- Published on 28.07.2010, 12:35
- Von Jan Geissler
Ein in der Fachzeitschrift "Nature Biotechnology" erschienener Artikel erklärt, wie Wissenschaftler des Unternehmens Cellzome mithilfe eines neuen Verfahrens den molekularen Wirkmechanismus von
Glivec (
Imatinib), Sprycel (
Dasatinib) sowie SKI-606, eines derzeit in klinischen Tests befindlichen Wirkstoffs, bestimmen konnten. Das Team entdeckte neuartige Targets für alle drei Wirkstoffe, u.a. zwei neue Targets für
Glivec.
Der Artikel trägt den Titel "Quantitative chemical proteomics reveals mechanisms of action of clinical ABL kinase inhibitors" (Wirkmechanismus klinischer ABL-Kinaseinhibitoren durch quantitative chemische Proteomik aufgedeckt). Kinobeads, das Verfahren von Cellzome, misst die quantitative
Wechselwirkung von Verbindungen bzw. Wirkstoffen mit Kinasen in der Zelle und im Gewebe. Kinobeads kennzeichnet Verbindungen aufgrund ihrer
Wechselwirkung mit natürlichen Kinasen und entsprechenden Target-
Proteinen praktisch wie mit einem "Fingerabdruck". Die sich daraus ergebenden Informationen zeigen nicht nur die Art der
Wechselwirkung einer Verbindung auf und geben Hinweise auf Krankheiten, gegen die sie eingesetzt werden könnte, sondern deuten auch auf potenzielle Nebenwirkungen hin.
Gerard Drewes, Vizepräsident Target Discovery und Hauptverfasser der Veröffentlichung, sagte: "Dank des Kinobeads-Verfahrens sind wir in der Lage, vollständig zu verstehen, wie Kinase-Wirkstoffe auf molekularer Ebene am Wirkort in der Zelle und im Gewebe funktionieren. Wir können nicht nur die direkte
Wechselwirkung des Wirkstoffs mit seinen angestammten Targets vermessen, sondern auch, wie dies die Signalweg-Ereignisse in der Zelle beeinflusst."
Bei den in der Studie entdeckten neuen Targets von
Glivec handelt es sich um die Discoidin-Domain-
Rezeptor Kinase1 (DDR1) und NQO2, eine Oxidoreduktase (kein Kinase-Target). Interessanterweise wurden diese Targets durch
Glivec noch stärker gehemmt als
BCR-ABL, das CML-Target, für den der Wirkstoff ursprünglich entwickelt wurde. DDR1 spielt bei den Fibrosen der Lunge,
Leber und der Nieren eine Rolle, Krankheiten, gegen die es bisher kaum Medikamente gibt.
Die DDR1-Inhibition durch
Glivec lässt vermuten, dass Fibrose eine mögliche, neue
Indikation ist. David Simmons, Forschungschef von Cellzome, fügte hinzu: "Kinobeads eröffnet die Möglichkeit, die Wirkung eines Wirkstoffes direkt im Blut oder in Biopsieproben von Patienten zu messen und könnte daher künftig zu einem personen-spezifischen Ansatz in der Medizin beitragen."
Kinasen sind als Enzyme deshalb so wichtig, weil sie für die Aktivierung bzw. Hemmung von
Proteinen des Signalwegs der Zelle verantwortlich sind. Aufgrund ihrer Bedeutung werden ca. 30% der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (ca. 20 Mrd. USD) gezielt für Kinasen eingesetzt, insbesondere in den Bereichen Onkologie, entzündlicher und Stoffwechselkrankheiten.
Die ABL-Kinase zieht besonderes Interesse als Target für die Wirkstoffentwicklung auf sich, da Chromosomenanomalien zu einer dauerhaft aktiven Form des Enzyms führen können, die für die
chronische myelogene Leukämia (CML) verantwortlich ist. Zu den Anwendungen des Kinobeads)-Verfahrens sagte Tim Edwards, CEO von Cellzome: "Dieses erstklassige Verfahren wird unsere eigenen Entwicklungs-Pipeline vorantreiben und es uns ermöglichen, eine neue Generation von auf Kinasen ausgerichteten Wirkstoffen für Patienten mit entzündlichen Erkrankungen zu identifizieren. Die detaillierten "Fingerabdrücke" von Kinasen, die wir erstellen, können auch für Pharmaunternehmen, die soviel wie möglich über die Wirkungsweise und das Sicherheitsprofil ihrer Arzneimittel wissen möchten, von großem Nutzen sein."
Quelle: Pressemitteilung von Cellzome vom 27.08.2007 Wechselwirkung
Arzneimittelwechselwirkungen (auch Interaktionen genannt) können bei gleichzeitiger Einnahme verschiedener Arzneimittel auftreten. Die erwünschte Wirkung eines Medikaments kann dadurch verstärkt, abgeschwächt oder aufgehoben werden, oder zusätzliche Nebenwirkungen können auftreten.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
Indikation
Begründung der Verordnung eines bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verfahrens in einem bestimmten Krankheitsfall
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Rezeptor
Bindungsstelle für Signalstoffe, Hormonrezeptor
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Biopsie
Entnahme einer Gewebsprobe zum Zweck der mikroskopischen Untersuchung. Bei der Knochenmarkbiopsie wird Knochenmark z.B. aus dem Beckenknochen zum Zwecke der zytogenetischen Untersuchung entnommen.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
Leber
Die Leber (griech. Hepar) ist das zentrale Organ des gesamten Stoffwechsels. Zu den wichtigsten Funktionen gehören die Produktion lebenswichtiger Eiweißstoffe wie z. B. Gerinnungsfaktoren, die Verwertung von Nahrungsbestandteilen, die Galleproduktion und damit einhergehend der Abbau und Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, Medikamenten und Giftstoffen. Nährstoffe, die aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden, gelangen zur Leber und werden dann von dieser je nach Bedarf ans Blut abgegeben oder aus dem Blut entfernt. Sie ist maßgeblich für die Umsetzung von Medikamenten verantwortlich.
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.