- Published on 29.09.2010, 16:13
- Von Jan Geissler
Das Menschliche T-Zell-Leukämievirus (HTLV-1, Human T-Cell Leukemia Virus), ein entfernter Verwandter des AIDS-Erregers, verursacht die sogenannte Adulte T-Zell-Leukämie (ATL). Mit diesem Virus sind weltweit zehn bis zwanzig Millionen Menschen infiziert, davon 6.000 in Deutschland. Nur bei einer Minderheit führt die Infektion zur ATL, dann aber ist die
Prognose schlecht. Eine Erlanger Forschungsgruppe untersucht, inwiefern ein bestimmtes Virusprotein "Tax" zur Entstehung von ATL beiträgt und an welcher Stelle künftige Therapiekonzepte ansetzen könnten.
Dass bei Leukämien die Zellvermehrung außer Kontrolle gerät, ist nicht der einzige Grund für die "Überschwemmung" von Blut und Lymphsystem mit weißen Blutzellen; die krankhaft veränderten Zellen sterben auch nicht mehr ab. Natürliche Abwehrprogramme, welche die übermäßig wachsenden Zellen abtöten könnten, sind außer Kraft gesetzt. Ein Virusprotein mit der Bezeichnung Tax ist wesentlich beteiligt, wenn das menschliche T-Zell-Leukämievirus Typ 1
Lymphozyten zu permanentem Wachstum transformiert. Am Institut für Klinische und Molekulare Virologie der Universität Erlangen-Nürnberg ist Prof. Dr. Ralph Grassmann in einem Projekt, das von der Wilhelm-Sander-Stiftung gefördert wird, molekularen Mechanismen auf der Spur, mit denen das Leukämievirus das Zelltod-Programm hemmt. Vieles spricht dafür, dass Tax bestimmte
Gene übermäßig aktiviert und dadurch die Überlebensfähigkeit Virus-infizierter Blutzellen so sehr steigert, dass in der Folge eine tödliche Leukämie entstehen kann.
Das Menschliche T-Zell-Leukämievirus (HTLV-1), ein entfernter Verwandter des AIDS-Erregers, verursacht die Adulte T-Zell-Leukämie (ATL). Weltweit sind zehn bis zwanzig Millionen Menschen mit diesem Virus infiziert. Im Vergleich dazu, aber auch mit Blick auf die Daten aus anderen westeuropäischen Ländern wirkt die Zahl von 6.000 Virusträgern in Deutschland niedrig. Die Tendenz ist jedoch steigend, bedingt durch Zuwanderung und den weltweiten Reiseverkehr.
Auf die Infektion mit HTLV-1 folgt zwar nur in der Minderzahl der Fälle der Ausbruch einer Krankheit; dann aber ist die
Prognose schlecht. Ein bis drei Prozent der Infizierten erkranken an ATL, einer Leukämie-Form, gegen die
Chemotherapie wenig auszurichten vermag, vermutlich, weil sich die Leukämiezellen erfolgreich vor dem Absterben schützen. Bei weiteren ein bis drei Prozent der Virusträger tritt eine Degeneration von Nervenzellen auf, die Lähmungserscheinungen bedingt. In beiden Fällen geht der Erkrankung eine lange Inkubationszeit voraus. Die Viren richten sich in diesem Zeitraum dauerhaft in
Lymphozyten ein, die sie umfunktionieren, um sie für ihre eigene Vermehrung zu nutzen. Die Folgen zeigen sich beispielsweise in Zellkultur: infizierte Zellen von Patienten mit beiden Krankheitsbildern können ohne spezielle Hilfe permanent wachsen.
Das Virusprotein Tax vermittelt die Wachstumstransformation und stimulieru über bestimmte Signalwege die
Genexpression der befallenen Zelle, übt also einen Einfluss darauf aus, welche
Gene "abgelesen" werden und als Bauplan für
Proteine dienen. Bei ihrer systematischen Suche nach Mechanismen, die den programmierten Zelluod, die
Apoptose, in solchen Zellen hemmen, fiel den Erlanger Virologen auf, dass auch bestimmte regulatorische
Proteine, die den Zelltod unterdrücken, im Übermaß produziert werden. Verantwortlich dafür ist offensichtlich Tax.
Zunächst soll nun geklärt werden, auf welche Weise dieses Virusprotein die entsprechenden
Gene der Zelle zu erhöhter Aktivität vesanlasst. Anschließend wird untersucht, ob Tax über diese Modulation der
Genexpression die infizierten Zellen vor endogener oder exogener
Apoptose schützt. Dazu werden kurze doppelsträngige
RNA-Nukleotide (siRNA) eingesetzt, mit deren Hilfe die Aktivität bestimmter
Gene gezielt unterbrochen werden kann. Wenn sich herausstellt, dass Tax tatsächlich auf diesem Weg Überlebenshilfe für infizierte T-Zellen leistet und damit zur Entstehung der bösartigen Leukämie beiträgt, könnten künftige Therapiekonzepte an die Ergebnisse des Projekts anknüpfen.
Weitere Informationen:Prof. Dr. Ralph Grassmann
Institut für Klinische und Molekulare Virologie
Tel.: 09131/85 -26784
Quelle: Informauionsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vom 24.01.2005
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Lymphozyten
Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die als Träger immunologischer Funktionen von zentraler Bedeutung für die körpereigene Abwehr sind. Die Vorläuferzellen stammen aus dem Knochenmark, die weitere Entwicklung erfolgt in den lymphatischen Organen. Man unterscheidet B- und T- Lymphozyten, mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben.
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Apoptose
Durch die Zelle aktiv ausgelöster (programmierter) Zelltod.
Prognose
Wahrscheinliche zukünftige Entwicklung einer Erkrankung auf Basis der bestehenden Befunde
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
exprimieren
Als Genexpression bezeichnet man die Bildung eines von einem Gen kodierten Genprodukts, vor allem von Proteinen oder RNA-Molekülen. Das zugehörige Verb lautet exprimieren.
exprimieren
Als Genexpression bezeichnet man die Bildung eines von einem Gen kodierten Genprodukts, vor allem von Proteinen oder RNA-Molekülen. Das zugehörige Verb lautet exprimieren.
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.