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Ernährung

Die Süddeutsche Zeitung setzt sich in ihrer Ausgabe vom 23.1.2014 mit dem Thema Krebs und Ernährung auseinander. "Wer Krebs hat oder einen krebskranken Angehörigen, der kennt das. Kaum ist die Diagnose gestellt und der erste Therapiezyklus vorbei, werden von wohlmeinenden Freunden Bücher an die Patienten verschenkt. In diesen Ratgebern ist der Kampf gegen den Krebs ganz einfach: Himbeeren räumen mit Tumorzellen auf, Brokkoli verhindert Wucherungen und Grüner Tee Metastasen. Ingwer, Soja und Curry erledigen den Rest. Wer Pech hat, dem unterstellen seine Nächsten gar, er habe es seiner Ernährung zu verdanken, dass der Krebs ausgebrochen ist - der Kranke als Opfer seines Handelns. Und die Forschung?" Volltext bei Süddeutsche.de.

 

Ein Bestandteil des grünen Tees, Epigallocatechin (EGCG), scheint Leukämiezellen durch Unterbrechen eines Mechanismus, der diese Zellen am Leben hält, zu zerstören, so die Erkenntnisse einer im Fachmagazin Blood kürzlich vorgestellten Forschungsarbeit.

"Wir fahren damit fort, Wirkstoffe zu suchen, die ungiftig für den Patienten sind, aber Krebszellen zerstören, und diese Erkenntnisse mit EGCG sind ein ausgezeichneter Anfang", so Dr. Neil E. Kay von der Mayo Klinik in Rochester, Minnesota USA, in einer Erklärung. "Diesen Mechanismus zu verstehen, und diese sehr positiven ersten Ergebnisse zu erhalten, hilft uns dabei, daran zu arbeiten, Patienten mit dieser Erkrankung effektivere, besser verträgliche Therapien noch früher anzubieten."

In einem früheren Bericht hatte Kays Team gezeigt, dass bestimmte Krebszellen der Chronischen Lymphatischen Leukämie (CLL), einen "VEGF" genannten Wachstumsfaktor absondern. In Verbindung mit anderen Forschungen wird vermutet, dass VEGF den Krebszellen dabei hilft, zu überleben.

Da der grüne Teebestandteil bestimmte chemische Aktivitäten zeigt, die VEGF beeinflussen könnten, beschlossen die Forscher, EGCG im Labor auf Ihre Wirkung auf Leukämiezellen zu untersuchen, so der Bericht im medizinischen Journal Blood.

Wie erwartet half VEGF in der Tat den Krebszellen dabei, erhalten zu bleiben. Eine Therapie mit EGCG führte jedoch zum Tod von vielen der Krebszellen.

Obwohl weitere Untersuchungen benötigt werden, um die Wirkungsweise von EGCG zu klären, glauben die Autoren, dass EGCG aufgrund seiner relativ nicht-toxischen Art bei bestimmten Patienten mit frühen Formen chronischer lymphozytärer Leukämie (CLL) getestet werden könnte.

Quellen:
Blood vom 02.03.2004, Online-Auflage, zitiert in Green Tea Component Kills Leukemia Cells, Cancer Page am 05.04.2004, Übersetzung durch Leukämie-Online.de. Keine Garantie für Richtigkeit der Übersetzung.
Viele Kinder mit Akuter Lymphatischer Leukämie (ALL) nehmen nicht die gesetzlich empfohlenen diätetische Dosen (RDA, recommended dietary allowance) antioxidativer Vitaminen ein, so die Ergebnisse einer in der Juni-Ausgabe der amerikanischen Zeitschrift "American Journal of Clinical Nutrition" veröffentlichten Untersuchung. Niedrigere Blutspiegel der Vitamine wurden mit gesteigerten Nebenwirkungen der Chemotherapie in Verbindung gebracht.

"Chemotherapie führt zu einer Zunahme reaktiver Arten von Sauerstoff, die das Antioxidation-Abwehrsystem beanspruchen", so Deborah D. Kennedy vom College der Ärzte & Chirurgen an der Columbia Universität in New York City. "Kinder mit ALL sind selten unterernährt, wodurch diese Gruppe ideal für eine Untersuchung der Beziehungen zwischen der diätetischen Einnahme von Antioxidanten, der Konzentration von Antioxidanten im Plasma und chemotherapieinduzierter Giftigkeit (Toxizität) ist."

In dieser Untersuchung bestimmten die Ermittler die Konzentration von Nährstoffen im Plasma, diätetische Einnahmen und das Auftreten von Nebenwirkungen der Chemotherapie bei 103 Kindern mit ALL zum Zeitpunkt der Diagnose, nach drei und nach sechs Monaten der Behandlung.

Verglichen mit den in den USA üblichen empfohlenen Nährstoffdosen (RDA) oder die von der dritten US-nationalen Gesundheits- und Ernährungsuntersuchungsstudie empfohlenden Mengenangaben, waren die Einnahmen von Vitamin E 66%, Carotenoid 30%, Beta-Carotin 59% und Vitamin A 29% des empfohlenen Bedarfs.

Nach sechs Monaten waren höhere Einnahmen von Vitamin C mit weniger Therapieverzögerungen, weniger Giftigkeit (Toxizität) und weniger Aufenthaltstagen in der Klinik verbunden, während höhere Betacarotin-Einnahmen mit einem verminderten Risiko der Giftigkeit verbunden wurden. Nach drei Monaten waren höhere Vitamin-E-Dosen mit einem niedrigeren Auftreten von Infektionen verbunden.

Einschränkungen in der Untersuchung schließen den Mangel an nationalen Normen für die Bestimmung des Status von Antioxidanten, dem Mangel anan Einnahmevorschriften für Betacarotin und gesamte Carotenoide, sowie die Unzulänglichkeit der Mittel, eine dietätische Einnahme vorherzusagen, ein.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kinder den Bedarf an Vitamin E nicht erfüllen und dass die hohen Einnahmen des Vitamins C während dieser Untersuchung nicht ausreichend sind. Weil es Bedenken bezüglich potentieller Wechselwirkungen mit der Chemotherapie gibt, unterstützen wir die Einnahme ergänzender Antioxidationsmittel zur Zeit nicht, " so die Autoren, die zusätzliche Forschung in diesem Umfeld empfehlen. "Unsere Ergebnisse legen nahe, dass es für Kinder mit ALL überlegenswert wäre, zusätzliche Ernährungsberatung in Anspruch zu nehmen, um ihren Bedarf nach Antioxidationsmittel-Nährstoffen zu decken."

Das amerikanische Institut für Krebsforschung (American Institute for Cancer Research) und die Amerikanische Krebsgesellschaft (American Cancer Society) unterstützten diese Untersuchung. Keiner der Autoren berichtete finanzielle oder persönliche Interessenskonflikte.

Quelle: Am Js Clin Nutr. 2004; 79:1029-1036. Review durch Reviewed by Gary D. Vogin, MD. Übersetzung durch Jan, ohne Gewähr.
Die Kombination von Grapefruit-Saft und einer Vielzahl von Medikamenten kann der Gesundheit schaden. Zwar ist die Wechselwirkung zwischen Pampelmusen und einer ganzen Reihe verschiedenster Medikamente, auch solchen gegen Leukämie wie z.B. Glivec, in Fachkreisen schon lange bekannt. Viele Patienten und Hausärzte seien sich dieses Risikos aber nicht bewusst, sagt der Pharmakologe Professor Thomas Eschenhagen vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf.

Gerade bei gesundheitsbewussten Menschen sind Säfte aus den Vitamin-C-reichen Pampelmusen sehr beliebt. Dass diese kalorienarme Zitrusfrucht, die auch im Rahmen vieler Diätkuren empfohlen wird, in Verbindung mit dutzenden Medikamenten lebensgefährlich sein kann, wissen die meisten Menschen aber wohl nicht. Grapefruits beeinflussen die Wirkungsweise zahlreicher Medikamente verschiedenster Kategorien: Darunter sind Antidepressiva, Herzmittel und Antibiotika, Immunsuppressiva, Schmerzmedikamente und Potenzmittel, Blutdrucksenker, Krebsmittel und die Anti-Baby-Pille.

Besonders gefährlich ist die Kombination etwa mit Cholesterinsenkern und Antiallergika, die schon mehrere Todesfälle verursacht hat. So berichtet die Wissenschaftlerin Amy Karch von der Universität Rochester von einem US-Bürger, der Statine einnahm, um seinen Cholesterinspiegel zu senken. Der Mann trank täglich arglos zwei bis drei Gläser Grapefruitsaft. Zwei Monate später "litt er plötzlich an Muskelschmerzen, Müdigkeit und Fieber und begab sich in die Notaufnahme eines Krankenhauses", schreibt Karch im "American Journal of Nursing". Kurz darauf starb der Patient an Nierenversagen.

Von einem anderen tödlichen Fall berichtete die deutsche Herzstiftung. Dabei starb ein 29-jähriger Mann, der gegen seinen allergischen Schnupfen das Antiallergikum Terfenadin einnahm. Bei der Autopsie fanden Mediziner im Blut des Mannes, der täglich Grapefruitsaft getrunken hatte, eine um das 30-fache erhöhte Konzentration des Medikaments.

Die Ursache für die Wechselwirkung ist der Fachwelt schon seit einigen Jahren bekannt: Pampelmusen werden in Dünndarm und Leber von dem gleichen Enzymsystem verstoffwechselt, das laut Eschenhagen am Abbau von mehr als 50 Prozent aller Medikamente eine Rolle spielt. Diese Cytochrom-P450-Enzyme werden durch einen bislang unbekannten Inhaltsstoff von Grapefruits blockiert. Die Folge: Die Medikamente werden nicht abgebaut und reichern sich im Blut mitunter in bedrohlichen Konzentrationen an.

Bei dem Antiallergikum Terfenadin wirkt diese Enzymblockade besonders fatal: Denn das Mittel an sich wirkt stark herzschädigend und wird erst durch die Cytochrom-P450-Enzyme zu einer Substanz abgebaut, die Allergien bekämpft. Ist das Enzymsystem allerdings blockiert, bleibt der herzschädigende Effekt des Präparats erhalten. Wegen der gefährlichen Wechselwirkung mit Grapefruits wurden laut Eschenhagen bereits mehrere Medikamente wie etwa das Magenmittel Cisaprid vom Markt genommen.

Auch gängige Antibiotika können in Verbindung mit Pampelmusen gefährlich werden. So gibt es Hinweise darauf, dass Erythromycin, ein gewöhnlich gut verträgliches Mittel, in Verbindung mit Grapefruits die Gefahr für den plötzlichen Herztod erhöht. Laut Karch beeinträchtigen Grapefruits zudem die verhütende Wirkung der Anti-Baby-Pille.

In den USA müssen inzwischen alle neuen Präparate vor der Zulassung auf ihre Wechselwirkungen mit der Zitrusfrucht geprüft werden. Die Amerikanerin Karch rät in ihrem Bericht, die Beipackzettel von Medikamenten immer sorgfältig zu studieren. In Deutschland warnen jedoch Eschenhagen zufolge nicht alle Packungsbeilagen betroffener Medikamente vor der Kombination.

Die früher ausgegebene Empfehlung für Nutzer von Medikamenten, ganz auf Grapefruitsaft zu verzichten, erscheint Eschenhagen übertrieben. Dem Experten zufolge sollten Patienten, wenn sie etwa um 08.00 Uhr morgens Medikamente einnehmen, aber unbedingt bis Mittag warten, ehe sie zu dem Fruchtsaft greifen. Lediglich bei manchen Retard-Medikamenten, die ihren Wirkstoff nur langsam abgeben, rät der Pharmakologe zur Meidung von Pampelmusen.

Quelle: Yahoo-Meldung vom 28.01.2005
Ob das Krebs-Risiko durch eine ballaststoff- oder vitaminreiche Ernährung kleiner wird, konnte bisher in Studien nicht eindeutig belegt werden. Lediglich für einzelne Spurenelemente sind positive aber auch negative Effekte nachgewiesen worden.

Das sagte Privatdozent Arno Dormann von der Medizinischen Klinik am Krankenhaus Holweide in Düsseldorf. Eine Metaanalyse von 13 prospektiven Studien mit mehr als 700.000 Patienten habe keine Korrelation zwischen Ballaststoffaufnahme und der Häufigkeit kolorektaler Karzinome ergeben (JAMA 294, 2005, 2849). Ähnliches ergab eine weitere Analyse von Daten von 76.000 Frauen und 47.000 Männern (Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 14, 2004, 842).

Antioxidative Nahrungszusätze wie Vitamin A, C und E haben zudem keinen Einfluß auf die Rezidivrate bei kolorektalen Adenomen, wie Dormann beim "Ernährungsupdate" des Medica Kongresses berichtete. Präparate mit Beta-Karotin würden die Entstehung von Lungenkrebs sogar begünstigen. Unbestritten sei lediglich, daß Patienten mit Übergewicht häufiger ein Kolon-Ca bekommen als Normalgewichtige.

So sei bei Männern mit einem BMI über 40 die Sterberate durch Karzinome um 52 Prozent erhöht. Bei Frauen mit einem BMI über 40 sogar um 62 Prozent. Eine krebsvorbeugende Wirkung bestimmter Nahrungsbestandteile sei aber bisher nicht eindeutig belegt. "Eine Nahrungsergänzung mit Vitaminen oder Ballaststoffen zur Krebsprävention ist deshalb nicht sinnvoll", sagte Dormann. Lediglich für das Spurenelement Selen und das in Tomaten enthaltene Lycopin sind protektive Effekte nachgewiesen.

Eine an Obst und Gemüse reiche Ernährung könne jedoch trotzdem empfohlen werden, da einzelne Studien dafür eine wirksame Vorbeugung gegen Magen-, Darm und Lungentumoren belegt haben, so Dormann. "Deshalb können wir derzeit keine konkreten Empfehlungen für eine krebsvorbeugende Ernährung geben", betonte Dormann. Jedoch seien generell schonend zubereitete Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, Normalgewicht, regelmäßige körperliche Aktivität und das Vermeiden von Noxen mit Ausnahme von geringen Mengen Alkohol eine gute Basis.

Quelle: Ärztezeitung vom 17.11.2006
Viel hilft in der Medizin nicht immer viel. Dies gilt auch für Vitamine, denen seit Jahrzehnten der unverwüstliche Ruf anhaftet, gesundheitlich unbedenklich und gleichermaßen Allheilmittel, Fitmacher und wichtiger Baustein einer gesunden Ernährung zu sein. Wissenschaftler der Universität Kopenhagen verpassen der Vitamin-Euphorie nun einen heftigen Dämpfer: Ihre Ergebnisse belegen, dass die regelmäßige Einnahme von Vitaminzusatzpräparaten das Leben auch verkürzen kann, und dass sich Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung im menschlichen Körper oft anders darstellen.

Weil viele Menschen besorgt sind, dass sie mit der Nahrung nicht genug der vitalen Substanzen aufnehmen, schlucken sie zusätzlich Vitaminpräparate in Form von Brausetabletten, Pillen oder Säften. Manche Ärzte verabreichen Vitamine sogar in sogenannten Aufbauspritzen. Wissenschaftler der Universität Kopenhagen um Christian Gluud verpassen der Vitamin-Euphorie nun einen heftigen Dämpfer. Sie zeigen in der am heutigen Mittwoch erscheinenden Ausgabe des Journal of the American Medical Association, dass die regelmäßige Einnahme antioxidativer Vitaminzusatzpräparate offenbar das Leben verkürzen kann (Bd. 297, S. 842, 2007).

"Unsere Ergebnisse widersprechen bisherigen Beobachtungsstudien, in denen behauptet wird, dass Antioxidantien die Gesundheit verbessern", sagt Goran Bje-lakovic, der Erstautor der Studie. "Wenn man bedenkt, dass zwischen 10 und 20 Prozent der Erwachsenen in Nordamerika und Europa Vitaminzusätze nehmen, hat das erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit von 80 bis 160 Millionen Menschen." Bjelakovic betont, dass Verbraucher ständig Werbung für Vitaminpräparate ausgesetzt seien, die einen - wissenschaftlich bisher unbewiesenen - Nutzen propagieren. In Deutschland wurden zwischen Juli 2005 und 2006 etwa 7,5 Millionen Packungen Vitaminzusatzpräparate verkauft, die einen Umsatz von 58,3 Millionen Euro einbrachten.

Die dänischen Forscher haben in einer Meta-Analyse 68 Studien mit synthetischen Vitaminen mit mehr als 230 000 Teilnehmern ausgewertet. Sie analysierten dazu alle veröffentlichten Untersuchungen, in denen Probanden Beta-Karotin, Vitamin A, Vitamin C, Vitamin E oder Selen genommen hatten und eine Vergleichsgruppe gleichzeitig ein Scheinpräparat bekam. Die Ergebnisse waren eindeutig: Beta-Karotin, Vitamin A und Vitamin E erhöhten die Sterblichkeit, und zwar unabhängig davon, ob sie allein oder kombiniert mit anderen Nah-rungsergänzungsmitteln genommen wurden. Eine Teilauswertung ergab, dass in 47 Studien, in denen methodisch besonders sorgfältig gearbeitet wurde, die Sterblichkeit unter denen, die regelmäßig Vitamin A nahmen, um 16 Prozent erhöht war, während sie bei Vitamin E um vier Prozent und bei Beta-Karotin um sieben Prozent höher lag. Es wurde kein Beleg dafür gefunden, dass Vitamin C und Selen die Sterblichkeit erhöhen. Genauso wenig gab es Hinweise dafür, dass diese Substanzen das Leben verlängern.

"Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung über antioxidative und Krebs verhindernde Eigenschaften von Vitaminen nicht einfach auf Menschen übertragen werden können", sagt Gerd Antes, vom Cochrane-Zentrum in Freiburg, das die Güte medizinischer Studien bewertet. "Der Hinweis auf die erhöhte Sterblichkeit ist dramatisch. Jetzt ist die Medizin gefordert, sich damit auseinanderzusetzen und Erklärungen zu finden."

Bereits in der Vergangenheit sind Vitamine in die Kritik geraten. Da fälschlicherweise angenommen wird, Vitamine könne man nicht genug einnehmen, kommt es immer wieder zu Überdosierungen, den Hypervitaminosen. So löst zu viel Vitamin A Erbrechen, Störungen des Elektrolythaushalts und Schleimhautblutungen aus. In der Schwangerschaft führt zu viel Vitamin A gehäuft zu kindlichen Fehlbildungen. Eine Überdosis Vitamin D entkalkt die Knochen und kann Herzrhythmusstörungen verursachen. Zu viel Vitamin C geht mit Durchfall einher und begünstigt die Bildung von Nierensteinen.

"Wenn sich der massive Verdacht der erhöhten Sterblichkeit erhärtet, haben sich die Vorzeichen umgedreht", sagt Gerd Antes. "Statt antioxidative Vitamine zu fordern, müsste ihr Einsatz zukünftig wohl verteidigt und gut begründet werden."

Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 28.02.2007
Wer vier einfache Gesundheitsregeln beherzigt, kann länger leben, so das Ergebnis einer im Fachmagazin PLoS veröffentlichten Studie mit über 20.000 Teilnehmern über 45 Jahre über einen Zeitraum von über elf Jahren. Demnach haben Männer wie Frauen, die keine dieser Verhaltensweisen befolgen, eine vierfach höhere Sterblichkeitsrate als Menschen, die alle einhalten. Maßgeblich sind Nichtrauchen, Bewegung, moderater Alkoholgenuss und regelmäßiger Verzehr von Obst oder Gemüse.

Wer sich nach diesen vier Anweisungen richtet, hat im Vergleich zu jemandem, der sämtliche missachtet, ein Sterberisiko, als ob er 14 Jahre jünger wäre. Das haben Forscher um Dr. Kay-Tee Khaw aus Cambridge berechnet. Für die EPIC×-Norfolk-Studie ließen sie 20.244 Männer und Frauen zwischen 45 und 79 Jahren einen Fragebogen ausfüllen und beobachteten sie elf Jahre lang. Je einen Punkt vergaben die Wissenschaftler für die Kriterien
  • Trinken von weniger als 14 kleinen Gläser Wein oder sieben halben Litern Bier pro Woche
  • ein Vitamin-C-Gehalt im Blut über 50 mmol/l als Indikator für den Verzehr von mindestens fünf Portionen Obst oder Gemüse täglich
  • Bewegung, zum Beispiel in einem Beruf mit körperlicher Arbeit wie Krankenpflegerin. Bei Bürojobs: täglich mindestens eine halbe Stunde Schwimmen, Joggen oder Radfahren.

  • Knapp 2.000 Teilnehmer starben, rund 840 an Krebs, fast 670 an Herzinfarkt oder Schlaganfall. Mit abnehmender Punktzahl stieg die Sterberate signifikant, und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht, BMI und sozialer Klasse. Selbst Patienten mit chronischen Krankheiten profitierten von gesundem Lebensstil. Nikotinverzicht wirkte sich am deutlichsten aus: Raucher hatten eine um fast 80 Prozent höhere Sterberate als Nichtraucher. An zweiter Stelle stand die Ernährung: Bei Teilnehmern mit weniger als 50 mmol/l Vitamin C war die Sterberate um knapp die Hälfte höher als bei Vitaminwerten über 50.

    Die Studie ist den Autoren zufolge Teil der größten Untersuchung zu Ernährung und Gesundheit, die jemals unternommen worden sei. Die Untersuchung EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) erstreckt sich insgesamt über zehn europäische Länder.

    Zahl der befolgten RegelnSterberate erhöht sich um den Faktor...
    4 (1, Vergleichsindex)
    3 1,39
    2 1,95
    1 2,52
    0 4

    Quellen:
    Übergewicht bei Frauen ist nicht nur mit einem erhöhten Risiko für verschiedene solide Tumore verbunden. Offenbar geht es auch mit einem um 50% erhöhten Leukämie-Risiko einher, so das Ergebnis einer großen britischen Studie mit 1,2 Millionen weiblichen Teilnehmern im Durchschnittsalter von 56 Jahren, die über einen Zeitraum von 5-7 Jahren beobachtet wurden.

    Die Studie stammt von Forscherinnen um Professor Gillian Reeves aus Oxford in der Million Women Study (BMJ 335, 2007, 1134). Von den 1,2 Millionen Teilnehmerinnen erkrankten 45.037 im Untersuchungszeitraum an Krebs, 17.203 starben daran. Für alle untersuchten 17 Krebsarten zusammengenommen stiegen Inzidenz und -Sterberate mit zunehmendem Body Mass Index (BMI). Bei Frauen mit einem BMI über 25 war das Erkrankungsrisiko insgesamt um zwölf Prozent höher als bei normalgewichtigen (BMI 22,5 bis 24,5). Die Sterberate war insgesamt um sechs Prozent erhöht.

    Aufgeschlüsselt nach den einzelnen Krebsarten ergab sich bei Übergewichtigen ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs nach der Menopause, Endometrium-, Nieren- und Adenokarzinomen des Ösophagus. Dafür liegen bereits Hinweise aus anderen Studien vor. Aber auch für hämatopoetische Tumoren wie Leukämie oder Non-Hodgkin-Lymphom fand sich in der Million Women Study eine Korrelation. Darüber war bisher nach Angaben der Autorinnen nichts bekannt. Bei Krebsarten wie Zervixkarzinomen und Hirntumoren ergab sich keine Beziehung zwischen BMI und Krebsrisiko. Bei Plattenepithelkarzinomen der Speiseröhre oder Lungenkrebs nahm das Risiko mit steigendem Körpergewicht sogar ab.

    Als Schalter im positiven wie im negativen Sinn erwies sich die Menopause. So stieg das Risiko für kolorektale Tumoren und maligne Melanome nur vor der Menopause mit dem BMI, danach jedoch nicht. Das Brustkrebsrisiko wiederum nahm bei Frauen vor der Menopause mit steigendem BMI sogar ab, nach den Wechseljahren aber zu.

    Nach Hochrechnungen der Wissenschaftlerinnen gehen bei Frauen in der Postmenopause fünf Prozent der Krebserkrankungen (6.000 jährlich) auf Übergewicht oder Adipositas zurück. Beim Endometrium- und Ösophaguskarzinom ist es die Hälfte.

    Noch etwas hat die Studie bekräftigt: Ein Wendepunkt bei BMI und Krebsrisiko ist die Menopause. Das gilt für hormonabhängige Tumoren wie Brustkrebs, aber auch für Krebsformen, die man weniger mit Hormonen verbindet. Bemerkenswert ist, dass das Tumorrisiko nach der Menopause viel stärker mit dem BMI steigt als davor. Als Grund vermuten die Forscherinnen, dass dicke Frauen im Vergleich zu schlanken mehr Sexualhormone haben. In der Studie traten 80 Prozent aller Karzinome nach der Menopause auf.

    Quelle: Ärzte Zeitung vom 17.01.2008

    Weiterführende Informationen: Prospektive Studie: Vier Alltagsregeln für längeres Leben, Leukämie-Online 13.01.2008
    Eine große Studie mit etwa einer halben Million Teilnehmern hat den Einfluss der Ernährung auf die Krebsentstehung bestätigt. Je mehr rotes Fleisch verzehrt wurde, desto höher war die Krebsrate. Das Erkrankungsrisiko stieg je nach Organ um 20 bis 60 Prozent.

    In der Untersuchung wurden die Daten von etwa einer halben Million US-Amerikaner ausgewertet, die Angaben zu ihren Ernährungsgewohnheiten gemacht hatten. Die Teilnehmer waren zu Beginn der Studie 50 bis 71 Jahre alt. Innerhalb von acht Jahren erkrankten fast 54.000 von ihnen an einem bösartigen Tumor. Die statistische Auswertung durch Professor Amanda Cross vom Nationalen Gesundheitsinstitut NIH und ihre Kollegen ergab: Für Dickdarmkrebs war das Risiko bei Genuss von rotem Fleisch um 24 Prozent erhöht, für sogenanntes verarbeitetes Fleisch (z.B. Wurstwaren) um 20 Prozent. Verglichen wurde jeweils das Fünftel der Studienteilnehmer mit dem höchsten Fleischverzehr und das Fünftel mit dem geringsten Konsum.

    Außer für den Dickdarm war das Krebsrisiko bei hohem Fleischanteil der Mahlzeiten auch für die Lunge größer: bei häufigem Verzehr von rotem Fleisch um 20 Prozent, bei verarbeitetem Fleisch um 16 Prozent. Auch bei anderen Krebsarten – etwa der Speiseröhre und der Leber – war die Rate deutlich erhöht, und zwar um 50 beziehungsweise 60 Prozent. Personen im obersten Fünftel des Fleischkonsums verzehrten sechsmal soviel Fleisch (63 g/1000 kcal) wie die Teilnehmer im untersten Fünftel (10 g/1000).

    Quellen:
    Onkologie.de vom 28.01.2008
    PLoS Medicine (2007); 4: e325
    Menschen mit einem erhöhten Body-Mass-Index (BMI) erkranken häufiger an Krebs. Dies kam in einer Meta-Analyse im Lancet (2008; 371: 569-78) heraus. Sie bestätigt im Wesentlichen die Ergebnisse eines Berichts des World Cancer Research Fund (WCRF) aus dem letzten Jahr. Sie zeigt darüber hinaus erstmals, dass das Risiko für Frauen und Männer unterschiedlich ist. Der Wirkungsmechanismus bleibt jedoch bei vielen Tumorarten unklar. Einige Krebserkrankungen sind bei dünnen Menschen häufiger.

    Dass Übergewicht mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergeht, ist in den letzten Jahren immer deutlicher geworden, berichten Andrew Renehan von der Universität Manchester und Mitarbeiter. Zuletzt hatte der WCRF-Report eine Assoziation des Übergewichts mit einer Reihe von Krebserkrankungen beschrieben. Doch obwohl der 500-seitige WCRF-Report aus dem Jahr 2007 erst wenige Monate zurückliegt, sah das Team, zu dem auch Sozialmediziner aus Bern gehören, die Berechtigung für eine erneute Meta-Analyse: Die neue Analyse wurde um eine Reihe seltener Krebserkrankungen erweitert und erstmals seien geschlechtsspezifische Unterschiede herausgearbeitet worden, schreiben sie.

    Die stärkste Assoziation wurde bei Männern mit dem Adenokarzinom des Ösophagus gefunden. Ein Anstieg des BMI um fünf kg/m2 steigert das Risiko um relativ 55 Prozent. Die nächstliegende Erklärung ist die pathogenetische Schiene über den gastroösophagealen Reflux und den Barrett-Ösophagus. Schwerer zu erklären ist ein Anstieg um 33 Prozent pro fünf Punkte auf der BMI-Skala für das Schilddrüsenkarzinom. Danach folgen Kolonkarzinom, Nieren- und Leberkrebs mit jeweils 24 Prozent pro fünf Punkten auf der BMI-Skala.

    Eine signifikante Assoziation findet sich ferner für das maligne Melanom (plus 17 Prozent), das multiple Myelom (plus elf Prozent), das Rektumkarzinom (plus neun Prozent), Gallenblasenkrebs (plus neun Prozent), Leukämie (plus acht Prozent), Pankreaskarzinom (plus sieben Prozent), Non-Hodgkin-Lymphom (plus sechs Prozent) und Prostatakarzinom (plus drei Prozent).

    Nicht verwunderlich ist, dass beim Lungenkrebs (minus 24 Prozent) und beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus (minus 29 Prozent) eine inverse Assoziation bestand: Diese beiden Krebserkrankungen werden nämlich hauptsächlich durch das Rauchen ausgelöst, das eine anorektische Wirkung hat. Diese beiden Beispiele zeigen aber auch, wie schwierig die Beweisführung auf der Basis von Beobachtungs- und Fallkontrollstudien ist. Es ist immer vorstellbar, dass ein anderer Faktor, der nur zufällig zusammen mit dem Überwicht auftritt, die gefundene Assoziation erklärt.

    Bei Frauen ist, ebenfalls nicht überraschend, das Endometriumkarzinom am stärksten mit dem BMI assoziiert. Das Risiko steigt pro fünf Punkte auf der BMI-Skala relativ um 59 Prozent. Hier dürfte die Konversion von Androgenen in Östrogene im Fettgewebe eine Rolle spielen. Sie lässt auch einen Anstieg des postmenopausalen Brustkrebsrisikos erwarten, der mit 12 Prozent pro fünf Punkte auf der BMI-Skala jedoch relativ gering ausfiel. Wesentlich stärker war die Assoziation mit dem Gallenblasenkrebs (plus 59 Prozent), dem Adenokarzinom des Ösophagus (plus 51 Prozent), dem Nierenkrebs (plus 34 Prozent), der Leukämie (plus17 Prozent), und dem Schilddrüsenkrebs (plus 14 Prozent).

    Weitere mit dem BMI assoziierte Krebserkrankungen bei Frauen waren Pankreaskarzinom (plus 12 Prozent), multiples Myelom (plus elf Prozent), Kolonkarzinom (plus neun Prozent) und das Non-Hodgkin-Lymphom (plus sieben Prozent). Wie bei den Männern gab es beim Lungenkrebs (minus 20 Prozent) und beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus (minus 43 Prozent) eine negative Assoziation. Sie bestand außerdem für das prämenopausale Mammakarzinom (minus acht Prozent).

    Nach Einschätzung der Editorialisten Susanna Larsson und Alicja Wolk vom Karolinska Institut in Stockholm sprechen konsistente Ergebnisse in Heterogenitäts-Analysen (sie prüfen Abweichungen unter den einzelnen Studien) und Sensitivitäts-Analysen (sie variieren bewusst einige Kofaktoren) dafür, dass Faktoren aus dem Fettgewebe an der Krebsentstehung (oder -förderung) beteiligt sind (Lancet 2008; 371: 536-537). Mögliche Kandidaten sind endogene Hormone (Insulin und verwandte Wachstumsfaktoren, die allerdings nicht im Fettgewebe gebildet werden) und Adipokine. Entzündungsreaktionen, oxidativer Stress und Veränderungen des Immunsystems könnten ebenfalls eine Rolle spielen.

    Wenn die Assoziation kausal sein sollte, dann wäre das Übergewicht allein in Großbritannien für 30.000 Todesfälle pro Jahr verantwortlich. In den USA wären es zehnmal mehr. Dort hat nach einer anderen Untersuchungen aus dem Jahr 2005 das Übergewicht das Rauchen als wichtigste Ursache für einen vermeidbaren vorzeitigen Tod abgelöst. Das ist allerdings nicht allein Folge des Krebsrisikos.

    Quelle: Deutsches Ärzteblatt vom 15.02.2008

    Weiterfuehrende Quellen:
    Leukämierisiko ist höher bei Übergewicht, Leukämie-Online 17.01.2008
    Kämpfen will gelernt sein. Das gilt auch für die Abwehrtruppen des menschlichen Immunsystems. Früher sagte man, ein bisschen Dreck könne nicht schaden. Zugespitzt wird das in der sogenannten Hygiene-Hypothese: Stählt sich ein Kind früh an harmlosen Infektionen, so soll es später besser gegen ernsthafte Erkrankungen, bösartige Tumoren etwa, gefeit sein. Die Immunzellen sollen dann auch weniger zu überschießenden Reaktionen - wie bei Allergien - oder zu Angriffen gegen körpereigene Strukturen - wie bei Autoimmunkrankheiten - neigen. Impfkritiker stoßen mit der Auffassung, dass Reifung ohne Krisen nicht zu haben sei, ins gleiche Horn. Kinderkrankheiten "wegimpfen" heißt in diesem Konzept, das Kind um die Chance der Abhärtung gegen schlimmere Feinde zu bringen. Dass Waldorfkinder, die weniger geimpft sind, seltener an Allergien leiden, rundet die Plausibilität der inzwischen weit um sich greifenden, streng gefassten Hygiene-Hypothese ab. Diese führt entgleisende Immunmechanismen und Abwehrschwächen pauschal auf die Infektphobie zurück.

    Das auf den ersten Blick attraktive, gesellschaftskritische Denkgebäude wird in jüngster Zeit jedoch Stück für Stück zerpflückt. Eine im "American Journal of Epidemiology" veröffentlichte kanadische Studie widerlegt vor allem die Vermutung, Infekte und Kinderkrankheiten verringerten das Leukämierisiko. Lange hieß es, wer als Baby durch ältere Geschwister oder in Krippen früh fremden Keimen ausgesetzt würde, erkranke später nicht so leicht an Leukämie oder anderen Krebsarten, etwa Lymphomen. Beim Vergleich von 399 leukämiekranken Kindern mit ebenso vielen gesunden fand sich keine Bestätigung für einen solchen Zusammenhang. Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps, Röteln und Windpocken, aber auch banale Virusinfekte oder Mittelohrentzündungen härten die Kinder offenbar nicht ab. Unlängst hatte sogar Mel Greaves vom Institute of Cancer Research in London freimütig Risse im eigenen Konzept eingeräumt. Er gilt als Urheber der Idee, frühe Infektionen stählten Kinder gegen Leukämie.

    Die kanadische Studie ergab zudem, dass die Impfung gegen Masern-Mumps-Röteln, wenn sie nach dem ersten Geburtstag erfolgte, das Leukämierisiko um die Hälfte verringerte. Auch Impfungen gegen Diphterie, Tetanus und Keuchhusten sowie gegen den Auslöser von Hirnhautentzündungen - das Bakterium Hämophilus influenzae - gingen mit einem verminderten Leukämierisiko einher. Wie Mary McBride und die anderen Forscher weiter berichten, scheinen die Impfungen gegen Tuberkulose und Pocken ebenfalls in dieser Richtung zu wirken. Sie halbieren offenbar das Risiko, am schwarzen Hautkrebs zu erkranken. Eine solche Impfung verlängert zudem die Überlebenszeit der operierten Melanompatienten. Was die Influenza-Impfung betrifft, so schützt diese anscheinend nicht nur vor einer Grippe, sondern auch vor den unterschiedlichsten Entartungen der Lymph- und Knochenmarkszellen. In diesem Fall geht es freilich nicht um Kinder, sondern um ältere Patienten.

    In der Debatte um Allergien zeichnet sich ebenfalls eine Kehrtwende ab. Je mehr Infektionen Kinder durchmachten, desto größer war in späteren Jahren das Risiko für Asthmaleiden oder andere sogenannte atopische Erkrankungen wie Neurodermitis und Heuschnupfen. Das haben finnische Forscher in einer Untersuchung an fast 40 000 Kindern herausgefunden. Mitunter wird die These vertreten, Impfungen erhöhten das Allergierisiko. Eine deutsch-niederländische Studie an mehr als 500 Grundschülern ließ indes keinen Zusammenhang zwischen Impfstatus und Allergien erkennen. Eine schweizerische Untersuchung, in die mehr als 1500 Schüler einbezogen worden waren, führte zu dem Ergebnis, dass jene Kinder, die eine Masern- und Mumpserkrankung durchgemacht hatten, eher an Allergien litten als jene, die gegen diese Krankheiten geimpft worden waren.

    Immer wieder taucht die Behauptung auf, seit mehr geimpft werde, habe die Zahl der Allergien zugenommen. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang existiert aber nicht: In England nimmt zum Beispiel die Zahl der Allergien bei den nach 1985 geborenen Kinder nicht mehr zu, obwohl der Impfplan ist seitdem immer voller geworden ist. In der DDR wurde viel häufiger gegen Keuchhusten geimpft als in der Bundesrepublik. Dennoch litten die Kinder dort deutlich seltener an Allergien. Woher diese offenbar vorteilhaften Effekte der Impfungen auf das Immunsystem herrühren, ist freilich noch ungeklärt.

    Selbstzerstörerische Neigungen der Abwehrzellen sind ebenfalls nicht schlicht als Folge mangelnder Feindberührung zu deuten. Sardinien weist die höchste Rate an Autoimmunerkrankungen in Europa auf und ist sicher keine keimfreie Region. Autoimmunkrankheiten wie Diabetes mellitus Typ 1 kommen nach neueren Erkenntnissen bei Kindern, die viele Infekte durchgemacht haben, sogar häufiger vor. Zudem neigen geimpfte Kinder nicht stärker zu dieser frühen Form der Zuckerkrankheit als nicht geimpfte. Yehuda Shoenfeld vom Zentrum für Autoimmunerkrankungen in Tel Hashomer (Israel) hat jetzt den überschätzten Nutzen von Infektionen zur Verhinderung von Autoimmunerkrankungen dokumentiert.

    Die Hygiene-Hypothese sei "zu sauber, um wahr zu sein", wie ein Kritiker das ausdrückt. Was jedoch übrig bleibt nach der jüngsten Demontage, sind Beobachtungen über Schutzwirkungen von Parasiten, die evolutionär betrachtet eher als alte Bekannte denn als gefährliche Erreger gelten. So werden Wurminfektionen in mehreren Studien als Wegbereiter eines gut funktionierenden Immunsystems gehandelt. Zum anderen scheinen Laktobazillen und Bifidobakterien die Abwehr in richtige Bahnen zu lenken. Solche Kulturen können durch moderne Ernährungsgewohnheiten oder exzessive Verwendung von Antibiotika ungünstig beeinflusst werden. Das erklärt womöglich auch die niedrige Allergierate der Waldorf-Kinder: Ihre Eltern sind skeptisch gegenüber Antibiotika und achten auf eine gesunde Ernährung.

    Quellen: F.A.Z., 26.03.2008, Nr. 71 / Seite N1
    American Journal of Epidemiology, doi: 10.1093/aje/kwm339
    Clinical Reviews in Allergy and Immunology, doi: 10.1007/s12016-007-8048-8).
    Die Einnahme von Vitamin C oder E verringert das Prostatakrebs-Risiko oder das Risiko, an anderen Krebsarten zu erkranken, nicht. Zu diesem Ergebnis sind zwei große US-amerikanische Studien gekommen. Beide untersuchten Hinweise auf mögliche positive Effekte. Für eine Studie wurden die Daten von 35.533 Männern ausgewertet, an der anderen nahmen rund 15.000 Ärzte teil. Keine der beiden fand Hinweise darauf, dass die Anzahl der Erkrankungen bei Einnahme von Vitaminpräparaten geringer war. Beide Studien wurden im Journal of the American Medical Association veröffentlicht.

    Einige bislang durchgeführte Untersuchungen hatten nahe gelegt, dass die Einnahme von Vitaminen das Risiko, an bestimmten Krebsarten zu erkranken, verringern könnte. Erreicht werden sollte das durch die Erhöhung der Werte bestimmter Antioxidantien, die die Schädigung des Gewebes verringern. Die Ergebnisse der Studien waren jedoch nicht einheitlich. Die aktuellen Studien versuchten mit einer großen Anzahl von Freiwilligen zu konkreteren Ergebnissen zu kommen. Wissenschaftler der University of Texas und des Cleveland Clinic Lerner College of Medicine verabreichten gesunden Männern entweder Selen, Vitamin E, beide Substanzen oder ein Blindpräparat. Die Wissenschaftler planten, die Teilnehmer mindestens sieben Jahre lang zu begleiten. Die Studie wurde jedoch aufgrund enttäuschender Ergebnisse frühzeitig abgebrochen. Es gab keine statistisch signifikanten Unterschiede in der Anzahl an Männern in den vier Gruppen, die an Prostatakrebs erkrankten. Innerhalb von fünf Jahren wurde insgesamt bei vier bis fünf Prozent der Teilnehmer ein Prostatakrebs diagnostiziert.

    Wissenschaftler des Boston's Brigham and Women's Hospital untersuchten die Auswirkungen der regelmäßigen Einnahme von Vitamin E und C auf die Anzahl der Krebserkrankungen bei 14.641 Ärzten. Innerhalb von acht Jahren hatte die Einnahme von Vitamin E keine Auswirkungen auf die Anzahl der Erkrankungen an Prostatakrebs oder anderen Krebsarten. Vitamin C hatte ebenfalls keine Auswirkungen. Vor kurzem veröffentlichte Studienergebnisse waren laut BBC sogar zu dem Ergebnis gekommen, dass Vitamin-C-Präparate die Wirkung einer ganzen Reihe von Medikamenten gegen Krebs entscheidend beeinträchtigen könnten.

    Quellen:


    Weiterführende Informationen:
    Mit diesem Ergebnis ihrer Studie hatten die Forscher der University of Southern California nicht gerechnet: Inhaltsstoffe von grünem Tee machen den Wirkstoff Bortezomid gegen Krebs unwirksam. "Eigentlich gingen wir für unsere Untersuchung von der Hypothese aus, dass grüner Tee die Anti-Tumor-Effekte des Medikaments verstärken würde", erklärt Studienleiter Axel H. Schönthal. Er wollte beweisen, dass die Kombination von grünem Tee mit dem Krebsmedikament besonders effektiv wirkt.

    Doch es stellte sich das Gegenteil heraus. Anscheinend binden Substanzen im Tee auf molekularer Ebene die Wirkstoffe des Arzneimittels. Diese chemische Interaktion hindert Bortezomid daran, in Krebszellen einzudringen und ihre Vermehrung zu bremsen. Das beobachteten die Wissenschaftler jedenfalls im Tiermodell mit Mäusen.

    "Die wichtigste Schlussfolgerung aus unserer Studie ist, dass Krebspatienten, die eine Bortezomid-Behandlung erhalten, unbedingt darauf hingewiesen werden müssen, keinen Grüntee und vor allem keine Produkte aus Grüntee-Konzentrat zu nehmen", warnt der Mikrobiologe. Diese Mittel sind frei verkäuflich. Besonders gefährlich: Patienten, die Bortezomid zusammen mit diesen Produkten einnehmen, fühlen sich bessern denn die Nebenwirkungen des starken Medikaments treten nicht mehr auf. Allerdings nicht, wie man bislang glaubte, weil Grüntee gegen die Nebenwirkungen hilft – sondern weil er das Medikament unwirksam macht. Und wo keine Wirkung ist, da ist auch keine Nebenwirkung.

    Die Ergebnisse der Studie werden die Wissenschaftler im Fachjournal "Blood" veröffentlichen.

    Bortezomid wird zur Behandlung des Multiplen Myeloms eingesetzt und wird in klinischen Studienaktuell auch bezüglich des Einsatzes bei Lungenkrebs geprüft.

    Quelle: Focus.de vom 04.02.2009

    Weiterführende Informationen:
    Grüner Tee bekämpft Leukämiezellen, Leukämie-Online 25.05.2004
    Der oft extreme Gewichtsverlust von Krebspatienten im Laufe ihrer Erkrankung beeinträchtigt die Lebensqualität, verschlechtert Heilungschancen und wird oft sogar zur eigentlichen Todesursache. Wie dieses ungewollte Abmagern vor sich geht, liegt bisher im Dunkeln, ebenso wenig kennt man Möglichkeiten der Früherkennung oder Therapie. Welche molekularen Ursachen dieses als "Tumorkachexie" bezeichnete Phänomen hat, untersuchen Wissenschaftler am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) mit Unterstützung der Deutschen Krebshilfe.

    Bei Tumorkachexie werden Fettgewebe und Muskeln drastisch abgebaut und der Energiespeicher verkleinert. "Dadurch reicht die körperliche Fitness oft nicht mehr aus, um eine notwendige, aber kräfteraubende Chemotherapie durchzustehen. Es kann zudem zum Organversagen oder zu Fehlfunktionen kommen", erklärt Stephan Herzig, DKFZ-Forscher für Molekulare Stoffwechselkontrolle, im pressetext-Interview. Einschneidend sei jedoch bereits die durch die Abmagerung verlorene Lebensqualität der Betroffenen, da viele aufgrund der Schwächung ans Bett gefesselt seien. Therapien gegen Kachexie gibt es nicht und auch eine höhere Kalorienzufuhr führt oft nicht zum Erfolg, da wesentliche Organe des Körpers offensichtlich auf "Abbau-Modus" geschaltet sind. Vielmehr leiden Betroffene oft unter Appetitlosigkeit, Übelkeit, Durchfall oder Erbrechen.

    Erkannt wird die Abmagerung bei Krebs meist erst viel zu spät. "Oft kommen Patienten wegen starkem unfreiwilligen Gewichtsverlust zum Arzt. Ein deutliches Anzeichen ist, wenn der Abbau in sechs Monaten mehr als ein Zehntel des Körpergewichts beträgt. Erst infolge der Untersuchungen wird manchmal der Tumor gefunden. Einer Abmagerung kann man dann jedoch kaum mehr gegensteuern", so Herzig. Der Wissenschaftler hofft, diagnostische Marker zu finden, um bei Tumorerkrankungen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Kachexie vorhersagen zu können. "Wenn Tumorkachexie einmal losgeht, ist es schon zu spät für dessen Behandlung."

    Als Ursache dieser gefährlichen Tumor-Begleiterscheinung vermutet man, dass die Tumorzellen Hormone im Blut aussenden, die den Abbauprozess des Körpers in Gang setzen. "Über das Blut gelangen die Botenstoffe dann an ihre Zielorte Fett und Muskulatur und geben dort Signal zum Abbau", erklärt Herzig. Welche Signalwege für Fettgewebe-Abbau genau aktiviert werden, will der Forscher nun herausfinden. Können molekulare Zielstrukturen identifiziert werden, besteht die Chance einer zukünftigen Behandlung. "Das könnte die Heilungschancen vieler Krebs-Patienten deutlich verbessern." Aufschluss erwartet sich Herzig auch darüber, ob Kachexie bei Krebs anderen Mechanismen unterliegt als bei Hungern über lange Zeit, HIV oder Sepsis, wo sie ebenfalls auftritt.

    Lange Zeit ging man davon aus, dass Kachexie bei Krebs darauf zurückgeht, dass der Tumor dem Körper Nährstoffe entzieht. "Jedoch ist die starke Abmagerung besonders bei kleinen, bösartigen Tumoren etwa in der Bauchspeicheldrüse oder in der Lunge anzutreffen, während sie bei Brust- und Blutkrebs kaum auftritt. Die Theorie, dass der Körper den Krebs ernährt, ist also nicht haltbar", so Herzig.

    Quelle: pte vom 06.08.2009
    Über die Wechselwirkungen von Hausmitteln mit gezielten Krebstherapien wird immer wieder in Einzelfällen berichtet. In einer amerikanischen Fachtzeitschrift ist nun der Bericht über einen 26-jährigen CML-Patient erschienen, der nach sieben Jahren komplikationsloser Imatinib-Therapie plötzliche Leberschäden aufwies. Die einzige Verhaltensänderung des Patienten in den drei Monaten vor der Leberschädigung war die zusätzliche tägliche Einnahme von Ginseng über Energydrinks.

    Eine Leberbiopsie zeigte akute, durch medikamente ausgelöste Leberentzündung, aufgrunddessen eine Imatinib-bedingte Lebervergiftung festgestellt wurde. In der Folge wurde sowohl Imatinib als auch Ginseng abgesetzt, und der Patient wurde kurze Zeit mit Kortison behandelt. Die Imatinib-Therapie wurde später wieder aufgenommen. Danach wurde keine erneute Erhöhung der Leberwerte festgestellt.

    Von Imatinib ausgelöste Lebertoxizität tritt üblicherweise in den ersten 1-2 Jahren nach Therapiebeginn auf, mit einer mittleren Zeit von nur 100 Tagen. Ginseng ist ein Naturstoff, der nicht als leberschädigend bekannt ist. Es ist jedoch dafür bekannt, das Enzym CYP3A4 zu hemmen, das am Abbau von Imatinib beteiligt ist. Aufgrund dessen sei es wahrscheinlich, dass Imatinib die Leberschädigung erzeugt habe, und dies wahrscheinlich auf eine Wechselwirkung mit Ginseng zurückzuführen sei.

    Die Forscher folgern, dass dieser Fall zeige, dass die kontinuierliche Überwachung der Leberwerte selbst nach einigen Jahren der Imatinib-Therapie wichtig sei. Zusätzlich sollte Patienten dazu geraten werden, Ginseng und andere nicht verschreibungspflichtige pflanzliche Präparate zu meiden, die mit Imatinib Wechselwirkungen erzeugen könnten.

    Quelle: Ann Pharmacother. 2010 Mar 23. Imatinib and Panax ginseng: A Potential Interaction Resulting in Liver Toxicity (May), Bilgi N, Bell K, Ananthakrishnan AN, Atallah E. Übersetzung durch Jan, ohne Gewähr.

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