Dank den verbesserten Therapiemöglichkeiten ist die Krebsdiagnose bei einem Kind nicht mehr gleichbedeutend mit einem Todesurteil. Nun aber steht die Medizin vor der Frage, wie die Spätfolgen und Zweittumoren der Überlebenden anzugehen sind. Die National Academies of Science von Amerika haben vor kurzem in Washington einen Untersuchungsbericht zu einem Thema vorgelegt, das bisher kaum erforscht worden ist und im Schatten der glanzvollen Erfolge stand, welche die Medizin in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten errungen hat: das weitere Schicksal von Menschen, die im Kindesalter an Krebs erkrankt sind und diesen überlebt, aber nicht immer überwunden haben.
Die National Academies of Science von Amerika haben vor kurzem in Washington einen Untersuchungsbericht zu einem Thema vorgelegt, das bisher kaum erforscht worden ist und im Schatten der glanzvollen Erfolge stand, welche die Medizin in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten errungen hat: das weitere Schicksal von Menschen, die im Kindesalter an Krebs erkrankt sind und diesen überlebt, aber nicht immer überwunden haben.
In den USA erkranken pro Jahr 12.000 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren an einem bösartigen Tumorleiden (Malignom). Die jährliche Erkrankungsrate von 15,3 pro 100.000 Kinder und Heranwachsende sowie das Risiko, zwischen Geburt und zwanzigstem Lebensjahr an Krebs zu erkranken – es trifft statistisch eines von 300 Kindern –, dürften in anderen Industrienationen vergleichbar hoch sein. Malignome sind in Amerika bei Kleinkindern die häufigste, bei 5- bis 14-Jährigen die zweithäufigste Todesursache.
Dabei ist das Spektrum der Erkrankungen ein völlig anderes als bei Erwachsenen, wo Bronchial-, Darm-, Brust- und Prostatakarzinome die Krebsstatistiken anführen. Bei Kindern sind Leukämien, Tumoren des Zentralnervensystems und Malignome des lymphatischen Systems führend. Während bösartige Tumoren des Gehirns noch immer mit einer hohen Sterblichkeit verbunden sind, sind bei der Therapie der verschiedenen Leukämieformen enorme Fortschritte erzielt worden. Mit Ausnahme der
akuten myeloischen Leukämie sind heute Fünf-Jahres-Überlebensraten von 80 Prozent und mehr nicht ungewöhnlich.
Ähnlich ist die Entwicklung bei den lymphatischen Tumoren; die Fünf-Jahres-Überlebensrate des Hodgkin-Lymphoms liegt nach Angaben der Akademie heute bei einst für unmöglich gehaltenen 92 Prozent, die des Non-Hodgkin-Lymphoms bei 73 Prozent. Insgesamt hat die Überlebensrate der kindlichen Krebspatienten (78 Prozent) längst jene der Erwachsenen mit 62 Prozent überholt. Als wichtigste Gründe dafür gelten die spezifischere Betreuung der Kinder (sie werden eher als Erwachsene in einem spezialisierten Krebszentrum behandelt) sowie biologische Unterschiede bei den Tumorzellen. Diese teilen sich im Kindesalter häufig besonders schnell, was rasch wachsende Malignome zur Folge hat. Doch gerade diese Zellen sprechen oft besonders gut an auf moderne Krebsbehandlungen aus Chirurgie, Strahlen- und
Chemotherapie.
Waren Überlebende von Krebserkrankungen im Kindesalter einst eine demographische Rarität, teilen heute in den USA fast 300.000 Bürgerinnen und Bürger dieses Schicksal. Wie im Bericht der Wissenschafter dargelegt, ist der (überlebte) Krebs aber oft Ursache weiterhin behandlungsbedürftiger
chronischer Krankheiten. So leiden zwei Drittel der Überlebenden unter mindestens einer gravierenden Einschränkung der Lebensqualität. Ein einheitliches diagnostisches Vorgehen ist aber illusorisch, denn manche dieser Nach- und Nebenwirkungen werden bereits bei frühen Kontrolluntersuchungen entdeckt, andere manifestieren sich erst nach Jahren.
Als wichtigste Folgeerscheinung bezeichnen die Wissenschafter in ihrem Report den Verlust von kognitiven Fähigkeiten nach der Therapie von Tumoren des Zentralnervensystems sowie nach Strahlentherapie von Leukämien und Lymphomen – dies betreffe fast 60 Prozent der behandelten Patienten. Die Betroffenen weisen ein schwaches Kurzzeitgedächtnis auf und haben Schwierigkeiten mit der Aufmerksamkeit, der Konzentration sowie der Koordination der Motorik. Sie können im Extremfall Intelligenzdefizite von bis zu 50 IQ-Punkten aufweisen. Zudem können Strahlentherapie und manche Chemotherapeutika zu einer Schädigung des Herzens führen und in der Lunge die Narbenbildung anregen, was die Leistung der Lungen und damit die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten einschränkt.
Mädchen sind nach einer Strahlentherapie eines Hodgkin-Lymphoms hochgradig gefährdet, 20 oder 30 Jahre später an einem Mammakarzinom zu erkranken. Überhaupt sind Zweittumoren an einem anderen als dem ursprünglichen Organ ein grosses Problem bei Patienten, die als Kinder einen Tumor überlebt haben: Die Erkrankungswahrscheinlichkeit beträgt für sie das Fünf- bis Zwanzigfache der Normalbevölkerung.
Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Gesundheitssysteme nicht ausreichend für die Versorgung dieser speziellen Patientengruppe eingerichtet sind. Es müssten Standards für die langfristige interdisziplinäre Betreuung geschaffen werden. Dieser Anregung und der Aufforderung nach verstärkter klinischer Erforschung der Spätfolgen liegt die Erkenntnis zugrunde: Es gibt keinen endgültigen Sieg über den Krebs.
Quelle: NZZ Online.ch vom 29.01.2008 Non-Hodgkin-Lymphom
Unter Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) wird eine Gruppe von malignen Tumoren des lymphatischen Systems mit ganz unterschiedlichem Malignitätsgrad zusammengefasst. Histologisch sind die NHL durch eine follikuläre oder diffuse Proliferation maligner lymphatischer Zellen, vorwiegend B-Zellen, charakterisiert. Unterscheidet sich im Zellbild vom Hodgkin- Lymphom.
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
Port
Zuführendes System, meist eine unter die Haut eingepflanzte Kunststoffkammer mit Venenkatheter, um eine kontinuierliche Medikamentengabe zu ermöglichen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
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