NICE lehnt teure Leukämie-Medikamente ab

Die Behandlungsoptionen britischer Ärzte bei der chronisch myeloischen Leukämie (CML) könnten künftig deutlich eingeschränkt werden. Bei einer Resistenz auf das Standardmedikament Imatinib sollen keine weiteren Tyrosinkinase-Inhibitoren eingesetzt werden, schlägt das National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) vor, das die Wirtschaftlichkeit von Medikamenten für den staatlichen Gesundheitsdienst (NHS) in England und Wales prüft.

Der Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib stoppt das Fusionsprotein BCR-ABL auf dem Philadelphia-Chromosom, das die ungehemmte Proliferation der Leukozyten vorantreibt, die zur CML führt. Viele Patienten entwickeln jedoch unter der Therapie eine Resistenz.

In dieser Situation steigern die Hämatologen die Dosis von Imatinib oder sie wechseln auf die Tyrosinkinase-Inhibitoren Dasatinib oder Nilotinib. Die wissenschaftliche Evidenz dieser drei Strategien ist nach Einschätzung von NICE jedoch sehr schwach, sodass eine Kostenübernahme durch den NHS nicht gerechtfertigt erscheine.

Tatsächlich gehören die Tyrosinkinase-Inhibitoren zu den teuersten Medikamenten: Die Therapiekosten für Dasatinib (Sprycel®) von Bristol-Myers Squibb und für Nilotinib (Tasigna®) von Novartis liegen in England bei mehr als 30.000 Pfund (34.000 Euro) pro Patient und Jahr. Den Preis für Imatinib (Glivec®) hatte Novartis jüngst angehoben. Die Hochdosistherapie schlägt jetzt mit über 40.000 Pfund (45.000 Euro) zu Buche. Hinzu kommt, dass die CML eine chronische Erkrankung ist mit Therapiezeiten von einem Jahrzehnt und länger.

Die NICE hat jetzt erst Entwurf für die Leitlinie veröffentlicht. Die endgültige Entscheidung soll im Juni fallen. Bis dahin bleibt eine Erstattung in Einzelfällen möglich. Die Hersteller werden in den nächsten Wochen versuchen, Patienten und Öffentlichkeit gegen die Leitlinie zu mobilisieren.

Deutsches Ärzteblatt vom 06.05.2011