von jan » 22.02.2006, 08:10
Hallo Jonas,
im Grunde ist der zitierte Dialog schon richtig. Allerdings läßt sich aus den bisherigen Studienerfahrungen gerade nicht belegen, dass es in chronischer Phase nach einiger Zeit automatisch zu Resistenzen/Rückfällen/Schüben kommt - dies ist nur oft der Fall bei Patienten, die die Therapie erst in fortgeschrittenen Phasen beginnen. Die letzten IRIS-Daten haben gezeigt, dass der Anteil von Remissionen von in chronischer Phase behandelten Patienten über die mittelfristige Therapiezeit noch weiter ansteigt und nicht sinkt - unter der Voraussetzung, dass der Patient in eine komplette zytogenetische und weitgehende molekulare Remission erreicht hat. Allerdings gibt es, wie Du richtig schreibst, erst sechs Jahre Erfahrung, so dass Prognosen über diesen Zeitraum hinaus noch reine Spekulation sind.
Der Hintergrund der Resistenzen ist jedoch, dass Glivec vereinfacht gesagt sehr spezifisch auf eine bestimmte "Zellform" wirkt und eine Veränderung (Mutation) der CML-positiven Zelle dazu führen kann, dass dieses sehr spezifische Medikament nicht mehr paßt und diese Zelle sich wieder ungehemmt vermehren kann. Ich vergleiche dies oft mit einem sehr verwinkelten Lego-Stein, der plötzlich nicht mehr auf die Gegenseite paßt, wenn man dort einen anderen Stein reinsteckt. Genau aus diesem Grund gibt es ja verschiedenste klinische Studien, die das hochspezifische Glivec mit an anderer Stelle angreifenden Medikamenten (wie Interferon-Alpha, Vakzine, FTIs, Dasatinib) kombinieren, um eine eventuell mutierte Zelle mit einem zweiten Medikament zu erschlagen. Die Forschergemeinde ist sehr zuversichtlich, mit diesen Kombinationen das Problem der Resistenzbildung in der zum Glück kleinen Gruppe in den Griff zu bekommen, der CML gar den Rest zu geben, und auch Patienten in Blastenkrise besser helfen zu können.
Bezüglich Heilung bei SZT - ja, das ist die einzige Behandlung mit der Chance auf Heilung. Man muss hier differenzieren und "Chance auf Heilung" nicht mit "Heilung" gleichsetzen, denn ein gewisser (zum Glück kleiner werdender) Prozentsatz überlebt die SZT nicht, ein weiterer Teil erleidet nach einiger Zeit einen Rückfall, und ein weiterer Teil hat die CML zwar besiegt, zeigt aber Folgeschäden der Transplantation wie eine chronische Abstossungsreaktion z.B. mit Schäden an Leber, Augen oder Haut. Trotzdem - die SZT bietet natürlich die große Chance, die CML endgültig los zu werden, aber eben auch nicht ohne Risiko eines fatalen Fehlschlags.
CML-Experten gehen daher in chronischer Phase immer stärker dazu über, Glivec als Primärtherapie anzuwenden und bei Erreichen einer guten molekularen Remission damit weiterzumachen - und im Falle eines Fehlschlags der Alternativen wie AMN107 und Dasatinib und Vorhandensein eines passenden Spenders zu transplantieren. In den fortgeschrittenen Phasen (v.a. Blastenkrise) aber wird wegen der häufig schnell auftretenden Resistenzen oft geraten, mit Glivec in eine Remission zu kommen und dann in dieser schnellstmöglich zu transplantieren.
Ich hoffe, ich konnte die Dinge etwas sortieren - im Grunde ja weitgehend eine Bestätigung Deiner Vermutungen...
Viele Grüße
Jan
[addsig]
Hallo Jonas,
im Grunde ist der zitierte Dialog schon richtig. Allerdings läßt sich aus den bisherigen Studienerfahrungen gerade nicht belegen, dass es in chronischer Phase nach einiger Zeit automatisch zu Resistenzen/Rückfällen/Schüben kommt - dies ist nur oft der Fall bei Patienten, die die Therapie erst in fortgeschrittenen Phasen beginnen. Die letzten IRIS-Daten haben gezeigt, dass der Anteil von Remissionen von in chronischer Phase behandelten Patienten über die mittelfristige Therapiezeit noch weiter ansteigt und nicht sinkt - unter der Voraussetzung, dass der Patient in eine komplette zytogenetische und weitgehende molekulare Remission erreicht hat. Allerdings gibt es, wie Du richtig schreibst, erst sechs Jahre Erfahrung, so dass Prognosen über diesen Zeitraum hinaus noch reine Spekulation sind.
Der Hintergrund der Resistenzen ist jedoch, dass Glivec vereinfacht gesagt sehr spezifisch auf eine bestimmte "Zellform" wirkt und eine Veränderung (Mutation) der CML-positiven Zelle dazu führen kann, dass dieses sehr spezifische Medikament nicht mehr paßt und diese Zelle sich wieder ungehemmt vermehren kann. Ich vergleiche dies oft mit einem sehr verwinkelten Lego-Stein, der plötzlich nicht mehr auf die Gegenseite paßt, wenn man dort einen anderen Stein reinsteckt. Genau aus diesem Grund gibt es ja verschiedenste klinische Studien, die das hochspezifische Glivec mit an anderer Stelle angreifenden Medikamenten (wie Interferon-Alpha, Vakzine, FTIs, Dasatinib) kombinieren, um eine eventuell mutierte Zelle mit einem zweiten Medikament zu erschlagen. Die Forschergemeinde ist sehr zuversichtlich, mit diesen Kombinationen das Problem der Resistenzbildung in der zum Glück kleinen Gruppe in den Griff zu bekommen, der CML gar den Rest zu geben, und auch Patienten in Blastenkrise besser helfen zu können.
Bezüglich Heilung bei SZT - ja, das ist die einzige Behandlung mit der Chance auf Heilung. Man muss hier differenzieren und "Chance auf Heilung" nicht mit "Heilung" gleichsetzen, denn ein gewisser (zum Glück kleiner werdender) Prozentsatz überlebt die SZT nicht, ein weiterer Teil erleidet nach einiger Zeit einen Rückfall, und ein weiterer Teil hat die CML zwar besiegt, zeigt aber Folgeschäden der Transplantation wie eine chronische Abstossungsreaktion z.B. mit Schäden an Leber, Augen oder Haut. Trotzdem - die SZT bietet natürlich die große Chance, die CML endgültig los zu werden, aber eben auch nicht ohne Risiko eines fatalen Fehlschlags.
CML-Experten gehen daher in chronischer Phase immer stärker dazu über, Glivec als Primärtherapie anzuwenden und bei Erreichen einer guten molekularen Remission damit weiterzumachen - und im Falle eines Fehlschlags der Alternativen wie AMN107 und Dasatinib und Vorhandensein eines passenden Spenders zu transplantieren. In den fortgeschrittenen Phasen (v.a. Blastenkrise) aber wird wegen der häufig schnell auftretenden Resistenzen oft geraten, mit Glivec in eine Remission zu kommen und dann in dieser schnellstmöglich zu transplantieren.
Ich hoffe, ich konnte die Dinge etwas sortieren - im Grunde ja weitgehend eine Bestätigung Deiner Vermutungen...
Viele Grüße
Jan
[addsig]