von jan » 01.09.2005, 20:18
Liebe Lea,
man muss bei der CML zwischen der Reaktion des Körpers im Blutbild (= hämatologisch), auf chromosomaler Ebene (= zytogenetisch) und auf molekularer Ebene unterschieden. Es gibt verschiedene Methoden, die Krankheit zu messen, und auch technische Grenzen der jeweiligen Methoden. Wenn man keine Zellen mehr nachweisen kann, heißt dies nicht, dass diese nicht mehr vorhanden sind, sondern kann auch heissen, dass die verwendete Methode nicht mehr genau genug ist, um kranke Zellen zu finden.
Eine "komplette hämatologische Remission" bedeutet lediglich, dass sich die Blutwerte über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen normalisieren. Beispiel: die weissen und roten Blutkörperchen, die ja bei CML zum Diagnosezeitpunkt meist um das zehn- bis hundertfache erhöht sind, sind wieder im "Normbereich". Eine hämatologische Remission sagt aber nichts darüber aus, dass die Blut- und Stammzellen noch "CML-krank" sind.
Eine "komplette zytogenetische Remission" (complete cytogenetic response, CCR) bedeutet, dass bei einer Analyse von 20-30 Knochenmark-Stammzellen per Mikroskop kein für CML typisches "Philadelphia-Chromosom" mewhr entdeckt werden kann, d.h. dass die 20-30 untersuchten Zellen CML-frei sind. Dies ist ein wichtiger Indikator dafür, dass eine CML-Therapie anschlägt. Da jedoch 20-30 Zellen nicht zwingend etwas über die Gesamtsituation im Knochenmark aussagen, kann man nach Erreichen einer CCR mit der "FISH"-Untersuchung im Labor die Zahl der auf das Ph-Chromosom untersuchten Zellen auf bis zu 2000 erhöhen.
Eine "komplette molekulare Remission" bedeutet, dass man mit den senstivsten Methoden auf Ebene der chemischen Moleküle keine CML-Zellen mit dem CML-typischen Fusionsgen "BCR-ABL" mehr nachweisen kann. Diese "Polymerase-Kettenreaktion" (Polymerase Chain Reaction, PCR) genannte Methode kann in der empfindlichsten Variante eine kranke Zelle einer Million Zellen nachweisen.
Letztlich bedeutet aber, dass selbst bei sensitivsten Methoden nur eine in einer Million entnommenen Zellen gefunden werden kann, während im Blut ja noch Milliarden anderer Blutzellen "unterwegs" sind. Dies bedeutet, dass selbst wenn man unter die Messgrenze der PCR-Technik kommt, können immer noch hunderttausende CML-Zellen im Körper sein. Man konnte dies daran beobachten, dass bei Glivec-Patienten, die nach Erreichen von "PCR-Negativ" die Medikamente abgesetzt haben, die CML nach wenigen Wochen wieder messbar war. Dies bedeutet also ziemlich sicher auch, dass Glivec nicht heilt.
Was man aber mittlerweile anhand der fünf Jahre Glivec-Erfahrung weiss, ist, dass die Krankheit bei Erreichen einer guten molekularen Remission (PCR kleiner 0.12%) mit höchster Wahrscheinlichkeit so im Griff ist, dass bei andauernder Medikation kein Rückfall erfolgt.
Das waren nun viele Worte, die man vielleicht so zusammenfassen kann: Man muss im ersten Jahr genau beobachten, wie man auf das Medikament anspricht. Ein gutes Ansprechen auf Glivec wäre nach 12 Monaten eine komplette zytogenetische Remission und ein gutes Ansprechen auf molekularer Ebene. Verfehlt man dies völlig, sollte man Alternativen (andere neue Wirkstoffe oder Transplantation) prüfen. Glaubt man der momentanen Annahme von Experten, dass man bei Erreichen einer molekularen Remission mit Medikamenten die CML hoffentlich lebenslang in Schach halten kann, muss man sich meiner Ansicht nach schon die Frage stellen, ob "Heilung" wirklich das einzige Therapieziel, "um jeden Preis", sein muss, solange Alternativen zur Verfügung stehen.
Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen.
Viele Grüße
Jan
Liebe Lea,
man muss bei der CML zwischen der Reaktion des Körpers im Blutbild (= hämatologisch), auf chromosomaler Ebene (= zytogenetisch) und auf molekularer Ebene unterschieden. Es gibt verschiedene Methoden, die Krankheit zu messen, und auch technische Grenzen der jeweiligen Methoden. Wenn man keine Zellen mehr nachweisen kann, heißt dies nicht, dass diese nicht mehr vorhanden sind, sondern kann auch heissen, dass die verwendete Methode nicht mehr genau genug ist, um kranke Zellen zu finden.
Eine "komplette hämatologische Remission" bedeutet lediglich, dass sich die Blutwerte über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen normalisieren. Beispiel: die weissen und roten Blutkörperchen, die ja bei CML zum Diagnosezeitpunkt meist um das zehn- bis hundertfache erhöht sind, sind wieder im "Normbereich". Eine hämatologische Remission sagt aber nichts darüber aus, dass die Blut- und Stammzellen noch "CML-krank" sind.
Eine "komplette zytogenetische Remission" (complete cytogenetic response, CCR) bedeutet, dass bei einer Analyse von 20-30 Knochenmark-Stammzellen per Mikroskop kein für CML typisches "Philadelphia-Chromosom" mewhr entdeckt werden kann, d.h. dass die 20-30 untersuchten Zellen CML-frei sind. Dies ist ein wichtiger Indikator dafür, dass eine CML-Therapie anschlägt. Da jedoch 20-30 Zellen nicht zwingend etwas über die Gesamtsituation im Knochenmark aussagen, kann man nach Erreichen einer CCR mit der "FISH"-Untersuchung im Labor die Zahl der auf das Ph-Chromosom untersuchten Zellen auf bis zu 2000 erhöhen.
Eine "komplette molekulare Remission" bedeutet, dass man mit den senstivsten Methoden auf Ebene der chemischen Moleküle keine CML-Zellen mit dem CML-typischen Fusionsgen "BCR-ABL" mehr nachweisen kann. Diese "Polymerase-Kettenreaktion" (Polymerase Chain Reaction, PCR) genannte Methode kann in der empfindlichsten Variante eine kranke Zelle einer Million Zellen nachweisen.
Letztlich bedeutet aber, dass selbst bei sensitivsten Methoden nur eine in einer Million entnommenen Zellen gefunden werden kann, während im Blut ja noch Milliarden anderer Blutzellen "unterwegs" sind. Dies bedeutet, dass selbst wenn man unter die Messgrenze der PCR-Technik kommt, können immer noch hunderttausende CML-Zellen im Körper sein. Man konnte dies daran beobachten, dass bei Glivec-Patienten, die nach Erreichen von "PCR-Negativ" die Medikamente abgesetzt haben, die CML nach wenigen Wochen wieder messbar war. Dies bedeutet also ziemlich sicher auch, dass Glivec nicht heilt.
Was man aber mittlerweile anhand der fünf Jahre Glivec-Erfahrung weiss, ist, dass die Krankheit bei Erreichen einer guten molekularen Remission (PCR kleiner 0.12%) mit höchster Wahrscheinlichkeit so im Griff ist, dass bei andauernder Medikation kein Rückfall erfolgt.
Das waren nun viele Worte, die man vielleicht so zusammenfassen kann: Man muss im ersten Jahr genau beobachten, wie man auf das Medikament anspricht. Ein gutes Ansprechen auf Glivec wäre nach 12 Monaten eine komplette zytogenetische Remission und ein gutes Ansprechen auf molekularer Ebene. Verfehlt man dies völlig, sollte man Alternativen (andere neue Wirkstoffe oder Transplantation) prüfen. Glaubt man der momentanen Annahme von Experten, dass man bei Erreichen einer molekularen Remission mit Medikamenten die CML hoffentlich lebenslang in Schach halten kann, muss man sich meiner Ansicht nach schon die Frage stellen, ob "Heilung" wirklich das einzige Therapieziel, "um jeden Preis", sein muss, solange Alternativen zur Verfügung stehen.
Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen.
Viele Grüße
Jan