- Published on 29.09.2010, 16:10
- Von Jan Geissler
Obwohl zahlreiche genetische und morphologische Merkmale bekannt sind, ist die Entstehung von Erkrankungen des blutbildenden Systems bisher weitgehend unbekannt. Wissenschaftler der Universität München stellten nun ein Tiermodell vor, das erstmalig zeigt, dass der Auslöser nicht in den blutbildenden Zellen selbst liegen muss. Demnach könnte der Ursprung für Leukämie nicht in den blutbildenden
Stammzellen, sondern in den Stromazellen, die für die Regulation der Blutbildung verantwortlich sind, liegen. Die Erkenntnisse könnten eine Grundlage darstellen, neue Strategien zur Behandlung der Vorstufen von Leukämie zu entwickeln.
Erkrankungen des blutbildenden Systems und des Knochenmarks sind vielfältig und treten in allen Alterstufen auf. Eine zunehmend häufiger auftretende Form ist das Myelodysplastische Syndrom (
MDS). Hierunter werden Fehlbildungen zusammengefasst, bei denen einzelne Zellen des Blutbildenden Knochenmarkes unterschiedlich stark in Hinblick auf ihr Aussehen, ihre Funktion und die Anzahl verändert sind und häufig so einer Leukämie vorausgehen. Die Blutbildung (
Hämatopoese) wird im Wesentlichen durch sogenannte Stromazellen gesteuert. Diese unterstützenden Zellen im
Knochenmark senden Signale aus, die dazu führen, dass ruhende
Stammzellen im
Knochenmark anfangen sich weiterzuentwickeln.
Es wird unter anderem vermutet, dass der genetische Fehler, der zu einem
MDS führen kann, bereits in den
Stammzellen, aus denen diese Zellen hervorgehen, liegt. Die Veränderungen beim
MDS reichen von wenig beeinträchtigenden bis hin zu lebensbedrohenden bösartigen Formen, wie der
akuten myeloischen Leukämie.
Da das
MDS vor allem in höherem Lebensalter auftritt, ist bei insgesamt zunehmender Lebenserwartung auch mit einer Häufung des
MDS zu rechnen. Obwohl zahlreiche genetische und morphologische Merkmale dieser Erkrankung bekannt sind, ist ihre Entstehung bisher weitgehend unbekannt. In der Aprilausgabe der Fachzeitschrift IMMUNITY stellt eine Gruppe von Wissenschaftlern unter anderem vom Klinikum der Universität München ein Tiermodell vor, anhand dessen zum ersten Mal gezeigt werden konnte, dass der Auslöser nicht in den blutbildenden Zellen selbst liegen muss.
In dem vorgestellten Tiermodell wurde in Mäusen I?(kappa)Balpha(alpha), ein Inhibitor des Transkriptionsfaktors NF-?(kappa)B, ausgeschaltet. Transkriptionsfaktoren sind
Proteine, die die Aktivität von
Genen regulieren. Das Fehlen von I?Balpha hat bei den Mäusen im
Knochenmark und im Blut eine Form des
MDS zur Folge, die dem Übergang in die hochaggressive
akute myeloische Leukämie entspricht. "Durch gezieltes Ausschalten von I?(kappa)Balpha(alpha) in unterschiedlichen Organen der Maus, die für die Blutbildung von Bedeutung sind, gelang es uns den Nachweis zu führen, dass das
MDS seinen Ursprung in den Stromazellen, dass für die Regulation der
Hämatopoese verantwortlich sind, und nicht den blutbildenden
Stammzellen hat", so Privatdozent Dr. Rudolf A. Rupec, Oberarzt in der Dermatologischen Klinik, der seit 1999 mit Privatdozent Dr. Ralf Huß (Institut für Pathologie der LMU) und dem Düsseldorfer Mikrobiologen Professor Dr. Klaus Pfeffer die Studie durchführt.
Hier kommt die Proteingruppe Jagged/Notch ins Spiel, die maßgeblich über das weitere Schicksal von
Stammzellen bei ihrer Weiterentwicklung und Ausreifung entscheidet. Das Fehlen von I?(kappa)Balpha(alpha) hat eine Fehlregulation von Jagged1 zur Folge. Hierdurch kommt es zu einer Aktivierung von Notch1 in den sogenannten neutrophilen
Granulozyten (weiße Blutkörperchen, die insbesondere für die Infektabwehr zuständig sind).
Anhand des in dieser Arbeit vorgestellten Tiermodells können die genetischen Veränderungen, die mit der Entwicklung einer
MDS einhergehen, genau untersucht werden. Es kann somit als Grundlage dafür dienen, die Veränderungen, die beim Menschen auftreten, besser zu verstehen und neue Strategien zur Behandlung der Vorstufen dieser Leukämie zu entwickeln, mit dem Ziel ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern.
Quelle:Pressemitteilung des Klinikums der Universität München vom 20.04.2005 Granulozyten
Klasse von weißen Blutzellen (Leukozyten), die im Knochenmark heranreifen und dann überall im Körper Fremdkörper, Bakterien, Pilze oder abgestorbene Zellen aufnehmen und die Krankheitskeime durch eigene Giftstoffe abtöten.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Neutrophile
Untergruppe der Granulozyten mit wichtiger Funktion in der Abwehr von Bakterien- und Pilzinfektionen
Transkript
Mit Hilfe der PCR lassen sich kleinste Mengen an Erbinformationen in kurzer Zeit stark vervielfältigen, so dass auch das BCR-ABL-Gen so oft kopiert wird, bis es in ausreichender Menge vorliegt, dass es eindeutig nach- gewiesen werden kann. Diese BCR-ABL-Kopien nennt man Transkripte.
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
MDS
Das Myelodysplastische Syndrom (MDS) bildet eine grosse Gruppe erworbener klonaler Knochenmarkskrankheiten, die durch ein zunehmendes Versagen der Knochenmarksfunktion gekennzeichnet sind. Im Gegensatz zur aplastischen Anämie ist das Knochenmark zellreich. Da jedoch die Blutbildung (Hämatopoese) ineffektiv ist, kommt es zur peripheren Panzytopenie.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.