...
Besonders jetzt ist es schlimm für mich geworden... Jetzt, wo ich selbst Mama bin... Mein Sohn wird nächsten Monat 2 Jahre alt und sagt neuerdings "Oma"... und auch "Opa"... Viel zu oft Kreisen meine Gedanken darum, wie es wohl aussehen würde wenn meine Mama mit meinem Sohn spielen würde oder ob sie sich über Schwangerschaft gefreut hätte.
Ich schaffe es nicht mal mehr, allein raus zu gehen. Ich kann es nicht ertragen, wenn ich andere "Omas" sehe, die mit ihren Enkeln spielen oder spazieren gehen...
Trotzdem war ich noch einmal stark und habe das Nabelschnurblut an die DKMS gespendet als mein Sohn geboren wurde, tief in Gedanken an meine Mama...
Was ich damit sagen möchte, irgentwie hört meine Trauer nicht auf. Ich weiß auch nicht mit ihr um zu gehen... Die Trauer beeinflusst mein ganzes Leben... Meinen Alltag, alles....
Sorry, dass ich Euch jetzt so endlos zu getextet habe, aber ich hatte das Gefühl, alles mal raus lassen zu müssen...
Tut mir leid...