- Published on 08.10.2010, 17:57
- Von Jan Geissler
Die Stammzelltransplantation ist mit einer starken Schwächung der Immunabwehr verbunden, da sich aus dem neuen
Knochenmark erst nach einer Weile wieder intakte Abwehrzellen und
Antikörper gegen Krankheitserreger nachbilden. Insbesondere das Vorhandensein des Cytomegalie-Virus (
CMV) gefährdet in dieser Phase den Genesungsprozess eines transplantierten Patienten. Eine neue Methode bestimmt Viruslast und Immunabwehr, um die Leistungsfähigkeit des Immunsystems des Patienten zu messen und damit Risiken und Nebenwirkungen zusätzlicher Medikamente abzuwä
gen.
"Schwerwiegende Komplikationen angefangen bei Fieber, Gelenk- und Muskelschmerzen bis hin zu Lungenerkrankungen, Sehschwächen und sogar bis zum Tod können besonders dann auftreten, wenn der Patient mit dem Cytomegalie-Virus (
CMV), einem Vertreter der Herpesviren, infiziert ist", erläutert Dr. Martina Sester, die gemeinsam mit Ihrem Homburger Forscherkollegen Dr. Thomas Widmann diesem Virus bzw. dessen Immunabwehr auf der Spur ist. "Wenngleich ein breites Spektrum zum Nachweis dieses Virus selbst zur Verfügung steht, gibt es bislang noch kein routinetaugliches Verfahren, mit dem man prüfen kann, wie es denn um die Abwehrkräfte gegen
CMV bestellt ist."
Im Rahmen der von der Deutschen José Carreras Leukämie-Stiftung e.V. mit 92.300 Euro unterstützten Studie werden die Homburger Mediziner unter Leitung von Professor Dr. Hans Köhler (Direktor der Klinik für Innere Medizin IV) und Professor Dr. Michael Pfreundschuh (Direktor der Klinik für Innere Medizin I) die nächsten zwei Jahre eine neue Methode anwenden, mit der man direkt aus dem Blut des Patienten die Menge der Abwehrzellen, die so genannten T-Zellen, die gegen das
CMV-Virus gerichtet sind, bestimmen kann.
Dabei wird dem Patienten eine geringe Menge Blut entnommen. Im Reagenzglas wird die Reaktion des Körpers simuliert: Zunächst werden Virusbestandteile ins Test-Blut gegeben. Dann werden mit Hilfe eines speziellen Antikörpers die Botenstoffe der T-Zellen, die so genannten
Zytokine, identifiziert und rechnergestützt analysiert. "Ziel der Untersuchungen ist die individuelle Analyse des Verhältnisses von Viruslast und Immunabwehr", erklärt Dr. Martina Sester. "Ist die Immunabwehr gegen
CMV kurz nach der
Transplantation recht hoch, besteht kaum Gefahr, dass eine Infektion ausbricht. Ist die Immunabwehr niedrig oder gar nicht vorhanden, ist äußerste Vorsicht geboten. Kombiniert mit der konventionellen Virus-Messung lassen sich mit der neuen Methode frühzeitig Schlüsse ziehen, ob das Abwehrsystem des Patienten hinreichend leistungsfähig ist, mit einer Infektion alleine fertig zu werden, oder ob man medikamentös unterstützen muss - denn in der kritischen Phase nach der
Transplantation ist jede zusätzliche Therapie mit hohen Risiken und Nebenwirkungen verbunden."
Da die Homburger Forscher bereits bei Nieren- , Herz- und Lungentransplantationen gute Erfahrungen mit dem neuen Immuntest gemacht haben, ist Dr. Martina Sester zuversichtlich, "dass er auch die
Diagnostik bei der Stammzelltransplantation wesentlich sicherer machen kann und den Genesungsprozess für den Patienten erleichtert".
Im Homburger Universitätsklinikum werden pro Jahr rund 70 Stammzelltransplantationen durchgeführt, davon sind ca. 20 bis 25
allogen, d.h. hier spendet eine andere Person ihr gesundes
Knochenmark. "Alle Leukämie-Patienten, die eine
allogene Transplantationen erhalten, können von der neuen Methode profitieren", betonen Dr. Sester und Dr. Widmann. Neben einer Verbesserung der Immun-
Diagnostik erwarten die Forscher auch neue Einblicke in grundlegende Gesetzmäßigkeiten beim Neuaufbau der körpereigenen Immunabwehr.
Quelle:idw-Meldung vom 05.10.2004
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Antikörper
Von Immunzellen (B-Lymphozyten) gebildete Proteine, die gezielt Strukturen (Antigene) auf der Oberfläche von Krankheitserregern, Zellen oder Molekülen erkennen und sich an sie binden. Antikörper dienen dem Immunsystem zur Erkennung und Zerstörung von Erregern oder abnormen Zellen.
Diagnostik
Gesamtheit der Untersuchungen, die der Feststellung oder genaueren Abklärung einer Erkrankung dienen
Zytokine
Zellhormon (z.B. Interleukin, Interferon), das der Kommunikation zwischen Zellen dient und zum Beispiel Immunzellen aktivieren kann
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
CMV
Ein wichtiger Erreger insbesondere von schweren Lungenentzündungen nach Transplantation ist das Cytomegalievirus (CMV). Der Virus ist für gesunde Menschen unproblematisch, für Transplantationspatienten ist er jedoch aufgrund eines geschwächten Immunsystems lebensgefährlich. Der Nachweis von CMV vor einer Transplantation führt daher zu einer schlechteren Prognose.
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.