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Autoren: S Saußele, J Richter, A Hochhaus und F-X Mahon Inoffizielle Übersetzung von Niko/NL

Die Einführung der Tyrosinkinasehemmer (TKI) in die Behandlung von Patienten mit chronisch-myeloischer Leukämie (CML) hat die Prognose grundlegend verbessert. Die Lebenserwartung der ansprechenden Patienten erreicht diejenige der normalen Bevölkerung, es bleibt aber eine lebenslange Behandlung erforderlich. In verschiedenen Studien wurde die Behandlung mit TKI erfolgreich bei etwa der Hälfte der Patienten in tiefer molekularer Remission abgesetzt. Das hat zur Entwicklung eines neuen Konzeptes, bekannt als Behandlungsfreie Remission, bei der Evaluation der CML-Patienten geführt. Die Zukunft der CML-Behandlung wird einerseits die Definition von Kriterien für ein sicheres und möglichst erfolgreiches Absetzen der TKI-Behandlung und andererseits die Erhöhung der für solche Versuche verfügbaren Patientenzahl erfordern. Bis sichere Kriterien definiert werden, ist das Absetzen der Behandlung noch experimenteller Natur und sollte auf klinische Studien oder Register beschränkt bleiben. Dieser Review wird einen Überblick zum aktuellen Wissensstand und einen Ausblick auf die Herausforderungen der Zukunft geben.

Einleitung

Die Behandlung der CML mit Tyrosinkinasehemmern, die auf die pathogene Struktur des BCR-ABL-Fusionsproteins zielt, kann dauerhafte zytogenetische und molekulare Remissionen (MR) ergeben und die Lebenserwartung der Mehrheit der Patienten substantiell verbessern. Es wird vernünftigerweise erwartet, nicht nur die Lebenserwartung weiter zu verbessern, sondern die Erkrankung sogar heilen zu können, weil ein hoher Prozentsatz der Patienten ein tiefes molekulares Ansprechen erreicht. Die neuesten Empfehlungen des National Comprehensive Cancer Network (NCCN) und des European LeukemiaNet (ELN) zur CML schlagen die Fortführung der Behandlung mit TKI auf unbestimmte Zeit für alle darauf ansprechende Patienten vor. Die Nachteile einer solchen lebenslangen Behandlung schliessen erwartete und unerwartete Nebenwirkungen, die Beeinträchtigung der Lebensqualität für viele Patienten und die Preise der Medikamente ein.

Aktuelle Studien haben gezeigt, dass ein beträchtlicher Anteil der Patienten unter den Nebenwirkungen der TKI und bisher unerkannten Toxizitäten leidet. Nebenwirkungen wie arterieller Bluthochdruck, Pleuraergüsse und Gefässerkrankungen waren nicht erwartet worden, es wurde darüber erst nach der Zulassung der TKI berichtet. Für Imatinib, dem ersten für die CML-Behandlung zugelassenen TKI, wurde eine Verbindung zwischen der Behandlung und Nebenwirkungen festgestellt, die vor allem die Lebensqualität jüngerer Patienten beeinträchtigen. Für die neueren TKI sind Daten zur Lebensqualität rar.

Verbesserte Überlebensraten bei CML führen zu einer steigenden Verbreitung der Erkrankung. Mit über 400'000 für das Jahr 2050 für Europa erwarteten CML-Patienten wird die CML zu einer wichtigen chronischen, nicht übertragbaren Erkrankung werden. Die Behandlungskosten pro Patient werden derzeit in den meisten europäischen Ländern auf 30-40'000 Euro/a geschätzt. In Hinblick auf eine notwendige lebenslange Behandlung stellt das eine bedeutende Belastung der Gesundheitssysteme dar, selbst wenn sinkende Kosten wegen der kommenden Verfügbarkeit generischen Imatinibs in den meisten Ländern erwartet wird.

Das Absetzen der Behandlung bei einem substantiellen Anteil der Patienten wäre eine innovative, insbesondere kostenwirksame Methode der Optimierung vorhandener Behandlungskonzepte. Mehrere Studien haben gezeigt, dass etwa 40% der Patienten mit stabilem tiefem molekularen Ansprechen nach dem Absetzen der Erstlinienbehandlung in behandlungsfreier Remission verbleiben. Generell sprechen die Patienten nach einem molekularen Rückfall wieder auf die TKI an und erreichen erneut ein molekulares Ansprechen.

Die Definition des molekularen Ansprechens hat sich mit der Zeit verändert. Die aktuelle Definition unterscheidet mehrere Kategorien molekularen Ansprechens entsprechend dem Niveau der Menge der nachweisbaren BCR-ABL-Transskripte und der Sensitivität des jeweiligen Assays, was noch nicht der Fall war, als die ersten Studien zum Absetzen der Behandlung initiiert wurden.

Dieser Review möchte einen Überblick über die aktuell verfügbaren Daten geben, die Ergebnisse der bis jetzt publizierten Studien und die verbleibenden offenen Fragen kritisch diskutieren, und schliesslich einen Ausblick über nächste Schritte und die Zukunftsperspektiven geben.

Versuche zum Behandlungs-Stop bei CML

Schon vor dem Aufkommen der TKI für die Behandlung der CML wurde das erfolgreiche Absetzen der Behandlung mit Interferon alpha (IFN) beschrieben. In dieser Ära waren quantitative qRT-PCR-Techniken noch nicht verfügbar oder mühsam und nicht für die Sensitivität des individuellen Tests standardisiert. Trotzdem setzte eine Minderheit der Patienten die IFN-alpha-Behandlung ab und verblieb in Remission.

Vielversprechende Ergebnisse aus Fallberichten und kleineren Studien unter Behandlung mit TKI ermutigten zur Auflage der Stop-Studien. In einer Pilotstudie blieb ein vollständiges molekulares Ansprechen (CMR) bei 6 von 12 Patienten nach dem Absetzen während mindestens zwei Jahren erhalten. In dieser Studie und zum damaligen Zeitpunkt war CMR durch nicht mehr detektierbare BCR-ABL-Transskripte definiert, die Sensitivität der PCR- Assays wurde rückblickend zwischen 4.5 und 5 log definiert. Nach einer mittleren Überwachungsdauer von 18 Monaten blieben 50% der Patienten ohne Behandlung, ohne dass ein Wiederauftreten von BCR-ABL-Transskripten im peripheren Blut bestätigt werden konnte. Aktualisierte Ergebnisse bestätigten, dass 50% der Patienten keine nachweisbaren BCR-ABL-Transskripte nach einer mittleren Beobachtungsdauer von 7.5 Jahren hatten (Bereich 4.4-8.4 Jahre). Diese Pilotstudie lieferte den Beweis für die Machbarkeit, dass ein Absetzen der Imatinib-Behandlung für ausgewählte CML-Patienten erreichbar ist.

Die multizentrische Stop Imatinib Studie (STIM) bestätigte diesen Ansatz an einer grösseren Patientenkohorte. Einhundert CML-Patienten in chronischer Phase unter Erstlinienbehandlung mit Imatinib wurden mit identischen Eintrittskriterien prospektiv eingeschrieben. Die Hauptanforderung für den Studieneintritt war, dass konsistent während zwei Jahren BCR-ABL-Transskripte im peripheren Blut nicht nachweisbar waren. Ein molekularer Rückfall, der willkürlich als zwei aufeinanderfolgende positive quantitative Real-Time PCR (qRT-PCR) Ergebnisse innerhalb eines Monats mit einem signifikanten Anstieg (1 log) der BCR-ABL-Transskripte definiert wurde, löste die Wiederaufnahme der Behandlung mit Imatinib aus. Eine vorläufige Analyse ergab vielversprechende Ergebnisse, das rückfallfreie Überleben nach 12 Monaten betrug 41%. Ein aktuelles Update der Studie bestätigte, dass die kumulierte Häufigkeit der Rückfälle nach 65 Monaten 61% betrug (5%, Konfidenzintervall (CI) 52-70); drei Fälle eine späten Rückfalls wurden nach 19, 20 und 22 Monaten beobachtet. Die Wahrscheinlichkeit eines molekularen Rückfalls nach den ersten 6 Monaten beträgt nur noch 10%. Das Absetzen der TKI-Einnahme schadete den Patienten nicht; die meisten Patienten mit einem molekularen Rückfall sprachen auf die Wiederaufnahme der Behandlung an, wie es schon in der Pilotstudie beobachtet wurde.

Die CML8 (TWISTER)-Studie der Australasian Leukaemia and Lymphoma Group (ALLG), die der STIM-Studie sehr ähnliche Eintrittskriterien verwendete (Patienten mindestens 2 Jahre mit Imatinib behandelt, PCR negativ bei einer Sensitivität von 4.5 log) bestätigte diese Ergebnisse. Die mediane Beobachtungsdauer der TWISTER-Studie betrug 42 Monate. Der geschätzte Anteil stabiler behandlungsfreier Remissionen war nach 24 Monaten 47.1%. Die meisten Rückfälle traten innerhalb von 6 Monaten nach dem Absetzen der Behandlung mit Imatinib auf, nach 27 Monaten wurden keine Rückfälle mehr beobachtet,

Eine retrospektive Studie in Japan identifizierte 50 Patienten, die Imatinib während mindestens 6 Monaten abgesetzt hatten und von denen 43 Untersucht wurden. Ein molekularer Rückfall wurde bei 19% der Patienten festgestellt, und die von molekularen Rückfällen freie Überlebensrate wurde auf 46% geschätzt.

Unter engmaschiger molekularer Überwachung wurde beobachtet, dass tiefe Levels einer Resterkrankung nach dem Absetzen des TKI nicht automatisch einen CML-Rückfall anzeigten und die Möglichkeit einer Behandlungsfreiheit nicht von vornherein ausschliessen. Um dieses Prinzip zu beweisen, wurde eine beobachtende französische multizentrische Studie (entsprechend Stop Imatinib, A-STIM) an 80 Patienten mit CML in chronischer Phase, die Imatinib nach einer während 2 Jahren aufrecht erhaltenen CMR abgesetzt hatten, mit der gleichen Definition einer CMR wie in der STIM-Studie durchgeführt. Allerdings waren die Kriterien für einen Behandlungs-Stop weniger streng als in der STIM-Studie, und Patienten mit niedrigen positiven PCR-Ergebnissen entsprechend MR4.5 wurden auch als geeignet betrachtet. Auch ein molekularer Rückfall wurde weniger streng definiert: Verlust eines guten molekularen Ansprechens (major molecular response, (MMR), BCR-ABL≤ 0.1% auf der internationalen Skala (IS)) zu irgendeinem Zeitpunkt wurde als Auslöser für die Wiederaufnahme der Behandlung ausgewählt. Die mediane Beobachtungsdauer betrug 31 Monate (Bereich 8-92 Monate). 29 Patienten (36%) verloren ihre MMR im Mittel 4 Monate nach dem Absetzen der Behandlung (Bereich 2-17 Monate). Die kumulierte Häufigkeit der MMR-Verluste betrug 35% (95% CI, 25-46%) nach 12 Monaten und 36% nach 24 Monaten (95% CI, 25-46%) mit einem Plateau nach 24 Monaten. Eine Fluktuation der BCR-ABL-Transskriptlevels unterhalb der MMR-Schwelle wurde bei 31% der Patienten nach dem Absetzen der Imatinib-Behandlung beobachtet. Behandlungsfreie Remission (TFR) wurde auf ca. 37% nach 36 Monaten geschätzt, wenn die STIM-Kriterien angewandt wurden, was nahe bei den STIM und TWISTER-Ergebnissen liegt. Die wichtigste Schlussfolgerung aus der Studie war, dass „Verlust der MMR“ der angemessenere Auslöser für die Wiederaufnahme der Behandlung nach dem Absetzen des TKI als der Verlust des tiefen molekularen Ansprechens oder CMR ist.

Kürzlich wurden die Daten aus der ISAV -Studie (Imatinib Suspension and Validation) gezeigt. Einhundertzwölf Patienten, die mindestens zwei Jahre mit Imatinib behandelt wurden und mindestens 18 Monate keine mit qRT-PCR detektierbaren BCR-ABL-Transskripte aufwiesen, wurden im Mittel während 21.6 Monaten beobachtet. Die kumulierte Häufigkeit der Rückfälle betrug 52% nach 36 Monaten. Als Rückfall wurde der Verlust der MMR definiert (zwei aufeinanderfolgende positive PCR mit mindestens einem Ergebnis über 0.1%). Dieses ist die erste Studie, die digitale PCR parallel zur qRT-PCR nutzte, was eine bessere Vorhersage eines Rückfalls erlaubte.

Verschiedene Studien laufen: STIM2 wurde 2011 in Frankreich gestartet und läuft noch. Diese Studie hat Patienten eingeschlossen, die ursprünglich nur mit Imatinib als Monotherapie behandelt wurden, unter den gleichen Kriterien wie STIM, also anhaltende tiefe molekulare Remission während wenigstens 2 Jahren. Das Kriterium für einen molekularen Rückfall war auch ähnlich.Vorläufige Ergebnisse von 127 Patienten wurden mit einer kumulierten Häufigkeit molekularer Rückfälle von 46% (95% CI 38-56) nach 24 Monaten kommuniziert.

Die bisher umfangreichste Studie ist die European Stop Kinase Inhibitor (EURO-SKI) Studie der ELN, die derzeit läuft. Diese Studie hat mehr als 800 Patienten rekrutiert. . Die EURO-SKI-Studie wurde in 68 Zentren in 11 Ländern initiiert. Die Kriterien für das Absetzen der Behandlung sind weniger streng als in den STIM-Studien: Die Dauer der TKI-Behandlung vor der Aufnahme muss mindestens 3 Jahre betragen, und innerhalb des letzten Jahres vor dem Absetzen sind keine PCR-Ergebnisse >0.01% (entsprechend MR4) zulässig. Die tiefe molekulare Remission muss von einem durch das EUTOS-Programm (European Treatment and Outcome Study for CML) standardisierten Labor bestätigt werden. Die Nullhypothese war, dass das von molekularen Rückfällen freie Überleben nach 6 Monaten 40% sein würde. Schon die vorläufigen Ergebnisse einer Zwischenanalyse haben gezeigt, dass das Konzept machbar und umsetzbar ist. Während der ersten 6 Monaten blieben bis heute von den 200 geeigneten Patienten mit mindestens 6 Monaten Beobachtungsdauer 123 Patienten ohne molekularen Rückfall, definiert als Verlust der MMR zu irgendeinem Zeitpunkt. Also betrug das Überleben ohne molekularen Rückfall nach 6 Monaten 61.5% (95% CI 54.4%, 68.3%), und zeigt, dass die ursprüngliche Nullhypothese dieser Studie verworfen werden kann.

Bisher liegen nur begrenzte Erfahrungen sowohl über TKI der zweiten Generation und über Patienten, die einen zweiten Versuch zum Absetzen nach einem molekularen Rückfall während einer ersten behandlungsfreien Phase unternehmen.

Um die Möglichkeit zu untersuchen, Nilotinib oder Dasatinib absetzen zu können, wurde in Frankreich eine akademische Pilotstudien begonnen. Vorläufige Ergebnisse zeigten, dass von den 52 Patienten mit mindestens 12 Monaten Beobachtungsdauer 25 die MMR verloren; die Wahrscheinlichkeit, nach 12 Monaten noch in MMR zu bleiben, betrug 59.6% (95% CI 46-73). Diese Studie hat auch Patienten mit einem vorausgegangenen Therapieversagen mit dem Erstlinien-TKI eingeschlossen.

Kürzlich wurden die Ergebnisse der japanischen Dasatinib Discontinuation (DADI)-Studie, die eine behandlungsfreie Remission nach Absetzen von Dasatinib in zweiter Linie oder später bewertete, vorgestellt. Mit einer mittleren Beobachtungsdauer von 20 Monaten wurde das molekulare Ansprechen bei 30 Patienten von 63 Patienten, die eine behandlungsfreie Remission versuchten, erhalten, während 33 Patienten einen molekularen Rückfall erlitten; die Wahrscheinlichkeit einer behandlungsfreien Remission war 49% bzw. 48% nach 6 bzw. 12 Monaten. Alle molekularen Rückfälle traten innerhalb von 7 Monaten nach dem Absetzen der Dasatinib-Behandlung auf, und nach Wiederaufnahme der Behandlung (mit Dasatinib n =32, mit Nilotinib n=1) erreichten alle Patienten mit molekularem Rückfall wieder ein tiefes molekulares Ansprechen, die Mehrheit (n=29) innerhalb von 3 Monaten.

Verschiedene von der Industrie gesponserte Studien rekrutieren zur Zeit Patienten (DASFREE, Bristol-Myers Squibb) oder befinden sich in der Aufarbeitung der Ergebnisse (ENESTPath, ENESTFreedom, ENESTStop, ENESTGoal; Novartis). Patienten ohne tiefes molekulares Ansprechen werden bei der Einschreibung auf Nilotinib umgestellt (Induktionsphase). Anschliessend an die Nilotinib-Induktionstherapie treten die Patienten in die Konsolidierungsphase ein, während derer sie die Behandlung mit Nilotinib fortsetzen und zur Erhaltung der erforderlichen molekularen Remission überwacht werden. In ENESTFreedom und ENESTStop treten Patienten, die eine MR4.5 erreicht haben, beim Studieneintritt direkt in die Konsolidierungsphase ein. In allen drei Studien muss die geforderte MR während der Konsolidierungsphase erhalten werden (mit einer molekularen Überwachung alle drei Monate), um als für eine behandlungsfreie Remission geeignet eingestuft zu werden. Jeder Patient mit einem molekularen Rückfall während der behandlungsfreien Phase muss die Behandlung wiederaufnehmen. Die Raten erfolgreicher behandlungsfreier Remissionen werden in jeder Studie erfasst. Bei DASFREE, einer Phase II-Studie (Dasatinib Functional Cure; CA180-406) wird das Absetzen der Behandlung nach mindestens 2 Jahren der Behandlung mit Dasatinib bei Patienten mit stabilem tiefen molekularen Ansprechen untersucht. DESTINY (De-escalation and stopping of Imatinib, Nilotinib and Dasatinib in CML) wird als wissenschaftlich initiierte Studie im United Kingdom durchgeführt. Patienten in stabiler molekularer Remission reduzieren ihre Dosis während 12 Monaten auf die Hälfte der Standarddosis. Bei Patienten, die nach diesen 12 Monaten in stabiler Remission sind, wird die Behandlung abgesetzt. Die Patienten werden während zwei Jahren beobachtet. Alle diese Studien nutzen „Verlust der MMR“ als Endpunkt.

Bisher wurde nur eine Studie publiziert, in der Patienten die TKI-Behandlung ein zweites Mal absetzten.Sechzehn Patienten in der zweiten CMR wurden nach einem ersten erfolglosen Stop-Versuch wenigstens 1 Jahr mit Imatinib behandelt. Alle Patienten befanden sich in MR mit einer mittleren Dauer von 2.5 Monaten (Bereich 1-8 Monate) und erreichten eine zweite CMR nach der Wiederaufnahme der Behandlung mit Imatinib, im Mittel nach 6 Monaten (Bereich 1-19 Monate) nach diesem ersten Versuch. Vier Patienten verloren ihre MMR zu keinem Zeitpunkt und blieben Behandlungsfrei mit einer mittleren Beobachtungsdauer von 32 Monaten (Bereich 15-53 Monate). Zwei weitere Studien befinden sich zur Zeit in Planung, um das Konzept eines zweiten TKI-Stops an Patienten, bei denen ein erster Stop-Versuch fehlgeschlagen ist, zu untersuchen. Eine Studie schliesst Nilotinib-Behandlung von dem zweiten Stop ein, die andere Dasatinib.

Prognosefaktoren für ein erfolgreiches Absetzen der TKI bei CML

Die Identifikation von Prognosefaktoren für ein erfolgreiches Absetzen der TKI bleibt ein Schlüsselproblem. Zusätzlich muss ein sicherer Weg für das zweite Absetzen der TKI-Behandlung definiert werden. Mehrere der obengenannten Studien schliessen auch die Analyse von Prognosefaktoren ein. In einigen Studien wird das als multivariate Datenanalyse, in einigen als univariate Datenanalyse durchgeführt. Das Problem aller bisher publizierten Studien ist die relativ geringe Patientenzahl. Deshalb müssen die in dieser Sektion diskutierten Prognosefaktoren mit Vorsicht interpretiert werden, sie bedürfen noch weiterer Bestätigung. Bis heute wurde der prognostische Einfluss sowohl der Dauer der vorausgehenden Behandlung und MR als auch des individuellen Sokal-Scores bei der Diagnose auf die Chance, deine behandlungsfreie Remission zu erhalten, beschrieben.

Dauer der Behandlung

In der STIM-Studie, die multivariate Analyse und logistische Regression nach 8 Monaten nutzt, wurde die Dauer der Behandlung mit Imatinib als unabhängiger Prognosefaktor für die Vorhersage eines molekularen Rückfalls nach dem Absetzen von Imatinib identifiziert. Der Anteil molekularer Rückfälle nach dem Absetzen von Imatinib betrug 53% der Patienten, die 50 Monate oder länger mit Imatinib behandelt wurden, gegenüber 83% der Patienten, die weniger als 50 Monate behandelt wurden. In der EURO-SKI-Studie erlaubt der Mittelwert der Behandlung (8 Jahre) für die ersten 200 Patienten mit wenigstens 6 Monaten Beobachtungsdauer eine signifikante Aufteilung der Ergebnisse. Die Daten müssen aber noch mit multivariater Analyse bestätigt werden.

Dauer der molekularen Remission

Verschiedene TKI-Stop-Studien (Tabelle 1) bestätigten und suggerierten, dass die Dauer des Ansprechens, besonders die Dauer der tiefen MR vor dem Absetzen, wichtig war. Takahashi et al. berichteten über einen signifikanten Unterschied der geschätzten, von molekularen Rückfällen freien Überlebensraten 5 Jahre nach dem Absetzen in Patienten, bei denen die MR für über 24 Monate vor dem Imatinib-Stop anhielt und solchen die eine tiefe MR für < 24 Monate hatten (78% vs. 15%, p=0.0002).

Die Validierung dieses Kriteriums wurde durch die Nutzung mathematischer Modelle, die eine zweiphasige Abnahme des BCR-ABL-Transskriptlevels mit einem Zweisteigungsmodell des Imatinib-Ansprechens bestätigten: die a-Steigung korrespondierte mit der schnellen Abnahme der BCR-ABL-Transskriptlevels (zirkulierende Zellen) zu Beginn der Behandlung, und der b-Steigung, die mit der Langzeit-BCR-ABL-Dynamik (weniger proliferative Zellen) korrespondierte. Ein anderes Modell, basierend auf der zweiphasigen Abnahme des BCR-ABL-Transskriptlevels, suggerierte, dass 31% der Patienten in tiefer MR nach dem Absetzen nach einer festen Zeit von 2 Jahren in MR verbleiben würden, wohingegen für 69% ein Rückfall erwartet werde.

Weil die Identifikation derjenigen Patienten, die am meisten vom Absetzen der Imatinib-Behandlung profitieren, ein Schlüsselproblem bleibt, ist die Frage nach der Dauer des molekularen Ansprechens vor dem Absetzen entscheidend. Eines der Probleme der meisten kürzlich publizierten Studien ist die unbekannte Qualität (Genauigkeit und Empfindlichkeit/Sensitivität) der PCR-Messungen vor dem Studieneintritt. In einigen Studien, z.B. der ISAV-Studie, wurden nicht einmal die PCRs in der Studie entsprechend der IS durchgeführt. Zusätzlich wurden einige Patienten seit >15 Jahren mit Imatinib behandelt, aber die Standardisierung der Labors wurde erst vor 10 Jahren begonnen. Deshalb kann die individuelle Dauer der MR4, MR4.5 und sogar der MMR nicht genau bestimmt werden.

Sokal-Score

Die Daten der STIM-Studie legen nahe, dass die Wahrscheinlichkeit, nach dem Absetzen in stabiler MR zu bleiben, günstiger in der Niedrigrisiko-Gruppe (nach Sokal-Score) als in der Gruppe mittleren oder hohen Risikos ist. Mit multivariater Analyse und logistischer Regression nach 8 Monaten wurden das Sokal-Risiko und die Dauer der Imatinib-Behandlung als zwei unabhängige Prognosefaktoren zur Vorhersage eines molekularen Rückfalls nach dem Absetzen der Imatinib-Behandlung bestätigt. Diese Tatsache wurde erst kürzlich bestätigt. Mittels univariater Analyse fanden Ross et al. in der TWISTER-Studie, dass ein hohes Sokal-Risiko bei der Diagnose der stärkste Prognosefaktor für einen molekularen Rückfall nach dem Absetzen der Behandlung war. Es ist von einigem Interesse, dass ein Faktor wie der Sokal-Score, der die Aggressivität der Erkrankung bei der Diagnose illustriert, immer noch bedeutend ist.

Sicherheit

Mehr als 2000 CML-Patienten haben ihre Behandlung nach dem Erreichen eines tiefen molekularen Ansprechens abgesetzt. Bisher blieben alle Patienten mit einem Rückfall gegenüber der Behandlung mit TKI empfindlich, und keiner der Patienten entwickelte BCR-ABL-Mutationen. Nach unserem besten Wissen und Gewissen wurde nur ein Fall einer Progression in eine Blastenkrise bei einem Patienten festgestellt, der die Behandlung in A-STIM absetzte. Dieser Patient wurde nach dem molekularen Rückfall wieder mit Imatinib behandelt und erreichte wieder ein molekulares Ansprechen. Trotzdem erfuhr der Patient 8.5 Monate später eine lymphoide Blastenkrise. Der Patient wurde dann mit Nilotinib und Chemotherapie behandelt, und unterzog sich einer erfolgreichen allogenen Stammzelltransplantation.

Einfluss des Absetzens der CML-Behandlung auf die Patientenkohorte

Patientenfürsorge

Die Lebenserwartung der CML-Patienten ist mittlerweile sehr nahe an derjenigen der gesunden Bevölkerung. Aus diesem Grund ist die Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Patienten das Hauptziel der CML-Behandlung geworden, eine Entwicklung die 10 Jahre früher nicht vorhergesehen werden konnte. Deshalb ist ist der primäre Motivationsfaktor für das Absetzen der Behandlung der Wunsch und die Erwartung von Patienten, ein normales Leben zu führen. Für CML-Patienten muss die Lebensqualität normal oder sehr nahe an normal eingeschätzt werden. Offensichtlich ist eine Reduktion der Nebenwirkungen einer kontinuierlichen TKI-Behandlung eine primäre Überlegung. Es scheint, dass die Lebensqualität besonders jüngerer Patienten geringer als diejenige der Normalbevölkerung ist. Die Perspektiven der Patienten sind ein sehr wichtiger und manchmal übersehener Aspekt der CML-Behandlung. Eine aktuelle Umfrage fand heraus, dass nicht alle Patienten die Behandlung absetzen wollen. Die Umfrage fand auch, dass die Motivation der Patienten, die das Absetzen der Behandlung in Betracht ziehen, mit den Kosten und dem Alter zusammenhängen.

Ein Arzt kann heutzutage nicht ohne ein umfassendes Bewusstsein für den Preis der Medikamente und die Berücksichtigung, dass die Reduktion der wirtschaftlichen Belastung für die Behandlung aller Patienten weltweit notwendig ist, praktizieren. In vielen Ländern ist die Kostenreduktion das Motiv für die Einleitung einer behandlungsfreien Remission. Weil aber generischer Versionen von Imatinib breiter verfügbar werden, könnten die Kosten für die häufigere molekulare Überwachung teurer werden als die fortgesetzte Behandlung, zumindest mit generischem Imatinib. Ein interessanter Faktor ist, dass in vielen Ländern die umfassende Krankenversicherung bedeutet, dass die Reduktion der Kosten der Behandlung normalerweise nicht vom Patienten, sondern von den Versicherungen getrieben ist.

Nebenwirkungen des Absetzens der TKI-Behandlung

Obwohl Imatinib und andere TKI Nebenwirkungen auf das Muskel-Skelettsystem verursachen können, wurde angenommen, dass solche Nebenwirkungen reversibel beim Absetzen der Behandlung seien. Trotzdem zeigten in der laufenden EURO-SKI-Studie einige Patienten Muskel- und Skelettschmerzen, die 1-6 Wochen nach dem Absetzen der Behandlung begannen oder sich verschlimmerten. Diese Tatsache wurde in einer Untergruppe der Studie genauer untersucht, in der es bei 15 von 50 Patienten auftrat. Die Schmerzen traten in verschiedenen Körperteilen auf, einschliesslich Schultern und Hüften und ähnelten manchmal einer Polymyalgia Rheumatica. In Verbindung mit den Muskel-Skelettsymptomen wurden nur sehr geringfügige Laborabnormalitäten bemerkt. Die Symptome waren bei den meisten Patienten mild, und erforderten lediglich die Nutzung von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten (Paracetamol oder andere nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente, nichtsteroidale Entzündungshemmer), aber einige Patienten waren schwerer betroffen von Manifestationen, die die täglichen Aktivitäten beeinträchtigen und eine Steroidbehandlung erforderten. Mit der Zeit scheinen die Symptome abzuklingen. Die Rate molekularer Rückfälle der Patienten mit Muskel-Skelettschmerzen unterschied sich nicht von derjenigen der Patienten ohne solche Symptome.

Ähnliche Beobachtungen wurden in einer Stop-Studie in Korea gemacht, in der 55 CML-Patienten einen Fragebogen zur Lebensqualität ausfüllen sollten, und 22% der Patienten das Einsetzen oder eine Verschlimmerung von Muskel- und Knochenschmerzen nach dem Absetzen von Imatinib berichteten. Auch in der oben erwähnten ISISAR-Studie und der STIM2-Studie berichteten 21% der Patienten über Muskel- und Skelett schmerzen, die zu diesem „TKI-Entzugssyndrom“ passen.

Der diesem „TKI-Entzugssyndrom“ unterliegende Mechanismus ist unbekannt. Es ist möglich, dass andere molekulare Targets als BCR-ABL, wie z.B. KIT oder PDGFR in dieses Phänomen involviert sind. In einer kleinen italienischen Studie berichteten 2 von 7 Patienten über Muskel und Skelettschmerzen zweiten Grades, die sich 2-3 Wochen nach dem Absetzen der Behandlung mit TKI entwickelten; in beiden Patienten wurde im Plasma ein erhöhter Spiegel von PDGFRbeta gefunden.

Es scheint, das dieses Phänomen nicht auf die Vorbehandlung mit Imatinib beschränkt ist. Ärzte sollten sich der Möglichkeit bewusst sein, dass Nebenwirkungen auch nach dem Absetzen der Langzeitbehandlung mit TKI auftreten und derartige Ereignisse prompt berichten. Weitere Untersuchungen des zugrunde liegenden Mechanismus sind ebenso notwendig.

Warum ist das Absetzen der TKI-Behandlung auf eine Minderheit der Patienten begrenzt?

Es gibt zwei Faktoren, die bei der Interpretation der Ergebnisse der behandlungsfreien Remission in Betracht gezogen werden müssen: Erstens die Biologie der Leukämiestammzellen, über die berichtet wurde, dass sie resistent gegenüber TKI seien, und zweitens, die Immunkontrolle der Erkrankung, die durch eine allogene Stammzelltransplantation oder indirekt aus der Ära der IFN-alpha-Behandlung bekannt sind.

Mehrere Studien haben gezeigt, dass Ph+-hämatopoetische Stammzellen (CD34+/CD38- Zellen) gegenüber TKI unempfindlich sind, weil das Überleben dieser Zellen nicht von BCR-ABL1 abhängig ist, zumindest nicht kurzzeitig in in in Vitro-Kulturen. Wenn man nur diese Beobachtung heranzieht, würde man bei fast allen Patienten einen Rückfall nach dem Absetzen der TKI-Behandlung erwarten. Trotzdem, wie in diesem Review dokumentiert, ist das Absetzen der TKI-Behandlung bei ~40-60% der Patienten mit tiefen molekularen Ansprechen klinisch machbar.

Eine wesentliche Frage auf diesem Feld ist, ob die TKI-Behandlung in Vivo, im Gegensatz zu den oben genannte in Vitro-Befunden, mit der Zeit zu einer Eliminierung der CML-Stammzellen führt, und darüber hinaus, ob das für die langfristige behandlungsfreie Remission nach dem Absetzen der TKI-Behandlung erforderlich ist. Zwei individuelle Studien haben gezeigt, dass in jahrelang mit Imatinib behandelten CML-Patienten, in denen mit Routine-qRT-PCR kein nachweisbares BCR-ABL existiert, weiter Beweise für die Persistenz der Erkrankung existieren. Das wurde einerseits durch die Existenz von Ph+ long term culture initiating cells (LSCs) oder als BCR-ABL-exprimierende sortierte CD34+/CD38-negativer Zellen gezeigt. Zusätzlich zeigten Ross et al mittels patientenspezifischer genomic PCR, dass BCR-ABL auf Genomlevel während vieler Jahre in Patienten in behandlungsfreier Remission nachgewiesen werden kann.

Zusammengefasst weisen diese Befunde darauf hin, dass CML-Stammzellen sogar nach langer Behandlung mit TKI überleben können, und dass die Auslöschung dieser Stammzellen nicht in allen Patienten für eine anhaltende behandlungsfreie Remission notwendig ist. Diese Befunde weisen auch darauf hin, dass niedrige Levels der Erkrankung in einigen Patienten von noch nicht vollständig geklärten Mechanismen unter Kontrolle gehalten werden. Trotzdem sind Stammzellen als Ziel in der präklinischen und klinischen Forschung von wesentlichem Interesse, und potentiell gegen Stammzellen aktive Verbindungen werden zur Zeit erforscht. Der Transfer in die klinische Praxis fehlt bis jetzt.

Knapp unterhalb der MMR-Schwelle mit qRT-PCR detektierte schwankende BCR-ABL-Levels, ohne dass die MMR verloren geht (und deshalb ohne Wiederaufnahme der Behandlung) ist ein normaler Befund aus den Stop-Studien, z.B. in der vorher erwähnten A-STIM-Studie. Das weist auf die Bedeutung der Immunkontrolle für eine anhaltende behandlungsfreie Remission der CML hin.

Während der IFN-Ära wurde das Immunsystem als wichtiger Faktor für das Ansprechen auf IFN identifiziert. Sein pleiotroper Mechanismus gegen die CML schliesst Immunaktivierung und spezifische Wirkung gegen die CML-Stammzellen ein, insbesondere durch Induktion des Langzeitüberlebens zytotoxischer T-Zellen, Verstärkung der Zytotoxizität natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und der Differenzierung dendritischer Zellen.

Diese Effekte könnten auch für die Erhaltung der behandlungsfreien Remission nach dem Absetzen der CML-Behandlung, egal ob IFN Teil der Behandlung war oder IFN als Erhaltungstherapie verwendet wurde. Die Pilotdaten waren positiv, aber es gibt einen dringenden Bedarf, diese wichtige Frage innerhalb wohlüberlegter Studien zu untersuchen, z.B. der CML V (TIGER)-Studie, die die Wirksamkeit von Nilotinib alleine mit Nilotinib plus IFN-alpha als Erstlinien-Behandlung vergleicht. In beiden Armen ist eine Stop-Prozedur integriert, um die Rolle von IFN-alpha im Zusammenhang mit der behandlungsfreien Remission zu evaluieren.

Zur Unterstützung der Bedeutung des Immunsystems für die behandlungsfreie Remission haben zwei unabhängige Studien berichtet, dass geringe Zahlen der NK-Zellen einen frühen Rückfall vorhersagen könnten. Diese Beobachtungen legen nahe, dass die auf NK-Zellen basierende Immunüberwachung zur Kontrolle der CML nach dem Absetzen des TKI beitragen könnte.

Ob die Zahl der NK-Zellen und deren Funktion zusammen mit anderen Faktoren für eine Prognose eines Rückfalls nach dem Absetzen des TKI genutzt werden können, muss noch weiter untersucht werden. In einer der Studien unterschieden sich die Zahlen der NK-Zellen signifikant zwischen derjenigen bei frühen Rückfällen ( 5 Monate nach dem TKI-Stop) und denjenigen bei späten Rückfällen (>5 Monate nach dem TKI-Stop). So könnten verschiedene Mechanismen in das Wiederauftreten der Erkrankung zu verschiedenen Zeitpunkten involviert sein. Es muss darüber hinaus noch bestimmt werden, ob die pharmakologische Nutzung von Wirkstoffen, die die Funktion der NK-Zellen stimuliert, die Zahl der Patienten, die ein tiefes molekulares Ansprechen und langanhaltende behandlungsfreie Remissionen nach dem Absetzen des TKI erreichen, erhöhen kann.

Kürzlich haben Caocci et al. über KIR-Polymorphismen berichtet, die signifikant mit besseren Ergebnissen behandlungsfreier Remissionen in Verbindung gebracht werden konnten. Sie publizierten eine Kohorte von 36 CML-Patienten in chronischer Phase, die die Behandlung mit TKI abgesetzt haben und fanden mit multivariater Analyse, dass die behandlungsfreie Remission signifikant höher bei Patienten mit homozygotischem KIR A/A-Haplotyp gegenüber KIR B/x-Haplotypen (85.7% vs. 45.5%; p=0.029) war. Für einen dieser Haplotypen wurde bereits über eine signifikante Verbindung mit dem Ansprechen auf die TKI berichtet (KIR2DL5B).

Wenn die molekularen Rückfälle nach dem TKI-Stop auf die Persistenz der LSCs zurückzuführen ist, müssen wir verstehen, warum schlafende LSCs gegenüber TKI unempfindlich sind. Diese Frage wurde in einer grossen Zahl von Publikationen angesprochen, die sich mit Stammzellen als Ziel befassten. Diese Strategie beruht auf der Tatsache, dass im Vergleich zu normalen Stammzellen LSCs entweder abweichende oder unregulierte Selbsterneuerung, Überleben und Ruhezustände aufweisen. Verschiedene, auf LCSs zielende Strategien wurden vorgeschlagen, einschliesslich Überlebens/Erneuerungs-Signalwegen, Sensitivierung der LSC (Zyklus oder Differenzierung), Immuntargeting oder Modifikation der Knochenmarksnische. JAK/STAT, JAK2-Kinase, Proteinphosphatase 2A (PP2A), Arachidonat-5-Lipoxygenase-Gen (ALOX5), Histondeacetylasen (HDACs), Siruin 1 (SIRT1) und BCL6 befinden sich unter den wichtigsten Zielen für eine derartige Strategie. Zwei der für die Selbsterneuerung der CML LSCs wichtigsten Signalwege sind der Wnt/beta-Catenin und der Hedgehog-Signalweg.

Eine aktuelle Studie zeigte, dass es möglich ist, eine Art Erosion der Leukämiestammzellen mit einem PPARgamma-Agonisten mit einem heute für die Diabetes-Behandlung verwendeten Medikament zu induzieren. Der Hauptmechanismus wird durch die Reduktion der STAT5-Aktivität unterstützt, zur Regulierung des Signalwegs, der die Ruhezustände der LSCs kontrolliert, was zur graduellen Erosion dieses Zellpools führt.

Weshalb ist das Absetzen der TKI-Behandlung noch experimenteller Natur?

Wie in diesem Review zusammengefasst, ist eine substantielle Anzahl von Studien zum TKI-Stop entweder publiziert oder noch am Laufen. Die Einschränkungen der bisher publizierten Studien sind die relativ kleinen Patientenkohorten, die unbewiesenen Prognosefaktoren, das Fehlen einer standardisierten Definition des molekularen Ansprechens, besonders vor dem Studieneintritt und sogar innerhalb von Studien, wie auch die heterogenen Kriterien für den Stop der Behandlung und die Wiederaufnahme der Behandlung nach einem Rückfall.

Definition des molekularen Ansprechens

Die Tiefe des Ansprechens ist ein wichtiger Faktor für die Entscheidung, die TKI-Behandlung abzusetzen. Die Definition des molekularen Ansprechens und die Standardisierung der Messung der BCR-ABL-Transskripte bleiben ein Problem. Die Expression des genutzten Kontrollgens ist von kritischer Bedeutung, weil damit die Sensitivität des Ergebnisses unabhängig vom BCR-ABL-Detektionsassay definiert wird. Deshalb hat die CML-Working Group der ELN vor kurzem revidierte Definitionen für das molekulare Ansprechen vorgeschlagen, die die Sensitivität des molekularen Tests berücksichtigen, die da sind: MR4 entspricht einer ≥4-log-Reduktion (BCR-ABL ist ≤0.01%), MR 4.5 entspricht einer ≥4.5-log-Reduktion (BCR-ABL ist ≤0.0032%) und MR5 entspricht einer ≥5-log-Reduktion (BCR-ABL ist ≤0.001%), besonders bei negativen qRT-PCR-Ergebnissen. Verschiedene europäische Labors, die im European Molecular Network im Rahmen des EUTOS-Programms arbeiten, haben diese Standardisierung validiert.

Konsequenterweise sollten Begriffe wie „CMR“ und „nicht mehr detektierbare minimale Resterkrankung“ (UMRD) nicht mehr länger verwendet werden, weil die Sensitivität des Assays nicht klar beschrieben ist. Tabelle 1 beschreibt die verschiedenen molekularen Levels und die Definitionen, die bisher für den Einschluss in Studien zum Absetzen der TKI genutzt wurden.

Die aktuellen PCR-Techniken können verlässlich bis zu einer 5-log-Reduktion detektieren, aber neuere Techniken, wie DNA-basierte PCR, RNA-basierte digitale PCR und Replicated PCR haben verbesserte biologische und/oder technische Sensitivität und könnten die Bestimmung noch geringerer Levels molekularen Ansprechens ermöglichen. Es sollte aber bedacht werden, dass mit historischen Assays geringe Level von BCR-ABL-Transskripten im Blut normaler Individuen gefunden wurde. Diese Befunde basierten auf einem grossen Volumen peripheren Bluts (400 ml), das untersucht wurde; sie wurden mit neueren Techniken nicht bestätigt. Andererseits können schlafende CML-Stammzellen unabhängig von BCR-ABL persistieren und BCR-ABL-Transskripte auf niedrigem Level exprimieren, was auf die Notwendigkeit der Genomanalyse im Vergleich mit RNA-basierten Techniken hinweist.

Wir kennen immer noch keine Schwelle der Resterkrankung, die uns einen sicheren Stop der Behandlung mit TKI mit der geringsten Rate molekularer Rückfälle erlaubt. Zum Teil werden wir neue Erkenntnisse aus den laufenden Studien gewinnen, aber trotz der Versuche in einigen ENEST-Studien und der CML V -Studie ist die Unsicherheit der molekularen Ergebnisse ein Problem für alle Studien.

Frequenz der Überwachung

Wie in verschiedenen Studien gezeigt, besteht die Notwendigkeit einer Wiederaufnahme der Behandlung innerhalb von 6-7 Monaten bei ~45%-60% der Patienten. Um den richtigen Zeitpunkt nicht zu verpassen und ein schnelles und steiles Ansteigen der BCR-ABL-Transskripte zu vermeiden, ist eine häufige Überwachung dringend empfohlen. In den meisten der aktuellen Studien wurde das in 4-wöchigen Abständen durchgeführt, und nach 6 Monaten in 6-Wöchigen Abständen. Wenn die BCR-ABL-Transskripte dann stabil sind, scheint danach eine 3-monatliche Überwachung sicher zu sein. Diese Methode muss individuell angepasst werden, entsprechen des Levels oder der Schwankungen der Transkripte.

Einleitung der Wiederaufnahme der Behandlung

Weil viele Studien über das Absetzen der TKI-Behandlung gestartet wurden, müssen die Kriterien für die Wiederaufnahme der Behandlung in den verschiedenen Studien klar umrissen werden (Tabelle 1). In den STIM-Studien wurde ein molekularer Rückfall als BCR-ABL-Transkript-Positivität in der qRT-PCR, bestätigt von einem zweiten Analysewert, der auf einen 1-log-Anstieg im Vergleich mit dem ersten Analysewert bei zwei aufeinanderfolgenden Messungen hinweist, oder Verlust der MMR an irgendeinem Punkt, verwendet. Diese Definition führte zu Vorschlag des Begriffs „molekulares Wiederauftreten“ anstelle „molekularer Rückfall“. In der TWISTER-Studie wurde ein molekularer Rückfall als zwei aufeinanderfolgende positive Analysen irgendeines Wertes oder als Verlust der MMR definiert. Die Ergebnisse von STIM und TWISTER sind sehr ähnlich und vergleichbar. Die in A-STIM verwendeten Definition unterschied sich von der in STIM-Studie verwendeten Definition. Ein molekularer Rückfall war weniger streng definiert als in STIM, weil der Verlust der MMR zu irgendeinem Zeitpunkt als Auslöser für die Wiederbehandlung ausgewählt wurde. Es war die A-STIM-Studie, die den Verlust der MMR als Auslöser etabliert hat für die Wiederaufnahme der Behandlung von CML-Patienten in chronischer Phase, die Imatinib nach dem Erreichbar eines langanhaltenden molekularen Ansprechens abgesetzt haben. Es ist genau dieses Kriterium, das für EURO-SKI und weitere laufende Studien für die Definition eines molekularen Rückfalls ausgewählt wurde.

Was kann getan werden, um die Patientenzahl für Stop-Versuche zu erhöhen?

Ein wichtiger Schritt zu Erhöhung der Kandidatenzahl für das Absetzen der TKI-Behandlung ist, den Anteil der Patienten in dauerhafter tiefer Remission (MR4, MR4.5 oder tiefer) zu erhöhen, um für einen Stop-Versuch geeignet zu werden.

Mit den Kriterien der STIM und TWISTER-Studien sollte es möglich sein, vorherzusagen, welche Patienten ideal geeignet für das Absetzen der TKI sind. Kürzlich fanden Branford et al. in einer Studie mit 415 Patienten, die während 8 Jahren mit Imatinib behandelt wurden, dass die kumulative Rate stabiler MR4.5 (während wenigstens 2 Jahren) 43% betrug. Bei diesen Patienten wurde die Zeit, bis eine MMR erreicht wurde, mit der Zeit zur Erreichung einer stabilen MR 4.5 korreliert. Zusätzlich waren die einzig anderen unabhängigen Faktoren, weibliches Geschlecht und ein tiefer BCR-ABL-Wert nach 3 Monaten, statistisch stark verbunden mit der Vorhersage einer anhaltenden MR 4.5. Faktoren, die mit anhaltenderMR 4.5 und nicht mehr ddetektierbaren Transkripten, durch TKI (Imatinib, Dasatinib und Nilotinib) induziert, in Verbindung gebracht wurden, wurden durch eine Multivariate Analyse von Falchi et al. untersucht (N=495), und zeigten, dass höheres Alter, höherer Hämoglobinwert an der Basislinie, höhere Thrombozytenzahl an der Basislinie, TKI-Modalitäten und Ansprechen nach 3 Monaten signifikant waren. Eine grössere Patientenkohorte wäre für die Validierung und Verfeinerung dieser Analyse notwendig. Die deutsche CML IV-Studie bietet diese Kohorte. Bei mehr als 1500 Patienten betrug die die kumulierte Häufigkeit einer MR4.5 54% nach 9 Jahren. Die Zahl der Patienten zu diesem Zeitpunkt ist vermutlich geringer, weil kumulative Angaben die Häufigkeit üblicherweise die Absolutzahlen überschätzen. Das Ziel der CML IV-Studie war, die Verbindung zwischen dem Erreichen von MR4.5 und besserer Lebenserwartung zu demonstrieren. Aber die Identifikation spezifischer Faktoren muss aufgeschoben werden, bis die finale Analyse der laufenden Studien abgeschlossen ist.

Wie kann der Anteil der für einen Stop-Versuch geeigneten Patienten erhöht werden?

Wenn das Absetzen der CML-Behandlung einer wohldefinierten Patientenpopulation empfohlen wird, ist der nächste Schritt die Klärung der Frage, wie die Zahl der Patienten, die diese Definitionen erfüllt, erhöht werden kann. In diesem Kontext müssen viele Faktoren berücksichtigt werden, die über den Umfang dieses Reviews hinausgehen, wie z.B. die Optimierung der Erstlinien-Behandlung, der Wechsel von Patienten in MMR auf andere Medikamente zu Erreichung einer tieferen MMR. Mit der initialen Verwendung der TKI der zweiten Generation können schnellere und tiefere MR erreicht werden. Die spezifischen Auswirkungen auf die behandlungsfreie Remission sollte validiert und die aktuellen Strategien zur Erstlinien-Behandlungen sollten kritisch bewertet werden. Darüber hinaus könnte die Hinzunahme weiterer Medikamente, z.B. Interferon oder stammzellaktiver Wirkstoffe den Anteil der Kandidaten für Stop-Versuche erhöhen.

Schwangerschaft und Kinder

In diesem Review wurde die spezifische Situation einer Schwangerschaft nicht besprochen. Abhängig von der individuellen Situation schwangerer Patientinnen kann eine ganze Bandbreite von Strategien in Betracht gezogen werden. Ein detaillierter Review zur Behandlung Schwangerer mit CML wurde kürzlich publiziert. Wenn möglich, verlangen wir, dass Patientinnen vor einer Empfängnis wenigstens die Kriterien der Stop-Studien erfüllen. Zusätzlich sollten die Überwachungsprozeduren entsprechend angepasst werden und eventuell individuell angepasst werden.

Bisher wurden keine Daten über Versuche publiziert, die Behandlung von Kindern mit TKI abzusetzen. Es wurde empfohlen, von dieser Herangehensweise bei Kindern abzusehen, weil bei ihnen die Erkrankung aggressiver zu sein scheint.

Empfehlungen für die klinische Praxis 2016

Gegenwärtig können noch keine definitiven Empfehlungen gegeben werden. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Diskrepanz zwischen den Definitionen für das Absetzen und die Wiederaufnahme der Behandlung der bisher veröffentlichen Studien. Trotz des fehlenden Konsenses über die Vorbedingung molekularen Ansprechens und die Bedeutung der Geschwindigkeit eines tiefen Ansprechens können wir einige Empfehlungen oder Regeln für das Absetzen der Behandlung formulieren (Tabelle 2). An erster Stelle raten wir unbedingt dazu, die Patienten, wo immer möglich, in klinische Studien einzuschliessen. Nur Patienten in chronischer Phase ohne eine Geschichte des Therapieversagens entsprechend der ELN-Kriterien sollten für das Absetzen in Betracht gezogen werden. Es ist notwendig, die Art des BCR-ABL-Transkripts bei der Diagnose zu identifizieren, um falsche negative PCR-Ergebnisse bei der Überwachung zu vermeiden. Das Erreichen eines tiefen molekularen Ansprechens, mindestens MR4, ist vor dem Absetzen zwingend erforderlich. Diese MR4 muss vorher für eine gewisse Zeit erhalten worden sein. Beispielsweise scheint die Vorbedingung einer MR4 oder eines tieferen Ansprechens für mindestens 2 Jahre vernünftig zu sein, weil es scheint, dass die Behandlung eines Patienten während mehrerer Jahre eine Art Erschöpfung der Erkrankung induziert. Die Patienten müssen in einem Zentrum überwacht werden, in dem eine standardisierte Molekularbiologie, die der IS entspricht und gemäss der vereinbarten und publizierten Anforderungen durchgeführt wird.

Schlussfolgerungen

CML ist mehr denn je das Modell für die gezielte Behandlung bösartiger Erkrankungen des Menschen. Der Erfolg von Imatinib und den TKI der zweiten Generation haben das Ergebnis der Behandlung der CML-Patienten dramatisch verändert. Weil mit TKI behandelte Patienten eine nahezu normale Lebenserwartung haben, sind zwei wichtige Aspekte aufgetaucht, die unserer Aufmerksamkeit bedürfen: (i) Lebensqualität und ethische Aspekte der Behandlung und (ii) der ökonomische Einfluss einer lebenslangen Behandlung der Patienten bei normaler Lebenserwartung.

Einer der besten Wege, sich diesen zwei Punkten anzunähern, ist das Absetzen der TKI in gut ansprechenden Patienten in Betracht zu ziehen. Eine solche Strategie ist im Hinblick auf ihre Implementierung in der klinischen Praxis als Standard-Behandlungsprotokoll in mehreren aktuellen Studien vorgeschlagen worden. Wohldefinierte Prognosefaktoren, genormte molekulare Überwachung und die weitere Charakterisierung des erfolgreichen Absetzens der Behandlung mit Hilfe gut angelegter wissenschaftlicher Untersuchungen innerhalb klinischer Studien sind zur Identifikation derjenigen Patienten notwendig, bei denen die Prozedur des Absetzens der TKI-Behandlung sicher angewandt werden kann.

Es sind Studien notwendig, die eine Identifikation der Patienten erlaubt, die möglicherweise durch eine langanhaltenden Behandlung mit TKI von ihrer Erkrankung geheilt wurden. Die für die Erhaltung einer tiefen MR ohne TKI-Behandlung verantwortlichen Mechanismen müssen enträtselt werden. Im Gegenzug wird das den Weg für neue Behandlungsansätze ebnen, die eventuell zu hohen Heilungsraten in der CML-Behandlung führen könnten. Darüber hinaus sollten sich solche Untersuchungen richten auf: (1) optimierte Behandlungen, (2) Prognosemarker zur besseren Identifikation des Verhaltens des Ansprechens in Hinblick auf die Persistenz der MR nach dem Absetzen der TKI-Behandlung und (3) die Lebensqualität vor und nach dem Absetzen der TKI-Behandlung.

Schliesslich wird der Einfluss der Stop-Strategien in der Behandlung der CML einen enormen Einfluss auf die Patienten, Gesundheitssysteme und die Gesellschaft insgesamt haben. Es werden Studien gebraucht, die die Ärzte anleiten, zu bestimmen, wann es sicher und vielversprechend ist, die TKI-Behandlung der CML-Patienten abzusetzen. Das wird einen grossen ökonomischen Einfluss auf die CML-Behandlung haben. Mit der steigenden Verbreitung der CML-Patienten und den hohen Kosten der Behandlung mit TKI wird das Absetzen der CML- Behandlung zu einer beträchtlichen und dauerhaften weltweiten Reduktion der Behandlungskosten führen. Die wesentliche Frage, wie der Anteil der geeigneten Patienten erhöht werden kann, wird von den Studien zur Optimierung der Behandlung untersucht. Wir erwarten, dass diese neue Behandlungsstrategie einen wesentlichen Einfluss auf der Verständnis der in die Heilung involvierten bestimmenden Faktoren der CML haben wird.

Quelle:

S Saußele, J Richter, A Hochhaus and F-X Mahon; The concept of treatment-free remission in chronic myeloid leukemia.

Leukemia (2016) 30, 1638–1647; doi:10.1038/leu.2016.115

http://www.nature.com/leu/journal/v30/n8/pdf/leu2016115a.pdf

Übersetzt von NL, ohne Gewähr für die Richtigkeit.

Tabelle 1: Klinische Studien zum Absetzen der TKI-Behandlung von Patienten mit CML in chronischer Phase

Studie

Patientenzahl

Behandlung vor dem Absetzen

Für das Absetzen erforderliches Ansprechen

Definition des Rückfalls

TFR Anteil der Patienten in behandlungsfreier Remission (mittlere Beobachtungszeit)

Studien zum Absetzen von Imatinib

STIM1

100

IFN, dann Imatinib während 3 Jahren

CMR während ≥ 2 Jahren

MMR-Verlust oder

1-log-Anstieg von BCR-ABL

39% (55 Monate)

STIM2

200

Imatinib 3 Jahre

Wie STIM

MMR-Verlust oder

1-log-Anstieg von BCR-ABL

Vorläufige Ergebnisse: 46% (05% CI 38-56) nach 2 Jahren

ALLG CMLB

40

Imatinib 3 Jahre

UMRD ≥ 2 Jahre

Verlust der MMR oder bestätigter Verlust der MR 4.5

45% (42 Monate)

According to STIM

80

Imatinib 3 Jahre

Wie STIM, bestätigte CMR mit gelegentlich schwach positiven Analysen wurden auch als geeignet angesehen

Verlust der MMR

64% (23 Monate)

EURO-SKI

809

Imatinib, Nilotinib und Dasatinib

MR 4 ≥ 1 Jahr,

TKI-Behandlung ≥ 3 Jahre

Verlust der MMR

Vorläufige Ergebnisse: 61% (95% CI 54-68) nach 6 Monaten Studie läuft noch.

ISAV

112

Imatinib, Nilotinib und Dasatinib

Mit PCR nicht detektierbar (3 PCRs)

Verlust der MMR

51.9% nach 36 Monaten (mittlere Beobachtungsdauer 21 Monate)

DESTINY

168

Imatinib, Nilotinib oder Dasatinib

MR4 und stabiles Ansprechen mit der halbierten Standarddosis während 12 Monaten

Verlust der MMR

Läuft

Studien zum Absetzen von Nilotinib/Dasatinib

STOP 2G-TKI Pilot

50

Nilotinib oder Dasatinib

CMR während im Mittel 29 Monaten (Bereich 21-39)

Verlust der MMR

Vorläufige Ergebnisse 61.1% (95% CI 45.6-76.6), läuft noch.

ENEST Freedom

175

Nilotinib in erster Linie

MR 4.5 während 1 Jahr

Verlust der MMR

Läuft

ENESTop

117

Nilotinib in zweiter Linie ( 3 Jahre total, 2 Jahre NIL)

MR 4.5 während 1 Jahr

Bestätigter Verlust von MR4 oder Verlust der MMR

Läuft

ENESTPath

1058

Imatinib ( 2 Jahre) und Nilotinib

MR 4.5 während 1 Jahr vs. MR4.5 2 Jahre randomisiert

Bestätigter Verlust von MR4 oder Verlust der MMR

Läuft

ENESTGoal

300

Imatinib ( 1 Jahr) ohne MMR gefolgt von Nilotinib

MR4.5 während 1 Jahr

Bestätigter Verlust von MR4 oder Verlust der MMR

Läuft

DADI-Studie (Dasatinib Discontinuation)

88

(63 Abgesetzt)

Dasatinib-Konsolidierung in der Studie während 1 Jahr

Tiefes molekulares Ansprechen, unklare Definition

Verlust des tiefen molekularen Ansprechens bei irgendeiner Bewertung

49% (95% CI 36-61) nach 6 Monaten

DASFREE Dasatinib Functional Cure CA180-406-Studie

~74

> 2 Jahre Dasatinib-Behandlung

MR 4.5 1 Jahr

Verlust der MMR

Läuft

CML V (TIGER)

Nilotinib ± PEG-IFN

650

Nilotinib (3 Jahre) vs.

Nilotinib + PEG-IFN (2Jahre)

MR 4 > 1 Jahr + PEG-IFN-Erhaltung

Verlust der MMR

Läuft

Abkürzungen: ALLG: Australasian Leukemia & Lymphoma Group; CI: Konfidenzintervall; CML: chronisch-myeloische Leukämie; CMR: vollständiges molekulares Ansprechen; Destiny: Deescalation and stopping treatment of Imatinib, Nilotinib or Dasatinib in CML; ENEST, Nilotinib treatment free remission studies; EURO-SKI: Europe stops tyrosine kinase inhibitor trial; 2G-TKI: TKI der zweiten Generation; IFN: Interferon; MMR: major molecular response, „gutes molekulares Ansprechen; MR4, MR4.5: molekulares Ansprechen mit einer 4 oder 4.5-log-Reduktion von der standardisierten Grundlinie; PEG: Polyethylenglycol; STIM: Stop Imatinib Trial; TFR: Behandlungsfreie Remission; TKI: Tyrosinkinasehemmer; UMRD: undetectable minimal residual Disease (nicht detektierbare minimale Resterkrankung).

 

Tabelle 2: Eigenschaften der CML und TKI-Behandlung, die Versuche zum Therapie-Stop leiten

Eigenschaft

Kommentar

Chronische Phase der Erkrankung

Patienten mit einer Geschichte der Erkrankung in fortgeschrittener Phase oder TKI-Versagen haben ein grösseres Rückfallrisiko.

Transkript-Typus

Nur Patienten mit bekanntem typischen BCR-ABL-Transkripttypus sollten für das Absetzen in Betracht gezogen werden, um eine angemessene Überwachung sicherzustellen.

Sokal-Score

Patienten mit hohem Sokal-Score scheinen eine geringere Chance zu haben, das Ansprechen nach dem Absetzen zu erhalten.

Linie der Behandlung

Patienten in der Erstlinien-Behandlung mit TKI, und solche, die sich wegen Unverträglichkeit in der Zweitlinienbehandlung befinden, kommen für einen Absetzversuch in Betracht.

Dauer der TKI-Behandlung vor dem Stop

Vorläufige Daten deuten darauf hin, dass eine längere Behandlungsdauer einen positiven Einfluss hat, aber die genauen Zahlen fehlen noch. Laufende Studien wie EURO-SKI, die die optimale Behandlungsdauer vor einem Stop untersuchen werden, können in Betracht gezogen werden.

Level der MR vor dem Stop

Das exakte Level ist noch unbekannt. Daten deuten auf ein Minimum von MR4 hin. Laufende Studien wie EURO-SKI werden das Level und die Dauer bestimmen, bei denen das Absetzen in Betracht gezogen werden kann.

Dauer der tiefen MR vor dem Stop

Eine länger anhaltende MR scheint vorteilhaft zu sein, aber genaue Zahlen fehlen noch. Laufende Studien wie EURO-SKI werden das Level und die Dauer bestimmen, bei denen das Absetzen in Betracht gezogen werden kann.

Molekulare Überwachung

Der bei EURO-SKI benutzte Plan für die PCR-Überwachung, 4-wöching bis zu 6 Monaten, alle 6 Wochen in den Monaten 7-12 und dann alle drei Monate scheint unter Berücksichtigung der vorliegenden Daten sicher und umsetzbar zu sein.

Rolle der Erhaltungstherapie mit IFN nach dem Absetzen des TKI

Die genaue Rolle wurde noch nicht definiert. Prospektive Studien laufen.

Definition des molekularen Rückfalls und Auslöser für die Wiederaufnahme der Behandlung

Der Verlust der MMR zu irgendeinem Zeitpunkt, wie in A-STIM und EURO-SKI verwendet, scheint nach den heute vorliegende Erkenntnissen sicher und umsetzbar zu sein.

Abkürzungen: A-STIM, according to stop imatinib; CML: chronisch-myeloische Leukämie; EURO-SKI: Europe stops tyrosinkinase inhibitor trial, IFN: Interferon; MMR: major molecular response, „gutes molekulares Ansprechen; MR4, MR4.5: molekulares Ansprechen mit einer 4 oder 4.5-log-Reduktion von der standardisierten Grundlinie; PEG: Polyethylenglycol; STIM: Stop Imatinib Trial; TKI: Tyrosinkinasehemmer.

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