Neue Techniken zur Stressbewältigung bei Stammzelltransplantation

Deutsche Wissenschaftler starten eine weltweit einzigartige psychoonkologische Interventionsstudie mit Krebspatienten, die sie durch die Hochdosis-Chemotherapie und anschließende Knochenmark- oder Stammzelltransplantation begleiten. Dabei erlernen die 120-160 Teilnehmer der Studie spezielle Meditations- und Entspannungstechniken und absolvieren ein ihrer Situation angepasstes Kraft- und Ausdauertraining. In der 3-jährigen Studie werden die Auswirkung dieser neuartigen Kombinationstherapie auf den Krankheits- und Behandlungsverlauf der Patienten untersucht und mit der herkömmlichen psychosozialen Unterstützung verglichen. 

Modellcharakter hat dabei auch die interdisziplinäre Vorgehensweise der Wissenschaftler, denn in dieser Multicenter-Studie arbeiten Ärzte und Psychologen vom Transplantationszentrum der Deutschen Klinik für Diagnostik Wiesbaden und der Universitätskliniken Heidelberg und Mannheim unter der Federführung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim eng zusammen. Ermöglicht wird die Studie durch die José Carreras Leukämie-Stiftung e. V., die das Projekt mit 270.000 Euro unterstützt.

Patienten mit bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems, bei denen eine Knochenmark- oder Stammzelltransplantation die letzte Chance auf Heilung ist, stehen über Monate hinweg psychisch und physisch unter einer extremen Belastung. Angst, Depression, Schlafstörungen, Grübeln, Schmerzempfindlichkeit und Feindseligkeit sind nur einige der Symptome, die durch diesen Dauerstress häufig ausgelöst werden. "Wir wollen den Patienten Techniken an die Hand geben, mit denen Sie diesen Stress besser bewältigen und ihre Lebensqualität steigern können", erläutert Psychologe und Mediziner Dr. Dr. Andreas Remmel. "Durch die regelmäßige Befragung und Untersuchung der Patienten vor, während und nach der Behandlung gewinnen wir wichtige Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Effizienz der von uns entwickelten Interventionsmethoden", so Remmel, seit August Ärztlicher Direktor der ersten Psychosomatischen Modellklinik Österreichs in Eggenburg bei Wien. Zuvor war Dr. Remmel leitender Oberarzt der Psychosomatischen Klinik am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim. Das Forschungsprojekt wird von ihm in Kooperation mit dem ZI weiter betreut.

Vor Beginn der Intervention werden in einer Bestandsaufnahme die psychischen, körperlichen und familiären Faktoren erfasst, die den jeweiligen Patienten in dieser Extremsituation belasten oder auch unterstützen. In einer mehrwöchigen Trainingsphase erlernen die Teilnehmer der Studie dann unter therapeutischer Anleitung Entspannungstechniken und psychologische Bewältigungsstrategien. Auf der körperlichen Ebene führen sie ein gezieltes Ausdauertraining durch, mit dem sie einer häufigen Nebenwirkung der Krebstherapie entgegenwirken, der Fatigue. Diese chronische Müdigkeit und Antriebsschwäche wird durch die verabreichten Medikamente und die Bewegungsarmut während des Klinikauf-enthaltes hervorgerufen. Um die Fatigue einzudämmen, wird in der herkömmlichen Medizin häufig zur körperlichen Schonung geraten, was den Bewegungsmangel jedoch noch verstärkt und einen Circulus vitiosus in Gang setzt. Deshalb wird in dieser Studie das Ausdauertraining bewusst als Mittel zur Erhaltung bzw. Wiedererlangung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Stressreduktion eingesetzt.

Weitere Informationen:

Dr. med. Marina Martini, M. Sc.
Leitung Referat Öffentlichkeitsarbeit
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J 5, 68159 Mannheim
Fon: 0621/1703-1301
Fax: 0621/1703-1305
E-Mail: 
Internet: http://www.zi-mannheim.de

Quelle: Juraforum vom 26.09.2006