Durch Transplantation von hämatopoetischen Stammzellen können viele Kinder und Jugendliche mit Krebs geheilt werden. Viel Erfahrung mit dieser Therapie haben Onkologen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Dort steht seit kurzem eine Einrichtung ausschließlich für Kinder und Jugendliche zur Verfügung, in der pro Jahr rund 50 Kinder Knochenmark- oder Blutstammzellen erhalten können.

Auf der Spezialstation an der MHH können jährlich bis zu 50 Knochenmark- oder Blutstammzell-Transplantationen vorgenommen werden. Das sind doppelt so viele wie bisher. An den 2,6 Millionen Euro Gesamtkosten für die Spezialstation hat sich die Deutsche Krebshilfe mit einer Million Euro beteiligt.

Ihrem Ziel einer flächendeckenden guten Versorgung von Krebspatienten kommt die Krebshilfe so ein Stück näher: Die neue Einheit mit sechs Transplantationsplätzen schließt eine Lücke in der wohnortnahen Betreuung leukämiekranker Kinder. 

Zentren für Kinder in Hamburg, Münster, Berlin und Hannover

Diese Kinder mußten bisher entweder auf Stationen für Erwachsene mitbehandelt werden, oder - wenn auch dort kein Platz war - nach Hamburg, Münster oder Berlin verlegt werden. "Nun gibt es auch in Niedersachsen genug pädiatrische Transplantationseinheiten, wobei die MHH die einzige Klinik ist, die allogene Stammzelltransplantationen bei Kindern anbietet", so Professor Karl Welte, Leiter der Pädiatrischen Hämatologie und Onkologie.

Bei der allogenen Transplantation erhalten Krebspatienten nach der Chemotherapie die Zellen eines gesunden Spenders. Das kann ein Geschwister oder ein nicht-verwandter Spender mit passenden Gewebemerkmalen sein. "Für 90 Prozent der Patienten, die eine Transplantation benötigen, wird ein geeigneter Spender gefunden", so Welte. "Das ist einer der Gründe, warum heute drei von vier Kindern mit Krebs geheilt werden können".

Besonders beeindruckend seien die Erfolge der Transplantationsmedizin bei Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL): Sie haben eine Überlebenschance von 80 Prozent, wenn sie eine Stammzelltransplantation erhalten. Mit Chemotherapie allein überlebten höchstens 30 Prozent der Kinder.

150 Transplantationen pro Jahr

Die MHH gehört zu den großen deutschen Transplantationszentren und überträgt jährlich etwa 150mal Knochenmark oder Stammzellen. Ein Viertel der Patienten sind Kinder.

Aus dem Register mit einer Gesamtzahl von 1564 Transplantationen bei Erwachsenen und Kindern (von Anfang 1986 bis September 2005) lassen sich einige interessante Verschiebungen ablesen: So wurde bis 1993 vorwiegend Knochenmark transplantiert, heute sind es zu über 80 Prozent Blutstammzellen aus dem peripheren Kreislauf, einschließlich Nabelschnur-Blut. Die Zahl allogener Transplantationen ist seit Ende der 90er Jahre kräftig gestiegen, wobei 40 Prozent der Transplantate von Fremdspendern stammen.

Das Interesse der hannoveraner Onkologen richtet sich auch auf die allogene Transplantation, die besonders die Therapie bei akuter myeloischer Leukämie (AML), fortgeschrittenem myelodysplastischen Syndromen (MDS) sowie der seltenen aplastischen Anämie (AA) verbessern soll.

Die AML war im vergangenen Jahr an der MHH die am häufigste gestellte Indikation für eine Transplantation. Um auch ältere und mehrfach zuvor behandelte AML-Patienten erfolgreich Stammzellen übertragen zu können, werden die Verfahren fortlaufend modifiziert.

Nach Angaben von Professor Arnold Ganser, Leiter der MHH-Onkologie, ließe sich zum Beispiel die Strahlendosis reduzieren, mit der Patienten auf die Transplantation vorbereitet werden. Diese Konditionierung nach dem FLAMSA-Protokoll sei besonders verträglich und schaffe in Kombination mit einer Chemotherapie die Voraussetzung für eine effektive Zelltransplantation.

"Es gibt sicher noch weitere Möglichkeiten, die allogenen Transplantationsverfahren zu verbessern, um damit noch mehr Patienten helfen zu können", so Ganser.

Die klassische autologe Transplantation habe an der MHH derzeit einen Anteil von 37 Prozent. Dieses Verfahren, bei dem eigene Stammzellen nach Chemotherapie und Bestrahlung rückübertragen werden, ist zum Beispiel für ältere Patienten mit Plasmozytom die geeignete Therapie. Unabhängig vom gewählten Verfahren sei die enge Zusammenarbeit der Abteilungen ein wichtiger Erfolgsparameter, so Ganser. Das gelte besonders für die pädiatrische Onkologie.

Quelle: Ärzte Zeitung vom 13.12.2005

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