- Published on 28.07.2010, 15:38
- Von Jan Geissler
In den letzten Jahren wurden mehrfach Leukämie-Studien mit Impfstoffen durchgeführt. Diese Studien sind in erster Linie für die Patienten interessant, bei denen trotz
Glivec/
Interferon-Therapie über einen längeren Zeitraum eine stabiles hohes Resterkrankungsniveau vorlag. Die bisherigen Phase-I-Studien zeigten, allerdings an kleinen Patientengruppen, dass es möglich sein kann, das Immunsystem gegen die CML zu aktivieren. In den USA startet nun eine multizentrische Phase-II-Studie mit CMLVAX500, u.a. bei Dr. Seema Gupta im Sloan-Kettering-Krebszentrum in New York.
Die neue Studie nimmt bereits Patienten auf. In Gesprächen mit Patienten bat Dr. Gupta die Patientengemeinschaft, auf die Studie aufmerksam zu machen.
Die Zugangsvoraussetzungen der neuen Phase-II-Studie mit CMLVAX sind im Detail:
- CML-Diagnose mit BCR-ABL-Translokation.
- Entweder Bruchpunkt b2a2 oder b3a2 muß vorliegen.
- Patienten müssen in guter Remission (unter 35% Ph+, major cytogenetic response) oder kompletter zytogenetischer Remission (0% Ph+, complete cytogenetic response) sein. Allerdings muß bei Patienten in CCR die Krankheit in qualitativer oder quantitativer RT-PCR nachweisbar sein
- Patienten können mit Glivec oder Interferon vorbehandelt sein und diese während der Behandlung mit CMLVAX beibehalten, allerdings nicht erhöhen. Auch eine Vorbehandlung mit einer allogenen oder autologen KMT ist erlaubt, soweit sie mindestens sechs Monate zurückliegt.
- Patienten müssen mindestens 18 Jahre alt sein.
Frühere Studien mit CMLVAXBereits auf der Hämatologentagung
ASH wurde im Jahr 2003 über eine Studie aus Italien mit CMLVAX100 [URL=http://www.leukaemie-online.de/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=102]berichtet[/URL]. Diese in Italien durchgeführte Studie untersuchte die Kombination von
Glivec (
Imatinib) mit einer "CMLVAX100" (P210-Derived Multipeptide Vaccine) genannten Impftherapie unter Zugabe von
GM-CSF (Stammzell-Wachstumsfaktor). Hierbei wurden 10 vorher mit
Imatinib behandelte Patienten untersucht, bei denen im
bcr-abl-Fusionsgen ein spezifischer, bei CML sehr häufig auftretender genetischer Bruchpunkt P210-b3a2 vorlag. 9 dieser Patienten wurden vor Beginn der Impfstudie für 12-24 Monate mit
Imatinib behandelt und zeigten seit durchschnittlich 10 Monaten eine unveränderte Resterkrankung mit im Mittel 10%
Philadelphia-Chromosom-positiver Zellen (Bereich 2-43%). Bei allen 9 Patienten zeigte sich im Laufe der Vakzinierung eine deutliche Reduktion der Ph-positiven Zellen. 5 erreichten eine komplette zytogenetische
Remission, bei dreien konnte mit Hilfe der
RT-PCR kein P210-b3a2-
Transkript mehr nachgewiesen werden. Auch bei sechs weiteren, im Durchschnitt 59 Monate mit
Interferon-alpha vorbehandelten Patienten, bei denen durchschnittlich seit 17 Monaten eine stabile Resterkrankung (3% bis 46% Ph+) bestand, sprachen fünf auf die Vakzinierung an, zwei erreichten komplette zytogenetische
Remission und einer eine negative
RT-PCR bezüglich des P210-b3a2-Transkripts.
Studien mit Immuntherapie HSP70Bei einer ebenfalls 2003 in Connecticut, USA, durchgeführten Phase-I-Studie wurden 14 Patienten, die trotz
Glivec-Therapie noch eine deutlich nachweisbare Resterkrankung hatten, zusätzlich mit einer individuellen Immuntherapie mit HSP70 (Hitzeschockprotein 70, auch unter AG858 bekannt) behandelt. Es wurden hierbei keine schwerwiegenden Nebenwirkungen festgestellt. Alle Patienten blieben in
chronischer Phase. 10 der 14 Patienten erreichten eine Reduktion der Phildelphia-
Chromosom-positiven Zellen oder ein verringertes Level an per
PCR nachgewiesenen bcr/abl-Transkripten. Allerdings waren auch hier die Patientenzahlen zu gering, um Schlüsse auf die Wirksamkeit zu ziehen.
Ein neuerer Bericht des Teams aus Conneticut in "Clinical Cancer Research" vom Juni 2005 berichtete, dass von 20 mit HSP70 behandelten Patienten keiner signifikante Nebenwirkungen zeigte, bei 13 von 20 ein klinisches Ansprechen auftrat und bei 9 von 16 Patienten eine immunologische Reaktion des Impfstoffs nachweisbar war. Letzteres bedeutet, dass spezifische
Interferon-gamma-produzierende Zellen und
IFN-Gamma-ausschüttende
natürliche Killerzellen im Blut nachweisbar waren.
Studien mit Immuntherapie PR1Verschiedene Studien wurden mit dem PR1-Peptide durchgeführt. PR1 basiert auf Proteinase-3, einem speziell bei
myeloischen Leukämiezellen auftretenden Protein, auf das die T-
Lymphozyten mit dem PR1-Impfstoff trainiert werden sollen. Ein Team des MD Anderson Krebszentrums behandelte 35 Patienten in fortgeschrittener Krankheit mit AML,
MDS und CML mit dem Impfstoff PR1 in Kombination mit G-CSF. Immunantworten wurden bei 20 von 33 Patienten gemessen. Von 16 AML-Patienten sprachen 25% an, von 10 CML-Patienten erreichte einer eine zytogenetische
Remission.
Quellen:
- [ASH 2003] Imatinib Plus CMLVAX100 (P210-Derived Multipeptide Vaccine):
Induction of Complete Molecular Responses in Patients with Chronic Myeloid Leukemia (CML) Showing Persistent Residual Disease during Treatment with Imatinib Mesylate. Monica Bocchia et al, University of Bologna, Italy
- [ASH 2004: 259] Vaccination with the PR1 Leukemia-Associated Antigen Can Induce Complete Remission in Patients with Myeloid Leukemia. Muzaffar H. Qazilbash, et al,, MD Anderson Cancer Center, Houston, TX, USA.
- Vaccine for Chronic Myeloid Leukemia Highlighted in Lancet Publication; Vaccine Significantly Improves Molecular Remission Rate of Patients with Persistent CML, Business Wire vom 01.03.2005
- Yahoo-Group "Asian CML Support Group"
natürliche Killerzellen
Zellen des Immunsystems, die veränderte Körperzellen erkennen und zerstören. Diese NK-Zellen gehören zu den Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutzellen.
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Philadelphia-Chromosom
Charakteristisches Merkmal der chronisch myeloischen Leukämie. Die Chromosomenmutation entsteht durch Transfer des Hauptteils des langen Arms von Chromosom 9 nach Chromosom 22 (= Translokation).
Translokation
Chromosomenmutation, bei der ein Stückaustausch zwischen verschiedenen Chromosomen stattfindet. Nomenklatur: beispielsweise bedeutet t(8,21)(q22,q11) eine Translokation mit der Vereinigung beim Band q22 des Chromosoms 8 und q11 beim Chromosom 21 (akute myeloblastische Leukämie).
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Lymphozyten
Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die als Träger immunologischer Funktionen von zentraler Bedeutung für die körpereigene Abwehr sind. Die Vorläuferzellen stammen aus dem Knochenmark, die weitere Entwicklung erfolgt in den lymphatischen Organen. Man unterscheidet B- und T- Lymphozyten, mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben.
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
Transkript
Mit Hilfe der PCR lassen sich kleinste Mengen an Erbinformationen in kurzer Zeit stark vervielfältigen, so dass auch das BCR-ABL-Gen so oft kopiert wird, bis es in ausreichender Menge vorliegt, dass es eindeutig nach- gewiesen werden kann. Diese BCR-ABL-Kopien nennt man Transkripte.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
autolog
körpereigen, vom Patienten selbst stammend, z.B. Eigenspende.
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
Antigen
Molekül, das vom Immunsystem als fremd erkannt wird, Molekül, das von einem Antikörper erkannt wird, z.B. auf der Oberfläche von Zellen
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
GM-CSF
Granulozyten-Makrophagen-Koloniestimulierender Faktor (Wachstumsfaktor der Blutbildung)
RT-PCR
Reverse Transcriptase-PCR (RT-PCR). Isolierte mRNA wird zunächst mit der reversen Transkriptase in cDNA umgeschrieben, die dann als Ausgangspunkt für die Amplifikation dient.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
Port
Zuführendes System, meist eine unter die Haut eingepflanzte Kunststoffkammer mit Venenkatheter, um eine kontinuierliche Medikamentengabe zu ermöglichen.
CCR
engl. complete cytogenetic remission: komplette zytogenetische Remission
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
PCR
Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction: Untersuchungsverfahren zur schnellen Vervielfältigung (Amplifikation) bestimmter Abschnitte der RNA oder DNA.
MDS
Das Myelodysplastische Syndrom (MDS) bildet eine grosse Gruppe erworbener klonaler Knochenmarkskrankheiten, die durch ein zunehmendes Versagen der Knochenmarksfunktion gekennzeichnet sind. Im Gegensatz zur aplastischen Anämie ist das Knochenmark zellreich. Da jedoch die Blutbildung (Hämatopoese) ineffektiv ist, kommt es zur peripheren Panzytopenie.
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Knochenmarktransplantation
Bei der Knochenmarktransplantation werden einem Empfänger CD34-positive hämatopoetische Stammzellen, entweder eines Spenders (allogen) oder seine eigenen, zuvor entnommenen (autolog), transplantiert.
natürliche Killerzellen
Zellen des Immunsystems, die veränderte Körperzellen erkennen und zerstören. Diese NK-Zellen gehören zu den Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutzellen.
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Philadelphia-Chromosom
Charakteristisches Merkmal der chronisch myeloischen Leukämie. Die Chromosomenmutation entsteht durch Transfer des Hauptteils des langen Arms von Chromosom 9 nach Chromosom 22 (= Translokation).
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
Transkript
Mit Hilfe der PCR lassen sich kleinste Mengen an Erbinformationen in kurzer Zeit stark vervielfältigen, so dass auch das BCR-ABL-Gen so oft kopiert wird, bis es in ausreichender Menge vorliegt, dass es eindeutig nach- gewiesen werden kann. Diese BCR-ABL-Kopien nennt man Transkripte.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
autolog
körpereigen, vom Patienten selbst stammend, z.B. Eigenspende.
autolog
körpereigen, vom Patienten selbst stammend, z.B. Eigenspende.
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.