Prostaglandin könnte schnellere Erholung nach Stammzelltherapie ermöglichen

Auf ihrer Suche nach neuen Substanzen, welche die Vermehrung von hämatopoetischen Stammzellen beschleunigen, sind US-Forscher auf ein lange bekanntes Mittel gestoßen. Ein Prostaglandin-Analogon, das vor mehr als zwanzig Jahren zur Behandlung der Gastritis entwickelt wurde, könnte einer Publikation im Fachmagazin Nature zufolge bei der Leukämietherapie die kritische Phase nach einer Stammzelltransplantation verkürzen.

In der Leukämie ist die Stammzelltherapie seit langem etabliert. Früher wurde in der Regel Knochenmark übertragen. Heute wird häufig auch Nabelschnurblut verwendet, das allerdings geringere Mengen hämatopoetischer Stammzellen enthält als das Knochenmark, dafür aber leichter verfügbar ist. Eine geringere Stammzellzahl bedeutet, dass mehr Zeit vergeht, bis die Stammzellen im Körper ein neues blutbildendes Knochenmark gebildet haben. Während dieser Zeit fehlen die für die Infektionsabwehr nötigen Leukozyten. Die Patienten sind Keimen gegenüber wehrlos. Es drohen lebensgefährlichen Infektionen.

Im Rahmen eines Stammzellprogramms haben Trista North von der Kinderklinik Boston und Mitarbeiter jetzt mehr als 2.500 Chemikalien auf ihre Fähigkeit hin untersucht, die Vermehrung von Stammzellen zu beschleunigen. Sie verwendeten dazu Embryonen des Zebrabärblings, auch Zebrafisch genannt, einem idealen Modell zur Untersuchung der Blutbildung. Bei ihren Experimenten untersuchten die Forscher, welchen Einfluss die Chemikalien auf die Expression zweier Gene, runx1 und cmyb, haben, die für die Entwicklung von Stammzellen von zentraler Bedeutung sind. 

Nach mehr als sechs Monate langer Laborarbeit wurden 82 Substanzen gefunden, welche die Genaktivität entweder förderten oder hemmten. Darunter waren zehn Prostaglandine. Die Forscher berichten, sie hätten nicht gezielt nach Prostaglandinen gesucht, doch im Nachhinein schien ihnen die positive Wirkung einiger dieser Substanzen doch plausibel zu sein. Immerhin sind Prostaglandine an entzündlichen Reaktionen beteiligt, deren Träger die im Knochenmark gebildeten Abwehrzellen sind. Und Chemikalien, welche die Bildung von Prostaglandinen hemmen, etwa Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen, sind gute antientzündliche Medikamente. 

Die beste stammzellfördernde Wirkung entfaltete eine dmPGE2 bezeichnete Substanz, die nicht so exotisch ist, wie ihre Bezeichnung klingt. Es handelt sich vielmehr um eine Chemikalie, die vor mehr als 20 Jahren zur Behandlung der Gastritis entwickelt wurde. Sie wurde aber niemals eingeführt, weshalb die Forscher mit ihren klinischen Forschungen wieder ganz von vorn beginnen müssen.

Bereits im nächsten Jahr sollen aber erste Studien untersuchen, ob die Substanz bei Patienten hält, was die Experimente an Zebrafischen (und erste Experimente an Mäuseembryonen) versprechen. Leukämie-Patienten sollen dann Nabelschnurspenden erhalten, deren Gehalt an Stammzellen vorher durch Gabe von dmPGE2 gesteigert wurde.

Quelle: Ärzteblatt 21.06.2007
Fachmagazin Nature, 2007; 447: 1007-1011