von Waldi » 10.03.2009, 22:02
Hi Leute,
ich habe alles zur Genüge hinter mir. Meine CLL-Diagnose liegt jetzt 8 ½ Jahre zurück. Zum Glück bin ich beim Hämatologen nach wie vor watch&wait Patient, eine Therapie war also bisher noch nicht erforderlich. Von Beginn an bin ich mit meiner Krankheit in die Offensive gegangen und habe alle Verwandten, Freunde, Nachbarn, Bekannte und Kollegen darüber informiert. Als Reaktion kam meistens recht verlegen ein gestammeltes: „Oh“ oder „Äh“. Einigen stand dabei die Panik im Gesicht, als wenn CLL ansteckend sei. Zugegeben, ich hatte damals noch keine große Ahnung, was eine CLL ist und wie unterschiedlich sie verlaufen kann. Meine Leute wussten jedoch darüber gar nichts, was sich bis heute auch kaum geändert hat. Es gab damals die unterschiedlichsten Reaktionen auf mein Outing. Die von einigen gestellte weinerlicher Nachfrage: „Wie geht es dir denn?“ war wohl eher gemeint als: „Wie lange hast du denn noch zu leben?“. Solche Nachfragen waren aber eher selten. Meistens ging man mir aus dem Weg oder vermied jedes falsche Wort, um ja nicht mit mir über mein Befinden oder über die Krankheit sprechen zu müssen. Einige Male habe ich beobachtet, dass Entgegenkommende vor mir sogar die Straßenseite wechselte, um dann dort angestrengt in die Schaufensterauslagen zu starren. Ja kein Kontakt mit dem Aussätzigen! Sensibel registrierte ich damals alle Aussagen und Reaktionen. Anfangs war es schlimm damit umzugehen, aber dann habe ich es mit Humor genommen. Seit einigen Jahren hat sich die Situation dann total verändert. Man merkte die musternden Blicke und die Fragen, die sich dahinter verbergen: „ Was soll er haben? Leukämie etwa? Da stimmt was nicht, damit wäre er längst tot!“ oder „Was für ein Heuchler, er sieht doch völlig gesund aus. Er hat uns wohl damals alle verar…, nur um früher in Rente gehen zu können!“ Wie man sich wohl hinter meinem Rücken das Maul zerreißt? Ich möchte es gar nicht wissen. Sollen sie doch reden, was sie wollen, ich stehe heute über den Dingen. Nur wundere ich mich immer noch über soviel Ignoranz und Feigheit. Nachfragen nach dem Krankheitsbild CLL oder nach meinem Befinden kann ich in all den Jahren an einer Hand abzählen. Und selbst in diesen Fällen hatte ich immer den Eindruck, als wenn man eigentlich gar keine wirkliche Antwort haben wollte, sondern nur aus Höflichkeit fragte, oder weil es sich partout nicht vermeiden ließ. Aber so sind sie eben die Menschen: nicht unbedingt alle schlecht, aber in vielen Fällen oft arme Schisser. Damit hat man zu leben.
Nicht ärgern, nur wundern!
Waldi
[addsig]
Hi Leute,
ich habe alles zur Genüge hinter mir. Meine CLL-Diagnose liegt jetzt 8 ½ Jahre zurück. Zum Glück bin ich beim Hämatologen nach wie vor watch&wait Patient, eine Therapie war also bisher noch nicht erforderlich. Von Beginn an bin ich mit meiner Krankheit in die Offensive gegangen und habe alle Verwandten, Freunde, Nachbarn, Bekannte und Kollegen darüber informiert. Als Reaktion kam meistens recht verlegen ein gestammeltes: „Oh“ oder „Äh“. Einigen stand dabei die Panik im Gesicht, als wenn CLL ansteckend sei. Zugegeben, ich hatte damals noch keine große Ahnung, was eine CLL ist und wie unterschiedlich sie verlaufen kann. Meine Leute wussten jedoch darüber gar nichts, was sich bis heute auch kaum geändert hat. Es gab damals die unterschiedlichsten Reaktionen auf mein Outing. Die von einigen gestellte weinerlicher Nachfrage: „Wie geht es dir denn?“ war wohl eher gemeint als: „Wie lange hast du denn noch zu leben?“. Solche Nachfragen waren aber eher selten. Meistens ging man mir aus dem Weg oder vermied jedes falsche Wort, um ja nicht mit mir über mein Befinden oder über die Krankheit sprechen zu müssen. Einige Male habe ich beobachtet, dass Entgegenkommende vor mir sogar die Straßenseite wechselte, um dann dort angestrengt in die Schaufensterauslagen zu starren. Ja kein Kontakt mit dem Aussätzigen! Sensibel registrierte ich damals alle Aussagen und Reaktionen. Anfangs war es schlimm damit umzugehen, aber dann habe ich es mit Humor genommen. Seit einigen Jahren hat sich die Situation dann total verändert. Man merkte die musternden Blicke und die Fragen, die sich dahinter verbergen: „ Was soll er haben? Leukämie etwa? Da stimmt was nicht, damit wäre er längst tot!“ oder „Was für ein Heuchler, er sieht doch völlig gesund aus. Er hat uns wohl damals alle verar…, nur um früher in Rente gehen zu können!“ Wie man sich wohl hinter meinem Rücken das Maul zerreißt? Ich möchte es gar nicht wissen. Sollen sie doch reden, was sie wollen, ich stehe heute über den Dingen. Nur wundere ich mich immer noch über soviel Ignoranz und Feigheit. Nachfragen nach dem Krankheitsbild CLL oder nach meinem Befinden kann ich in all den Jahren an einer Hand abzählen. Und selbst in diesen Fällen hatte ich immer den Eindruck, als wenn man eigentlich gar keine wirkliche Antwort haben wollte, sondern nur aus Höflichkeit fragte, oder weil es sich partout nicht vermeiden ließ. Aber so sind sie eben die Menschen: nicht unbedingt alle schlecht, aber in vielen Fällen oft arme Schisser. Damit hat man zu leben.
Nicht ärgern, nur wundern!
Waldi
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