Studiendatenbanken: Innovative Therapien der Zukunft finden

Was tun, wenn alle zugelassene Medikamente nicht oder nicht mehr wirken, die lebenslange Einnahme aus verschiedenen Gründen unmöglich wird? Gibt es dann überhaupt noch eine Hoffnung? Welche neuen Ansätze werden aktuell geprüft, um den Krebs noch besser im Schach zu halten oder sogar irgendwann mit Medikamenten zu heilen? Diese bangen Fragen werden die meisten Menschen mit einer bösartigen Krebserkrankung wie CML oft belasten - aber selten dem behandelnden Arzt gestellt werden.

Kann dieser die Zukunft sehen? Nicht nur er, der Patient selbst kann es: Durch Zugriff auf die weltweite Sammlung geplanter oder sogar TeilnehmerInnen suchender klinischer Studien, herausgegeben und laufend aktualisiert von den US Bundesbehörden, dem Europäischen Leukämie-Netz (European Leukemia Network) oder dem Kompetenznetz Leukämie.

Als Vorbild dient noch heute die amerikanische Plattform ClinicalTrials.gov, die in seinem Verzeichnis nicht nur US-Studien, sondern oftmals auch internationale Studien mit Titeln, Forschungszweck, Einschlusskriterien und klinischen Zentren listet. Der Linkhttp://www.clinicaltrials.gov/ct2/search öffnet ein Suchfenster, in das man in englischer Sprache (die man dafür leider wirklich beherrschen muss) die gesuchte Rubrik eingibt, beispielsweise "hairy cell leukaemia" oder "CML", und auf "search" klickt. Unter "CML" tun sich (heute) unglaubliche 250 Studien auf, die weltweit aktiv oder in der Pipeline sind.

Wenn Sie nur jene sehen wollen, die gerade Probanden aufnehmen, klicken Sie die oberste blau erscheinende Zeile "Hide studies that are not seeking new volunteers" ("Verberge Studien, die momentan keine Teilnehmer mehr aufnehmen"). Sodann werden Ihnen (zum Zeitpunkt, an dem dieser Artikel verfasst wurde) 103 "recruiting" (rekrutierende) Studien aufgezeigt.
Viele der Studien beschäftigen sich mit Ihnen ohnehin bekannten Präparaten bzw. neuen Anwendungsgebieten, in veränderter Dosis oder neuen Kombinationen, für bestimmte Zielgruppen, mit verbesserten Methoden zur Knochenmarkstransplantation usw.

Hier heisst es, sich die Zeit zu nehmen, die Studien einzeln aufzurufen und durchzulesen. Wenn Sie sich z.B. nur für jene interessieren, die mit experimenteller CML-Impftherapien zur Aktivierung einer Immunantwort gegen die CML zu tun haben, geben Sie ins Suchfeld "cml vaccin" ein (englisch wird Impfung zwar als "Vaccine" beschrieben, "vaccin" schliesst jedoch sowohl das Wort "vaccine" = Impfstoff als "vaccination" = Impfung mit ein). Sie werden in dem Falle (heute) 14 Studien angezeigt sehen. Ist Ihnen ein zum Test anstehendes Medikament unbekannt (oft sind nur Labornamen der Wirkstoffe wie beispielsweise SGX393 angegeben), so kopieren Sie diese in eine Suchmaschine wie Google, und Sie werden schnell Beschreibungen finden, um welche Art der Therapie es sich eigentlich handelt. Da oft Studien in früheren und späteren Phasen der klinischen Erprobung laufen, ist es hilfreich, sowohl die Labornamen als auch die generischen Wirkstoffnamen zu kennen: So ist beispielsweise das heute unter dem Markennamen Glivec vertriebene Medikament in frühen Studienzeiten mit dem Laborname STI571, und danach wissenschaftlich als Imatinib oder Imatinib-Mesylate bezeichnet worden. 

Eine einschlägige Vorbildung, beispielsweise durch intensive Lektüre von leukaemie-online.de ist Voraussetzung, dass auch der medizinische Laie Schlüsse aus der unglaublichen Informationsfülle ziehen kann.
Auf jeder Seite (die Reihenfolge ist willkürlich und sagt absolut nichts über Qualität oder Wichtigkeit aus) sind die federführenden Institute der Studie eingangs aufgeführt, welche Krankheit im Fokus der Studie steht, um welches Medikament bzw. welche Behandlungsart es sich handelt und in welcher klinischen Entwicklungsphase (I, II, III) diese Studie durchgeführt wird. 

Am Beispiel eines neuartigen Präparats: Nach dem Tierversuch und Voraustests an völlig gesunden, freiwilligen und bezahlten Testpersonen (womit man gefährliche Nebenwirkungen am ersten Kranken ausschliessen will) kann eine umfangreiche Vorprüfung durch eine Ethikkommission die "Phase I" zulassen, an der meist eine kleine Zahl von gesunden Teilnehmern oder im Krebsbereich oftmals bereits Erkrankte, die bestimmte Kriterien aufweisen müssen, teilnehmen. Diese sind der jeweiligen Ausschreibungsseite genauso zu entnehmen wie die Inhalte des medizinischen Studienbeschreibung. Verläuft die Phase I einer klinischen Studie erfolgreich, werden Phase II (zur Bestimmung einer verträglichen Dosis und dem Prüfen eines Ansprechens) und später Phase III (zum Vergleich des Ansprechens auf die experimentelle Therapie im Vergleich zur Standardtherapie), meist mit steigender Probandenzahl einberufen. 

Diese Phasen können (jeweils) Jahre in Anspruch nehmen, erst nach Abschluss Phase III kann die Zulassung beantragt werden. Der offizielle Test- und Zulassungsprozess wird sich meist über mindestens 6 Jahre hinziehen. Nur etwa 10% aller bis in Phase III geprüften Präparate erfahren je die endgültige Zulassung. Nur eine Handvoll aller Pipelineprodukte werden sich durchsetzen (etwa 1 Wirkstoff aus 10.000, die im Labor als theoretisch wirksam identifiziert wurden, wird letztendlich nach allen Studien wegen guter Wirksamkeit und angemessener Verträglichkeit und Sicherheit am Markt verfügbar werden). 

Dennoch: Wir können einen Blick in die weite Zukunft der Medikamenten- und Therapieentwicklung werfen. Mehr noch: Für Viele ist - wenn keine zugelassene Therapie mehr wirkt oder ein unzureichendes Ansprechen auf die zugelassenen Therapien vorliegt - hier vielleicht eine hoffnungsvolle Option schon in Sicht. Um an einer Studie teilzunehmen, muss man nicht immer zu der jeweils in den Datenbanken angegebenen Klinik fahren, sondern dies kann auch eine (Universitäts-) Klinik oder gar ein an der Studie teilnehmender niedergelassener Onkologe im Nahbereich des Patienten sein, soferne diese die Zulassung für die Durchführung klinischer Studien haben.

Wir haben Ihnen am 7. August 2009 (Liste ändert sich fast täglich) ausgewiesene interessante Beispiele von auf ClinicalTrials.gov gelisteten Studien zusammengestellt, die z.B. CML-Patienten wirklich Mut machen können, dass hoffnungsvolle Therapien für bestimmte Mutationen, für die Verbesserung des Ansprechens oder für den Angriff auf die verbliebene Restleukämie in Entwicklung sind:

NCT00455221
NCT00488592
NCT00433745
NCT00858572
NCT00858806
NCT00807677
NCT00660920
NCT00674479
NCT00720785
NCT00464113
NCT00623870
NCT00261846
NCT00405743
NCT00569179
NCT00522990
NCT00637052
NCT00640796
NCT00466726


Weiterhin, für den europäischen und deutschsprachigen Raum, sind die Studiendatenbanken des European Leukemia Net (ELN, englisch) und des deutschen Kompetenznetzes Leukämie (deutsch) sehr interessant zur Recherche, da dort die meisten in unseren Regionen durchgeführten Studien für CML-Patienten aufgeführt sind:

Autor: WR (Leser von Leukämie-Online)